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Roman

Vicki Baum – Vor Rehen wird gewarnt

CN dieses Buch: Tod, Sterben, Krankheit, Feuer, Mordversuch
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[…] Übrigens ist niemand ganz normal, und was heißt das überhaupt: normal sein? Normalität ist ein willkürlicher Begriff, und wir wissen weniger davon als über die Entfernung zwischen den Planeten oder die Abweichung der Lichtstrahlen. Normalität lässt sich nicht abmessen, weil sie nichts Absolutes ist, sondern nur eine Konvention.

Gute Zitate über den (von mir verhassten) Begriff Normalität finden sich an den überraschendsten Stellen. In diesem Zitat sticht für mich hervor, dass Normalität nichts Absolutes ist. Was als normal verstanden wird, hat sich über die Zeit immer wieder verändert. Es geht hier nur darum, was als Mehrheitsmeinung oder Mehrheitshandlung in der Gesellschaft angesehen wird.

Davon lässt sich schon überleiten zu dem, was ich an diesem Roman so erstaunlich finde: Obwohl die Erstveröffentlichung bereits über 70 Jahre zurück liegt (1951), fühlt sich der Roman erstaunlich aktuell an. Obwohl es an Rollenklischees der beschriebenen Epoche nicht mangelt, werden diese nicht ausgeschlachtet, sondern auf einer subtilen Ebene zwischen den Zeilen in Frage gestellt. Schon allein die Hauptfigur Ann Ambros, die vor keiner hinterhältigen Aktion zurückscheut, um ihre persönlichen Ziele zu verfolgen, ist ein sehr spezieller Frauentyp, der mit den Konventionen (der sogenannten Normalität) der damaligen Zeit bricht. Neben ihr stechen auch andere Frauenfiguren deutlich heraus: Stieftochter Joy, die sich schließlich durch einen gewalttätigen Kraftakt aus ihrer verzweifelten Lage zu befreien versucht oder Pianistin Mausi, die ihr Leben der Kunst widmet und sich mit Ann verbündet, um ihrerseits ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Wieder mal ein Buch, das mir über einen Literatur-Geocache zugeflogen ist. (Ausnahmsweise erlaube ich mir hier, den auch zu verlinken, weil der Titel des Geocaches ohnehin schon den Titel des Buches verrät.) Das Final liegt innerhalb des Wiener Zentralfriedhofs, auf dessen Besuch ich mich schon seit Längerem wieder freue.


Blick in die Ausstellung Hot Questions. Cold Storage. Links eine rote Wand, auf der Texte und Bilder zu sehen sind, mittig sind die hinteren Bereiche der Ausstellung in Blautönen zu sehen, rechts ein orangefarbenes Regal mit verschiedenen Architekturmodellen in Glaskästen

Als wir letztens für die Ausstellung Serious Fun. Architektur und Spiele im Architekturzentrum Wien waren, haben wir uns dann auch noch die neue Schausammlung Hot Questions. Cold Storage. angesehen. Die farbliche Gestaltung und die inhaltliche Einteilung in sieben Fragen hat mich sehr an die Aufmachung der Foodprints-Ausstellung im Technischen Museum Wien erinnert. Vielleicht ist das gerade ein Trend in der Ausstellungslandschaft?

Ausstellungsraum, links eine Art Tunnel aus blauen und violetten Wänden, in die Wand ist eine Wasserinstallation mit sichtbaren Blasen eingebaut, rechts Blick in die hinteren Bereiche der Ausstellung

Die „heißen Fragen“ aus dem Titel der Ausstellung bewegen sich in den Bereichen „Wie entsteht Architektur?“, „Wie wollen wir leben?“ und „Wer macht Stadt?“. Diesen Fragen wird nicht „linear und enzyklopädisch, sondern fragmentarisch mit Lücken und Brüchen“ nachgegangen. Die Sammlung will damit Zukunftsszenarien in den Vordergrund rücken und anhand der Fülle von Wissensbeständen im Depot Lösungsansätze aufzeigen.

Erwartungsgemäß sind viele Architekturmodelle zu sehen. Ein großer Teil stellt Stadtarchitektur dar, also zB Gemeindebauten und Stadtteile, die bewusst umgestaltet wurden, um den Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen. Gefallen haben mir aber auch die aus Lego gebauten Modelle von den Prachtbauten der Wiener Ringstraße (zB Parlament und Staatsoper). Besonderen Spaß hatte ich am Holzmodell einer Sommertheaterbühne, die dicht in einen Stadtteil hinein gebaut ist. Ich hatte sie sofort erkannt als die Bühne des Sommertheaters in Haag.

