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English Jugend Roman

John Green and David Levithan – Will Grayson, Will Grayson

Sowohl John Green als auch David Levithan sind Garanten für anspruchsvolle und trotzdem unterhaltsame Jugendliteratur. Beispiele sind etwa The Fault in Our Stars (die Verfilmung aus dem Jahr 2014 ist ebenfalls sehenswert), Every Day (und die beiden Fortsetzungen Another Day und Someday) oder David Levithans Kollaboration mit Rachel Cohn Dash & Lily’s Book of Dares.

me: you have no idea how wrong you are about me.
tiny: you have no idea how wrong you are about yourself.

Es dürfte wohl kein Spoiler sein, wenn ich verrate, dass die Protagonisten des Buches beide Will Grayson heißen und sich zu Beginn nicht kennen, im Verlauf des Buchs aber aufeinander treffen. Im Interview am Ende des Buches erklären die beiden Autoren, wie sie tatsächlich getrennt voneinander die Figuren entwickelt haben, um diese dann Kapitel für Kapitel aneinander heran zu führen.

Wie so oft in Jugendromanen geht es auch hier um die Suche nach der eigenen Identität und das Klarkommen mit der eigenen Vorgeschichte, mit den Voraussetzungen und Umständen, in die wir hineingeboren werden. Eigentlich sollten sich Erwachsenenromane auch mehr mit diesem Thema beschäftigen (wobei sie das bei entsprechender Betrachtung vielleicht ohnehin tun?), weil wer kann schon sagen, sich seiner Identität sicher zu sein? (Falls eine Identität überhaupt etwas Feststehendes sein sollte und nicht eher ein fluides Konzept. In diesem Fall wäre vermutlich das Konzept sich selbst treu zu bleiben hinfällig.) Den Abschluss des Buchs bildet ein Gespräch zwischen den beiden Autoren, in dem John Green über den Konflikt zwischen unserer inneren Identität und der von außen wahrgenommenen Identität erzählt:

I think a lot of the novel is about the weird relationship between identity and existence: In some ways, you are who you are because other people observe you; but in some ways, you are who you are in spite of other people’s observations of you.

Die Verknüpfung dieses Themas mit den philosophischen Überlegungen zu Schrödingers Katze hat mich besonders amüsiert. Und es mir bei der ersten Erwähnung des Bandnamens Maybe Dead Cats nicht mal aufgefallen …

still, what could i say? that i didn’t just feel depressed – instead, it was like the depression was the core of me, of every part of me, from my mind to my bones?

Einer der Will Graysons lebt mit einer Depression. Es gelingt den Autoren meisterhaft, die Isolation dieser Krankheit zu illustrieren; die Art, wie sie die betroffene Person von normalen Menschen abkapselt. Das Unverständnis der Umgebung und die Vorurteile über mental health issues, mit denen depressive Menschen zusätzlich zu ihrer Krankheit zu kämpfen haben, nehmen einen wichtigen Platz ein. Es geht hier nicht nur um Jugendliche, die ihren Platz im Leben suchen, sondern um Jugendliche, die dies unter erschwerten Bedingungen tun und trotzdem einen Weg finden.

all i wanted was one fucking break, one idiotic good thing, and that was clearly too much to ask for, too much to want.

Dazwischen ist das Buch aber auch noch großartig lustig. Die Absurdität, die ich aus Dash & Lily’s Book of Dares erinnere, spiegelt sich hier in den wahnwitzigen Musicalnummern wieder, die ich wirklich gern auf einer Bühne sehen würde. Nicht zuletzt hat mich die Referenz auf einen Film aus meiner eigenen Jugend amüsiert (Charlie Alle Hunde kommen in den Himmel). Mal sehen, ob ich den irgendwo auftreiben kann …

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Roman

Serhij Zhadan – Mesopotamien

Wir alle leben in dieser seltsamen Stadt, wir alle sind hier geblieben, wir alle kehren früher oder später hierher zurück. Wir leben und tragen die Liebe in uns wie eine Schuld, wie eine Erinnerung, sie vereint all unsere Erfahrungen und all unser Wissen.

Die Entscheidung, welches Buch ich denn nun als Nächstes hernehme, hängt sehr von der Tagesverfassung, der Tageszeit und diversen anderen Faktoren ab. In diesem Fall hatte ich dieses Buch aufgrund einer Liste, die überraschenderweise erst vier Jahre alt ist (gefühlt hätte ich eher mit 14 Jahren gerechnet …), auf meiner Wishlist in der Onleihe. Den Ausschlag gab jedoch die 5-Sterne-Bewertung. Irgendwie bin ich eben auch nicht immun gegenüber der Meinung anderer Menschen.

Von oben konnten wir die ganze Stadt sehen, in den Höfen konnten wir spüren, dass unter uns die Steine lagen, auf denen alles gebaut war. Im Sommer erhitzten sie sich, und uns wurde warm, im Winter waren sie durch und durch gefroren, und wir erkälteten uns.

Der erste Teil ist überschrieben mit dem Titel Geschichten und Biographien. Erst beim vierten Kapitel wurde mir klar, dass es sich um eine Art Episodenroman handelt.

