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Krimi Thriller

Robert Shea – Illuminatus! (01. Das Auge in der Pyramide)

Schwan neben der Wiener Oper mit Blick auf die Ringstraßengalerien

Genau erinnere ich mich nicht mehr, aber ich meine, dass ich durch einen Technik/Nerd-Podcast auf diese Reihe aufmerksam wurde. Ein anstrengendes Buch. Man muss sich daran gewöhnen, dass man grundsätzlich nichts glauben darf. Ich tendiere ja grundsätzlich eher dazu, nicht jede Verschwörungstheorie zu glauben, die so allgemein aufgetischt wird … aber wer weiß vielleicht hilft es ja bei der Findung des Geocaches 23, an dem wir letztes Jahr gescheitert sind …

Das ist das Morsezeichen für V – die römische Ziffer für Fünf. Offen zeigen, sagst du. Was meinst du, wie die sich amüsieren? Die amüsieren sich teuflisch darüber, wie sie ihre Geringschätzung der Welt gegenüber den Leuten immerzu unter die Nase reiben können, und keinem fällt’s auf.

Wer Geheimbünde und deren Zeichen sehen will, der wird sie zweifellos immer und überall finden. Ein Uneingeweihter kann auch einen Geocache als Versteck eines Geheimbunds deuten. Falls er ihn findet. Bis heute warten wir darauf, mal per Zufall einen zu finden … viele Hinweise, dass es sich bei Teilen des Buches um übertriebene Erfindungen handelt, gibt es auch. Aber was weiß man schon? Als Leser bleibt einem sowieso nichts anderes übrig, als zu lesen und abzuwarten, was sich als wahr oder falsch erweisen wird. Und oft sind ja gerade die Knalleffekte das Spannende …

„Ganz einfach. Er schwimmt am Bug des U-Boots neben uns her, dort nehmen wir seine Stimme auf. Mein Computer übersetzt dann das Delphinische ins Englische. Ein Mikrofon hier im Kontrollraum schickt unsere Stimmen ebenfalls an den Computer, der unsere Sprache wiederum ins Delphinische übersetzt, und von dort aus geht es über einen Außenlautsprecher hinaus zu Howard.“

Mir persönlich sind die Abenteuer der Illuminaten und ihrer Gegner allerdings etwas kompliziert aufgemacht. Hin und her, oft teilt nicht einmal ein Absatz die unterschiedlichen Schauplätze und Handlungsstränge, sogar durch die Zeiten springt die Geschichte hin und her, oft ohne Hinweise, sodass man nur an den wechselnden Personen erahnen kann, dass gerade wieder ein Wechsel stattgefunden hat. Anstrengend zu folgen … was die Verwirrungstaktik erleichtern dürfte. Mehr als einmal kam mir der Gedanke, dass ein Flussdiagramm nötig wäre, um die Zusammenhänge halbwegs zu analysieren. Aber das war mir dann doch zu mühsam …

Dann versuchte ich die Fünf der Illuminaten zur 23 zu addieren und erhielt 28. Die durchschnittliche Menstruationsperiode der Frau. Der Mondzyklus. Zurück zu den silbernen Äpfeln des Monds – und ich bin Moon. Natürlich haben Pound und Yeats Namen mit je 5 Buchstaben.

Auch die Zahlenmystik gehört zu den Feldern, wo man überall die Zusammenhänge finden kann, wenn man nur lange genug sucht. Ziffernsummen, Datumsangaben, Buchstabenanzahl von Namen – wenn man nur lange genug Kombinationen ausprobiert, wird man sicher mal das Gewünschte herausbekommen und sich dann entsprechend die Hinweise aus dem Kaffeesud lesen können. Ob ich wissen will, wie das weitergeht, weiß ich noch nicht. Aber der Geocache wird mich vielleicht doch dazu treiben …

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Krimi Roman

Donna Leon – In Sachen Signora Brunetti

Sonne im Winterwald

Ach, welch beruhigende Normalität entfaltet sich in Donna Leons Venedig. Selbst bei einem einigermaßen originellen, wenn auch wenig spannenden Kriminalfall, selbst wenn Brunettis Frau wenn schon nicht betroffen, doch zumindest involviert sein könnte … selbst dann plätschert Brunetti ruhig und entspannt vor sich hin. Eine Erholung sozusagen …

