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Krimi Roman

Beate Maly – Tod an der Wien

CN: Mord, Krieg, Suizid, Alkoholmissbrauch


Geocacher:in Rosenquarz hat aus der Krimireihe von Beate Maly um die pensionierte Lateinlehrerin Ernestine Kirsch und den Apotheker Anton Böck eine Reihe an Literatur-Geocaches (dieses Buch = dieser Cache) gemacht. (Da die Caches alle den Titel der Bücher tragen, ist das auch kein Spoiler.)

Dies ist der zweite Band der Reihe und ich fand ihn unterhaltsam aus verschiedenen Gründen. Ein großer Teil der Geschichte spielt in bzw. rund um das Theater an der Wien, ein traditionsreiches Theaterhaus, mit dem ich selbst viele Erinnerungen verbinde. 1992 hatte dort das Musical Elisabeth Premiere, der erste österreichische Musical-Welterfolg, der in viele andere Länder exportiert wurde. Während der 1990er-Jahre stand ich selbst mehrmals am Bühneneingang in der Lehárgasse, um die Darsteller:innen zu beglückwünschen und um Autogramme zu bitten.

Neben dem persönlichen Bezug gefiel mir auch die Herleitung des Mordes und der Beteiligung von Ernestine Kirsch daran sehr gut. Wie ich bestimmt schon des Öfteren erwähnt habe, finde ich es oft etwas unbeholfen, wie Autor:innen erklären, warum gewöhnliche Menschen immer wieder in Kriminalfälle verwickelt werden. Das ergibt sich bei diesem Fall nahezu natürlich. Und mit dem Auftritt von Kriminalkommissar Erich Felsberg, dessen Lehrerin Ernestine Kirsch früher war, legt Beate Maly auch einen Grundstein dafür, wie sich Ernestine in Zukunft in weitere Kriminalfälle involvieren wird.

Gut gemacht fand ich auch das Abenteuer im Nachtlokal Tabarin, dass es laut Wikipedia tatsächlich in der Annagasse gab, nähere Angaben fehlen leider. Etwas mehr Details hat das Austria Forum zum Gebäude St. Annahof, in dem das Tabarin beheimatet war.

Für Menschen, die mit historischen „cozy crime“-Romanen und Wiener Lokalkolorit etwas anfangen können, hat Beate Maly hier eine Reihe mit mehreren Bänden vorgelegt. Ich werde mir sicher bei passender Gelegenheit den nächsten Band vornehmen.

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Krimi Roman

Fritz Lehner – Seestadt

CN: Mord, Gewalt, Geschwurbel


Ein wegen Totschlags verurteilter Mörder (ja, genau so meine ich das) wird mit Fußfessel auf Bewährung entlassen und fristet nun ein neues geregeltes Leben als „Aura-Chirurg“ im neuen Wiener Stadtviertel Seestadt. Kundschaft für seine Aura-Chirurgie findet er genug in der Bevölkerung des neuen Stadtteils, der sich angeblich über einem früheren Kriegsschauplatz befindet. Das Herumschneiden in der Aura seiner Patient:innen ist ihm jedoch bald nicht mehr genug. Der Fund eines Bajonetts kombiniert mit einer Idee für das perfekte Alibi gibt den Ausschlag zur neuen Mordserie, die die Seestadt erschüttern wird …

Viel Lokalkolorit, von dem ich sicher nach nur wenigen Besuchen (zB 2015) in der Seestadt nicht alles verstanden habe. Die Erzählung aus der Perspektive des Mörders lässt unter anderem die anderen zwielichtigen Gestalten der Geschichte normal wirken, geradeso als wären die Opfer die eigentlichen Fremdkörper in der Seestadt. Ein amüsanter Krimi für Menschen, die sowas mögen.

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English Krimi Roman

Louise Penny – A World of Curiosities

CN: Mord, Gewalt, Drogenmissbrauch, sexueller Missbrauch von Kindern, Prostitution, Vergewaltigung


Vielleicht der Beste aller Romane um Armand Gamache und die anderen Bewohner:innen von Three Pines. Der Titel ist eine Art Spitzname für ein Gemälde, das eigentlich The Paston Treasure heißt und tatsächlich im Norwich Castle Museum ausgestellt ist. In der Geschichte spielt eine Reproduktion des Gemäldes, das jedoch mit Hinweisen versehen ist, die Armand und seine Gefährt:innen erst Stück für Stück entschlüsseln können, eine wesentliche Rolle.