Exkurs: Beim Korrekturlesen stelle ich fest, dass Wikipedia unter einem Episodenroman etwas ganz anderes versteht als ich. Hier wird von einem Roman gesprochen, der für die Haupthandlung verzichtbare und leicht aus dem Zusammenhang lösbare Intrigen oder Episoden enthält. Ich hatte den Begriff eher verwendet für sich teilweise überschneidende Geschichten, die im gleichen Umfeld spielen, wo es teilweise unklar ist, ob es sich um Kurzgeschichten mit Verbindungen zwischen den einzelnen Protagonist*innen handelt oder doch um einen Roman mit wechselnden Protagonist*innen. Im Zweifel entscheidet wohl die Selbstbetitelung durch die Autorin*den Autor oder den Verlag. In diesem Fall steht Roman auf dem Umschlag. Andere Beispiele, die mir einfallen, sind etwa Julia Phillips – Disappearing Earth oder Lilian Faschinger – Wiener Passion.

Alles beginnt mit einem Begräbnis und endet mit einer Geburtstagsfeier. Bei beiden Events werden die Verbindungen der einzelnen Personen zueinander erläutert, ich musste jedoch einmal zurücklesen, weil ich mir nicht alle einzelnen Geschichten gemerkt hatte.

Uns bringt die Schwäche um, die wir in uns tragen und deren wir uns nicht entledigen wollen. Sie frisst uns von innen auf wie ein Virus, sie hindert uns daran, die richtigen Entscheidungen zu treffen, die uns vertrauten Menschen festzuhalten, sie macht uns zu Verdammten, obwohl wir in Wirklichkeit nicht verdammt sind.

Die einzelnen Geschichten kreisen um Verwandtschaften, Lebenspläne bzw. die Abwesenheit von Lebensplänen, Unsicherheiten, Ausbrüche und Weggabelungen. Entscheidungen für oder gegen Beziehungen wechseln sich ab mit Fragen nach dem Sinn des Lebens an sich und der Frage, ob es irgendwo noch etwas anderes gibt.

Die Sonne geht morgens im Osten auf, hinter dem Markt,
jeder Verlust hat seinen Grund.
Nirgends solche Stille wie über deinem Haus,
nirgends solch ein Mond wie in deinem Rücken.

Im zweiten Teil, der mit dem Titel Erläuterungen und Verallgemeinerungen überschrieben ist, reihen sich unzusammenhängende Absätze aneinander, die den poetischen Schreibstil, der sich schon in den Geschichten und Biographien abzeichnete, noch steigern. Während ich dem Ende entgegenlese, frage ich mich, wo das nun hinführen soll, und werde angenehm positiv überrascht. Die letzten Sätze passen zu dem übergreifenden Thema, das sich in all diesen Geschichten abzeichnet: das Warten und die Sehnsucht. Nach etwas anderem, nach einer Person, nach einem besseren Leben.

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English Jugend Roman

Nina LaCour – Everything Leads to You

I thought that her story was comprised of scenes. I thought the tragedy could be glamorous and her grief could be undone by a sunnier future. I thought we could pinpoint dramatic events on a time line and call it a life. But I was wrong. There are no scenes in life, there are only minutes.

Letztens habe ich mir ein paar Minuten gestattet, um nachzuschauen, ob etwas von meiner Buchliste, das bisher nicht in der Overdrive eLibrary verfügbar war, nun neu dazu gekommen ist. Und tatsächlich war dieser Roman dabei. Ersatzweise hatte ich vor zwei Jahren We Are Okay von Nina LaCour gelesen.

Because in the conversation beneath this one, what we’re really saying is I am an imperfect person. Here are my failures. Do you want me anyway?

Dieses Werk ist deutlich fröhlicher angelegt. Die Protagonistin Emi stößt gemeinsam mit ihrer Freundin Charlotte auf einen Brief in der Hinterlassenschaft eines bekannten Schauspielers und die beiden machen sich auf die Suche nach der Lösung des Rätsels. Diese führt sie schließlich zu Ava, der Enkelin des Verstorbenen, die von ihrer Verwandtschaft mit dem Darsteller keine Ahnung hatte.

People talk about coming out as though it’s this big one-time event. But really, most people have to come out over and over to basically every new person they meet.

Zwischen dem Geheimnis hinter Avas Familiengeschichte, der sich entspinnenden Verbundenheit/Verliebtheit zwischen Emi und Ava und den vielen Blicken hinter die Kulissen des Setdesigns der Traumfabrik (Emi arbeitet als aufstrebende Set Designerin) gelingt es der Autorin auch noch, die gesamten Unsicherheiten junger Menschen transparent zu machen. Obwohl ich diese Zeit meines Lebens lange hinter mir gelassen habe, konnte ich mitfühlen mit all den Zweifeln, vor allem Emis Zweifeln an den eigenen Fähigkeiten. Wesentlich wichtiger als die perfekte Lösung für ein Arbeitsproblem ist jedoch der Mut, etwas auszuprobieren und falls es nicht klappt, später auch den Fehler zugeben zu können und nachzubessern. Brave, not perfect.

“What I’m trying to say is that I just want to know you. You don’t have to be at your best. We can’t all be our best all the time. But,” I say again, “I just want to know you.”