Brunettis Frau Paola ist eine sehr moralische Frau mit starken Wertvorstellungen. Die Kirche ist ihr ein Dorn im Auge, wie man in mehreren der Krimis lesen kann. In diesem Fall wendet sich ihr Ärger gegen ein Reisebüro, das Reisen nach Thailand anbietet – ein Deckmantel für Kinderprostitution. Die Reisen anzubieten ist in Italien keine Straftat, was in Thailand geschieht, bleibt in Thailand. Was genau Paola bezwecken will, indem sie dem Reisebüro die Scheibe einwirft, bleibt im Unklaren. Die Medienaufmerksamkeit hätte sich doch wohl auch ohne diese Straftat auf diese Ungerechtigkeit lenken lassen? Im Gegensatz zur Lösung des Kriminalfalls gibt es für diesen Konflikt zwischen dem Ehepaar keine Lösung. Wie real, aber leider auch langweilig. Wieder mal. Aber schnell vorbei. Und erholsam. Irgendwie.

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Sachbuch

Christian Stöcker – Nerd Attack

Senningbach im Winter

Endlich ein Buch für die Nerdgesellschaft. Wenn man selbst einigermaßen Zeit mit der Lektüre bzw. dem Hörgenuss von mehr oder weniger technikaffinen Blogs und Podcasts verbringt, lässt sich der Eindruck nicht ganz verdrängen, dass das Lesen von Büchern in dieser internetaffinen Gesellschaft zusehends zum Sonderfall wird. Ob man die Bücher nun auf einem eBook-Reader konsumiert macht in meinen Augen keinen Unterschied, ob man seine Informationen jedoch nur aus dem Internet bezieht, schon. Ich halte es für ähnlich ungesund, wie wenn jemand seine Information nur aus der Kronen Zeitung bezieht. Was könnte also wohl die selbst ernannte Nerdgesellschaft besser zum Lesen verführen als ein Buch über die Nerdgesellschaft selbst.

Die Konsumenten dagegen mussten mit einem zigarrenkistenkleinen Kasten mit ein paar Knöpfen vorliebnehmen, “nur Tasten für ja, nein und kaufen”, wie ein CCC-Mitglied das später spöttisch formulierte. Der neue Dienst war ein Konsumwerkzeug, ein System, dessen technische Struktur nicht vorsah, dass Normalbürger sich produktiv damit auseinandersetzten, ein Affront gegen die Hacker-Ethik.

Der Autor Christian Stöcker zählt sich natürlich selbst zur Zielgruppe seines Buches. Anhang seiner eigenen Evolution im Umgang mit dem Computer beschreibt er die unterschiedlichsten Phänomene, die sich im und um dem Computer Stück für Stück entwickelt haben. Eines der bedeutendsten dieser Phänomene ist in meinen Augen, dass schon in frühester Zeit den Hackern ein Dorn im Auge war, wenn sie mit wenigen Kontrollmöglichkeiten wie zum Beispiel Knöpfen (im obigen Beispielzitat) abgespeist werden. Der Entdeckergeist, herauszufinden, was man mit der Maschine alles machen kann, prägt noch heute das Leben vieler Interessierter auf diesem Gebiet und unterscheidet sie von jenen, die hilflos vor dem Gerät sitzen, anstatt Google solange mit Suchbegriffen zu bewerfen, bis sich eine Lösung auftut.

Hätte die Musikbranche sich rechtzeitig und ohne fremde Hilfe geeinigt, sie könnte ohne Zwischenhändler ungleich höhere Gewinne aus dem Geschäft mit den Dateien einfahren.

