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Roman

Bernard Cornwell – Der sterbende König

Einst war ich im Land der Dänen gewesen und hatte eine Gegend aus Sand und karger Erde gesehen, und obwohl ich nicht daran zweifle, dass die Dänen auch besseres Land als das haben, was ich sah, bezweifle ich sehr wohl, dass es sich mit dem messen könnte, durch das wir nun auf unserer stillen Fahrt mit der Tyrs Tochter glitten. Der Fluss trug uns zwischen üppigen Feldern und dichten Wäldern dahin.

Ich kann nicht ganz verhehlen, dass sich ein gewisser Gewöhnungseffekt bei Cornwells Uthred-Romanen einstellt. Ich hatte „Der sterbende König“ schon im Frühjahr vorbestellt mit dem Gedanken, mich im Herbst dann von der Amazon-Lieferung überraschen zu lassen (was Amazon vereitelt hat, indem sie mich vorher per Mail informierten, dass sie die Bestellung jetzt versenden …). Gefreut hab ich mich natürlich trotzdem und das Buch relativ schnell verschlungen …

Manchmal liege ich wach in den langen Nächten des Alters und denke an die aberwitzigen Dinge, die ich getan habe, an die Gefahren, weil ich mit dem Schicksal gewürfelt und die Götter herausgefordert habe.

Der Fokus liegt hier auf dem lange erwarteten Tod des Königs Alfred. Natürlich ist damit Uthreds Krieg nicht zu Ende, inzwischen drängt sich der Gedanke auf, dass er Bebbanburg vielleicht nie zurück erobern wird. Mit kreativen Kriegslisten versucht Uthred die Dänen aus der Reserve zu locken und schließlich kommt es auch zur nur knapp gewonnenen Schlacht im Schildwall.

Im Nachwort erklärt Cornwell seine Faszination für diese Zeit und warum er sich so intensiv mit der Geschichte beschäftigt:

Das ist die Geschichte, die hinter den Erzählungen von Uthred steht: die Geschichte von der Entstehung Englands. Es hat mich immer erstaunt, dass wir Engländer so wenig an der Entstehung unserer Nation interessiert sind. In der Schule scheint es manchmal so, als würde die Geschichte Britanniens AD 1066 beginnen, und alles, was vorher geschah wäre bedeutungslos, dabei ist die Geschichte von der Entstehung Englands groß, aufregend und nobel.

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Roman

Caryl Phillips – Jener Tag im Winter

Smoke

Seit er in die Jahre kommt, fällt es ihm zunehmend schwerer, sei es größere Menschenmengen, sei es laute Musik, die jeden Versuch einer Unterhaltung vereitelt, zu ertragen. Merkwürdig, denkt er, diese erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Umweltreizen. Er trinkt einen Schluck Wein und stellt sein Glas dann wieder auf die hölzerne Tischplatte.

„Jener Tag im Winter“ erzählt eine weitläufige Familiengeschichte, so vielschichtig, wie sie üblicherweise in der Realität geschrieben wird, allerdings sehen wir sie selten in allen Facetten. Der Protagonist Keith ist der Sohn eines Einwanderers, sein Vater Earl kam aus der Karibik nach England, um zu arbeiten, hat sich aber nie wirklich einleben können. Keith selbst lebt von seiner Frau getrennt, der gemeinsame Sohn Laurie steckt kurz vor seinem Schulabschluss und scheint zunehmend in schlechte Gesellschaft zu geraten. Der Alptraum aller Eltern. Trotz dieser bereits sich abzeichnenden Krisensituation wird die Stimmung zunehmend emotionsloser. Der Protagonist Keith scheint sich von der grausamen Welt abzuwenden.

Ich bin erst 22, mit einer dünnen Jacke und so einem albernen Strohhut, und die Leute auf dem Schiff streiten sich, ob der Frühling schon da ist ober ob’s noch Winter ist, aber ich spür, wie mir eine solche Kälte durch die Knochen geht, dass mir egal ist, ob die mich runterschmeißen und mich da direkt totmachen gleich am ersten Tag, sodass mir England, noch bevor ich von dem verdammten Schiff steig, auf Seele und Körper eindrischt, dass ich gleich von vornherein weiß, was für ‘ne Sorte Land das ist.

Erst als Keiths Vater mit einem Herzanfall ins Spital eingeliefert werden muss erklärt sich schrittweise, warum dieser alte, mürrische Mann so ist, wie er ist. Wie so oft zeigen sich die persönlichen Hinter- und Beweggründe erst spät oder nie. Was in Schweine züchten in Nazareth offen ausgesprochen bzw. geschrieben wurde, erschließt sich hier auf einer deutlich tiefer liegenden Ebene.