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Erfahrungsbericht Essays

Alain de Botton – The Art of Travel

Die einzige Auslandsreise dieses Sommers führte mich nach Berlin (im Nachtzug in einem Einzelabteil, um das Infektionsrisiko möglichst gering zu halten). Das Mittagessen des letzten Tages nutzten wir für einen Spaziergang zu einem meiner liebsten Buchgeschäfte: Shakespeare & Sons. Neben den ausgezeichneten Bagels finde ich dort immer wieder Bücher, die ich entweder extra bestellen müsste (zB Tiny Beautiful Things oder Are You My Mother?) oder die sonst überhaupt nicht meinen Weg kreuzen würden, wie zum Beispiel dieses Werk. Spannende Essay Collections bilden überhaupt einen Schwerpunkt ihres Programms, The Lonely City habe ich ebenfalls dort gekauft. Die Verbindung passt, denn in The Lonely City wird ein Gemälde von Edward Hopper ausführlich analysiert und Edward Hopper spielt auch in Alain de Bottons Reisebetrachtungen eine Rolle.

It is perhaps sad books that best console us when we are sad, and to lonely service stations that we should drive when there is no one for us to hold or love.

Viele von Edward Hoppers Gemälden zeigen einsame Menschen an einsamen Orten. Viele haben auch einen Reisebezug. Der Autor analysiert die Hintergründe einiger Bilder, wie etwa Automat (1927). Eine Frau sitzt an einem Kaffeetisch in einem scheinbar leeren Lokal vor einem großen Glasfenster, draußen ist es sichtbar dunkel. Ihre Kleidung lässt annehmen, dass es außerdem kalt ist. Sie wirkt isoliert an einem öffentlichen Ort. Ein ähnlicher Effekt lässt sich auch in Compartment C, Car 293 (1938) beobachten. Die Reisende sitzt allein in ihrem Zugabteil. Obwohl draußen noch Landschaft in der Dämmerung zu erahnen ist, scheint sie jedoch in ihre Lektüre versunken zu sein und damit gleichwohl isoliert und distanziert in diesem an sich öffentlichen Zugabteil.

The present might be compared to a long-winded film from which memory and anticipation select photographic highlights. […] My layers of experience settled into a compact and well-defined narrative: I became a man who had flown from London and checked into this hotel.

Die Reise beginnt bereits in der Vorbereitung, in der Antizipation, in der Erwartung der Erlebnisse, zu denen die Reise uns führen soll. Im obigen Zitat beschreibt der Autor, dass sowohl die Erwartungen als auch die Erinnerungen an eine Reise jeweils nur einzelne Momentaufnahmen beinhalten, während die Gegenwart, das tatsächliche Erleben, einen Fluss darstellt. Der Fluss beinhaltet nicht nur Highlights, sondern eben auch die alltäglichen Momente, das Banale, das uns an unseren Urlaubsort begleitet.

Curiosity might be pictured as being made up of chains of small questions extending outwards, sometimes over huge distances, from a central hub composed of a few blunt, large questions. […] The blunt large questions become connected to smaller, apparently esoteric ones.

Ein Kapitel befasst sich mit den unterschiedlichen Gründen für Reisen. Alexander von Humboldt verreiste, um jede kleinste Pflanze zu katalogisieren, sein Interesse, seine Neugier kannten kaum Grenzen. Heutige Touristen lassen sich oft von Bussen zu den bekannten Sehenswürdigkeiten bringen, ohne den Ort, den sie besuchen, tatsächlich zu sehen. Wenn ich mir nur die Sehenswürdigkeiten ansehen wollte, dann könnte ich das bequem von zuhause aus tun. Viele Fotos im Internet werden besser sein, als ich sie selbst jemals machen könnte. Wir verreisen aber nicht nur der Sehenswürdigkeiten wegen, sondern wegen des Gefühls. Wir hoffen, uns an einem anderen Ort als anderer Mensch zu fühlen, unsere alltäglichen Sorgen zumindest für den Zeitraum des Aufenthalts hinter uns lassen zu können und uns mit anderen – scheinbar wichtigeren – Fragen auseinanderzusetzen.

And yet De Maistre’s work springs from a profound and suggestive insight: that the pleasure we derive from journeys is perhaps dependent more on the mindset with which we travel than on the destination we travel to.

Im letzten Kapitel stellt der Autor schließlich die Frage, wie wir an unsere gewohnte Umgebung mit den Augen einer Reisenden herantreten können. Gerade jetzt, wo das Reisen so schwierig bis unmöglich geworden ist, könnten wir massiv davon profitieren, wenn es uns gelänge, unsere gewohnte Umgebung mit neuen Augen zu betrachten. Schon im Frühjahr habe ich mich beim Spazierengehen in der Heimatstadt gelangweilt, immer wieder dieselben Wege, immer wieder dieselben Ärgernisse (zB die unübersichtliche Bahnunterführung, die den kürzesten Weg in die Au darstellt). Weitere Wochen später habe ich angefangen, die Häuser auf den gewohnten Wegen ausführlicher zu betrachten und habe Unmengen an interessanten Fenstern gefunden. Dieser Blick ins Detail ist vielleicht sogar nur in einer bekannten Umgebung möglich, weil eine unvertraute Umgebung von den Details ablenkt.

Wie schon Tuk-Tuk to the Road, so habe ich auch dieses Buch hergenommen, um mir das eigene Leid an all den nicht gemachten Reisen dieses Jahr etwas zu lindern. Und trotzdem starre ich manchmal immer noch sehnsüchtig die Karte an der Wand an und träume davon, in einen Zug zu springen und an irgendeine Küste zu fahren. Irgendwann in der Zukunft wird sicher auch das wieder möglich sein. Und bis dahin müssen wir das Beste herausholen aus unserer Gegenwart im Fluss, an die wir später auch nur noch Momentaufnahmen als Erinnerung haben werden.

