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English Roman

Louise Erdrich – Future Home of the Living God

CN dieses Buch: Mord, Abtreibung, Totgeburt, Sucht
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The first thing that happens at the end of the world is that we don’t know what is happening.

Irgendwie sind die Bücher gerade zu kurz. Gerade, als ich mich endlich halbwegs mit dieser seltsamen Welt vertraut gemacht hatte, war die Geschichte schon wieder zu Ende. Und was für ein Ende auch noch …

Louise Erdrich beschreibt eine nordamerikanische Gesellschaft, die von einer Art umgekehrter Evolution bedroht ist. Was genau passiert, wird immer nur angedeutet. Diese Andeutungen gehen in die Richtung, dass neu geborene Kinder einen evolutionären Rückschritt aufweisen. Die Protagonist:innen bekommen Maßnahmen mit, die von der Regierung verordnet werden, wozu unter anderem gehört, dass jede schwangere Frau in Gewahrsam genommen wird, um den Schwangerschafts- und Geburtsvorgang zu kontrollieren. Diese Zwangsmaßnahmen werden zunehmend verstärkt.

In dieser Welt ist die Protagonistin Cedar unerwartet schwanger und will ihr Baby unter allen Umständen beschützen. Als Nebenstrang der Geschichte werden Stück für Stück die komplizierten Familienverhältnisse der adoptierten Cedar enthüllt. Ihre Abstammung von den nativen Ojibwe ist dabei ein entscheidender Faktor. Der Kontakt mit ihrer leiblichen Mutter wird zum Stressfaktor für die Beziehung zu ihrer Adoptivmutter.

Es wird somit das Thema Mutterschaft aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Was bedeutet Mutterschaft für die Entwicklung unserer Gesellschaft, was passiert mit der Welt, wenn das empfindliche Gleichgewicht der menschlichen Fortpflanzung aus der Balance gerät? Wozu sind Menschen fähig, wenn sie denken, nur ihr Weg könnte die Menschen und die Welt retten? Wozu sind (werdende) Mütter bereit, um ihr (ungeborenes) Kind zu schützen?

Es ist eine Dystopie, die in ihrem Fokus auf Schwangerschaft und Mutterschaft und dem autoritären Umgang mit einer aus den Fugen geratenen Welt an The Handmaid’s Tale erinnert. Dazu trägt auch die Erzählung in Form eines Tagebuchs bei, das Cedar an ihr ungeborenes Kind schreibt. Ein Buch, das viele Fragen offen lässt. Kein Buch für dunkle Tage. Und ganz sicher kein Buch für Menschen, die selbst ein Kind erwarten.

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English Roman

Ragnar Jonasson – The Girl Who Died

CN dieses Buch: Mord, Selbstmord, Tod, Depression
CN dieser Post: Tod


But the only option was to confront her fears, confront these horrible nightmares, by going downstairs to the dining room and reassuring herself once and for all that there was nobody there.

Woher dieses Buch auf meine Liste kam, weiß ich absolut nicht mehr. Erzählt wird auf zwei Ebenen, die sich am Ende zusammenfügen. Die mit ihrem Leben in Reykjavik unzufriedene Una bewirbt sich für einen Lehrauftrag „am Ende der Welt“ – einen winzigen Fischerdorf an der Küste. Erst vor Ort erfährt sie, dass sie nur zwei Schülerinnen zu unterrichten haben wird.

Von den Einheimischen, die eine eingeschworene Gemeinschaft bilden, wird sie unterschiedlich aufgenommen. Auf Umwegen erfährt sie schließlich, dass in ihrer Mansardenwohnung vor vielen Jahren ein Kind gestorben ist, das als Geist herumspuken soll. Erst nach dieser Enthüllung machen einige nächtliche Erlebnisse für Una Sinn. Überschattet wird diese Geschichte jedoch durch den sehr realen Tod einer von Unas Schülerinnen während des Weihnachtskonzerts.

