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English Erfahrungsbericht

Paul Kalanithi – When Breath Becomes Air

What makes life meaningful enough to go on living?

Erstmals habe ich ein Buch gelesen, das im 3 Books Podcast von Neil Pasricha erwähnt wurde. Allerdings erst, nachdem ich auch das Gespräch mit Lucy Kalanithi, der Witwe des Autors, im Podcast von Kate Bowler Everything happens gehört habe. Und dann kam noch ein bißchen Zufall hinzu.

Im ersten Teil des Buchs reflektiert der Autor über seine Entscheidung, Neurochirurg zu werden. Sein Studium der Literatur führte ihn eher zu mehr Fragen als Antworten und sein Streben, „to understand how the brain could give rise to an organism capable of finding meaning in the world“ ließ sich aus Büchern nicht erfüllen. Fragen nach der Bedeutung, nach dem, was unser Leben lebenswert macht, treiben ihn schließlich zum Medizinstudium und bis an den Punkt, an dem er selbst eine Krebsdiagnose erhält.

It would mean setting aside literature. But it would allow me a chance to find answers that are not in books, to find a different sort of sublime, to forge relationships with the suffering, and to keep following the questions of what makes human life meaningful, even in the face of death and decay.

Im zweiten Teil gehen seine Reflexionen noch deutlich tiefer. Er versucht Antworten darauf zu geben, wie sich unser Leben durch die Diagnose einer unheilbaren Krankheit verändert. Er wägt ab: Was würde ich tun, wenn ich wüsste, dass ich noch 6 Monate, 1 Jahr oder 10 Jahre zu leben hätte? Die Antworten auf diese Fragen fallen sehr unterschiedlich aus. Was ist noch wichtig, wenn wir wissen, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt? Der zweite Teil enthält auch eine in meinen Augen sehr ausgefeilte Argumentation, warum sich der Glaube an Gott und der Glaube an Wissenschaft nicht gegenseitig ausschließen. Das folgende Zitat gibt nur den Schluss wieder, die Herleitung ist jedoch in meinen Augen das eigentliche Meisterstück.

It is to say, though, that if you believe that science provides no basis for God, then you are almost obligated to conclude that science provides no basis for meaning and, therefore, life itself doesn’t have any.

Das letzte Kapitel ist von Lucy Kalanithi geschrieben und erzählt von Pauls letzten Tagen und ihrer Erinnerung an ihn und wie er durch das Buch und in der gemeinsamen Tochter und den Erinnerungen der Menschen weiterlebt. Sie beschreibt, dass seine Krankheit tragisch war, aber sein Leben selbst keine Tragödie. Sie erzählt von seinem Versuch, weiterzuleben, nicht auf der Suche nach einer unwahrscheinlichen Heilung, sondern auf der Suche nach einem Leben, dass immer noch Raum für bedeutungsvolle Momente bietet.

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English Erfahrungsbericht

Antonia Bolingbroke-Kent – Tuk-Tuk to the Road

We know that one day we will return to North West China and will then have the time and the energy to spend a full day exploring the caves and their Buddhist art.

Als ich Antonia Bolingbroke-Kent im FM4-Interview-Podcast über ihre Reise per Tuk-Tuk erzählen hörte, wollte ich mehr darüber wissen und setzte mir das genannte Buch auf die Leseliste. Am Anfang dieser Pandemie dachte ich mir dann, wenn ich selbst nicht reisen kann, kann ich wenigstens übers Reisen lesen. Tatsächlich waren es dann drei Etappen, in denen ich die Tuk-Tuk-Reise von Thailand nach Brighton, die im Herbst 2006 stattgefunden hat, verfolgte.

Suicide may seem like a selfish choice, but suicidal people are not cowards and to judge someone’s actions when you don’t know their feelings is wrong.

Wer (wie ich) nur einen Reisebericht erwartet, wird positiv und negativ überrascht. Auf der positiven Seite beinhaltet das Buch auch sehr viele Informationen darüber, wie so eine Reise mit dem Ziel, Spenden für einen guten Zweck (in diesem Fall die Mental-Health-Organisation Mind) zu sammeln, überhaupt organisiert werden kann. Ohne Sponsoren und ausführliche Unterstützung wäre so eine Reise kaum machbar. Auf der negativen Seite ist das Buch wenig mehr als eine Sammlung der Blog Posts, die die beiden Tuk-Tuker Ants und Jo während ihrer Reise verfasst haben.

Auf der einen Seite ist diese Reise natürlich ein unvorstellbares Abenteuer. Auf der anderen Seite kann ich mir selbst nicht vorstellen, dermaßen nur auf der Durchreise zu sein und kaum Zeit zu haben, um die durchfahrenen Regionen auch tatsächlich zu erleben. Ich würde mehr sehen wollen, nicht nur vorbeifahren. Dies zeigt sich besonders deutlich auf den letzten Stationen der Reise, als die beiden in der letzten Woche von Krakow in Polen über Prag, Köln und Brüssel nach Brighton reisen. Jede einzelne dieser Städte hätte einen Aufenthalt von zumindest mehreren Tagen verdient und auf jede Gegend, die sie davor durchfahren haben, trifft das vermutlich in ähnlichem wenn nicht sogar größerem Ausmaß zu.