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English Fantasy Roman

George R. R. Martin – Game of Thrones

I am doing the right thing, he told himself, so why do I feel so bad?

An und für sich finde ich ja die Reading Analytics, die die Libby App so ausspuckt, nach wie vor eher beunruhigend. Sie zeichnet einfach genau auf, wann ich wie lang gelesen habe, und berechnet daraus, wie lang ich für ein Buch gebraucht habe und wie lang ich vermutlich noch brauchen werde, bis ich damit fertig bin. Bei diesem Buch hat es mich dann doch interessiert, wie lange ich gebraucht habe und es waren 21 Stunden und 21 Minuten, verteilt über 8 Tage. (Ja, es ist November inmitten einer Pandemie, ich hatte neben Erwerbsarbeit nicht viel anderes zu tun.)

Neil Pasricha zitiert in seinem Podcast 3 Books immer wieder mal George R. R. Martin, der sinngemäß geschrieben haben soll, ein Mensch, der Bücher liest, lebt während seiner Lebenszeit 1000 verschiedene Leben, ein Mensch, der nicht liest, lebt nur ein einziges Leben. Obwohl es in diesem Buch hauptsächlich um Intrigen, Schlachten und Kämpfe geht (wer verbündet sich mit wem, wer intrigiert gegen wen, wer wird die Thronnachfolge antreten?), konnte ich zumindest ein Zitat finden, das mir zum Thema Bücher und Lesen ins Auge gestochen ist:

My mind is my weapon. My brother has his sword, King Robert has his warhammer, and I have my mind … and a mind needs books as a sword needs whetstone, if its to keep its edge.

Irgendwann diese Woche dachte ich beim Spazierengehen darüber nach, wie wohl eine utopische Welt aussehen könnte, in der das Streben nach Geld und Macht nicht existiert. Sehr weit bin ich in dem Gedankenexperiment nicht gekommen. Weil irgendwie jeder Mensch nach irgendwas strebt, selbst wenn es nicht Geld oder Macht ist. Und oft ist das wahre Ziel nur zu erreichen über den Umweg Geld oder Macht. Selbst wenn das hehre Ziel ist, ein Heilmittel für Krebs zu erfinden, dann lässt sich dieses vermutlich eher nur über den Umweg von Geld (Möglichkeit, eine umfassende Forschung zu finanzieren) oder Macht (Möglichkeit, die Geschicke eines Pharmaunternehmens zu steuern) erreichen. Eine Welt ohne das Streben nach Geld oder Macht müsste daher so fundamental anders aussehen, dass es mir an Fantasie mangelt, sie mir vorzustellen. Und selbst dann würden Menschen vermutlich noch aus Gründen der Liebe und der Eifersucht aufeinander losgehen …

That should be enough for any woman … but not for the dragon. With Viserys gone, Daenerys was the last, the very last. She was the seed of kings and conquerers, and so too the child inside her. She must not forget.

Streben nach Macht ist eines der zentralen Motive dieses Buchs. Die Mittel, die die einzelnen Personen einsetzen, sind unterschiedlich, ebenso die Ergebnisse. In einer mittelalterlich geprägten Welt, in der Status anhand des Schwertes gemessen wird, haben Frauen erwartungsgemäß einen niedrigeren Stellenwert. Es zeichnet sich jedoch bereits ab, dass die bereits eingeführten Frauenfiguren durchaus interessante Entwicklungen durchmachen dürften. Ich werde demnächst mit dem zweiten Teil der Reihe weiterlesen.

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Erfahrungsbericht Sachbuch

Katharina Nocun – Die Daten, die ich rief

Mein digitaler Zwilling ist mir in vielem vielleicht ähnlich – aber eineiig sind wir nicht. Der Mensch ist eben mehr als die Summe seiner Daten. Und das ist auch gut so.

Ich wollte neben Game of Thrones keinen anderen Roman mehr anfangen, es sind so schon zu viele Personen und Verbindungen, die ich mir zu merken versuche. Daher griff ich als Gegengewicht zu einem Thema, das mit der gerade vorbeigegangenen PrivacyWeek in Verbindung steht. Die Journalistin und Aktivistin Katharina Nocun hat im Selbstversuch herausgefunden, was alles über sie gespeichert wird und was ihre Daten über sie verraten. Sie erklärt umfassend, wie der Datenhandel funktioniert, warum er für die beteiligten Unternehmen so lukrativ ist und warum es wichtig ist, dass wir uns nach Möglichkeit dagegen schützen. Da ich mich im Rahmen der Mitorganisation der PrivacyWeek schon länger mit dem Thema Privatsphäre und wie wir sie schützen können beschäftige, konnte ich für mich selbst keine unmittelbaren Handlungsanleitungen ableiten. Das Buch bietet jedoch eine sehr gute Übersicht darüber, in welchen Bereichen des Lebens das Datensammeln unser Leben und unsere Entscheidungen beeinflussen kann. Ein paar Aspekte möchte ich herausheben:

Es heißt, die Tarife seien freiwillig. Niemand werde gezwungen, sich für einen günstigeren Tarif durchleuchten zu lassen. Doch gerade wenn es ums Geld geht, ist die Grenze zwischen Anreiz und Zwang fließend. […] Doch wie frei kann die Entscheidung für einen solchen Überwachungstarif sein, etwa in einem Land wie den USA, wo Millionen aus Geldnot ohne Krankenversicherung leben? Überwachung wird immer zunächst an denen ausprobiert, die sich nicht wehren können. Datenschutz droht in der Praxis vom Menschenrecht zum Luxusgut zu werden, das sich Milliarden schlichtweg nicht leisten können. Das ist das Gegenteil von gerecht.