Besonders interessant fand ich auch den Vergleich von Bodenprofilen von Walter Fitz. In zwei nebeneinander stehenden Glaskästen kann versiegelter Stadtboden mit einem landwirtschaftlichen Bodenprofil verglichen werden, der Unterschied ist enorm. Diese Visualisierung des immer wieder in den Medien zu hörenden Begriffs Bodenversiegelung fand ich sehr einleuchtend. Ausstellungsdisplay in einer Nische mit halbkreisförmigem Fenster darüber, vor einem roten Vorhang ist ein Architekturmodell eines Wiener Gasometers und daneben ein Vergleich von Bodenprofilen zu sehenIm hinteren Bereich der Ausstellung wird von der Vergangenheit in die Zukunft geblickt. Mit einem Rückblick auf die durch das Jahr 1968 eingeleitete Umweltdebatte und die darauf basierend entstandenen Utopien wird übergeleitet zu Innovationen, die uns heute im Bezug auf die Klimakrise beschäftigen. Ein bewegtes Exponat stellt dabei das Objekt Splitterwerk von Mark Blaschitz, Edith Hemmrich und Josef Roschitz dar:

In vertikalen Sonnenkonversionslamellen aus Glas, die mit wässrigem Nährmedium gefüllt sind, entsteht in der SolarLeaf-Lamelle aus CO2 und Sonnenlicht Algen-Biomasse; gleichzeitig wird ein solarthermischer Effekt erzielt, da die Sonnenstrahlung das wässrige Medium erwärmt. Beide Energieträger werden über ein Kreislaufsystem in die Technikzentrale des Gebäudes geleitet und dort über einen Wärmetauscher bzw. einen Algenabscheider entnommen.

Projekt Splitterwerk, Sonnenkonversionslamellen aus Glas, darin eine grün gefärbte Flüssigkeit, in regelmäßigen Abständen steigen aus dem unteren Bereich Luftblasen nach oben aufEin hellblau gestalteter Bereich ganz hinten im Raum beschäftigt sich mit Architektur im Bildungsbereich. Die Anerkennung der Kindheit als autonomer Lebensabschnitt im ausgehenden 18. Jahrhundert erforderte die Entwicklung von spezifischen Räumen in Bautypologien wie Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und Waisenhäusern. In architektonischen Veränderungen drückten sich auch soziale Öffnungsprozesse aus. Gerade in der Gestaltung von öffentlichen Gebäuden wie Schulen wurden immer wieder Innovationsschübe und gesellschaftliche Entwicklungen deutlich. Dies wird in mehreren Displays, die sich mit Schularchitektur beschäftigen, nachvollzogen.

Unten das Modell eines Schulgebäudes, darüber Schwarz-Weiß-Fotos von Schulgebäuden aus unterschiedlichen Epochen an einer hellblau gefärbten Wand

Das Fragmentarische der Ausstellung war mir bereits beim Durchgehen aufgefallen, meine Begleitung und ich waren uns jedoch beide nicht sicher, welche Funktion im Rahmen der Wissensvermittlung diese Ausstellung von einzelnen Aspekten ohne sichtbaren Zusammenhang erfüllen soll. Generell haben mir aber beide Ausstellungen im Architekturzentrum Wien trotz einiger Kritikpunkte gut gefallen. Den Sinn-Hintergrund des Objekts auf dem abschließenden Foto habe ich leider nicht notiert, der Grenzstein hat mir einfach gefallen.

Grenzstein auf einer Steinplattform mit der Aufschrift „Grenzzone – In Stein gemeißelt“

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English Krimi Roman

Louise Penny – The Beautiful Mystery

CN dieses Buch: Drogenmissbrauch, Tod, Totschlag, Gewalt, Erwähnung von Pädophilie (keine grafische Beschreibung)
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Armand Gamache knew the power of a father’s love. Whether it be a biological father or a father by choice. And fate.

Der erste Band der Gamache-Reihe, der vollkommen abseits vom abgelegenen Örtchen Three Pines spielt, in dem so viele sympathische und besondere Charaktere leben. Gamache und Beauvoir sind einem Mörder in einem Kloster auf der Spur. Der Kreis der Verdächtigen beschränkt sich auf 23 Mönche, einer wie der andere ein sehr unwahrscheinlicher Mörder. Bald stellt sich heraus, dass gerade unter einem Schweigegelübde die Konflikte nur so vor sich hin brodeln. Und auch der schwelende Konflikt zwischen Gamache und Beauvoir wird schließlich von einem unerwarteten Besuch neu befeuert. Die Geschichte ist spannend, aber mir fehlten tatsächlich die bekannten Gesichter aus Three Pines, weshalb ich gleich mit dem nächsten Band anschließen musste.

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English Sachbuch

Claudia Hammond – The Art of Rest

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Aus einem Grund, den ich noch nicht vollständig hinterfragen konnte, gefallen mir Buchtitel mit der Formulierung The Art of […]. Vielleicht ist es eine absurde Neigung zur Kunst, die ich ja weitgehend nicht verstehe, was mich aber nicht davon abhält, mich dem Thema immer wieder schrittweise anzunähern. In diesem Buch geht es jedoch eigentlich um eine Studie, in der Menschen nach den Aktivitäten befragt wurden, die sie ausführen, um sich zu entspannen. Die Autorin untersucht dann in einzelnen Kapiteln die Top-10-Entspannungstätigkeiten und weist anhand von unterschiedlichsten Quellen nach, warum uns diese Tätigkeiten entspannen.

