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Johanna Sinisalo – Finnisches Feuer

CN dieses Buch: Mord, Sucht, sexuelle Handlungen, Geschlechtsteile
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Auf dieses Buch bin ich mittels eines Literatur-Geocaches gestoßen und es war wirklich eine Entdeckung. Als ich beim Recherchieren über die Autorin Johanna Sinisalo las, das sie mit Finnish Weird eine eigene Literaturgattung geschaffen haben soll, war ich gleichzeitig gespannt, was mich da erwarten würde und in Befürchtung, ich würde nichts davon verstehen.

Die Geschichte beginnt schon mit einem Knalleffekt, es bleibt also kein Zweifel daran, dass dieses Buch in einer anderen Welt spielt. Und gleichzeitig ist es eine europäische Welt, in der Finnland sich als Wohlfahrtsstaat mit einer Art Kastensystem von den so genannten Hedonistenstaaten und Verfallsdemokratien abgrenzt. Alkohol, Tabak und andere Genussmittel sind verboten. Unter anderem wird auch Capsaicin, also Chili in unterschiedlichen Aggregatzuständen (frisch, Mehl, eingelegt im Glas, etc.) als Droge illegal angebaut und gehandelt.

Ein weiteres gesellschaftskritisches Element ist die Einteilung der Menschen in jene, die sich fortpflanzen dürfen und jene, die dafür laut den Regeln der Gesellschaft nicht „geeignet“ sind. Spätestens im Alter von zwei Jahren werden Kinder von einer Kommission geprüft, um ihr „endgültiges Geschlecht“ festzulegen. Ein Betrug bei dieser Prüfung ist ein schwerwiegender Verstoß gegen die Gesellschaftsordnung.

Das Buch wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Hauptperson ist Vanna/Vera (sie wird im ganzen Buch abwechselnd mit beiden Namen bezeichnet, denn Vera ist ihr Geburtsname, den sie als festgelegte Femifrau Eloi nicht mehr benutzen darf, weil der Buchstabe R in Namen den männlichen Maskos vorbehalten ist). Sie schreibt zu Beginn Briefe an ihre verlorene Schwester Manna/Mira, deren Schicksal ungewiss ist. Vanna/Veras Partner Jare trägt ebenfalls seine Perspektive in verschiedenen Szenen bei. Unterbrochen werden diese persönlichen Erzählungen von Werbetexten, Geschichten aus Zeitschriften oder Auszügen aus (vermeintlich) wissenschaftlichen Abhandlungen, in denen dann über die Erziehung und Zucht des weiblichen Teils der Bevölkerung referiert wird. Gerade diese Zwischentexte zeichnen ein sehr deutliches Bild von dieser Gesellschaft, in der den Menschen sehr unterschiedliche Werte zugeschrieben werden und in der sie mit den mit ihrem Geschlecht verbundenen Rollen gefangen sind.

Irgendwie verfolgen mich die Dystopien gerade. Ein wesentlicher Auslöser für die Wahl dieses Buchs war auch, dass ich gerade ein anderes begonnen habe, dass mich so dermaßen runterzieht, dass ich es buchstäblich nicht weiterlesen wollte. Dafür brauche ich wohl mehr Zeit und etwas Abwechslung dazwischen. Ich habe es aber noch nicht aufgegeben.