Der obige Absatz bezieht sich auf Versicherungen, die ihren Kund*innen günstigere Prämien anbieten, wenn diese zum Beispiel mittels eines Fitnesstrackers ihre Gesundheitsdaten der Versicherung zur Verfügung stellen. Es mag aktuell noch so sein, dass dies eine Option darstellt, die die Kundin auch ablehnen kann. Wenn sich aber eine Mehrheit bildet, die dieser Überwachung zustimmt, werden automatisch jene verdächtig, die sich dieser Überwachung nicht aussetzen wollen. Sie haben möglicherweise nichts zu verbergen, können aber trotzdem aufgrund ihrer Entscheidung gegen Überwachung diskriminiert werden.

Der zweite Punkt im obigen Zitat ist die Argumentation der freien Entscheidung. Google wird nicht (nur) deshalb von so vielen Menschen genutzt, weil ihre Softwaredienste so gut funktionieren, sondern weil sie (scheinbar) gratis sind. Eine E-Mail-Adresse bei einem Anbieter, der seine Kund*innen nicht überwacht (zB Posteo oder mailbox.org), kostet hingegen offensichtlich zusätzliches Geld, das viele Menschen mit ihrem knappen Budget nicht aufbringen können.

Jedes Mal, wenn von Entscheidungsfreiheit gesprochen wird, stelle ich mir ebenfalls die Frage, wie frei eine Entscheidung sein kann, sobald es um Geld geht. Entscheidungsgrundlage ist hier oft eine simple Konsequenzenanalyse. Die (möglichen) Konsequenzen der Datensammlung sind schwer vorstellbar und liegen weit in der Zukunft. Es gibt kein Gefühl des Verlusts, wenn unsere Daten von Konzernen gesammelt und verwendet werden, denn wir selbst hatten diese Daten ohnehin vorher nicht (und hätten wir sie, fehlten uns immer noch die Möglichkeiten, um sie zu unserem finanziellen Vorteil zu nutzen). Eine Rechnung mit (vielleicht) einem Monat Zahlungsziel ist hingegen ein Teil unserer Gegenwart. Wenn du eine E-Mail-Adresse brauchst, um überhaupt an bestimmten Bereichen der Gesellschaft teilzunehmen, dann wirst du nicht erst große Recherchen anstellen oder vorab Geld ausgeben, sondern zum großen Billiganbieter gehen. Weil du andere Prioritäten in deinem Leben hast: Weil du diese E-Mail-Adresse brauchst, um dich für einen Job oder eine Ausbildung zu bewerben oder ein Konto bei einem Onlinehandel anzulegen, usw.

Weiter hinten im Buch folgt das Beispiel einer Lehrerin, deren Verbeamtung abgelehnt wurde, da ihr Vater an einer vererbbaren Krankheit litt. Mit einem Gentest hätte sie beweisen sollen, dass sie selbst das Gen für diese Krankheit nicht trägt. Wo bleibt die persönliche Freiheit, wenn davon der Job abhängt?

Aus der harmlosen Information, welche Schnuller Eltern gekauft haben, kann ein Jahrzehnt später ein Risikofaktor für Erkrankungen abgeleitet werden. Angereichert mit weiteren Einflussfaktoren könnten Daten, die wir heute als harmlos betrachten, in Zukunft vielleicht darüber entscheiden, ob wir oder unsere Kinder einen guten Krankenversicherungstarif bekommen.

Wir können nicht in die Zukunft sehen. Die Informationen, die heute über uns gesammelt werden, mögen uns harmlos erscheinen oder es aktuell tatsächlich sein. Wir können jedoch nicht wissen, was in Zukunft für Konsequenzen daraus entstehen können. Die Autorin hat mit einem willkürlichen Einkauf einen Test durchgeführt, um herauszufinden, welche Informationen sich aus dem Einkaufsverhalten über Einzelpersonen ableiten lassen. Dieses Beispiel fand ich sehr eindrucksvoll. Vielleicht fängt der Konzern mit den Daten über mein Einkaufsverhalten heute nichts weiter an, als mir personalisierte Gutscheine zu schicken. Wenn derselbe Konzern aber später mit einer Versicherung kooperiert, die aus den Daten ableitet, dass ich mehr Alkohol konsumiere, als die WHO für eine Frau meiner Statur empfiehlt und mir deshalb einen Risikoaufschlag verrechnet, dann sind dies schon deutlich andere Konsequenzen als das bißchen Werbung. Ja, das wird vielleicht niemals passieren. Aber wir können es heute noch nicht wissen, was später aus unseren Daten abgelesen wird.

Statt innerhalb der Behörden, die versagt haben, Konsequenzen zu ziehen, werden Grundrechte abgebaut.