Wer sich für die gesamten Ergebnisse interessiert, muss das Buch selbst zur Hand nehmen, die Lektüre ist durchaus interessant. Ich möchte in diesem Post ein paar Details herausgreifen, die mich selbst immer wieder in dem einen oder anderen Kontext beschäftigen:

Im Hinblick auf die entspannende Tätigkeit Fernsehen argumentiert die Autorin, dass das Versinken in anderen Welten und sich dadurch Ablenken von der eigenen Realität auf Dauer keine Probleme löst, sondern Einsamkeit und Isolation sogar noch verschlimmern kann. Als kurzfristige Ablenkung nach einem harten Arbeitstag, an einem Abend, an dem wir keine Energie mehr haben für andere entspannende Tätigkeiten, hat das Fernsehen jedoch einen viel schlechteren Ruf, als ihm eigentlich zusteht. Wichtig ist dabei außerdem, dass wir uns selbst nicht extra Stress machen, weil wir uns wegen des stressigen Tages vor den Fernseher legen. Das Fernsehen sollte eben kein Vergnügen mit Gewissensbissen (guilty pleasure) sein, sondern etwas, das wir uns bewusst gönnen und bei dem wir kein schlechtes Gewissen haben. Dann taugt diese Tätigkeit auch gut als Entspannung.

It isn’t a long-term solution to loneliness of course, but loneliness is often temporary, and when it is, television could help by distracting us from painful feelings and providing a sense of companionship.

Ein wiederkehrendes Thema im Buch ist das Konzept der Untätigkeit (idleness). In der Arbeit, wenn wir Haushalt machen oder Erledigungen, stellen wir uns oft vor, wie schön es wäre, jetzt nichts tun zu müssen. Wenn wir jedoch tatsächlich nichts zu tun haben, neigen wir dazu, diese Zeit erst recht wieder mit Tätigkeiten zu befüllen. Hier kommt dann die Natur ins Spiel: Wenn wir uns auf einen Spaziergang in den Wald begeben, fühlt sich dies anders an, als wenn wir einfach nur auf der Couch liegen und an die Decke starren. Die Geräusche und Gerüche der Natur bedeuten etwas, das unserem Körper und unserem Geist erlaubt, loszulassen. In Japan wurde schon im vergangenen Jahrhundert die Formulierung shinrin-yoku (“forest bathing” or “taking in the forest atmosphere”) verwendet, um die heilenden Kräfte der Natur zu umschreiben.

There can be idleness in being out in the countryside, but it is excusable idleness. We are doing something, even if it is just being in a natural place. There is meaning in it.

Im letzten zusammenfassenden Kapitel gibt die Autorin den Leser:innen einige Tipps mit auf den Weg, wie sie das Beste aus ihren Entspannungszeiten herausholen können (womit sich die Katze in den Schwanz beißt …). Die Kurzfassung (bzw. die Punkte, die mir am wichtigsten erschienen):

  • Wir sollten versuchen, unsere Entspannungszeiten bewusst wahr zu nehmen. Es ist egal, was wir in dieser Zeit tun, so lange wir uns bewusst sind, dass wir jetzt in einer Entspannungszeit sind und am Ende des Tages auch wissen, dass wir an diesem eine Entspannungsphase hatten.
  • Selbst bei noch so guter und umfangreicher Planung werden immer unerwartete Dinge passieren. To-Do-Listen werden niemals enden. Wenn wir das akzeptieren und diese Listen auch mal beiseite lassen können in dem Wissen, dass wir uns später darum kümmern werden, dann können wir auch die Entspannungszeiten bewusster genießen.
  • Viele von uns (und ich bin definitiv mit in dieser Gruppe dabei) haben sich angewöhnt, so viel wie möglich in unsere Zeit, in einen einzelnen Tag rein quetschen zu wollen. Oft habe ich mit meinen Terminen jongliert, um etwas noch zu erledigen, was auch problemlos Zeit gehabt hätte. Von diesem ständigen Streben nach Effizienz möchte ich mich verabschieden. Es ist nicht nötig, alles in Rekordzeit zu erledigen.
  • Manchmal ist es auch einfach nötig, sich von Tätigkeiten und Verpflichtungen zu verabschieden, um mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge zu haben. (Ja, das ist eine Binsenweisheit, aber ich finde, es kann nicht oft genug wiederholt werden.)
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English Roman

Emily St. John Mandel – Station Eleven

CN dieses Buch: Mord, Tod, Krankheit, Pandemie, Epidemie
CN dieser Post: Pandemie, Sterben, Krankheit


Was für eine Geschichte … ich musste am Anfang des Buchs nachschauen, wann das veröffentlicht wurde, und es ist beängstigend wenig lange her (2014). Ich möchte mir nicht vorstellen, was die Autorin empfunden hat, als es 2020 mit der aktuellen Situation losging …

Es handelt sich aber hier nicht nur um eine Geschichte, die die Katastrophe und ihre Nachwirkungen beschreibt. Viele Rückblicke zeigen die Charaktere in ihrem Leben VOR der Katastrophe, was auch notwendig ist, um diese dann in berührend unterschiedlichen Szenarien sterben zu lassen. Ohne diese Geschichten VOR der Pandemie gäbe es die Frage nicht, wer denn wohl überleben wird und wie.

Of all of them there at the bar that night, the bartender was the one who survived the longest. He died three weeks later on the road out of the city.