Die Kurzbeschreibung „Das einfühlsame Psychogramm eines Menschen in der Krise“ ist meiner Meinung nach zu oberflächlich. Natürlich ist es aus Sicht von Keith eine Krise. Aber wer würde nicht in eine Krise geraten, würde er mit solchen Veränderungen in seinem Leben konfrontiert? Wer möchte, kann auch die Folgen sehen, die Migration auf das Familiengefüge haben kann. So wie Earl nie Fuß fassen konnte in England, scheint nun auch Keith entwurzelt zu sein ohne Chance auf einen ruhigen Platz in seinem Leben. Letztendlich weiß er nicht mehr, wohin er gehört. Oder hat er es je gewusst?

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Roman

Bernard Cornwell – Das brennende Land

Cornwall_(c) Augustine/PIXELIO

Auf die Stichelei ging ich nicht ein. Wenn ich nach all den Jahren heute zurückschaue, sehe ich mich damals als jungen Mann, obwohl ich zumindest fünfunddreißig oder sechsunddreißig gewesen sein muss. Die meisten Männer werden nicht einmal so alt, aber ich war vom Glück begünstigt.

Bernard Cornwells Fortsetzung der Uthred-Saga ist mir mitten im Advent in die Hände gefallen, als ich eigentlich nur wegen eines verpassten Zuges Zeit im Buchgeschäft totschlagen wollte. Und er erweist sich als perfekter Begleiter für die Weihnachtsfeiertage.

„Warum sonst hätten mir die Götter Skade schicken sollen?“, gab ich zurück, und in diesem Augenblick war es, als hätten sich die Nebel gelichtet und ich könnte endlich den Weg sehen, der vor mir lag. Das Schicksal hatte mir Skade gesandt, und Skade würde mich zu Skirnir führen, und mit Skirnirs Gold könnte ich Männer bezahlen, die sich mit mir an den Burgfesten von Wessex vorbeikämpfen würden, und dann würde ich mir das Silber des Christengottes nehmen und es einsetzen, um die Armee aufzustellen, die Bebbanburg einnehmen würde.

Das fünfte Buch der Uthred-Saga bringt dem Kriegsherrn nicht nur eine neue Frau, es bringt ihn auch der ersehnten Bebbanburg näher als je zuvor. Die erste Konfrontation mit seinem verhassten Onkel verläuft jedoch fruchtlos. Ein Eid bindet Uthred nicht nur an Alfred, sondern auch an dessen Tochter Aethelflaed. Dieser Eid bestimmt in diesem Roman den Weg des Kriegsherrn Uthred.

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Krimi Roman

Ian Rankin – Die Tore der Finsternis

Beer(c)StefanG81/SXC

„Wie hieß noch gleich dieser Song von The Clash?“
„Career Opportunities.“
„Genau. Ich hatte immer das Gefühl, dass es sich für jemand wie mich nicht gehört, The Clash zu mögen: zu alt und unpolitisch.“

Nach einem mehr oder weniger gezielten Teebecherwurf wird Inspektor Rebus ins Ausbildungscamp geschickt, wo er sich mit anderen Kollegen, die sich ebenfalls schlecht benommen haben. Gemeinsam werden sie auf einen ungelösten Fall angesetzt, es stellt sich heraus, dass Rebus bereits mit den mutmaßlichen Beteiligten zu tun hatte. Es entspinnt sich schließlich eine Verbindung zur Mordermittlung, die Rebus im Hauptquartier zurückgebliebene Kollegin Siobhan beschäftigt. Der Maler Edward Marber wurde ermordet und dahinter steckt weit mehr als zu Anfang ersichtlich ist.

Viele gerechtfertigte und ungerechtfertigte Verdächtigungen werden ausgesprochen, die Puzzleteile, aus denen sich das Bild letztendlich zusammensetzt sind äußerst klein und passen erst auf den letzten Seiten zueinander. Wie so oft sind die offensichtlich Unschuldigen letztendlich nicht so unschuldig, wie man denkt.

„Ich dachte, um Sie zu beruhigen, fahre ich mit Ihnen zu Cafferty.“
„Jetzt sofort?“
„Mit ein bisschen Glück erwischen wir ihn zu Hause. Aber ich möchte vorher noch in der Arden Street vorbeifahren, um etwas zu holen. Ach ja, und wir müssen mit Miss Meikle sprechen. Schauen Sie doch bitte nach, ob sie im Telefonbuch steht.
„Jawohl, Boss“, sagte Siobhan, die Bad und Fernsehen in weite Ferne rücken sah.