Der Schauplatz am Ende der Welt, die interessant gezeichneten Charaktere und das Zusammenfügen der beiden parallelen Geschichten gegen Ende sind die Pluspunkte dieses Romans. Irgendwie blieb bei mir am Ende dann aber doch eher ein bitterer Nachgeschmack.

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English Roman

Mary Adkins – When You Read This

CN dieses Buch: tödliche Krankheit (Krebs), Sterben, Alkoholismus, Sucht
CN dieser Post: tödliche Krankheit (Krebs), Sterben


I’m not sure I believe in regret. Everyone has regret, but that doesn’t mean the choices we made were mistakes, or that we even could have acted differently. It just means we look back and feel like we could have.

Kürzlich habe ich entdeckt, dass die OverDrive eLibrary auch randomisiert Bücher anzeigen kann. Da ich mich gerade mit keinem der verfügbaren Werke aus meiner Liste anfreunden konnte, zog ich diesen Joker und stieß dabei auf dieses Buch. Zuerst angesprochen haben mich natürlich das Cover und der Titel. Der Beschreibungstext tat dann das Übrige dazu.

Trotz der traurigen Grundprämisse – Protagonistin Iris erhält im Alter von 33 Jahren eine erschütternde Krebsdiagnose mit der Prognose weniger verbleibender Monate bis zu ihrem Tod – bespricht der Roman die daraus resultierenden Themen mit einer Leichtigkeit, die jedoch nicht ins Groteske abgleitet. Das alles wird in Form von E-Mails, Textnachrichten und Blog Posts erzählt, die zwischen den Hinterbliebenen (Iris’ Schwester Jade, Iris’ Mutter, Iris’ Boss Smith, Iris’ Partner Richie) und weiteren Personen (Smiths Hipster-Intern Carl, Smiths gegenwärtige oder prospektive Kundschaften) bzw. Unternehmen (Dating Website, Online Therapie) verschickt werden. Selten habe ich so gelacht über die E-Mail einer Pizza-Lieferung. Aus dem Kontext heraus sagt diese kurze E-Mail einfach viel mehr aus, als tatsächlich in den Wörtern steht.

We’ll be at your door in 45 minutes or less! Click here to track your pizza!

Menschen, die sich gerade selbst in einem Trauerprozess befinden, finden sich vielleicht zu sehr in einzelnen Situationen wieder. Je nach persönlicher Betroffenheit und Lebenssituation kann das hilfreich oder schmerzhaft sein. Das muss jede:r für sich selbst entscheiden.

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English Roman

Marie Benedict – The Other Einstein

CN dieses Buch: –
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I had tried my hardest to become his ideal, no matter the toll it took on my studies.

Dieser Roman ist eine fiktionalisierte Erzählung über das Leben von Mileva Marić. Sie war die erste Serbin und eine der ersten Frauen, die ein Mathematik- und Physikstudium absolvierte. Am Polytechnikum in Zürich lernte sie Albert Einstein kennen und wurde später seine erste Ehefrau. Das Buch hält sich in vielen Details an die Fakten, die auch im Wikipedia-Artikel zu Mileva Marić nachzulesen sind. Es erzählt aus der Perspektive von Mileva selbst, die als eine der ersten Frauen in einer Männer-Domäne um Respekt kämpft, jedoch von den Realitäten der damaligen Gesellschaft immer wieder eingeholt wird.

Die Autorin betont in der Author’s Note: „the book is, first and foremost, fiction“. Und gerade deshalb hätte ich mir vielleicht eher eine alternative Version dieser Geschichte gewünscht, in der Mileva sich aus den Fesseln der Gesellschaft befreit und einen anderen Weg einschlägt.