The engineer’s ring, a symbol of what could happen when mistakes were made, was now used to taunt Gamache with his own mistakes. And the deaths that resulted.

Der Bogen, der sich über dieses Buch spannt, könnte auch aus einer Staffel Criminal Minds stammen. Die Spannung, weil ständig unklar ist, wer eigentlich gefährlich ist oder es sein könnte, lässt die Leserin keine einzige Sekunde los. Und trotzdem hab ich den Mörder:die Mörderin erraten, bevor alles enthüllt wurde. Und auch in diesem Buch geht es noch näher an Armand Gamache heran: diesmal schleicht sich der Mörder:die Mörderin gleich direkt in seinen Kopf. Eine umwerfende Fortsetzung der großartigen Serie.

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English Krimi Roman

Colin Cotterill – Der Tote im Eisfach

CN: Sorry, ich habe keine Notizen gemacht, war meine Urlaubslektüre. Es kommt ein Mord vor und auch andere Leichen, aber im Prinzip ist es ein eher unblutiger Krimi.


Während meines Strand-Pool-Familien-Urlaubs hab ich auf meinem eBookReader diesen Krimi aus der Geschichte um den Pathologen Dr. Siri und seine neugierigen Spießgesellen gelesen. Hat mich sehr gut unterhalten, obwohl die Auflösung des Kriminalfalls, an der Dr. Siri diesmal gar nicht beteiligt ist (weil er anderswo zum Austreiben von Geistern benötigt wird), einen Deus-Ex-Machina-Charakter hat. Kurzweilige Geschichte ohne großes Nachdenkpotential, hat für mich für den Urlaub gut gepasst.

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English Krimi Roman

Louise Penny – The Madness of Crowds

CN dieses Buch: Mord, Erwähnung von Sklaverei, Vergewaltigung und Folter, Euthanasie, Eugenik, Suizid, Demenz, Pandemie
CN dieser Post: –


This case was triggering all sorts of strong emotions, in them all. Including himself.

Aus Gründen kann ich aktuell nicht so viel schreiben, ist aber bei einem Louise-Penny-Roman auch gar nicht nötig. Die sind immer gut und komplex und werfen Fragen auf, die wir uns alle viel zu selten stellen, weil sie einfach unangenehm sind. Obwohl der Roman post-pandemisch spielt, zieht sich die Pandemie als Thema durch die Geschichte, wie die Autorin auch selbst im Nachwort anmerkt („the experience, the theme of a contagion, reverberates throughout the book“). Der tatsächliche Kriminalfall gerät unter all diesen schwierigen Themen (siehe CN) beinahe in den Hintergrund.

It was frightening. All those people chanting. Supporting her. Supporting killing others so they could be safe. How did it come to this?

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Krimi Roman

Volker Kutscher – Olympia

CN: Dieser Roman spielt in Berlin in den Jahren 1936/37, zu einer Zeit, als die Macht der Nationalsozialisten ständig wuchs und die Verletzung von Menschenrechten immer mehr zum Alltag wurde. Dieses Buch enthält Erwähnungen und Beschreibungen von damals gängigen Praktiken wie zB rassistischen und ableistischen Beleidigungen, Gewalt gegen Andersdenkende, Folter, Holocaust und Konzentrationslagern. Wenn dieses Thema für euch schwierig ist, rate ich euch von dieser Romanreihe ab und spezifisch auch nochmal von diesem Buch, das für mein Gefühl das Level noch etwas höher schraubt als es in den früheren Büchern der Reihe bereits war.


Eine Kriegsfahne in einem Dorf des Friedens – auf solch eine Idee konnte auch nur die Wehrmacht kommen, dachte Rath.