Natürlich werden auch Themen wie das gerade wieder sehr präsente Urheberrecht nicht vergessen. Ich vermisse hier – wie auch bei den meisten anderen Diskussionen zu dem Thema unter den Betroffenen der Internetgesellschaft – eine kritische Auseinandersetzung in der Form „wie könnte man es besser machen?“. Das möchte ich jetzt weniger dem Autor zum Vorwurf machen, sondern allgemein zu Bedenken geben. Die Gegner von ACTA (Disclaimer: zu denen ich mich selbst zähle) vergessen leider zumeist, einen Gegenvorschlag zu unterbreiten. Die totale Freiheit zu fordern ist idealistisch, aber keine umsetzbare Alternative. Bei der „Löschen statt sperren“-Diskussion in den vergangenen Jahren war es klar: Löschen ist nicht nur die bessere, sondern die einzige Lösung. Ein so klares Statement können die ACTA-Gegner bis dato nicht nur nicht vorweisen, es wird auch das wichtige Interesse an einem zensurfreien Internet vermischt mit Themen wie Urheberrechtsverletzungen. Die Aussage, dass die „Content-Mafia“ das Problem selbst lösen könnte, wenn sie endlich brauchbare Angebote liefern würde, unterstütze ich zwar, jedoch löst das nicht alle Probleme.

Bedenklich ist außerdem (ich schweife nur noch kurz ab), dass die Verlagsbranche mit den kopiergeschützten eBooks genau denselben Fehler zu machen scheint wie es die Musikindustrie vor einem Jahrzehnt bereits vorgeführt hat. Die Konsumenten werden verwirrt mit unterschiedlichen DRM-Systemen, kein Gerät kann alle Formate anzeigen und bietet somit tatsächliche Wahlfreiheit beim Kauf der Inhalte (am ehesten geht das noch mit dem iPad, jedoch finde ich die Benutzung des Adobe-DRMs durch die meisten Anbieter wenn nicht bedenklich, dann doch zumindest fragwürdig). Durch die unterschiedlichen Formate und Inkompatibilitäten verärgert man potentielle Kunden (keine Annahme, ich habe es selbst in meiner Familie erlebt) und bremst die Entwicklung, anstatt sie zu fördern und den Kunden attraktive Angebote zu bieten. Wie ich inzwischen erfahren habe (Hörensagen), kann man auch eBooks inzwischen hervorragend raubkopieren. Wann bieten Verlage endlich Kombiangebote an? Wann senken Verlage endlich die Preise? Wenn ein eBook die Hälfte eines Paperbacks kosten würde (angesichts der offensichtlichen Ersparnisse in der Produktion im Vergleich mit dem Papierbuch wäre das noch immer teuer), würde möglicherweise der Komfortfaktor das Raubkopieren bereits unnötig machen. Aber vermutlich muss wieder erst Apple den Verlagen zeigen, wie es geht. Oder Amazon übernimmt endgültig die Herrschaft über die Buchwelt.

Zurück zu Nerd Attack! Den Titel finde ich etwas unglücklich gewählt, er erweckt den Eindruck, die Nerds würden sich bewaffnen, um die „normale“ Gesellschaft anzugreifen. Im Buch selbst wird dieser Eindruck nicht bestätigt, aber in meinen Augen könnte der Titel durchaus den einen oder anderen Nerd-Sympathisanten von der näheren Beschäftigung mit dem Thema abhalten.

Abschließend möchte ich betonen, dass sich die Lektüre definitiv lohnt. Der Hardcore-Nerd wird sich zweifellos wiederfinden und bei jeder Erwähnung bekannter Memes mitschmunzeln. Die Nerd-Sympathisanten und Nachwuchs-Nerds gewinnen möglicherweise einen besseren Einblick in die Entstehungsgeschichte so mancher heute bekannter Phänomene. Aber auch dem Milieu vollkommen Fernstehende gewinnen neue Einsichten, wie diese Internetmenschen ticken und wenn sie sich darauf einlassen vielleicht sogar darüber, warum sie ticken, wie sie ticken. Ob es sich als Manifest eignet, bleibt wohl der Netzgemeinde selbst überlassen.