Wie sich in Österreich nach dem Terroranschlag in Wien am 2. November 2020 gerade wieder beobachten lässt, führen derartige Ereignisse immer zur Forderung nach mehr Überwachung. Dass die vorhandenen juristischen Instrumente völlig ausgereicht hätten, um diesen Anschlag zu verhindern, wird von vielen Jurist*innen bestätigt. Politisch erwächst daraus aber die Forderung nach mehr Überwachung von sogenannten Gefährdern (bewusst kursiv und nicht gegendert, da der Begriff so allgemein in den Medien verwendet wird), inklusive der Möglichkeit, diese auf unbestimmte Zeit in Sicherheitsverwahrung zu behalten. Machen wir uns bewusst: Es geht hier um Menschen, die nichts verbrochen haben. Sie sollen eingesperrt werden, allein deshalb, weil sie möglicherweise ein Verbrechen geplant haben könnten. Wenn ich jedes Mal einen Strafzettel bekommen würde, wenn ich darüber nachdenke, ob ich über diese grün blinkende Ampel noch drüberfahren kann oder nicht (und meistens fährt das Auto hinter mir dann auch noch drüber), dann würde ich wohl kaum noch Auto fahren. Das Einsperren von Menschen auf Verdacht ist einfach nicht richtig. Es widerspricht dem Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.


Obwohl die Daten im Einzelfall eine Fehldiagnose provozieren können, gewinnen solche Datenauswertungen zunehmend an Bedeutung. Denn auch wenn die Datenvorhersagen im Einzelfall falsch sind, so sind sie im statistischen Mittel doch erfolgreich.

Algorithmen werden vielfach benutzt, um basierend auf der Aggregation von verschiedenen Faktoren Voraussagen zu treffen. Algorithmen neigen dabei jedoch dazu, bisherige Situationen nicht nur zu erhalten sondern sogar zu verstärken. Wenn beispielsweise ein Unternehmen Bewerber*innen danach beurteilt, wie sehr sie zu den bereits im Unternehmen befindlichen Mitarbeiter*innen passen, dann werden in einem Unternehmen, in dem ohnehin schon hauptsächlich weiße Männer arbeiten, Frauen oder Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe kaum eine Chance haben. Näheres zum Thema Bias in Algorithmen hat pascoda in ihrem Talk bei der PrivacyWeek 2018 erzählt. Erst gestern wurde eine Studie des Instituts für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der TU Wien im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) veröffentlicht, die zum Ergebnis kommt, dass der AMS-Algorithmus soziale Ungleichheit fördert. Das Thema ist also nach wie vor aktuell.

Die Aufgabe der Politik müsste es sein, Grenzen für die Wirtschaft zu ziehen, statt sich von Unternehmen attestieren zu lassen, dass Grundrechte abträglich für den Unternehmensgewinn wären. Entscheidend ist nicht nur die Frage, wann unsere Daten wie verarbeitet werden dürfen, sondern auch, ob es nicht Bereiche gibt, in der die Verwertungslogik des Marktes grundsätzlich nichts verloren haben sollte. Vor allem gilt es zu hinterfragen, welche Entscheidungen anhand unserer Daten überhaupt getroffen werden dürfen. Denn auch ohne dass wir es merken, werden wir schon heute längst anhand unseres Datenschattens beurteilt.

Die Politik kümmert sich mehr (oder lieber) um die Wirtschaft als um die einzelnen Bürger*innen. Auch das können wir in der aktuellen Situation (Mitte November 2020, verschärfter Lockdown für die nächsten drei Wochen) bestens beobachten. Jedes Mal, wenn ich Forderungen der Wirtschaft nach Ersatz von durch Zwangsschließungen erlittenen Verlusten höre, denke ich daran, wer das in den nächsten Jahrzehnten bezahlen wird. Das werden nämlich die einzelnen Bürger*innen mit ihren Steuern sein.

Als winzige Kritik möchte ich anmerken, dass ich mir Quellenangaben gewünscht hätte, dort, so sie verwendet wurden. Eine alphabetische Aufzählung der verwendeten Quellen im Anhang hilft mir nicht weiter, wenn ich diese eine Studie finden möchte, die als Beleg für eine Behauptung zitiert wird.

Das Buch schließt mit einem Kapitel an Praxistipps, wie wir unsere Daten in einzelnen Bereichen besser schützen können. Wer dazu mehr lesen will, findet umfangreiche Praxistipps im Buch Na und‽ Dann haben die halt meine Daten. von Klaudia Zotzmann-Koch. (Disclaimer: Ich bin mit Klaudia privat befreundet und habe bei der Erstellung dieses Buches als Testleserin unentgeltlich mitgewirkt. An den Erlösen des Buches bin ich nicht beteiligt.)

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Roman

David Lagercrantz – Vernichtung

Im dritten Fortsetzungsteil um Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist wird das Tempo noch einmal deutlich angezogen. Schon auf den ersten 50 Seiten kommt es zur Konfrontation zwischen den Schwestern Lisbeth und Camilla, die natürlich noch zu keinem Ergebnis führt, da liegen dann noch einige Seiten und Geheimnisse dazwischen.

Was mir beim Wiederlesen von Stieg Larsson aufgefallen war, konnte ich in kleinerem Ausmaß auch bei David Lagercrantz feststellen: Bezugnahme auf aktuelle Geräte, Technologien bzw. Medienereignisse verorten das Buch deutlich in seiner Zeit. In diesem Roman spielen etwa Trollfabriken und Fake News eine Rolle. Den Verweis auf Pizzagate hab ich überhaupt nur wegen Reply All verstanden. Wäre interessant, zu wissen, ob Leser*innen in einigen Jahren damit überhaupt noch etwas anfangen können. Jedenfalls hat der Autor auch hier geschickt Geschichten miteinander verwoben und eine spannende Fortsetzung geschaffen.