Eine großartige Verknüpfung ist jedoch die Geschichte des titelgebenden Comics Station Eleven, der einen großen Teil der Protagonisten miteinander verbindet. Wer diese Geschichte erfindet und wie sie in die Hände derer gelangt, die sie nach der Katastrophe weiterhin mit sich tragen, ist sehr clever angelegt und war für mich nicht vorhersehbar.

If you are the light, if your enemies are darkness, then there’s nothing that you cannot justify. There’s nothing you can’t survive, because there’s nothing that you will not do.

Wie bei anderen Weltuntergangsgeschichten stellen sich auch hier irgendwann die Protagonisten die Frage, warum manche Menschen überlebt haben und andere sterben mussten. Ein Prophet, der daraus eine Licht-und-Schatten-Situation generiert, fehlt natürlich auch nicht. Die vielen Rückblenden ermöglichen eine überdeutliche Beschreibung des VORHER und NACHHER („the divide between a before and an after, a line drawn through his life“).

Unerwartet kommt auch der Funken Hoffnung, der sich am Ende des Buchs spontan einschleicht.

If there are again towns with streetlights, if there are symphonies and newspapers, then what else might this awakening world contain?

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Roman

Robert Schneider – Schlafes Bruder

CN dieses Buch: Suizid, Mord
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Heißt es nicht in der Schrift, daß Du vollkommen bist? Wenn Du aber vollkommen bist und gut, weshalb mußtest du dann das Elend, die Sünde und den Schmerz erschaffen? Weshalb weidest Du dich an meiner Trauer, an der Mißgeburt meiner Augen, am Kummer meiner Liebe?

An und für sich war ich mir ziemlich sicher, dass ich dieses Buch schon mal gelesen und damals sogar besessen habe. Aber das muss wohl vor der Entstehung dieses Blogs gewesen sein, da ich keinen Blog-Eintrag finden konnte. Daher nun eine kurze Besprechung zu diesem Re-Read (aus Gründen des Geocachens).

Der Autor entwirft eine kleinliche Dorfgemeinschaft im Vorarlbergischen, eine Bevölkerung, die hauptsächlich aus den Angehörigen zweier Familien besteht, den Alders und den Lamparters. Aus der engen Verwebung der beiden Familien entstehen immer wieder Kinder mit diversen Behinderungen. So auch der Protagonist Elias, der einerseits eine frühe Pubertät erlebt, bei der seine Augenfarbe einen beunruhigenden gelblichen Farbton annimmt und der andererseits eine besondere Begabung für Musik, spezifisch für das Orgelspiel entwickelt. In der Dorfgemeinschaft bleibt er stets ein Außenseiter.

Erlösung aber ist die Erkenntnis der Sinnlosigkeit allen Lebens.

Da das Buch selbst den Tod des Protagonisten bereits auf der ersten Seite ankündigt, kann ich hier auch etwas ausführen, ohne zu spoilern. Elias entbrennt in unsterblicher Liebe, die er jedoch nicht anders auszudrücken vermag als durch seine Musik. Als ihm seine Angebetete Elsbeth durch die Heirat mit einem anderen Mann entzogen wird, entschließt sich Elias zu einem verzweifelten Liebesbeweis.

In einem Nachwort versucht Rainer Moritz den unerwarteten Erfolg dieses 1992 erschienenen Buchs zu erklären. Er erwähnt den besonderen Schreibstil, die ironischen Züge, mit denen Schneider die Dorfgemeinschaft versieht und die hartherzige Darstellung des Lebens im Dorf, die keinerlei Platz für bäuerliche Idylle vorsieht. Er stellt Schlafes Bruder in eine Reihe mit „ähnlich spektakulären Büchern der jüngeren deutschsprachigen Literaturgeschichte, mit Patrik Süskinds Das Parfum (1985, war bei mir damals Schullektüre), Christoph Ransmayrs Die letzte Welt (1988), Bernhard Schlinks Der Vorleser (1995) und Daniel Kehlmanns Die Vermessung der Welt (2005)“. Je länger ich über diese Einordnung nachdenke, umso passender erscheint sie mir. Es ist definitiv eine besondere Geschichte, ein Roman, den die Leserin nicht so schnell vergisst.

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Roman

Mitch Albom – The Magic Strings of Frankie Presto

Die Geschichte meiner ersten Begegnung mit Mitch Albom habe ich im Post zu The First Phone Call from Heaven vor vier Jahren erzählt. Aktuell herrscht in meinem Leben eine Stimmung vor, die nach genau dieser Medizin verlangt: Geschichten, die eine Art Sinn im Leben finden; die ein Gefühl der Möglichkeit vermitteln; die uns zeigen, dass das Leben immer weiter geht.

Erzählt wird die Lebensgeschichte von Frankie Presto, erzählt wird sie von der personifizierten Musik. Das klingt zuerst etwas seltsam, fühlt sich aber in der Geschichte derart organisch an, dass die Absurdität schnell in den Hintergrund gerät. Die Musik erzählt, wie Menschen direkt nach ihrer Geburt nach Talenten greifen, die in Form von Farben um sie herumschweben. Die Musik begleitet Frankie durch sein ganzes Leben und kann daher als Einzige von seinem kompletten Lebensweg berichten. Wie sich später herausstellt, stimmt das nicht vollständig, aber die dunkle Figur, die immer wieder beiläufig erwähnt wird, enthüllt ihre Identität erst gegen Ende des Buchs.