Eine gewisse Extrovertiertheit gehört ohne Zweifel auch dazu, weshalb ich mir sicher bin, so eine Reise selbst niemals machen zu wollen. Aber es war trotzdem eine interessante Lektüre.

We never event meant to go to Yekaterinburg, let alone stay there for four days, but as Ivan, quoting Voltaire said: ,Everything happens for a reason.’

Echt jetzt, Voltaire war das?

 

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English Erfahrungsbericht Memoir

Dani Shapiro – Inheritance

Meta: During the weeks of isolation I’ve been thinking a lot about a concept that I now call idyllic illusions. (I don’t know if anyone else uses this term in any other meaning.) As an example I want to describe the thoughts that I had about the perfect place to live. I was dreaming about a small house with a little garden (in Austria this is called Schrebergarten), so I could sit outside, enjoy the weather, grow vegetables and herbs in the garden and so on. Around easter I took a few hours to clean the balcony of my flat (I’m currently living in a flat on the first floor of a building with 6 other flats in the house). During these cleaning sessions I realized, how much work it would be to have a garden and how much I hate all the work that is involved with maintenance of a living space. I like the idea of growing vegetables (I’ve done so for the last few years in a raised bed at my parent’s place) but I don’t really like the work. The thought of lawn-mowing makes me cringe immediately.

The idyllic illusion of moments of this imagined life has been haunting me again and again in the past years. And it’s not the only one. The white dress and the perfect wedding day is another of these idyllic illusions. I have been to many weddings and I don’t wish to have that for myself anymore. But I still feel a longing for this idyllic illusion when I watch a wedding on TV.

One reason for this is maybe the concept of the moment. Isolated moments can seem perfect and it’s easy to imagine them. What we usually don’t imagine is the whole thing. The whole day, week, month, year, life around these solitary perfect moments. Until now this insight hasn’t helped me to let go of these idyllic illusions but it may be one step on the way.


You’ll never know was unacceptable. You’ll never know simply could not be what I was left with in the end. Who was I without my history?

Sucessful author Dani Shapiro takes a genome test and discovers that her father is not really her biological father. What follows are months of searching for her identity and trying to find out about the circumstances of her own conception. Both her parents have died some years ago, asking them directly is out of the question.

Instead of a false narrative, there would be an infinity of narratives.

She describes a feeling of losing herself, as if the family she knew to be hers had vanished in the one moment she found out about her genetic heritage. Her jewish roots now seem at least half wrong although the rabbi confirms that she „is still jewish“.

It would be easy to fantasize that this would have been better. But we can never know what lies at the end of the path not taken.

The author wonders a lot about why her parents never told her the truth or if they even knew it themselves. How could they have kept such a secret through all those years? Dani Shapiro finally has to settle on presumptive evidence. Lots of research on the practice of artificial insemination leads her to a place where she is able to accept that whatever her parents knew, they made their decisions out of love and longing for a child.

That book idea that I mentioned in the last post, I don’t think I will be able to write it. While I admire how many memoir writers dissect their lifes and feelings I can’t imagine making myself vulnerable in such a way.

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Erfahrungsbericht Memoir

Sue Monk Kidd und Ann Kidd Taylor – Granatapfeljahre

Was mich zum wichtigsten Grund dafür bringt, warum es der reine Wahnsinn wäre, wenn ich eine Schriftstellerkarriere anstreben würde: Es erfordert viel zu viel Selbstvertrauen.

Wenn ich schon selbst nicht verreisen kann, dann kann ich wenigstens einen Reisebericht lesen, dachte ich mir. Die Reisen sind aber in diesem Buch eigentlich nur der rote Faden für die Entwicklung der beiden Autor*innen und ihrer Beziehung zueinander. Sie sind Mutter und Tochter.

Die Jüngere kämpft mit einer Ablehnung, die ihr den Lebensweg verstellt, den sie sich als Erfüllung ihrer Träume vorgestellt hat. Die Ältere hadert mit dem Übergang in eine neue Lebensphase, die Menopause macht ihr nicht nur körperlich zu schaffen, sondern lässt sie auch seelisch ihre Lebensentscheidungen hinterfragen. Auf ihrer spirituellen Suche befassen sie sich mit der griechischen Sage von Demeter und Persephone, der Jungfrau von Orleans und der Gottesmutter Maria, hauptsächlich in Gestalt der Schwarzen Madonnen, die berühmteste ist im französischen Rocamadour zu finden.

Die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Mythen und den Rollen, die Frauen in ihrem Lebensverlauf spielen (können), hilft schließlich beiden, sich über ihren weiteren Lebensweg klar zu werden. Der spirituelle Zugang mag nicht allen Leser*innen gefallen (mir war es streckenweise auch zu viel innere Einkehr), für mich war es aber ein interessanter Zugang, das Reisen nicht nur um des Reisens willen zu betrachten, sondern auch als „Reise zu sich selbst“.