Wer mehr zum Buch lesen will, klickt hier:

Bombasstard’s Ranting Zone

Und hier der Link zur Besprechung der Kaltmamsell: Vorspeisenplatte

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Krimi Roman Thriller

Jo Nesbo – Leopard

Eis am Senningbach

Volltreffer. Natürlich. So banal war der Mensch. Wir glauben, weil wir glauben wollen. An Götter, weil uns das die Angst vor dem Tod nimmt. An die Liebe, weil sie das Leben schöner macht. An das, was verheiratete Männer sagen, weil es das ist, was verheiratete Männer sagen.

Jo Nesbo wurde mir von den Krimispezialisten schon lange ans Herz gelegt, allerdings habe ich sowieso eine ziemlich hohe Krimi-Quote in meiner Buchzusammenstellung, daher wollte ich vorerst mal in eine andere Richtung gehen. Amazon machte dann mit seiner Gratis-Kindle-Buch-Aktion zu Weihnachten diesem Vorsatz ein Ende. Darunter war unter anderem „Leopard“ – wie ich erst nach der Lektüre mitbekam, bereits Harry Holes achter Fall und „der härteste Nesbo“. Eigentlich kein Einsteigermaterial.

Wie zu erwarten (wegen der Empfehlung der Krimispezialisten, die Donna Leon und ihren Brunetti wegen der Weichspülermentalität verachten) ist der Protagonist eine kaputte Existenz, geplagt von Süchten und Dämonen. Nur sein kranker Vater bewegt Harry dazu, aus seinem Exil zurückzukehren. Den Fall will er eigentlich gar nicht bearbeiten, erst verschiedenste Umstände reißen das Ruder mehrmals herum.

Der Leopoldsapfel, eine von Jo Nesbo selbst erfundene Folterwaffe, ist bei weitem nicht das Grausamste an diesem Roman. Harry Hole selbst fügt sich im Kampf um sein Leben unfassbare Schmerzen zu, die Beschreibung seiner Verletzungen jagt mehr als nur eine Gänsehaut über den Rücken. Dagegen ist der Wahn des Mörders eine Kleinigkeit. Um den Spaß nicht zu verderben, möchte ich über den Inhalt Schweigen walten lassen. Wer sich mit diesem düsteren Weltbild anfreunden kann, wo Polizisten wie Verbrecher gleichsam hauptsächlich schlechte Eigenschaften haben, der wird an Jo Nesbo sicher seine Freude haben. Es ist ein brillant geschriebener Krimi, packend erzählt, mir fällt nichts ein, was einen Vergleich rechtfertigen würde. Trotzdem brauche ich jetzt zum Ausgleich eine Runde Scheibenwelt.

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Klassiker Roman

Nathaniel Hawthorne – Der scharlachrote Buchstabe

Wintersonne

Ich habe die Schwäche, Leute, die nicht gerade besonders unangenehm sind, gewöhnlich ganz gut leiden zu können. Ich sehe zuerst immer die guten Seiten meines Gegenübers, wenn solche da sind, und beurteile den Menschen danach. Weil die meisten dieser alten Zollbeamten gute Seiten hatten und weil die väterliche und beschützende Stellung, die ich ihnen gegenüber einnahm, freundschaftlichen Regungen zuträglich war, mochte ich sie bald alle gern.

Hier haben wir wieder mal einen Autor, der im Plauderton erst seine eigene berufliche Lage schildert, um schließlich mit einer Geschichte aufzuwarten, die von Schmerzen und Sünde nur so trieft. Jahrelanges Leiden und Büßen ereilt den Sünder, dessen Sünde offenbar wird. Vergebung war damals nicht so das Hauptthema.

Einmal trat dieser merkwürdige, unheimliche Ausdruck in Pearls Augen, als Hester gerade, wie es Mütter gern tun, ihr eigenes Spiegelbild darin suchte. Plötzlich war es ihr – denn einsame Frauen, die ein Kummer drückt, werden oft von unerklärlichen Wahnvorstellungen heimgesucht –, als sehe sie in dem kleinen schwarzen Spiegel nicht ihr eigenes verkleinertes Abbild, sondern ein fremdes Gesicht.