Frankies Lebensgeschichte nimmt immer wieder unerwartete Wendungen, der wahre Familienhintergrund wird in sehr kleinen Etappen enthüllt. Frankie lernt berühmte Musiker aus verschiedenen Dekaden kennen, reist mit Django Reinhardt nach Amerika, tritt als Vertretung von Elvis Presley auf und erlebt schließlich beim legendären Woodstock Festival 1969 eine entscheidende Wendung seines Lebens. Die titelgebenden magic strings sind sechs Stück Gitarrensaiten, die Frankie von seinen unbekannten leiblichen Eltern bekommen hat (ohne dies zu wissen) und von denen jeweils eine in entscheidenden Situationen seines Lebens blau glüht.

Die Geschichte fühlt sich teilweise selbst wie komponiert an, plätschert manchmal etwas dahin und steuert dabei aber immer schon auf den nächsten Höhepunkt zu. Die Musik als Erzählstimme erweist sich als Kunstgriff, der Mediationen über die Seltsamkeiten der Menschheit an sich erlaubt. Diese Möglichkeit hätte auch in einem mahnenden Zeigefinger enden können, wird jedoch nicht übermäßig ausgenutzt. Ein kunstvoll verwobener Roman mit musikalischem Background, Empfehlung von meiner Seite.

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Erfahrungsbericht

Amanda Palmer – The Art of Asking

Um ehrlich zu sein, ich hatte mich mit Amanda Palmer und ihrer Musik bisher nicht besonders befasst. Coin Operated Boy hab ich damals™ (2009) mitbekommen, wurde mir aber durch die Verwendung in einer TV-Werbung eines Fruchtsirupherstellers effektiv verleidet. Im Anschluss an das Lesen des Buches hab ich mir die dazugehörige Playlist durchgehört und kann jetzt sagen, dass mir ihre neueren Werke auch deutlich besser gefallen.

Das Buch befasst sich weit ausholend mit allen Fragen zum Thema Bitten: wer darf um Hilfe bitten, worum darf jemand bitten, wer darf wen um Hilfe bitten und wie funktioniert das Ganze überhaupt. Viele Menschen haben Skrupel, um Hilfe jeglicher Art zu bitten. Ich kann das persönlich gut nachvollziehen, ich möchte auch niemandem zur Last fallen. Ähnliches schrieb auch die Kaltmamsell kürzlich in ihrem Blog: es fällt ihr nicht leicht, um Hilfe zu bitten, meistens fällt es ihr zu spät ein, dass das überhaupt eine Option ist. Und einige Tage später erzählt sie dann von einer Nachbarin:

Eine verhältnismäßig neue Nachbarin (etwa in unserem Alter) kennengelernt: Sie klingelte, weil sie ihren Wohnungsschlüssel in der Arbeit vergessen hatte. Und fragte, ob sie ihre schwere Tasche bei uns unterstellen könne, um schnell zurück ins Büro und zu ihrem Schlüssel zu radeln. (So verhalten sich also Menschen, für die das Bitten um Hilfe eine naheliegende Option ist – toll!)

Die Gründe, warum viele Menschen sich mit dem Bitten schwer tun, sind vielfältig:

… die Angst, sich verletzbar zu machen, die Angst vor Zurückweisung, die Angst bedürftig oder schwach zu wirken. Die Angst, der Gemeinschaft zur Last zu fallen, statt sie zu bereichern.

Es gibt jedoch auch die andere Seite des Bittens: das Geben und das Helfen. Wer nicht bittet, dem wird nicht geholfen (werden können). Gleichzeitig kann eine Bitte auch als Geschenk an die Person betrachtet werden, die um Hilfe gebeten wird. Nicht nur das Geben und Helfen ist ein Geschenk und eine Gabe. Auch das Bitten ist eine Gabe. Es gibt der anderen Person das Gefühl, etwas Gutes, Wichtiges und Sinnvolles tun zu können. Das Gefühl, gebraucht zu werden. Und manchmal auch das Gefühl, ein Teil von etwas Größerem zu sein.

Das Buch beleuchtet in mehr oder weniger chronologischer Form die Entwicklung von Amanda Palmers Karriere von ihren Anfängen als lebende Statue über die frustrierenden Erfahrungen mit ihrer Plattenfirma (zu Zeiten der Dresden Dolls) und schließlich ihren großen Erfolg mit Crowdfunding: ihre Kickstarter-Kampagne war die Erste, die die Millionen-Marke erreichte. Damit verwoben sind aber auch ihre persönlichen und privaten Erfahrungen: ihre eigenen Skrupel, sich von ihrem (berühmten) Ehemann Neil Gaiman in knappen Zeiten finanziell aushelfen zu lassen, aber auch das Bitten um eine Umarmung im richtigen Moment. Sie beschreibt Freundschaften, die auf der Basis des Einanderhelfens entstanden sind und verknüpft dies mit einer intensiven Betrachtung der Frage, was Vertrauen ausmacht und wie wichtig Vertrauen ist, wenn es darum geht, eine Person um etwas zu bitten.