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Erfahrungsbericht Sachbuch

Brené Brown – Daring Greatly

Mit The Gifts of Imperfection habe ich mich Ende 2018 auseinandergesetzt und seitdem hatte ich Daring Greatly auf der Leseliste. Den Impuls, es jetzt zu lesen, gab dann Katrin Rönicke in der Jahresabschlussfolge vom Lila Podcast. Zu Beginn wollte mir dieses Buch einfach nicht so nahe gehen und doch habe ich eine große Menge an Zitaten notiert, die ich für verschiedene andere Projekte brauchen kann.

Vulnerability isn’t good or bad: It’s not what we call a dark emotion, nor is it always a light, positive experience. Vulnerability is the core of all emotions and feelings. To feel is to be vulnerable.

Der durchgängige rote Faden ist hier das Konzept der Verletzlichkeit oder Verwundbarkeit (Vulnerability). Um Watzlawick („Man kann nicht nicht kommunizieren!“) zu paraphrasieren: Wir können nicht nicht fühlen. Daher können wir uns auch der Verletzlichkeit nicht entziehen. Die wirklich relevante Frage ist, wie wir mit unserer eigenen Verletzlichkeit umgehen. Wenn wir uns verletzlich fühlen, wenn negative Gefühle uns unter Druck setzen, wie reagieren wir dann? Greifen wir die andere Person an, die möglicherweise dieses Gefühl in uns ausgelöst hat? Ziehen wir uns zurück und fühlen uns schlecht? Oder können wir zu unserer Verletzlichkeit stehen und daran wachsen?

Shame resilience is the ability to say, “This hurts. This is disappointing, maybe even devastating. But success and recognition and approval are not the values that drive me. My value is courage and I was just courageous. You can move on, shame.”

Meine abstrakte Zusammenfassung kann die Vielfältigkeit des Inhalts nicht ausreichend wiedergeben. Die Autorin, die seit Langem zu den Themen Shame, Wholeheartedness und Vulnerability forscht, sammelt eine Vielzahl an Beispielen aus den Lebensbereichen Familie, Partnerschaft und Beruf, die einerseits zeigen, wie in unserer Gesellschaft oft mit Situationen der Verletzbarkeit umgegangen wird und andererseits, wie es stattdessen sein könnte, wenn sich Menschen mehr auf ihre eigenen Gefühle besinnen würden. In The Gifts of Imperfection war auch self-compassion, also Mitgefühl mit sich selbst, ein wichtiges Thema. Wichtig ist hierbei und genauso beim Thema Verletzlichkeit, dass wir uns dieser Gefühle erstmal bewusst werden. Hier kommt üblicherweise das ganze mindfulness-Thema (Achtsamkeit) ins Spiel, das ich nur kurz erwähne, weil es sich für mich immer noch sehr esoterisch anfühlt. In den letzten Monaten habe ich aber immer wieder ausprobiert, in unangenehmen oder stressigen Situationen eine kurze Pause einzulegen und mich zu fragen, was ich jetzt eigentlich gerade empfinde. Was bedeutet dieses negative Gefühl jetzt genau, wo kommt es her? Mir hat die Metapher What are the gremlins saying? sehr gefallen. Darunter versteht die Autorin die negativen Stimmen in unserem eigenen Kopf, die uns davon abhalten wollen, ein Risiko einzugehen (zum Beispiel auf einer Bühne zu sprechen, an einem Wettbewerb teilzunehmen oder ein schwieriges Gespräch in Angriff zu nehmen). Wenn wir analysieren, was uns die Gremlins sagen, werden wir feststellen, dass es oft auf eine Form von nicht gut genug zurückführt. (Hiermit wäre übrigens wiederum die Verknüpfung zu The Gifts of Imperfection hergestellt.)

One of the biggest surprises in this research was learning that fitting in and belonging are not the same thing. In fact, fitting in is one of the greatest barriers to belonging.

Die Unterscheidung zwischen Dazugehören und Sich anpassen im obigen Zitat war für mich ein Augenöffner. Der Druck, wie die anderen sein zu müssen, um dazuzugehören, verfolgt mich seit meiner Teenagerzeit. Es gab sogar schon Situationen, wo ich es als besondere Fähigkeit verstanden habe, mich sozialen Gruppen gut anpassen zu können. In den letzten Jahren ist mir das immer schwerer gefallen und ich habe dann auch Situationen erlebt, in denen ich mich nicht mehr anpassen wollte und Freundschaften dann nicht mehr funktioniert haben. True to yourself ist übrigens gar nicht so einfach nach vielen Jahren des Anpassens.

Show up. Contribute. Care.

Ganz am Ende des Buches hat mich dann die vorgeschlagene Wertedefinition so richtig erwischt. In schwierigen Situationen geht es nicht immer ums Gewinnen oder Verlieren oder darum, das Richtige zu tun oder zu sagen. Manchmal ist das Mutigste schon, dass wir einfach nur da sind und uns der Situation stellen. Negative Gefühle lassen sich nicht vermeiden, aber wir können entscheiden, wie wir damit umgehen. Wir können uns entscheiden, den Gremlins nicht zuzuhören und unseren Weg zu gehen.