Die von ihrem Vater zu einer selbständigen und willensstarken Frau erzogene Mileva lässt sich von Albert Einstein und seinen progressiven Fantasien vom gemeinsamen Bohème-Leben (hier mit einem Fokus auf die Fortschrittlichkeit der Partnerschaft) schließlich zur Überschreitung der gesellschaftlichen Grenzen verführen und wird prompt mit einer ungewollten Schwangerschaft gestraft. Der Kindsvater lässt sie im Stich. („But Albert never came.“) Nicht nur in Bezug auf die Schwangerschaft, sondern in weiterer Folge auch indem er selbst die Lorbeeren für ihre Leistungen einstreift und ihre Beiträge zu seinen Theorien marginalisiert („What does it matter, Dollie? Aren’t we Ein Stein? One stone?“). Die stolze Mileva will einen anderen Weg für sich und ihr Kind suchen, doch die Mutter besteht darauf, dass Mileva alles tun muss, um die Heirat mit dem abwesenden Albert zu ermöglichen. Selbst wenn sie dafür ihr eigenes Kind zurücklassen muss („Listen to me, Mitza. Do you remember our conversation about making a proper family for Lieserl?“).

Besonders bitter erscheint ein fiktives Gespräch, dass Mileva mit der erfolgreichen Physikerin Marie Curie führt. Diese führt aus, wie ihr Ehemann Pierre Curie ihre Forschung förderte und sie auch in den damals üblichen Männerclubs stets verteidigte und unterstützte. Genau das, was sich Mileva von ihrem eigenen Partner gewünscht hätte und das Gegenteil von dem, was sie bekommen hat.

Mir war der Name Mileva Marić nicht völlig unbekannt, weil im Rahmen einer Veranstaltung, an deren Organisation ich beteiligt war, alle Räume nach bekannten Frauen in der Wissenschaft benannt wurden (das vollständige PDF der Raumbeschilderung ist im Wiki unter Design zu finden). Daher hatte ich mich gefreut, ein Buch über ihr Leben zu finden, fiktionalisiert oder nicht. Vermutlich war es mir in Wirklichkeit zu nahe an der Realität, mit der Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts konfrontiert waren.

Raumschild SE 125 Mileva Marić
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English Roman

Benjamin Alire Sáenz – Aristotle and Dante Dive into the Waters of the World

CN dieses Buch: tödliche Krankheit (AIDS), Rassismus, Tod
CN dieser Post: tödliche Krankheit (AIDS)


Love was a torch you carried to lead you out of darkness. Love took you out of exile and carried you to a country called Belonging.

Der erste Teil erzählte, wie sich Aristotle und Dante kennenlernen. In diesem zweiten Teil müssen sie lernen, dass ihre Geschichte gerade erst begonnen hat und dass zwischen dem Glück und der Liebe auch so mancher spitze Stein den Weg verstellt. Dass es unterschiedliche Wege gibt, Liebe zu leben und auszudrücken. Dass manchmal das Loslassen der eigentliche Ausdruck der Liebe ist.

Das Buch ist vollgepackt mit feministischer und anti-rassistischer Kritik, die für die Zeit der Handlung (Ende der 1980er) oft zu fortschrittlich wirkt. Die AIDS-Epidemie in Amerika wird ebenso thematisiert, wie die rassistischen Vorurteile gegenüber Amerikaner:innen mexikanischer Abstammung in der texanischen Grenzstadt El Paso.

Randnotiz: Auf Lithub lese ich immer wieder von Personen oder Organisationen (speziell in den USA, gibt es aber sicher auch in anderen Nationen), die Bücher, die ihnen nicht passen, aus Schulen oder Bibliotheken verbannen wollen. Aktuelles Beispiel: A Mississippi mayor is withholding $110,000 from libraries until they ban ‘homosexual materials.’ Da ich annehme, dass es auch bei dieser queeren Coming-of-Age-Story Menschen gibt, die sowas aus der Welt verbannen wollen, möchte ich an dieser Stelle explizit darauf hinweisen, dass es wichtig ist, dass sich Jugendliche in ihrer eigenen Identität repräsentiert fühlen können. Das sollte eigentlich eh klar sein, aber ist es wohl immer noch nicht: Keine Person ändert ihre sexuelle Identität wegen eines Buchs. Was solche Geschichten jedoch machen können, ist, zu zeigen, dass wir mit unseren Eigenheiten nicht allein sind. Dass wir nicht schlecht sind, wenn wir nicht dem entsprechen, was üblich ist. Dass diese oder jene Eigenheit nur ein Teil von uns ist, der nicht unsere Persönlichkeit definiert. Im folgenden Zitat habe ich eine wichtige Erleuchtung in meiner fortdauernden Auseinandersetzung mit der Begrifflichkeit der Norm(-alität) gefunden:

It’s not weird. I suppose it’s unusual in that something like that doesn’t happen very often.

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English Krimi Roman

Louise Penny – Bury Your Dead

CN dieses Buch: Mord, Gewalt, Terrorismus
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That was often the equation, give up the few to save the many. From a distance it seemed so simple, so clear. And yet, from a distance you might see the big picture, but not the whole picture, you missed the details. Not everything was seen, from a distance.

Im sechsten Buch um Inspektor Armand Gamache, sein Team und die Bewohner:innen des versteckten Örtchens Three Pines gelingt es der Autorin gleich drei Kriminalfälle auf einmal aufzurollen. Im Rückblick erzählt wird der Fall, der dazu geführt hat, dass sowohl Inspektor Gamache als auch sein Stellvertreter Beauvoir gezwungenermaßen eine Auszeit nehmen, um sich zu erholen. Auf diesen Fall bezieht sich das obige Zitat. Was oft von Weitem so eindeutig aussieht, wird komplizierter, wenn wir näher hinschauen.

Doesn’t mean I don’t love Canada. I do. Who couldn’t love a country that allows such diversity of thought, of expression? But I want my own country.

Beide können oder wollen jedoch das Ermitteln nicht lassen und lösen während dieser Auszeit ihren jeweils eigenen Fall. Armand Gamache ist dabei in Québec mit dem Mord an einem Fanatiker konfrontiert, der auf der Suche nach dem Grab des Gründervaters der Stadt, Samuel de Champlain, war. Dieser Fall bietet jede Menge Möglichkeiten, um Einblicke in das komplizierte Verhältnis zwischen französischen und angloamerikanischen Einwohner:innen in der Gegend zu nehmen. Das obige Zitat habe ich deshalb herausgeschrieben, weil es mir etwas klar gemacht hat, was ich bisher in allen Separatismusbewegungen nie verstanden habe. Diese Menschen fühlen sich dem Land, in dem sie leben, nicht zugehörig. Sie fühlen sich heimatlos, so lange sie nicht in dem Staat leben können, der scheinbar ihnen „gehört“. Ich hatte immer die Vermutung, dass ich mit Nationalismus und Nationalstolz deshalb nichts anfangen konnte, weil mir das Konzept, stolz auf etwas zu sein, das ich geschenkt bekommen habe (meine Herkunft aus Österreich und die damit verbundenen Privilegien), immer fremd war. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich mich hier zuhause fühlen kann. Es ist kompliziert.

Yes it was a tragedy, it was terrible, but it happened to them, not you. You’re alive. This is what you’ve been handed, nothing’s going to change that. You have to let it go.

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English Roman

Mitch Albom – The Stranger in the Lifeboat

CN dieses Buch: Sterben, Unfall
CN dieser Post: Sterben, Unfall


At that moment, I sensed my insignificance more than at any other moment in my life. It takes so much to make you feel big in this world. It only takes an ocean to make you feel tiny.

Von Mitch Albom habe ich schon einiges gelesen (Dienstags bei Morrie und One More Day vor dem Beginn dieses Blogs, Der Stundenzähler, The First Phone Call from Heaven und zuletzt The Magic Strings of Frankie Presto). Was in seinen Büchern und Geschichten niemals fehlt, ist die Frage nach der eigenen Bedeutung im Gesamtgeflecht der Welt und der Dehnbarkeit der Zeit. Das spezielle Thema dieses Buchs ist jedoch das Überleben.