Kurzgefasst: Die Sünderin Hester Prynne wird an den Pranger gestellt, sie hat ein Kind geboren, will nicht sagen von wem, ihr Mann ist verschollen. Für ihr Leben wird sie mit dem scharlachroten A gekennzeichnet, dass sie fortan immer an ihrer Brust zu tragen hat. In einer einsamen Hütte zieht sie das Kind auf, ein Mädchen, das ihr Ein und Alles ist. Erst nach vielen Jahren enthüllt der Autor die Vaterschaft, gerade als sich für die an der Sünde Beteiligten ein Ausweg zu bieten scheint, greift das Schicksal ein und vereitelt die Pläne der Liebenden.

Es wäre der Betrachtung und Untersuchung wert, ob Haß und Liebe nicht im Grunde dasselbe sind. Beide können sich nur bei einem hohen Grad von Vertrautheit und Herzenskenntnis voll entfalten; im Haß und in der Liebe ist ein jeder in seinem triebhaften und geistigen Leben auf den anderen angewiesen, und der leidenschaftlich Liebende wie der nicht weniger leidenschaftlich Hassende bleiben verzweifelt und elend zurück, wenn ihnen ihr Gegenüber entzogen wird.

Wikipedia nennt das Buch „eines der bedeutendsten Werke der amerikanischen Literatur“. Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Ich kann mir diese Geschichte sehr gut dramatisiert vorstellen, als Film oder als Musical, da es soviel Interpretationsspielraum zulässt. Die Gefahr durch den Arzt Chillingworth erschien mir beim Lesen der Geschichte nicht so plastisch, eine Bedrohung nicht greifbar. Eine Musicalfassung gibt es laut Wikipedia nicht, das wäre doch vielleicht mal ein spannendes Projekt für Frank Wildhorn und seine großen Balladen? Dann würde vielleicht auch ich die tieferen Töne dieser Geschichte verstehen.

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Roman

Matthias Sachau – Linksaufsteher

Gesteck

„Aber deswegen muss es doch nicht verkehrt sein. Also komm. Unsere Lage: drei Läden, immer noch keine Hose. Was würden Frauen jetzt tun?“ – „Prosecco trinken.“

Man kann über Unterhaltungsromane viel Schlechtes sagen, aber dieser ist in der Tat ein herausragendes Exemplar – oder ich befinde mich einfach genau in der Zielgruppe. Der männliche Protagonist stolpert von Komplikation zu Komplikation, um das Herz seiner Angebeteten zu gewinnen und dabei kommt ihm schließlich der Zufall zu Hilfe. Soweit so banal. Der Weg, den er dabei zu absolvieren hat, ist allerdings mit so vielen spaßigen Episoden gewürzt, dass man mit jeder Seite erneut ins Schmunzeln kommt.

Werbesprecher Oliver ist ein extremer Montagsmuffel und gerade an so einem Morgen kreuzt er den Weg einer Frau, die er erst beschimpft und anschließend nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Auf ihren Spuren lernt er nicht nur die Untiefen des Social Webs kennen. Seine verzweifelte Suche nach der perfekten Hose wird schließlich von französischen Schülern dokumentiert und landet so auf Youtube. Das ist aber nicht die letzte Heldentat Olivers, die es ins weltweite Web schafft.

Mir wird gerade ein bißchen schlecht, so als hätte ich zu lange ein Karrussel angestarrt.

Social Media-Guru Rüdiger plappert unverständliches Zeug, der erfundene iKoffer darf als ironisches Statement auf die Hardcore Apple Fanboys verstanden werden. Dieser Roman macht sich derart genüsslich über die Eigenheiten der Internetszene lustig, dass es sowohl für Eingeweihte als auch für Neulinge Spaß macht. Hardcore-Nerds werden über die übertriebenen Beschreibungen sicher den Kopf schütteln, aber die gehören ohnehin nicht zur Zielgruppe und finden sich vermutlich im wesentlich trockeneren Nerd Attack! (Rezension demnächst) wieder. Der Anspruch macht einen Vergleich der beiden Werke natürlich an und für sich unzulässig, aber die Leichtigkeit, mit der hier moderne Lebensformen auf die Schippe genommen werden, nimmt für sich ein und sorgt für einige Stunden Lesevergnügen..