Den historischen Hintergrund dieses Romans bilden die olympischen Spiele in Berlin im Jahr 1936. Während die Nationalsozialisten ihre (öffentlich sichtbaren) Aktivitäten zurückschrauben, um die ausländischen Besucher:innen nicht zu verschrecken, bietet das olympische Dorf für andere die Gelegenheit, sich unliebsamer Mitwisser (ausschließlich Männer) früherer Gewalttaten zu entledigen. Dabei tauchen Figuren aus früheren Büchern wieder auf, Fehler und Geheimnisse werden weiterhin nach Möglichkeit vertuscht und/oder zu erpresserischen Zwecken genutzt. Über all dem schwebt die wachsende Bedrohung durch die nationalsozialistische Ideologie. Wie so viele andere erliegt auch Kommissar Rath momentan dem Trugschluss, dass er als einfacher Befehlsempfänger nichts zu befürchten hätte. Gleichzeitig bieten die Olympischen Spiele für den jugendlichen Fritze die Gelegenheit, die nationalsozialistische Ideologie zu hinterfragen: für den Jungen, der den schwarzen US-Sportlern zujubelt, erschließt sich nicht, warum diese anders behandelt werden als beispielsweise die finnischen Sieger.

Manchmal frage ich mich, warum irgendein Mensch solche Bücher schreiben will, was dann weiter führt zu der Frage, warum so viele Menschen sie lesen. Und dann denke ich, dass es gerade jetzt wieder wichtig ist, aufzuzeigen, wie sich Faschismus langsam in eine Gesellschaft einschleicht. Und viele erst dann merken, dass die Demokratie in Gefahr ist, wenn es bereits zu spät ist.

Niemals vergessen.

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English Krimi Roman

Louise Penny – All The Devils Are Here

CN dieses Buch: Mord, Folter-Erwähnung, Holocaust-Erwähnung
CN dieser Post: Holocaust-Erwähnung


If this was the right thing to do, why did it feel so wrong? But no, it didn’t feel wrong. It felt wretched. Horrific. A nightmare. But somethimes “right” felt like that.

Da ich gerade erst das vorherige Buch der Armand-Gamache-Reihe gelesen hatte, konnte ich hier sehr deutlich sehen, wie sich das im letzten Buch angedeutete Thema in diesem Buch weiter entwickelte: Dort wurde die Frage gestellt, was der Vater Armand Gamache alles bereit wäre zu tun, wenn das sein Leben eines seiner Kinder auf dem Spiel stünde. Wie reagieren Menschen, wenn sie mit der größten Angst ihres Lebens konfrontiert werden?

In diesem Buch wird diese Frage Realität, denn nun ist die Gamache-Familie gleich auf mehrere Arten in den aktuellen Mordfall verwickelt. Das Aufwachsen von Armand Gamache wird thematisiert: mit seiner Großmutter Zora (auf deren Verurteilung der Mörder*innen der Nazizeit er seine Entscheidung für die Arbeit bei der Sûreté zurück führt) und seinem Onkel Stephen, der nun nach einer Attacke auf offener Straße im Krankenhaus um sein Leben kämpft. Diese Einblicke in das Leben des jungen Armand tragen dazu bei, den Charakter weiter zu vertiefen und seine Handlungsmotivationen zu verstehen.

If there was one thing the senior police officer [Gamache] understood, it was that everyone had strengths. And weaknesses. The important thing was to recognize them. And not expect something from someone who didn’t have it to give.

Weiters wird die Beziehung zwischen Armand und seinem Sohn Daniel intensiv beleuchtet. Der Graben, der die beiden schon seit einigen Büchern trennt, wird nun zuerst größer und dann im Rahmen der dramatischen Ereignisse schließlich überbrückt. Diese Emotionen klingen in der Beschreibung so logisch, so klar und deutlich und doch waren sie für mich als Leserin absolut nicht absehbar. Das Rätsel dieser komplexen Vater-Sohn-Beziehung ist beinahe so spannend und verwirrend wie der eigentliche (Mord-)Fall, bei dem letztendlich ein finanzielles Motiv aufgedeckt wird.

Eine ausgezeichnete Fortsetzung der Serie. Einziger Wermutstropfen: die sympathischen Charaktere aus Three Pines kommen nur in wenigen Andeutungen vor. Stattdessen gibt es Paris.

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Krimi Roman

Louise Penny – A Better Man

CN dieses Buch: Mord, häusliche Gewalt, Naturkatastrophe (Flut)
CN dieser Post: –


Jedes weitere Buch von Louise Penny ist ein Quell der Beruhigung für mich. Die besonnene Art, mit der Inspektor Armand Gamache den Intrigen, die sich rund um den aktuellen Mordfall und die drohende Flutkatastrophe entspinnen, begegnet, vermittelt mir die Hoffnung, dass sich auch reale Probleme mit dieser Herangehensweise lösen lassen.