It had survived. And witnessing survival can make us believe in our own.

Nach einem Schiffsunglück finden sich einige Überlebende in einem Rettungsboot wieder. Während sie auf ihre Rettung warten, ziehen sie einen weiteren Schiffbrüchigen aus dem Meer, den jedoch keine:r von ihnen je auf der gesunkenen Yacht gesehen hat. Der Fremde stellt sich als Gott vor. Stück für Stück zeigt sich, wie die einzelnen Personen mit ihrer düsteren aber nicht aussichtslosen Situation umgehen. Während die eine alles tut, um das Überleben der anderen zu sichern, gibt sich der andere dem Glauben an die Rettung hin, die ihm aufgrund seiner hohen Stellung ja wohl zusteht. Während der eine an alles glauben möchte, was ihm das Überleben sichert, will die andere keinesfalls von ihren bisherigen Lebenseinstellungen abweichen. Das Thema Überleben hat mich an ein anderes Buch erinnert: Travelling with Ghosts.

This was the story he told himself, and the stories we tell ourselves long enough become our truths.

In einer parallelen Zeitlinie wird das leere Rettungsboot über ein Jahr nach dem Unfall am Strand einer karibischen Insel gefunden. Es gibt keine Spur von jeglichen Überlebenden. In einer Tasche des Rettungsboots findet der örtliche Polizeikommandant das Tagebuch, das Benji, einer der Überlebenden, an Bord geführt hat und das die Leser:innen abwechselnd mit Nachrichtenschnipseln über die vermissten Personen und den Nachforschungen des Polizeinspektors zu lesen bekommen. Dieser rasche Wechsel zwischen kurzen Kapiteln aus mehreren Perspektiven wirkte auf mich stellenweise zerfleddert. Vielleicht ist das aber auch ein bewusster stylistischer Mechanismus, um die Zerfaserung des (Über-)-Lebens auch in der geschriebenen Sprache zu verdeutlichen. Letztendlich gibt es nur den einen Weg, wie Überleben funktionieren kann:

Survive this voyage. And once you do, find another soul in despair. And help them.

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English Roman

Claire Vaye Watkins – I Love You but I’ve Chosen Darkness

CN dieses Buch: Geschlechtsteile, Porno, Sexualität, Drogen, Vergewaltigung, Menstruation, Abtreibung, Geburt
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Bevor dieser Titel der Titel eines Buchs war, war es schon der Name einer Band. Während des Lesens habe ich mich immer wieder gefragt, was das eigentlich heißen soll/kann: die Dunkelheit zu wählen. Und dann dieses Aber davor. Das Buch gibt auch nicht wirklich Antworten auf diese Fragen.

My problem is I have the job she never got to have and the education she never got to have and I’m intimidating and not as nurturing as anyone thought I’d be. My problem is I didn’t convert. My problem is, I’m all set.

Das Buch ordnet sich selbst in das relativ neue Genre Autofiction ein (offenbar gibt es da noch Begriffsunterschiede, in der englischen Wikipedia finde ich auch das Genre Autobiografiction, wo mir gerade der Unterschied nicht klar wird). Gemeint ist jedenfalls eine Verschmelzung von Fiktion und Biographie. Die Protagonistin dieses Buchs heißt wie die Autorin und teilt wesentliche Bestandteile ihrer Lebensgeschichte. Jedoch ist die Geschichte eben nicht als Memoir oder Autobiografie zu verstehen, sondern als Erzählung, die sich an Fakten orientiert, die inneren Lebenswelten der Protagonist*innen aber fiktionalisiert.

Die Erzählung der Protagonistin wird unterbrochen von Briefen, die ihre Mutter, Martha Watkins, lange vor Claires Geburt an ihre Freundin Denise geschrieben hat. Dadurch soll verdeutlicht werden, dass die Protagonistin bereits vorbelastet ist durch die Schmerzen und Sorgen, die das Leben ihrer Mutter bestimmt haben. Dies wird teilweise verwendet, um ihren schwierigen Umgang mit ihrer eigenen Mutterschaft zu erklären.