Sometimes the bravest and most important thing you can do is just show up. … Daring greatly is not about winning or losing. It’s about courage.

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Erfahrungsbericht Memoir

Nora McInerney – No Happy Endings

Diesen Post habe ich lange nicht schreiben können, weil es mir schwer fällt, alles zu erklären, was daran besonders und wertvoll ist. Weil ich diesen Post aber schreiben möchte, gibt es nach einer kurzen Anmerkung zum Inhalt nur eine Aufzählung der wichtigsten Punkte mit den dazugehörigen Zitaten.

Die Autorin erzählt in diesem Buch von ihren Lebenserfahrungen mit dem, was landläufig als Schicksalsschläge bezeichnet wird. Die Kurzfassung: Innerhalb sehr kurzer Zeit stirbt ihr Ehemann an einem Hirntumor, sie erleidet eine Fehlgeburt und ihr Vater stirbt. Wie sie damit umgeht und was sie in dieser Zeit empfindet, lässt sich nicht in Kurzfassung beschreiben, ich kann nur jedem, der sich mit Trauerbewältigung befassen möchte (und irgendwann werden wir alle an einen Punkt kommen, an dem wir das müssen), dieses Buch ans Herz legen. Weil es nicht nur von den traurigen Zeiten und den Momenten erzählt, in denen wir nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll, sondern auch davon, dass das Leben trotzdem weitergeht. Sie gibt Impulse zu vielen weiteren Lebensbereichen, diese folgen nun in kurzen Anmerkungen.

I have always had the gift of knowing what other people should do, and the charming habit of either giving them my unsolicited point of view or being irrationally upset with them for not living up to my unspoken expectations.

Erwartungen, wie wir denken, dass wir in bestimmten Situationen reagieren oder generell handeln sollten. Diese Erwartungen können von außen an uns herangetragen werden, oft sind es aber auch wir selbst, die diese Erwartungen an uns stellen. Wir gönnen uns keine Pause, weil wir denken, dass wir noch mehr tun könnten, wir setzen uns selbst unter Druck, wenn wir den (erfundenen) Erwartungen nicht gerecht werden.

Here’s a newsflash, my male friends. “Smile” is not a way to actually cheer a person up. It’s a way to tell them “please adjust your face to my preferences.” And it isn’t expected of men the way it is of women.

Speziell aus dem Umgang mit Trauer erwachsen Erwartungen, mit denen wir vorher nicht konfrontiert waren und die uns zwangsläufig in diesen schwierigen Momenten überfordern.

You don’t need to be this person’s everything because they already have a rich, full life outside of you.

Niemand sollte ALLES für eine andere Person sein oder sein müssen. Diese Erwartungshaltung kann eine Beziehung bis zum Zerbrechen belasten.

Because you’ll realize that having a relationship doesn’t mean sacrificing everything you enjoy at the altar of love.

Eine Beziehung ist nicht unser ganzes Leben. Beziehungen enden und das Leben geht weiter.

Of course people are shocked that Matthew can handle the fact that I love another man while I also love him. We’re used to people having loved before, we aren’t used to the idea that those loves could coexist, that they could happen at the same time.

Warum fällt es unserer Gesellschaft so schwer, zu akzeptieren, dass Menschen gleichzeitig mehr als eine Person lieben können? Wenn Menschen Kinder bekommen, hören sie doch auch nicht auf, die Menschen, die bisher in ihrem Leben wichtig waren, zu lieben. Und wir hören auch nicht auf, eine verstorbene Person zu lieben.

For a long time, love felt like something that I had to earn, that could be taken from me at any time for bad behaviour.

Liebe sollte nicht verdient werden müssen. Jeder Mensch sollte für sich selbst geliebt werden, ohne erst etwas dafür tun zu müssen.

Don’t confuse love with time, or attention, or anything else that can be quantified.

Liebe ist kein Topf voller Essen, der irgendwann zu Ende geht und dann ist für die Nachkommenden nichts mehr übrig. Liebe ist nicht messbar in mit der anderen Person verbrachter Zeit oder der Aufmerksamkeit, die der anderen Person entgegengebracht wird. Zeit ist endlich, Liebe ist unendlich.

I wasn’t seeing something new, I was seeing something that was always there, but that I’d been able to ignore because it didn’t affect me directly.

Oft verhindern unsere eigenen Privilegien, dass wir strukturelle Probleme erkennen können. Diese Erkenntnis habe ich selbst in den letzten Jahren immer wieder gemacht und Nora McInerney bringt dies hier so eindeutig auf den Punkt, wie ich es bisher nirgendwo sonst gelesen habe.

[The world] will be changed by what we teach this next generation of kids.

Gesellschaftlicher Wandel braucht Zeit. Die Welt, die Gesellschaft, alles, was sich langfristig verändern soll, kann nur dadurch verändert werden, was wir unseren Kindern über die Welt erzählen und welche Perspektive wir ihnen dadurch auf die Umstände in unserer Gesellschaft mitgeben.

Things change when people care enough to change them, and people can change, when they care to.