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English Roman

Claire-Luise Bennett – Pond

The hopelessness of everything I was trying to occupy myself with was at last glaringly crystal clear.

Irgendwie hatte ich die ganze Zeit während des Lesens das Gefühl, als ob ich nicht genau wüsste, worum es eigentlich geht. Ich fühlte mich erinnert an Leni Zumas – The Listeners und Ottessa Moshfegh – My Year of Rest and Relaxation, mit denen ich nicht wirklich viel anzufangen wusste. Möglicherweise war es die kürzliche Lektüre von Sylvia Plath – The Bell Jar, die mich dann vermuten hat lassen, dass die Protagonistin, die im Stream-of-consciousness-Stil erzählt, vermutlich an einer Depression leidet.

The large-scale changes in fact were of no interest to me at all; it was the small things that remained constant which sort of attracted me.

In diese gedankliche Richtung geschubst hat mich die ausführliche Referenz auf Marlen Haushofer – Die Wand. Neben der Einsamkeit, die die ebenfalls namenlose Erzählerin erlebt, stellt sie auch fest, dass die Kategorien, die sie bisher zur eigenen Identifikation verwendet hat, nun alle nicht mehr von Bedeutung sind. Als letzter lebendiger Mensch ist es schließlich egal, was für Rollen wir früher für uns gesehen haben.

Then it occurred to me that perhaps I’d been terrified for longer than all day, and I had rather mixed feelings upon realising that – I wasn’t much keen on the idea that I had been terrified for years, but it seemed possible. 

Gegen Ende des Buches werden die Sprünge größer, die Bezüge unwirklicher, die Erzählerin scheint den Faden zu verlieren. Gleichzeitig schleicht sich langsam die Erkenntnis ein, dass hier definitiv etwas nicht stimmt. Gepaart mit der Frage, wo das eigentlich alles hinführen soll.

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Kinder

P. L. Travers – Mary Poppins

Wir sind alle aus dem gleichen Stoff gemacht, vergiß es nicht, wir aus dem Dschungel und ihr aus der Stadt. Wir bestehen aus dem gleichen Stoff – der Baum über uns, der Stein neben uns, der Vogel, das Tier, der Stern – wir alle sind eins und gehen demselben Ende entgegen.

Schon als Kind liebte ich Musicalfilme und neben Tschitti Tschitti Bäng Bäng (wo in der deutschen Übersetzung der feine Wortwitz des Namens der weiblichen Protagonistin Truly Scrumptious leider völlig verloren geht, das hab ich erst Jahre später verstanden) war Mary Poppins auch einer meiner Lieblingsfilme. Daher habe ich das Buch auch aus einem Erbe behalten, daher weiß ich auch ungefähr, dass es schon mindestens 8 Jahre im Regal der ungelesenen Bücher steht.

Beim Lesen erinnerte ich mich dann an die Musicalversion, die im Jahr 2004 in London Premiere feierte und dass in den Kritiken damals zu lesen war, dass diese Musical-Mary-Poppins deutlich düsterer und sperriger wäre als Julie Andrews im Disney-Film von 1964. Das mag von der Gesamtstimmung her näher an der Buchvorlage liegen, denn hier ist Mary Poppins keinesfalls das strenge, aber immer fröhliche Kindermädchen, sondern durchaus launisch, eitel und ungeduldig.

Die Diskrepanz fühlt sich für mich in etwa so an, wie die zwischen der Musicalversion von Wicked und der Buchvorlage Wicked von Gregory Maguire. Die wesentlichen Personen sind großteils vertreten, ihre Geschichten und Eigenschaften werden jedoch im Musical bzw. Film deutlich anders wiedergegeben oder durch Geschichten erweitert, die ein Happy End oder große szenische Auftritte erlauben. Im Buch zu Mary Poppins kommt Bert nur in einer winzigen Rolle als Streichholzmann vor, während Dick Van Dyke als Bert im Film eine wichtige Rolle bei den Ausflügen spielt, die Mary Poppins mit den Kindern unternimmt (ein romantisches Verhältnis zwischen Mary und Bert wird sehr vage angedeutet). Die Mutter von Jane und Michael (und im Buch auch der Zwillinge John und Barbara, die im Film keinen Platz finden) spielt im Buch nur eine winzige Nebenrolle, während sie im Film als kämpferische Suffragette auftritt.

We’re clearly soldiers in petticoats, and dauntless crusaders for women’s a-votes! Though we adore men individually, we agree that as a group they’re rather stupid.

Kürzlich kam in einem Podcast wieder mal das Thema auf, ob zuerst das Buch gelesen oder dann der Film geschaut werden sollte, oder jedenfalls nur das eine oder andere, weil beides zu konsumieren immer zur Enttäuschung führt. Im Hinblick auf Mary Poppins kann ich jetzt sagen, dass die Filmversion einfach derart tief in meiner Kindheit verankert ist, dass ich dem Buch nicht viel abgewinnen konnte.

Randnotiz: Kürzlich habe ich beschlossen, dass dieser Winter die richtige Zeit für A Song of Ice and Fire bzw. Game of Thrones ist. Ich fange demnächst mit dem ersten Buch an und werde mal sehen, ob ich dann auch Lust auf die Serie haben werde. Alternativen wären nämlich auch die Serie, die auf Big Little Lies basiert oder Little Fires Everywhere (wo ich ebenfalls zwischen Buch und Serie wählen kann).