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Roman

Erlend Loe – Die Tage müssen anders werden, die Nächte auch

Helsinki Lutheran Cathedral

Ich setze mich auf eine Bank und schaue mir die Liste genau an. Lange. Eine ehrliche Liste ist das. Ich bin zufrieden mit ihr. Vielleicht gibt es so ein Ding, vielleicht auch nicht. Nicht so wichtig. Wichtig ist die Liste. Die ist eine Entdeckung für mich. Sie ist wertvoll.

Dieses Buch wurde mir von einer nahestehenden Person als „absolutes Lieblingsbuch“ präsentiert, da gerät man natürlich in den Verdacht, eine positivere Wertung abzugeben. Allerdings wurde mir schnell klar, wieso die nahestehende Person sich in diesem Buch offenbar wiederfindet. Der Ich-Erzähler befindet sich in einer unzufriedenstellenden Situation, in der er sich nicht in der Lage sieht, weiterzuleben. Obwohl er keine gröberen Katastrophen erlebt hat, er hat Familie, Freunde, Studium und leidet keine Not, ist er mit seinem Leben unzufrieden und wünscht sich Veränderung. Und wer kann wohl von sich behaupten, dass er noch nie in dieser Situation war?

Auf einmal könnte ich die großen Zusammenhänge überblicken. Alles mögliche durchschauen. Schlüsse ziehen über die Welt und die Menschen. Ich wäre zu Selbstbeherrschung fähig und dazu, aus anderen das Beste herauszuholen, lauter so Zeug. Dann würde der Meister zu mir sagen, jetzt hätte er mir nichts mehr beizubringen, und dann würde er mir etwas schenken.

Er sucht nach dem Überblick, nach dem Wissen, wie das Leben funktioniert, nach einer Freundin. Zur Entspannung wirft er einen Ball gegen eine Wand oder hämmert auf einem Hämmerbrett. Was sich als entspannender erweist, als man sich vorstellen kann. Mich macht allein die Vorstellung von dem Hämmergeräusch irre. Von der Nutzlosigkeit dieser Tätigkeit ganz zu schweigen. Aber in manchen Situationen ist es wohl notwendig, sich mit Nutzlosem abzulenken, um sich nicht von der Größe des Universums erdrücken zu lassen.

Ein Brief an einen Autor, der sich mit dem Thema Zeit beschäftigt, bleibt unbeantwortet. Gerade berühmte Wissenschaftler haben keine Zeit (!), sich mit solchen Fragen zu beschäftigen geschweige denn Briefe zu beantworten. Anhand des Empire State Buildings, auf dessen Spitze die Zeit aufgrund der Erdrotation schneller (oder war es langsamer?) vergeht als unten, stellt der Protagonist schließlich fest, dass es eigentlich keine Zeit gibt. Aus irgendeinem Grund macht ihn diese Erkenntnis unheimlich glücklich und befreit ihn von allen Zwängen, denen er sich bisher ausgesetzt sah. Aber macht das überhaupt einen Unterschied?

Zum ersten Mal seit sehr, sehr langer Zeit habe ich das Gefühl, dass alles passieren darf. Heute bin ich aufgewacht und habe gedacht, alles darf passieren, die Dinge kommen einfach auf mich zu, und sie sind gut.

Auch ein weiteres Prinzip im Sinne der Selbstfindung kommt hier zur Anwendung: Die gewohnte Umgebung verlassen. Die Reise zu seinem Bruder nach New York eröffnet dem Protagonisten so manche neue Erkenntnisse. Reisen bildet nicht nur, es lässt einen die Welt schlicht aus anderen Perspektiven sehen. Und so kommt man manchmal auch darauf, was im Leben eigentlich wirklich wichtig ist.

Komisch, dass ich erst nach Amerika reisen musste, um darauf zu kommen.

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Roman

Caryl Phillips – Jener Tag im Winter

Smoke

Seit er in die Jahre kommt, fällt es ihm zunehmend schwerer, sei es größere Menschenmengen, sei es laute Musik, die jeden Versuch einer Unterhaltung vereitelt, zu ertragen. Merkwürdig, denkt er, diese erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Umweltreizen. Er trinkt einen Schluck Wein und stellt sein Glas dann wieder auf die hölzerne Tischplatte.