Motherhood had cracked me in half. My self as a mother and my self as not were two different people, distinct.

Die Autorin beschreibt letztendlich eine Frau voller Selbstzweifel, die sich an den Erwartungen, die die Gesellschaft und/oder sie selbst an sich stellt, aufreibt. Für mich blieben sie und die anderen Protagonist*innen irgendwie fremd, viele Szenen fühlten sich abgehoben oder übertrieben an. Die Darstellung bzw. Beschreibung von offenen oder polyamoren Beziehungen diente in meinen Augen eher nur dazu, die Unkonventionalität der Protagonist*innen herauszustreichen. Entscheidende Motivationen blieben mir unklar. Möglicherweise ist aber auch genau dieser Effekt das Ziel: zu verdeutlichen, dass unsere (Lebens-)­Entscheidungen von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, auf die wir selbst oft gar keinen Einfluss haben. Selbst wenn wir uns ein erfülltes Familienleben wünschen, können uns unsere Gene und/oder unsere Sozialisation davon abhalten, dies auch zu verwirklichen. Manchmal kann uns die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit auf einen anderen Weg führen. Und manchmal gibt es einfach keinen richtigen Weg.

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English Roman

Graeme Simsion – The Rosie Result

CN dieses Buch: –
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I had observed that neurotypicals criticized autistic people for lacking empathy – towards them – but seldom made any effort to improve their own empathy towards autistic people.

Im dritten Buch um Rosie und Don geht es primär um ihren 10-jährigen Sohn Hudson, der selbst einige unkonventionelle Verhaltensweisen entwickelt und daher Schwierigkeiten in der Schule bekommt. Anhand dieser Ausgangslage wird viel über den Umgang mit Minderheiten generell und über die Einstufung von Asperger (und anderen Autismus-Formen) als Behinderung erklärt.

In the past, I had wished the world was different, but assumed that it was my responsibility to fit in.

Don setzt sich mit seinen eigenen Erfahrungen als Kind und Jugendlicher auseinander und möchte seinem Sohn die harten Lernwege zur Integration in die Gesellschaft erleichtern. Letztendlich darf er erkennen, dass es weder seine noch Hudsons Aufgabe ist, sich anzupassen, um besser in die Gesellschaft zu passen.

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English Roman

Laura Imai Messina – The Phone Box at the Edge of the World

CN dieses Buch: Tsunami, Trauer
CN dieser Post: Tsunami, Trauer


Eine wundervolle Geschichte, die ich seit Längerem auf meiner Liste hatte. Jetzt ist das Buch in der  virtuellen OverDrive eLibrary der Büchereien Wien aufgetaucht und ich habe gleich zugegriffen.

From the window the sky seemed to spill over Mt Fuji, the clouds strangling its slopes. The train ran along the base of the mountain, the pairs of tracks snaking closer together than venturing apart again.

Das Buch erzählt vom Verlust und von der Trauer um die verlorenen Menschen, von der Hilflosigkeit, von der Depression, vom Verlust jeglicher Perspektive auf irgendeine Art von Zukunft.

She had been wrong. It isn’t just the best things that come to an end, but also the worst.

Und es erzählt von der Heilung, von den winzigen Momenten, wo uns klar wird, dass das Leben doch weiter geht, dass wir weiterleben dürfen, ohne die Menschen zu vergessen, die wir verloren haben. Sie werden immer Teil unseres Lebens bleiben, auch wenn wir neue Menschen in unser Leben lassen, die nicht Teil des gemeinsamen vergangenen Lebens waren. Es erzählt von den kleinen Schritten, die tagtäglich unseren Weg bestimmen. Dass wir geliebt werden unabhängig davon wie hübsch oder ordentlich wir sind.

Ultimately, that was what he wished for everyone who came there – that each person would find a place where they could tend to their pain and heal their wounds. That place would be different for each one of them.