Als Einstieg für Interessierte ist dieser TED-Talk von Amanda Palmer zu empfehlen, der die Grundzüge des Konzepts „Bitten und Crowdfunding im Music Business“ in 13 Minuten anschaulich erklärt. Die bereits per Crowdfunding finanzierten Alben von Amanda Palmer sind auf Bandcamp als „free / name your price“ zum Download zu finden. Für langfristige Unterstützung von Musikern, Podcastern, Künstlern aller Art, hat sich aktuell Patreon etabliert, auch hier ist Amanda Palmer zu finden.

Abschließen möchte ich mit diesem Zitat, ein weiteres Puzzleteil zur Antwort auf die Frage, was eigentlich Kunst ist:

Man ist ein Künstler, wenn man sagt, dass man einer ist. Und man ist ein guter Künstler, wenn man jemandem ein tiefes Gefühl oder eine unerwartete Erfahrung beschert.

PS: Warum sind die Zitate auf deutsch? Ich habe die deutsche Version des Buches von einem Freund geliehen bekommen, ich empfehle jedoch die Lektüre des englischen Originals, die deutsche Übersetzung ist stellenweise schmerzhaft.

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Sachbuch

The Art of the American Musical – Edited by Jackson R. Bryer and Richard A. Davison

Das Thema Musical beschäftigt mich inzwischen seit etwa 20 Jahren. Gelesen habe ich zu diesem Thema seit Längerem nichts mehr, dieses Buch mit Interviews habe ich seit zwei Jahren im Regal stehen (habe extra nachgeschaut, wann ich es gekauft hatte) und irgendwie hat mich der schlichte schwarze Einband etwas abgeschreckt. Das Lesen gestaltet sich wegen des steifen Hardcover-Einbands tatsächlich etwas mühsam, der Inhalt jedoch hat mich sofort gefangen genommen.

In der schnelllebigen (Musik-)Theaterwelt sind zehn Jahre eine lange Zeit, diese Interviewsammlung wurde 2005 veröffentlicht. Die Fragen sind jedoch geschickt formuliert und entlocken den Interviewten durchaus Statements, die auch über Jahre hinweg Bestand haben. Etwa Stephen Flaherty erklärt auf die Frage, ob es nicht frustrierend sei, von Theaterkritikern, die eigentlich keine musikalische Expertise haben, Kritik für seine Kompositionen entgegennehmen zu müssen, dass es eigentlich mehr darauf ankommt, ob man seine eigenen Ideen verfolgt hat und das Beste daraus gemacht hat. Und falls das nicht gelungen sein sollte, kann man noch immer daraus lernen.

Ultimately, it comes down to you as an artist sitting with yourself and being honest about what you’re trying to achieve and whether you’ve achieved it or not – and if you haven’t how you can build upon that and learn from it.

(Stephen Flaherty)

Jason Robert Brown erzählt unter anderem darüber, wie er bewertet, welches Material Musicalpotential hat. Wenn die Krise, die Emotion, das Gefühl der Figur nicht groß genug, nicht episch genug ist, dann wirkt ein Song fehlplatziert und übertrieben und wird vom Publikum potentiell nicht ernst genommen.

Singing, ultimately, magnifies everything you’re feeling; when you sing it, it becomes epic.

(Jason Robert Brown)

In seinem Interview fand ich auch sehr interessant, wie er den Prozess des Orchestrierens beschreibt. Im Musicalbereich ist es oft so, dass der Komponist zwar die Melodien der Musiknummern schreibt, diese jedoch von jemand anderem für Orchester umgesetzt werden. Er erzählt, dass der Orchestrator aus einer Palette (ich nehme an an Instrumenten bzw. Stilmitteln) auswählt und somit den endgültigen Sound sehr prägt. Auch zum Thema Tony Awards nimmt sich Jason Robert Brown kein Blatt vor den Mund. Er spricht von einer Gruppe von Mitgliedern der Tony Award Jury, die Tourneeproduzenten sind und ihre Tony Award Votings zu ihrem persönlichen Vorteil nutzen. Für den Erfolg einer US-Tournee ist ein Tony Award ein unverzichtbares Marketinginstrument.

Arthur Laurents erzählt im Gespräch über drei fatale Probleme, die bei einem seiner Projekte zu einem Misserfolg geführt haben (und er bezieht sich dabei sowohl auf finanziellen, künstlerischen als auch persönlichen Misserfolg). Als seinen ersten Fehler bezeichnet er, das Projekt nur gemacht zu haben, weil der Produzent ein guter Freund von ihm war. Er zieht daraus die Lehre, dass es künstlerisch falsch ist, ein Projekt ausschließlich eines Gefallens wegen zu verfolgen. Sein zweiter Fehler: obwohl er lange vor der Premiere erkannte, dass es nicht funktionieren würde, zog er sich nicht aus dem Projekt zurück („I am very tenacious, I won’t quit“). Ich kann das sehr gut nachvollziehen.

The third thing is the most important of all. I didn’t care deeply about the material, and if you don’t care about anything that you’re doing creatively, you’re a fool to go on with it. It takes so much time and so much hard work that if in the end it fails, you have to be able to say, “I don’t care. I’m proud of it.”