Dinge verändern sich nicht von allein, nur Menschen verändern Dinge. Dinge verändern sich nur dann, wenn Menschen sich ausreichend Mühe geben, um tatsächlich etwas zu verändern. Veränderung ist anstrengend und manchmal schmerzhaft für die einzelne Person. Wir müssen Geduld haben, denn Veränderung braucht Zeit.

Just the idea of having someone openly dislike me or my work held me back.

Diese Beschreibung trifft auf mich nach wie vor zu. Wenn wir uns aber verstecken und unsere Ideen und Werke bei uns behalten, damit sie niemand kritisieren kann, dann verstecken wir auch uns selbst vor der Welt.

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Erfahrungsbericht Memoir

Kelly Grey Carlisle – We Are All Shipwrecks

Mostly I felt bad that she hadn’t had a dad, that people had lied to her, that she hadn’t been happy at home. That she hadn’t lived. Mostly I just wished I knew more about her.

Das Buch beginnt mit einer Enthüllung. Die Mutter der Autorin wurde ermordet, als die Autorin selbst gerade drei Wochen alt war. Diese Tragödie könnte nun im Zentrum dieser Familiengeschichte stehen. Selbstverständlich hat dieses Ereignis den Lebensverlauf der Autorin massiv beeinflusst und sie sucht auch immer wieder nach näheren Informationen, sowohl über den Tod ihrer Mutter (und was davor geschah), als auch über den biologischen Vater, den sie nie kennengelernt hat. Viel wichtiger sind jedoch die Menschen, die in ihrem Leben sind und ihre Entscheidungen prägen.

I didn’t know then what I know now: that there are almost as many “weird” families as there are normal families; that “normal” isn’t really normal; that we all have stories to tell about where we come from.

Durch die Kindheit und Jugend der Autorin zieht sich ein intensives Gefühl des Nicht-Dazu-Passens, des Nicht-Normal-Seins. Der frühe Tod der Mutter, der abwesende Vater, Aufwachsen mit den Großeltern auf einem Boot im Hafen, das „zweifelhafte“ Geschäft des Großvaters (er betreibt einen adult video store), Privatschule mit Schuluniformen – auf der High School wird das Gefühl schließlich übermächtig und erst als die Autorin aufs College geht (diesen Lebensabschnitt behandelt das Buch nicht), findet sie eine Art Frieden mit sich selbst und ihrer Herkunft.

Immer wieder betont der Großvater, dass die Herkunft so prägend ist dafür, was aus uns wird, was für ein Mensch wir sind. Die Autorin kommt schließlich zur Erkenntnis, dass das nur ein Teil der Wahrheit ist. Wer wir sind/werden, passiert auch, wenn wir unser Zuhause verlassen, es passiert unser ganzes Leben lang. Unsere Herkunft, unsere Familie bestimmt in hohem Maße die Chancen, mit denen wir ins Leben starten. Was wir daraus machen, liegt aber in unserer eigenen Hand.

You are turning into “who you are” your whole life.

 

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Erfahrungsbericht

Cait Flanders – The Year of Less

Each time I craved it, I had to stand in the moment, pay attention to what had triggered the craving, and change my reaction.

Die Autorin beschreibt in diesem Buch nicht nur ihre Entscheidung, ein Jahr lang nicht einzukaufen (Lebensmittel und andere Notwendigkeiten ausgenommen), sondern vor allem wie sie ihre eigenen Gewohnheiten (habits) in der Zeit davor und danach verändert hat. Sie erzählt schonungslos von ihrem Alkoholismus (zu Beginn des shopping bans war sie bereits 17 Monate trocken) und den anderen Verdrängungsmechanismen, die darauf folgten. Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir uns davon ablenken können, uns mit den schwierigen Dingen in unserem Leben auseinanderzusetzen. Unser Einkaufsverhalten ist eines davon. Die Autorin beschreibt anschaulich, wie sie sich selbst vorgekaukelt hat, durch den Kauf von einem bestimmten Artikel eine andere Person werden zu können. Oder eine bessere Version von ihrem bisherigen Selbst. Dies lenkt uns aber nur davon ab, uns zu fragen, welche Leere wir damit eigentlich ausfüllen wollen.

The real thing to celebrate was that I had felt things and I kept living.

Der radikale Verzicht auf das Einkaufen führte bei der Autorin zu einer intensiven Auseinandersetzung mit ihren eigenen Bedürfnissen. Den Einkaufsverzicht kombinierte sie mit einem gründlichen Hinterfragen aller bereits gesammelten Habseligkeiten, worauf dann das Loswerden von mehr als der Hälfte dieser Habseligkeiten folgte.