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English Krimi Roman

Michael Warren Lucas – $ git commit murder \

CN dieses Buch: Gewalt, Mord, Gift, Sexismus
CN dieser Post: –


If this was a TV show, some perky-pigtailed Goth girl would have the results back before the first commercial break, proving it wasn’t only poisoning, it was a rare sort of poisoning only possible from a rare beetle found only within two miles of Hellman’s home.

Der Autor Michael Warren Lucas schreibt nicht nur Krimis, sondern Bücher verschiedener Genres. Eins meiner Lieblingswesen ist ihm aufgrund seiner Fachbücher über das Betriebssystem BSD begegnet, er schreibt Non-Fiction über Tech-Themen wie Networking und Operating Systems, aber auch Crime, Fantasy und Science Fiction. Er war außerdem Gast auf der ersten Online-PrivacyWeek im Jahr 2020, wo er unter anderem aus diesem Buch vorgelesen hat.

Als Setting für diesen Krimi dient eine fiktive Tech-Konferenz namens BSD North, die in Ottawa, Kanada, stattfindet. Protagonist Dale wurde von seinem Arbeitgeber mehr oder weniger zur Teilnahme gezwungen. Als ADHD-Autist fühlt sich Dale in Gruppen von Menschen immer unwohl, Gesprächsverläufe bleiben ihm ein Rätsel, der Umgang mit Menschen generell kostet ihn Unmengen an Energie. Als dann noch während der Keynote ein anderer Konferenzteilnehmer sterbend aus seinem Sessel fällt, kommt zu der allgemeinen Unsicherheit noch die Suche nach einem mutmaßlichen Mörder hinzu.

Ein zentraler Punkt dieses Buchs sind die vielen mehr oder weniger Insider-Scherze, die der Autor über Versionskontrollsysteme, Tech-Konferenzen und das dort im Allgemeinen anzutreffende Publikum unterbringt. Dabei arbeitet er mit Klischees, wobei es ihm zumeist gelingt, diese nicht nur für platte Scherze zu nutzen, sondern sie in Frage zu stellen. Seinen Protagonisten Dale lässt er konkret (innerlich) die sexistischen Aussagen anderer Kongressteilnehmer kontern und kritisieren. Trotzdem bleibt ein schaler Beigeschmack bei der Beschreibung einer großteils cis-männlichen und weißen Kongressteilnehmergruppe, in der die einzige Frau hauptsächlich als Ziel von sexistischen Attacken fungiert.

Ein Nebenstrang der Geschichte ist Dales eigene versteckte Agenda, die er in seinen bisherigen Code-Patches der konkurrierenden Betriebssysteme versteckt hat. Dieser Teil wird zum Ende hin mit einer überraschend flauschigen Sinneswandlung von Dale aufgelöst, was mir als etwas zu einfach erschien. Wie ich auf der Webseite gerade gelesen habe, handelt es sich um eine noch nicht vollendete Trilogie, vielleicht wird dieser Strang ja in der Fortsetzung nochmal aufgegriffen.

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English Krimi Roman

Louise Penny – Kingdom of the Blind

CN dieses Buch: Mord, Prostitution, Drogenmissbrauch, Holocaust, Fentanyl, Opioide, Antisemitismus, Pogrom
CN dieser Post: –


The wealthy have a way of justifying things. They live in distorted reality. If everyone at the club’s doing it, it must be okay.

Jedes Mal, wenn mich die Lust auf Three Pines packt, passiert dasselbe: Ich denke mir, ich könnte das ja zwischen den anderen Büchern lesen. Und dann lese ich nur noch das, bis ich das Buch zu Ende gelesen habe. Mehr muss ich eigentlich nicht sagen, weil wer Three Pines kennt, die*der weiß eh, wovon ich rede.

Für mich als gebürtige Österreicherin natürlich lustig: es wird unter anderem erwähnt, dass die Österreicher:innen nahezu so effizient wären, wie die Deutschen. Jedoch sind Österreicher:innen wohl international nicht für ihren Humor bekannt. Schade, dass die wienerische Morbidität nicht zur Sprache kam.