(Arthur Laurents)

Im einem weiteren sehr interessanten Abschnitt beschäftigt sich Arthur Laurents mit dem Thema „Aktualisierung“ von Stücken. In der heutigen Zeit sehen wir immer öfter moderne Versionen der West Side Story (die ja selbst damals schon eine moderne Version der Romeo-und-Julia-Geschichte war). Laurents meint nun, man darf nicht die Geschichte aus ihrer Zeit nehmen, aber man kann den Schauspielern (bzw. ihren Rollen) eine andere Einstellung geben und damit das Gesamtbild beeinflussen:

You can’t remove a piece from the period in which it was written, but you can induce a kind of sophistication in the attitude. But I didn’t change the material; I changed the attitude of the actors. For example, in Gypsy, with the first scene where the man and the woman meet: The way I did it this time is I said to them, “Instantly, they want to go to bed together.” And that was very clear in the way they played it. You couldn’t have done that in the fifties. People didn’t go to bed; they had twin beds.

(Arthur Laurents)

Eine ähnliche Geschichte erzählt auch Charles Strouse über sein Stück Applause. Bei einer Liebesgeschichte stellt sich oft am Ende die Frage, kommt das Paar wieder zusammen oder trennen sie sich endgültig. In diesem Zusammenhang fällt mir auch My Fair Lady ein, wo im Originalstück Pygmalion von George Bernard Shaw Eliza am Ende den Professor verlässt. In der Musicalversion kommt sie jedoch zumeist zurück und bring dem Professor demütig die Pantoffeln, die sie ihm in einer früheren Szene wutentbrannt entgegen geschleudert hat. Laut Charles Strouse kann die richtige Antwort auch mit dem aktuellen Empfinden des Publikums zu dieser Zeit zusammenhängen:

We wrote the ending two ways. The original ending to Applause was that the great star says to her fiancé, “Sorry. The theater is what I love,” and dumps him. That was very true to life and very true to Bacall herself and that kind of person who is so committed. When the show started to work, the audience liked it but didn’t love it. We said, “Let’s try the sentimental ending.” So we tried the sentimental ending, which is she gets back with her fiancé and gives up the theater and gives her part to Eve. The audience leaped to its feet. It says a lot about America in the 1970s. With the revival we’re planning, we’re going to go back to the original ending. Everybody now feels very strongly that giving up th theater for love is not what a woman who is impelled to be a great star necessarily would do.

(Charles Strouse)

Über Stephen Sondheim habe ich bereits eine umfangreiche Biographie gelesen. Im Interview erklärt er unter anderem, warum seine Stücke stets außerhalb der Norm stehen, warum keines seiner Werke mit seinen anderen oder denjenigen anderer Künstler vergleichbar ist:

I think you should frighten yourself. You should try to wade into territory you haven’t waded into before. That doesn’t necessarily have to be new musical territory; it can be a new approach to the show or to the way of telling a story.

(Stephen Sondheim)

Autor George C. Wolfe beschreibt einen völlig anderen Ansatz, mit Geschichten umzugehen. Für ihn dreht sich alles um einen perfekten Moment, um den herum dann der „Rest“ der Geschichte Stück für Stück gebaut wird. Jede Szene muss darauf geprüft werden, ob sie auch mit dem perfekten Moment mithalten kann.

If you can locate a perfect moment or the moment that is close to perfect in a play, that gives you the rules for every single thing that comes before and follows after. I have very specific kinds of analytical skills – only because I’ve had so many wonderful experiences in working with so many smart people – that enable me to go to that moment and say, “Does this scene over there have the same integrity, truth, buoyancy, depth, and outrageousness as this perfect scene?” It’s important to have not just an intuitive sense, but also a craft like understanding of how it’s all connected.

(George C. Wolfe)

Ein kleiner Wermutstropfen: unter den 20 Interviewten sind nur 4 Frauen. Trotzdem alles in allem ein sehr aufschlussreiches Buch, aus dem man viel über den amerikanischen Musicalprozess und die Entstehungsgeschichten von Musicals lernen kann.

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Roman

Morgan Matson – Amy & Roger’s Epic Detour

I knew in that instant the trip had suddenly gotten a lot more complicated.

Das war dann auch der Moment, wo mir klar war, das Ende ist vorhersehbar. Was auch stimmte. Aber der Weg dorthin war einfach magisch. Zufriedenstellend in jeder Hinsicht.

Die Kurzfassung: Amy soll gemeinsam mit Roger, den sie angeblich aus der Kindheit kennt, das Auto ihrer Mutter von Kalifornien nach Connecticut fahren. Amy selbst fährt eines Unfalls wegen nicht Auto. Sie ist nicht begeistert von der Aussicht, vier Tage lang mit einem Unbekannten in einem Auto eingesperrt zu sein. Aber natürlich entwickelt sich alles in eine gute Richtung. Es stellt sich heraus, dass nicht nur Amy mit sich zu kämpfen hat. Ihre Familie ist zerbrochen während Roger an der fehlgeschlagenen Beziehung zu Hadley knabbert.

Strange perfume lingered in the air, things were put in the wrong place, and a few more of the memories that resided in the walls seemed to have vanished.

Amy zweifelt an sich selbst. Ein schönes Symbol ist ihr Zimmer im Haus, das sie nun verlassen soll: die Immobilienmaklerin hat daraus ein Mädchenzimmer gemacht. Amy vergleicht sich mit der Amy! die sie sein könnte. Oder von der sie glaubt, dass sie es eben niemals schaffen wird, so zu sein.