Mir selbst ist bei meinem kürzlichen Anlauf, in meiner Wohnung etwas aufzuräumen und auszumisten, erst so richtig bewusst geworden, wie viele Dinge ich besitze, die ich tatsächlich schon ewig nicht mehr verwendet habe. Für mich besteht die Schwierigkeit darin, nicht zu wissen, was mit den Dingen geschehen soll. Ein Beispiel: Über die Jahre haben sich Unmengen an Kabeln angesammelt, manche sind inzwischen überholt, manche waren irgendwo dabei, manche wurden nie benutzt. Sie wegzuwerfen bringt sie zwar aus meiner Wohnung weg, macht sie aber gleichzeitig zu Müll. Dinge, die für andere Menschen noch nützlich sein können, sind vergleichsweise einfach. Zwei Gegenstände konnte ich bereits erfolgreich  verkaufen. Aber es gibt so viele Dinge, die zumindest oberflächlich nicht mehr (sinnvoll) zu gebrauchen sind: Das schriftbasierte Gesellschaftskartenspiel, das auf der alten Rechtschreibung (vor 1996!) beruht. Die Kompaktkamera, deren Akku kaputt gegangen ist (ohne einen neuen Akku zu kaufen, ist unklar, ob die Kamera überhaupt noch funktioniert, der Kauf eines neuen Akkus könnte daher völlig sinnlos sein). Ein Dämpfeinsatz, über dessen Erwerb ich tatsächlich lange sinniert hatte, aber weil er eben nur einen mittleren einstelligen Eurobetrag kostete (genau weiß ich das nicht mehr), habe ich ihn dann doch gekauft (und in den letzten vier Jahren vielleicht zwei Mal benutzt).

Während des Lesens dieses Buches habe ich auch versucht, meine eigenen Mechanismen zu hinterfragen. Mein Einkaufsverhalten habe ich in den letzten Jahren ohnehin Stück für Stück geändert, ich kaufe kaum noch Kleidung, weniger als fünf Bücher pro Jahr, bei allem, was nicht Verbrauchsmaterial ist, denke ich ewig darüber nach, ob ich das wirklich brauche. Meine Schwierigkeit besteht eher darin, dass ich mich schwer von Dingen trennen kann, wenn diese durch Entfernung zu Müll würden und dadurch, dass sie bei mir bleiben, noch eine Chance auf Nützlichkeit haben. Die Kehrseite ist ja auch: Wenn ich jetzt diese Dose mit den übrig gebliebenen Schrauben entsorge und nächstes Monat dann eine Schraube brauche, muss ich dann wieder Schrauben kaufen.

Das Hinterfragen des eigenen Konsumverhaltens kann in meinen Augen nur positive Effekte zeigen. Wir haben schon so viel und wollen immer noch mehr. Dank der ständig neuen Bedürfnisse, die die Werbetreibenden in uns zu wecken versuchen, werden wir auch niemals genug haben können. Es muss nicht gleich ein shopping ban sein, aber ein kurzes Innehalten vor einem Einkauf kann uns in manchen Situationen vielleicht schon bewusst machen, dass wir bereits genug haben.

It wasn’t much, but it was enough.
It was enough. I had enough.
I was enough.

Randnotiz: Bei Büchern, die ich nicht in der Bücherei bekommen kann, frage ich mich im Allgemeinen vor dem Kauf, ob ich sie jetzt sofort lesen möchte. Meistens ist das nicht der Fall und ich verschiebe den Kauf auf später. Kürzlich ist es mir tatsächlich passiert, dass ich ein Buch gefunden habe, das ich sofort lesen wollte. Die Kaufmöglichkeiten dieses englischsprachigen Buchs beschränkten sich für meinen europäischen Standort auf Amazon und Kobo. Im Gespräch mit einer befreundeten Autorin habe ich anschließend versucht, herauszufinden, bei welcher Kaufoption der höchste Anteil vom Kaufpreis bei der Autor*in landet. Leider ist das für die Käufer*innen im Einzelfall nicht so einfach herauszufinden. Die kurze Antwort für eBooks lautet: Alles außer Amazon.

Randnotiz 2: Im selben Zusammenhang habe ich mich gefragt, ob es sinnvoller ist, ein eBook zu kaufen oder ein gedrucktes Buch. Das gedruckte Buch kann ich weitergeben; wenn ich es nicht behalten will, muss ich es sogar loswerden; es ist ein Gegenstand, der zu Müll werden kann. Ein eBook hingegen verbraucht keinen physischen Platz; ich kann es aber auch nicht weiterreichen an Menschen, die daran auch noch Freude haben könnten. Es mag übertrieben erscheinen, sich über ein einzelnes Buch solche Gedanken zu machen, aber genau das macht das Hinterfragen der eigenen Gewohnheiten aus.

Randnotiz 3: Ich habe das Buch, das ich sofort lesen wollte, (noch) nicht gekauft.

[EDIT: 24. November 2019] Randnotiz 4: Mir ist aufgefallen, dass ich eigentlich auch darüber schreiben wollte, wie die Autorin mit den Reaktionen ihres Umfelds auf die Veränderung ihres Konsumverhaltens umgegangen ist. Sie beschreibt, dass viele Bekannte ihr eigenes Konsumverhalten ihr gegenüber rechtfertigten oder dass Menschen das Gefühl hatten, mit ihr nun nicht mehr über Einkäufe oder damit in Zusammenhang stehende Themen sprechen zu können. Sie schreibt, dass sie aufgrund ihrer Entscheidung, keinen Alkohol mehr zu trinken, aus gesellschaftlichen Situationen ausgeschlossen wurde. Sie beschreibt Unverständnis und sogar, dass Menschen aus ihrem Umfeld sie in Versuchung führten, ihre für sich selbst aufgestellten Regeln zu brechen.