„Jener Tag im Winter“ erzählt eine weitläufige Familiengeschichte, so vielschichtig, wie sie üblicherweise in der Realität geschrieben wird, allerdings sehen wir sie selten in allen Facetten. Der Protagonist Keith ist der Sohn eines Einwanderers, sein Vater Earl kam aus der Karibik nach England, um zu arbeiten, hat sich aber nie wirklich einleben können. Keith selbst lebt von seiner Frau getrennt, der gemeinsame Sohn Laurie steckt kurz vor seinem Schulabschluss und scheint zunehmend in schlechte Gesellschaft zu geraten. Der Alptraum aller Eltern. Trotz dieser bereits sich abzeichnenden Krisensituation wird die Stimmung zunehmend emotionsloser. Der Protagonist Keith scheint sich von der grausamen Welt abzuwenden.

Ich bin erst 22, mit einer dünnen Jacke und so einem albernen Strohhut, und die Leute auf dem Schiff streiten sich, ob der Frühling schon da ist ober ob’s noch Winter ist, aber ich spür, wie mir eine solche Kälte durch die Knochen geht, dass mir egal ist, ob die mich runterschmeißen und mich da direkt totmachen gleich am ersten Tag, sodass mir England, noch bevor ich von dem verdammten Schiff steig, auf Seele und Körper eindrischt, dass ich gleich von vornherein weiß, was für ‘ne Sorte Land das ist.

Erst als Keiths Vater mit einem Herzanfall ins Spital eingeliefert werden muss erklärt sich schrittweise, warum dieser alte, mürrische Mann so ist, wie er ist. Wie so oft zeigen sich die persönlichen Hinter- und Beweggründe erst spät oder nie. Was in Schweine züchten in Nazareth offen ausgesprochen bzw. geschrieben wurde, erschließt sich hier auf einer deutlich tiefer liegenden Ebene.

Die Kurzbeschreibung „Das einfühlsame Psychogramm eines Menschen in der Krise“ ist meiner Meinung nach zu oberflächlich. Natürlich ist es aus Sicht von Keith eine Krise. Aber wer würde nicht in eine Krise geraten, würde er mit solchen Veränderungen in seinem Leben konfrontiert? Wer möchte, kann auch die Folgen sehen, die Migration auf das Familiengefüge haben kann. So wie Earl nie Fuß fassen konnte in England, scheint nun auch Keith entwurzelt zu sein ohne Chance auf einen ruhigen Platz in seinem Leben. Letztendlich weiß er nicht mehr, wohin er gehört. Oder hat er es je gewusst?

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Klassiker Roman

Jaroslav Hasek – Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Kirche Russland (c) Yarik Mishin/SXC

Die Hauptsache is, den Moment abpassen, wenn so ein hoher Herr vorübergeht. Wie zum Beispiel, wenn Sie sich noch an den Herrn Lucheni erinnern, der, was unsre selige Elisabeth mit der Feile erstochen hat. Er is mit ihr spazierengegangen. Dann traun Sie noch jemandem. Seit der Zeit geht keine Kaiserin mehr spazieren.

Ich bezweifle mal stark, dass es mir gelingt, über den Schwejk etwas zu schreiben, was nicht schon mal geschrieben wurde. Der tapfere Soldat, der vom Arzt zwar für „blöd“ aber trotzdem kriegstauglich erklärt wird, erzählt abwechselnd Geschichten und bringt sich selbst in welche. Damit bringt er nicht nur seine Vorgesetzten bei der Armee regelmäßig in Rage. Besonders leidgeplagt ist hier Oberleutnant Lukasch, dem Schwejk als „Putzfleck“ assistiert. Lukasch hat Schwejk im Kartenspiel vom Feldkuraten gewonnen. Obwohl Schwejk dem Oberleutnant treuherzigste Dienste leistet, geht er auf der Reise nach Budweis verloren und landet schließlich im Arrest.