… it seemed like the room had become a version of myself that I would never live up to.

Tatsächlich entdeckt Amy auf der Reise eine andere Version von sich, die sie auch sein könnte. Es ist schön zu lesen, wie sie sich Stück für Stück verändert. Anhand der Menschen, die sie trifft, werden neue Teile von Amy enthüllt, die der Leser noch nicht kennt und sie selbst zu vergessen oder zu verdrängen scheint.

I looked down at all the beautiful things that were suddenly mine and realized that Bronwyn hadn’t given me clothes – she’d taken away my camouflage. She’d made it impossible to keep hiding.

Schaut man genau hin, findet man auch allgemeine Lebensweisheiten (aka Kalendersprüche), die nicht nur in einer Trauerphase helfen, sondern prinzipiell irgendwohin tätowiert gehören. Tomorrow will be better.

Und die Musik … Natürlich brauchen Roger und Amy Musik für ihre Tour durch Amerika. Die Kapitel werden begleitet von Roger’s Playlists und später kommen auch Amys Musicals dazu. Bei jeder Playlist war zumindest ein Song einer mir bekannten (aber im hiesigen Mainstream völlig unbekannten) Band dabei, was mich jedes Mal in quiekenden Jubel ausbrechen ließ. Jack’s Mannequin – Miss California. The All-American Rejects – Drive Away. New Found Glory – Familiar Landscapes. We Are Scientists – Nobody Move, Nobody Get Hurt. Quietdrive – Time after time (nicht meine Lieblingsnummer und schon gar nicht mein Lieblingscover, aber Quietdrive!!!). Fall Out Boy – Sugar, we’re goin’ down (nach dem 4. FOB-Album noch immer ein all-time-favourite). The Fray – Where The Story Ends. Und dann schließlich Amis Musical-Playlist. Wicked. Spring Awakening. Avenue Q. Ich möchte mir bei Gelegenheit noch die kompletten Playlisten anhören, eventuell reiche ich Youtube-Playlists nach (hat das schon jemand gemacht vielleicht? jemand hat!)

Dieser kommt zwar nicht in der Songliste vor, aber als Staatsmotto: Per aspera ad astra. Ein Song von Acceptance, den ich auf Youtube nicht finden konnte. Und außerdem das Staatsmotto von Kansas. Through adversity to the stars. Und offenbar auch der Universität Klagenfurt. Wieder was gelernt.

What I wanted was some kind of guarantee, and he couldn’t give that to me. Nobody could.

Am Ende war ich dermaßen in die Story gefallen, dass ich es nicht mehr aus der Hand legen konnte und die zweite Hälfte praktisch an einem Tag weggelesen hab. Was mir jetzt fast schon wieder leid tut, weil so gut unterhalten werde ich in nächster Zeit vermutlich nicht mehr. Es kann einfach nicht viele Geschichten geben, die SO gut sind. Ein Kandidat für das Buch des Jahres, möglicherweise bereits das Buch des Sommers.

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Roman

Axel Marc – Beide Welten

Natürlich hoffte ich, in Wien meine Träume zu finden. Diese Hoffnung konnte mir niemand nehmen, und das war mein Trumpf. Also wartete ich. Und jeden Morgen suchte ich. Nach einem Traum, nach meinem Traum, von dem ich glaubte, er sei nur verloren gegangen wie eine Melodie im Menschengeschrei.

Ein dünner Band, den ich mir eigentlich für eine Reise zurechtgelegt hatte, tatsächlich hatte ich ihn auch auf meiner vorletzten Reise nach Stuttgart dabei, damals ergab sich jedoch nicht die Gelegenheit. (Keine Gelegenheit zum Lesen auf ungefähr 14 Stunden Zugfahrt, das muss man sich mal vorstellen. So viel Stress sollte niemand haben.)

Tatsächlich saß ich dann auf der Couch lauschend auf die schlafenden Kinder meiner Freundin, die ich zu beaufsichtigen hatte. Beinahe wurde mir die Geschichte zu kurz, doch dann gewann doch der Schlaf über meinen Willen, ein Buch in einem Rutsch durchzulesen. Es liest sich auch leicht. Ein Buch für eine einsame Nacht. Außer wenn man sich nach einem ausgelesenen Buch einsam fühlt.

Emil kommt als illegaler Einwanderer nach Österreich. Er spielt Geige und schlägt sich in Wien durch, in dem er bei Aurelia und Mihai im Restaurant aushilft und als Straßenmusikant Geld sammelt. An einem regnerischen Abend lernt er Anna und Elly kennen. Elly überredet beide. Emil soll Anna Geigenunterricht geben.

Die Gefühlswelten von Anna und Emil werden in abwechselnden Kapiteln beleuchtet. Natürlich haben sie kaum etwas gemeinsam und doch verbindet ein Gefühl der Trauer, der Einsamkeit die beiden. Sie scheinen ihren Platz im Leben noch nicht gefunden zu haben. Sie verstehen sich trotz der sprachlichen Differenzen. Ein Buch, das Hoffnung macht. You’re not alone.