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English Roman

Sylvia Plath – The Bell Jar

The big questions: how to sort out your life, how to work out what you want, how to deal with men and sex, how to be true to yourself and how to figure out what that means – those things are the same today.

Zu Beginn muss ich zugeben, dass ich über Sylvia Plath, ihr Leben oder ihren einzigen Roman The Bell Jar absolut nichts wusste. Ich wusste nicht mal, was die Wortkombination Bell Jar überhaupt bedeutet. Aus dem Buch habe ich dann erfahren, dass es sich um eine Glasglocke handelt (ich musste an jene denken, in der in Die Schöne und das Biest die Rose langsam ihre Blätter verliert). Etwas erstaunt war ich dann, als ich schon in der Einleitung von Frances McCullough aus dem Jahr 1996 las, dass dieses Buch im englischsprachigen oder amerikanischen Sprachraum als weibliches Pendant zu J. D. Salingers Fänger im Roggen gehandelt wird (… it quickly established itself as a female rite-of-passage novel, a twin to Catcher in the Rye). Beide Bücher beschäftigen sich mit dem Übergang von der jugendlichen Lebensphase in die Erwachsenenphase. Der Fänger im Roggen war eines der Bücher, an die ich mich erinnere, weil die gesamte Klasse sie im Deutschunterricht damals lesen musste. Viele andere Bücher wurden jeweils nur in der Form durchgenommen, dass ein*e Schüler*in sie lesen und dann ein Referat darüber halten musste. Neben Der Fänger im Roggen erinnere ich mich an Gernot Wolfgrubers Herrenjahre und Die neuen Leiden des jungen W. von Ulrich Plenzdorf. Als „weibliches Gegengewicht“ hatten wir in meiner Erinnerung Elfriede Jelineks Die Klavierspielerin.

Während der Lektüre fragte ich mich dann natürlich, warum The Bell Jar damals nicht in unserem Literaturkanon vorkam. Ich habe seit meiner Kindheit extrem gern gelesen und auch schwierigere Werke, die eigentlich nicht meiner Altersklasse entsprachen, konnten mich im Allgemeinen nicht erschrecken. Mit Elfriede Jelinek wusste ich jedoch nichts anzufangen. Und The Bell Jar erschien mir jetzt als wesentlich sinnvollere Alternative für mich und meine damaligen Altersgenossen. (Wobei ich immer noch lieber The Giver vorschlagen würde …)

I could have called down and asked for a breakfast tray in my room, I guess, but then I would have to tip the person who brought it up and I never knew how much to tip.

Was Sylvia Plath in The Bell Jar meisterhaft gelingt, ist die Darstellung der das ganze Leben umfassenden und erdrückenden Unsicherheit, die uns auf der Suche nach uns selbst zurückhält und manchmal sogar erstickt. Ihre Schilderung der Protagonistin Esther in ihrem Zustand der Orientierungslosigkeit, Verzweiflung und Depression hat mich tief beeindruckt. Dass ihre Beschreibung der Depression auf ihren eigenen Erfahrungen beruht, macht die Geschichte noch umso mehr glaubhafter. Das obige Zitat stammt aus dem Beginn des Romans, wo Esther noch scheinbar in die Gesellschaft passt und ihren Weg irgendwie vor sich sieht. Doch selbst da zeigt sich ihre Unsicherheit, ihr Versuch, in die Gesellschaft zu passen und nicht negativ aufzufallen, schon in kleinen Gesten, die sie von den anderen Mädchen in ihrer Gesellschaft abheben.

The trouble was, I hated the idea of serving men in any way. I wanted to dictate my own thrilling letters.

Gleichzeitig findet sich in diesem Roman etwas deutlich Feministisches; unter anderem die Frage, warum das sexuelle Verhalten von Frauen und Männern mit zweierlei Maß gemessen wird. Das wird auch ausführlich erläutert in diesem Lithub-Artikel über eine neu erschienene Biographie über die Autorin. Auch Kritik über ihre Verwendung von rassistischen Begriffen findet dort ihren Platz, wobei ich denke, dass ihre Verwendung von bestimmten Begrifflichkeiten auch in ihrem zeitlichen Kontext gesehen werden muss. Das soll keine Entschuldigung sein, aber ich kann einfach nicht einsehen, warum wir Astrid Lindgren verurteilen sollten, weil Pippi Langstrumpf 1945 keinen Südseekönig, sondern einen Begriff, den wir heute nicht mehr nennen wollen/sollen, zum Vater hatte. Es ist wichtig, sich mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen und sie nicht zu ignorieren, es kann aber in meinen Augen kein Grund sein, um das gesamte Werk einer Autorin zu verdammen.

Lange Rede, kurzer Sinn: The Bell Jar beschreibt eine junge Frau, die auf der Suche ist und daran beinahe zerbricht. Auf der Suche nach dem richtigen Lebensweg, auf der Suche nach sich selbst, auf der Suche nach Verständnis, auf der Suche danach, wahrgenommen zu werden, so wie sie ist. Ich wünschte wirklich, ich hätte das in meiner Jugendzeit lesen dürfen.

To the person in the bell jar, blank and stopped as a dead baby, the world itself is the bad dream.

A bad dream.

I remembered everything.