Der Wachtmeister blickte Schwejk freundlich an, der ruhig und würdig sagte: „Und ich geh doch nach Budweis.“ Das war mehr als Galileis: „Und sie bewegt sich doch!“ Denn dieser muss dies offenbar sehr zornig gesagt haben.

So mancher originelle Geselle findet sich in dieser österreichischen Armee. Im Arrest lernt Schwejk den Einjährigfreiwilligen Marek kennen, der uns im letzten Buch als Geschichtsschreiber wieder begegnet, wo er epische Siegesgeschichten für alle Offiziersassistenten sowie deren Vorgesetzte entwirft. Ständig leidend ist der gefräßige Baloun, der seinem Offizier Teile der Menage entwendet und doch niemals satt wird. Sein natürlicher Gegenspieler ist damit der Koch Juradja, der Baloun ständig im Blick behalten muss, will er selbst die Verteilung der knappen Fleischstücke befehligen.

Er blickte dabei so sehnsüchtig auf die beiden Rucksäcke seines Oberleutnants wie ein von allen verlassenes Hündchen, das hungrig ist wie ein Wolf, vor der Tür eines Selcherladens sitzt und den Geruch kochenden Selchfleischs spürt.

Schwejks Kompanie erreicht die Front nie. Da Schwejk sogar aus der österreichischen Kriegsgefangenschaft (!) sogar mit nicht mal einem blauen Auge davonkommt, kann er sich leicht einen Weltkrieg herbeiwünschen.

„Das möcht nicht mal dafür stehn, Krieg zu führen“, sagte Schwejk nachdrücklich. „Wenn schon Krieg, so solls ein ordentlicher Krieg sein. Ich wer entschieden nicht früher von Frieden reden, solang wir nicht in Moskau und in Petersburg sind. Das steht doch nicht dafür, wenns schon einen Weltkrieg gibt, nur hinter den Grenzen herumzustänkern. …“

Es soll nicht verschwiegen werden, dass ich da jetzt doch relativ lange gebraucht hab, weil Schwejks ewige Geschichtenerzählerei letztendlich auch den Leser bei längerem Genuss mal nervt. Ich erinnere mich auch dunkel an eine Schultheateraufführung, als Lektüre ist es für jüngere Menschen keinesfalls geeignet. Als kleine Häppchen genossen können Schwejks Abenteuer jedoch zwischendurch durchaus erfreuen. Und es hinterlässt natürlich das zufriedenstellende Gefühl, ein Kulturgut genossen zu haben.

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Krimi Roman

Colin Cotterill – Totentanz für Dr. Siri

Sunset (c) Piotr Matlak/SXC

Allein der Umstand, dass er sich wie ein Rindvieh benommen hatte, bewahrte sie davor, in seine Arme zu sinken und zu flöten: „Ja, ja, Liebster. Nimm mich.“ Aber konnte nicht auch ein Widerling einen guten Ehemann abgeben? Und würde sie sich wirklich so sehr verbiegen müssen, um an der Seite dieses hohlen, hirn- und charakerlosen Ekels zu bestehen?

Auch der dritte Roman um Doktor Siri und seine wackeren Kollegen Dtui und Geung erfüllt die inzwischen hoch gesteckten Erwartungen. Der schrullige Doktor, in dessen Körper ein schamanischer Geist wohnt, deckt wiederum Mordfälle lückenlos auf. Auch ein kubanischer Priester der vermeintlich schwarzen Magie kann den Pathologen nicht in die Flucht schlagen. Krankenschwester Dtui fliegt in diesem Fall das Glück nur so zu, sie erhält nicht nur einen Heiratsantrag sondern auch die Zusage zum ersehnten Medizinstudium in Russland. Der arme Geung fällt einer Krise zum Opfer und wird aus dem Leichenschauhaus verschleppt, sein nicht klein zu kriegendes Pflichtbewustsein lässt ihn allerdings so manche Schwierigkeiten überwinden. Mehr kann ich nicht sagen, denn ich bin Fan und somit befangen. Hoffentlich ist Doktor Siri ein ähnlich langes Leben beschieden wie seinem italienischen Krimikollegen Brunetti.