Diese Reaktionen des Umfelds sind eine wichtige Ursache, die uns davon abhält oder es uns schwerer macht, unsere Gewohnheiten, unser Verhalten zu verändern. Das Verhalten von anderen können wir nicht ändern, wir können uns aber darauf gefasst machen, dass unsere eigene Veränderung nicht nur positive Reaktionen auslösen wird. Wir können uns bereits vorab überlegen, wie wir mit solchen Situationen umgehen wollen. Und vor allem dann, wenn diese Situationen auftreten, können wir sie reflektieren und uns bewusst machen, dass diese Reaktionen eigentlich wenig über unser eigenes Verhalten aussagen, sondern mehr darüber, in welchen Lebensbereichen diese Personen mit sich selbst nicht im Reinen sind. Diese Reaktionen zeigen uns nicht (nur) unsere eigenen Schwächen auf sondern vor allem jene der Personen, die unsere Entscheidungen in Frage stellen oder kritisieren.

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Erfahrungsbericht

Svenja Beller, Roman Pawlowski – Einfach loslaufen

Mit so vielen unterschiedlichen Lebensentwürfen kontrontiert zu sein eröffnet einem positiv ausgedrückt eine Menge Perspektiven, negativ ausgedrückt kann es auch ganz schön verunsichern. Leben wir überhaupt so, wie wir leben wollen? Warum nicht auf einer Insel aus Eis? Oder in einer Surfschule? Oder auf einem Segelschiff? Wer wollen wir eigentlich sein? Und können wir uns das überhaupt aussuchen?

Irgendwann im vergangenen Jahr bin ich auf das Travel Blog von Kristin Addis Be My Travel Muse gestoßen. Daraus wurde dann eine umfassendere Beschäftigung mit dem Thema, Inspirationen hole ich mir unter anderem auch bei Carolines Pack The Suitcases oder Elizabeths A Suitcase Full of Books (sie verbindet das Thema Lesen und Reisen, eine Idee, mit der ich selbst vor ein paar Jahren gespielt hatte).

Reisen ist leider im Hinblick auf den Klimawandel eines der größten Probleme. Durch den Siegeszug der Billigfluglinien haben mehr Menschen die Möglichkeit, andere Kulturen kennenzulernen und ihren Horizont zu erweitern. Da ich selbst noch in diesem Jahr eine größere Reise unternehmen werde, liegt es mir fern, Einzelpersonen wegen ihres Flugverhaltens zu verurteilen. Auch in diesem Bereich liegt es an der Politik, Regelungen zu treffen, die Steuern so verteilen, dass beispielsweise Bahnfahrten durch Steuern auf Flüge günstiger gemacht werden können. So lange beispielsweise Flüge zwischen Berlin und Wien um mehr als die Hälfte billiger sind als Bahnfahrten, können wir Einzelpersonen nicht dafür verurteilen, dass sie nicht gleichzeitig mehr Zeit UND Geld in eine Reise investieren wollen oder können.

Die Journalistin Svenja Beller und der Fotograf Roman Pawlowski haben für ihre Reise einen radikal anderen Ansatz gewählt. Sie haben große Rucksäcke gepackt und sind von der Haustür einfach losmarschiert. Keine Hotels, Pensionen, Hostels, keine öffentlichen Verkehrsmittel (ausgenommen Fähren), keine Campingplätze, kein Plan außer der Himmelsrichtung: nach Norden. Sogar die Smartphones haben sie durch einfache Mobiltelefone ohne Internet ersetzt. Das führt dazu, dass sie zwangsläufig mit unterschiedlichsten Menschen in Kontakt kommen. Sie reisen per Anhalter (PKWs, Wohnmobile und sogar ein Segelschiff), zelten in Gärten (natürlich nur mit Erlaubnis der Anwohner) und besuchen in Kopenhagen die autonome Gemeinde Christiania. Zwischen Schweden und Norwegen hin und her pendelnd gelangen sie schließlich an den nördlichsten Punkt ihrer Reise: die norwegische Stadt Tromsø.

Für mich selbst kann ich mir eine solche Reise nicht vorstellen. Ein Versuch des (teilweise) ungeplanten Reisens endete vor 2 Jahren aufgrund widriger Umstände (und meiner Ungeduld) in einer großen Hotelkette. Die Freiheit, die Svenja Beller im Buch mehrmals beschreibt, das Nichts-Müssen, das empfinde ich selbst eher (oder nur), wenn ich weiß, wo ich am Abend meinen Kopf niederlegen kann. Trotzdem habe ich diesen alternativen Reisebericht mit Freude gelesen. Reisen per Buch und Landkarte schadet auch dem Klima nicht.

Mehr zum Thema:

Dieser Text von Svenja Beller hat mich ursprünglich auf das Buch aufmerksam gemacht.

Der Autor Jaroslav Rudiš ist mit dem Zug von Berlin nach Prag gereist und erzählt davon.

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Erfahrungsbericht

Lisa Taddeo – Three Women

What’s wrong with you?

