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Roman

Renate Welsh – Die alte Johanna

CN dieses Buch: Alter, Sterben
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Die Leute sagen, eine Mutter liebt alle ihre Kinder gleich. So ein Unsinn. Wie kann sie alle Kinder gleich lieben, wenn doch jedes anders ist? Da muss sie doch auch jedes anders lieben, gleich stark, aber anders.

In diesem Buch beschreibt die Autorin das Leben der Johanna aus ihrem früheren Werk, jedoch aus der Sicht der gealterten Johanna, die als Großmutter auf ihre Familie und ihr Leben zurück blickt. Als alte Frau hadert sie einerseits mit dem Verlust ihrer Selbständigkeit, gerade ist sie bei der Tochter eingezogen, weil das Leben alleine zu schwer für sie wurde. Ausruhen soll sie sich, damit kommt Johanna, die ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet hat, jedoch nur schwer klar. Sie denkt zurück an ihre Zeit als junge Frau, als sie als ledig geborene Dirn auf einem Bauernhof arbeiten musste. Als sie später als junge Mutter wegen ihrer achtköpfigen Kinderschar schief angeschaut wurde. Ihr abgeklärter Blick auf das Leben ist ein harter Kontrast zur jungen Johanna, die zwar gescheit, aber naiv durchs Leben geht. Aus dem jungen Mädchen ist eine alte Frau geworden, die immer noch nicht verstehen kann (oder will), warum die Gesellschaft so ist, wie sie ist. Das Alter hat ihr Weisheit und Gelassenheit geschenkt, sie jedoch nicht von den Fragen abgekoppelt, die sie schon als junge Frau heimlich beschäftigt haben. Warum werden Menschen unterschiedlich behandelt? Was kann ein Kind dafür, dass es ledig geboren wurde? Dass es überhaupt geboren wurde? Was wird aus den unerfüllten Träumen, wenn das Alter die Erfüllung dieser Träume mit jedem Tag unmöglicher macht? Was bleibt dem alten Menschen noch, der nur noch auf sein Leben zurückblicken kann?

Konnte man wirklich beschließen zu lieben? War es möglich, eine Liebe lebendig zu halten, wenn der Mensch, den man liebte, ein anderer geworden war, wenn an ihm nichts mehr liebenswert war?

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Roman

Robert Schneider – Schlafes Bruder

CN dieses Buch: Suizid, Mord
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Heißt es nicht in der Schrift, daß Du vollkommen bist? Wenn Du aber vollkommen bist und gut, weshalb mußtest du dann das Elend, die Sünde und den Schmerz erschaffen? Weshalb weidest Du dich an meiner Trauer, an der Mißgeburt meiner Augen, am Kummer meiner Liebe?

An und für sich war ich mir ziemlich sicher, dass ich dieses Buch schon mal gelesen und damals sogar besessen habe. Aber das muss wohl vor der Entstehung dieses Blogs gewesen sein, da ich keinen Blog-Eintrag finden konnte. Daher nun eine kurze Besprechung zu diesem Re-Read (aus Gründen des Geocachens).

Der Autor entwirft eine kleinliche Dorfgemeinschaft im Vorarlbergischen, eine Bevölkerung, die hauptsächlich aus den Angehörigen zweier Familien besteht, den Alders und den Lamparters. Aus der engen Verwebung der beiden Familien entstehen immer wieder Kinder mit diversen Behinderungen. So auch der Protagonist Elias, der einerseits eine frühe Pubertät erlebt, bei der seine Augenfarbe einen beunruhigenden gelblichen Farbton annimmt und der andererseits eine besondere Begabung für Musik, spezifisch für das Orgelspiel entwickelt. In der Dorfgemeinschaft bleibt er stets ein Außenseiter.

Erlösung aber ist die Erkenntnis der Sinnlosigkeit allen Lebens.

Da das Buch selbst den Tod des Protagonisten bereits auf der ersten Seite ankündigt, kann ich hier auch etwas ausführen, ohne zu spoilern. Elias entbrennt in unsterblicher Liebe, die er jedoch nicht anders auszudrücken vermag als durch seine Musik. Als ihm seine Angebetete Elsbeth durch die Heirat mit einem anderen Mann entzogen wird, entschließt sich Elias zu einem verzweifelten Liebesbeweis.

In einem Nachwort versucht Rainer Moritz den unerwarteten Erfolg dieses 1992 erschienenen Buchs zu erklären. Er erwähnt den besonderen Schreibstil, die ironischen Züge, mit denen Schneider die Dorfgemeinschaft versieht und die hartherzige Darstellung des Lebens im Dorf, die keinerlei Platz für bäuerliche Idylle vorsieht. Er stellt Schlafes Bruder in eine Reihe mit „ähnlich spektakulären Büchern der jüngeren deutschsprachigen Literaturgeschichte, mit Patrik Süskinds Das Parfum (1985, war bei mir damals Schullektüre), Christoph Ransmayrs Die letzte Welt (1988), Bernhard Schlinks Der Vorleser (1995) und Daniel Kehlmanns Die Vermessung der Welt (2005)“. Je länger ich über diese Einordnung nachdenke, umso passender erscheint sie mir. Es ist definitiv eine besondere Geschichte, ein Roman, den die Leserin nicht so schnell vergisst.

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Theaterstück

Felix Mitterer – Kein Platz für Idioten

Felix Mitterer, der Klassiker unter den Heimatautoren, an denen wohl kein österreichischer Schüler mehr vorbeikommt. Gelesen ist das Stück schnell, aber als Theaterstück wärs wohl tatsächlich interessanter. Regieanweisungen zu lesen, ist irgendwie nicht besonders spannend. Und die Regieanweisungen überwiegen definitiv …