Zuerst einmal zu den Fakten: dieses Buch erzählt die persönlichen Geschichten von drei Frauen. Diese Geschichten hat die Autorin Lisa Taddeo nicht erfunden, sondern in langjähriger Arbeit recherchiert. Dazu hat sie unzählige Gespräche mit Frauen über ihr Verlangen (desire), über ihre persönlichen Wünsche und Bedürfnisse geführt. Sie hat diese Frauen über einen Zeitraum von mehreren Jahren begleitet, ihre Lebensumstände beobachtet, ihre Familienverhältnisse beleuchtet und aus all diesen Informationen schließlich ein detailreiches Bild gezeichnet.

Who does she think she is.

Auch wenn der Text detailreiche Beschreibungen von sexuellen Aktivitäten enthält, geht es aus meiner Sicht nicht in erster Linie um körperliche Bedürfnisse. Für alle drei Frauen sind ihre sexuellen Wünsche mit emotionalen Aspekten verbunden. Es geht darum, geliebt zu werden, von einem Partner angenommen zu werden, das eigene Selbst und dessen Wert bestätigt zu bekommen.

Women shouldn’t judge one another’s lives, if we haven’t been through one another’s fires.

Die Geschichte von Lina wurde im Rahmen einer Frauendiskussionsrunde erzählt und die Autorin beschreibt an dieser Stelle auch detailliert die Reaktionen der anderen Frauen auf Linas „Geständnis“. Neid paart sich mit Angst, daraus entsteht eine passiv-aggressive Stimmung gegen diese Frau, die aus ihrem Alltag ausbricht, um ihren Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen. Anstatt Solidarität oder zumindest Verständnis erntet sie Misstrauen und die unmissverständliche Botschaft, dass sie Grenzen überschritten hat, die nicht überschritten werden sollten. Es handelt sich hier um eine geradezu prototypische Beschreibung eines unsolidarischen Verhaltens unter Frauen, das in einem anderen Buch, das ich kürzlich gelesen habe als get back in line definiert wird.

Life has absolutely zero meaning if you’re not living for someone else.

Ein anderer dazu passender Aspekt ist die Tatsache, dass von Frauen nach wie vor erwartet wird, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse für andere Personen zurückschrauben. Selbstverständlich erfordert das Mutter-Sein (eigentlich das Eltern-Sein, aber es geht hier eben konkret um Frauen) ein gewisses Maß an Selbstaufgabe. Die eigenen Bedürfnisse aber auch gegenüber denen des Partners (im besten Fall der andere Elternteil) zurückstellen zu müssen, führt im Allgemeinen zu Unzufriedenheit und zum Zerbrechen der Partnerschaft. In den Augen der Gesellschaft und/oder zum (vermeintlichen) Wohl der Kinder wird diese Partnerschaft dann zumeist am Leben erhalten, obwohl sie längst nur noch eine Hülle ist.

What Sloane wanted more than anything else was to like herself. […] There had always been a sense of personal inadequacy if she was not nailing every single thing.

Während in den Geschichten von Maggie und Lina zumindest oberflächlich eine Art von Opferrolle nicht vollständig abgestritten werden kann, erscheint Sloane auf den ersten Blick als Frau, die alles hat. Sie stammt aus einer reichen, weißen Familie, ist attraktiv, beliebt und erfolgreich. Eine Frau, die von anderen Frauen beneidet wird. Erst zwischen den Zeilen und im Verlauf der Geschichte wird klar, dass auch Sloane ihre eigenen Bedürfnisse hinter die ihres Mannes stellt. Ihr Selbstwertgefühl beruht auf der Kontrolle ihres perfekten Images. Die oben gestellte Frage What’s wrong with you? zerbricht ihr Selbstbild nicht, da sie sich diese Frage ohnehin immer wieder selbst stellt. Die Frage von einer anderen Frau gestellt zu bekommen, zieht diese Selbstzweifel jedoch zusätzlich ins Tageslicht. Hier kommen all die Erwartungen zum Ausdruck, mit denen sich Frauen täglich konfrontiert sehen und die niemals erfüllt werden können.

Even when women fight back, they must do it correctly. They must cry the right amount and look pretty but not hot.

Ich verzichte an dieser Stelle darauf, die Eckdaten der drei Geschichten aufzulisten. Zum Ersten finde ich, dass dies den sexuellen Aspekt zu sehr in den Vordergrund stellt (und damit eine gewisse Sensationslust anspricht, was aber vermutlich verkaufsförderlich sein dürfte). Zum Zweiten gibt eine reine Zusammenfassung der Fakten die Tiefe der Geschichten nicht wider. (Wer trotzdem nicht verzichten kann: Bookmarks. Außerdem beschäftigt sich dieser Lithub-Post, mit der Frage, warum das Thema Verlangen/Begierde überhaupt behandelt werden sollte.) Es geht hier nicht um sexuelle Akte und wie und unter welchen Umständen diese stattgefunden haben. Es geht um die persönlichen Empfindungen und Erfahrungen dieser drei Frauen und die lassen sich nicht in einem Blog Post zusammenfassen.

We don’t remember what we want to remember. We remember what we can’t forget.