Foto: Stefan Gustafsson

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Musical Sachbuch

Olaf Jubin – Entertainment in der Kritik

TimesSquare(c)TiM-Caspary/PIXELIO

„Die Erfahrung, dass ein persönlich empfundenes Schicksal mit dem Schicksal anderer Menschen übereinstimmt, hat etwas Tröstliches. Es lindert den Druck, den wir immer dann spüren, wenn wir meinen, mit unseren Erfahrungen ganz allein zu sein. Die kommunizierende Kraft des Theaters hebt das Gefühl, ein isoliertes Schicksal zu erleiden, weitgehend auf.“ (Hans Joachim Schäfer)

1.152 Seiten. Dreieinhalb Jahre. Den Großteil dieser Zeit ist dieses Werk natürlich halb gelesen irgendwo in der Wohnung herumgegammelt, weil mich die Trockenheit dieser Untersuchung teilweise wirklich körperlich niedergeschlagen hat. Als Abendlektüre vor dem Schlafengehen eignet sich eine Studie zum Thema Musicalkritiken natürlich ebensowenig als wie zur Unterhaltung an einem lauen Sommerabend. Daher habe ich wie gesagt seit März 2007 kontinuierlich an diesem Werk gelesen und für den zweiten Teil habe ich nicht mal mehr so lange gebraucht (was möglicherweise an den Tabellen der Auswertung lag, die ich mir nicht alle im Detail angesehen habe).

Olaf Jubin ist mit dem Genre Musical sichtlich innig verbunden. Jedem Kapital stellt er den Titel eines Musicalsongs zur Überschrift. Das klingt jetzt nicht so gigantisch, wenn man sich jedoch vor Augen führt, dass seine Überschriften oft bis zur siebten oder achten Ebene gehen und er in den Quellenangaben akribisch Songtitel, Stück, Komponist und Lyricist aufführt, so kann man da schon mal Anerkennung zollen.

Als ganz großen Kritikpunkt muss ich die übertriebene Wertlegung auf gender-neutrale Berufsbezeichnungen anführen. Nach meiner Meinung kann man sich auch als Frau als Journalist oder Mitarbeiter angesprochen fühlen und die Beeinträchtigung des Leseflusses stört mich hier vielmehr als eine möglicherweise fehlende weibliche Berufsbezeichnung. Die letzten 50 Seiten des Werkes wären möglicherweise weggefallen (was wiederum Papier sparte), hätte man sich solche Orgien erspart:

Wenn er/sie allerdings nicht gerade die Finanzierung eines Stückes in Angriff nimmt, reduziert selbst ein(e) etablierte(r) ProduzentIn weitestgehend seinen/ihren Mitarbeiterstab und zwar auf eine(n) GeschäftsführerIn, eine(n) Assistenten/Assistentin und eine(n) LektorIn, der/die nach potentiellen Stücken Ausschau hält.

Im ersten Band erläutert Olaf Jubin erst das Genre und dann die beiden zu untersuchenden Komponisten. Dabei stellt er allerhand interessante Überlegungen zum Thema an und wirft geradezu mit Fachwissen und Recherchen um sich.

Das Genre erzielt also Komplexität durch das Zusammenspiel seiner verschiedenen Bestandteile, von denen jeder für sich genommen – und das gilt besonders für das Buch – diese Eigenschaft nur bedingt aufweisen kann: „Simple characters in a musical book can be full and memorable because they have the richness of music, song, and dance to make them alive in performance.“

Aus meiner Erfahrung war ich eigentlich seit langem der Ansicht, dass ein Musical nicht wirklich gut werden kann, wenn die zugrunde liegende Geschichte nicht passt. Hier wird jedoch die These geäußert, dass die Charaktere erst durch das Zusammenspiel aus Tanz und Gesang Komplexität gewinnen. In weiterer Folge wird auch erläutert, dass Uneinigkeit darüber herrscht, ob Musiknummern die Handlung weitertreiben sollen. Brechen die Charaktere überleitungsfrei in Gesang aus, scheinbar ohne einen Anlass, ist das immer wieder Anlass zur Kritik und ergibt im Allgemeinen einen Bruch der Handlung. Andere Journalisten wiederum erwarten Gesang und Geschichte getrennt. Als Überbegriff wird der Begriff „book trouble“ eingeführt:

Aaron Frankel erläutert, dass darunter in erster Linie ein wie auch immer gearteter Bruch zwischen Dialogstellen und Musiknummern gemeint ist: „,Book trouble’ only means that the elements not put to music fail in craft or in imagination to match those which are. The drop from one energy level to the other shows through.“

In weiterer Folge stellt Olaf Jubin im ersten Band die zu besprechenden Komponisten Stephen Sondheim und Andrew Lloyd Webber vor und wirft einen detaillierten Blick auf deren Karriere bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Werkes (2003, heute also schon etwas angestaubt).

Der zweite Band beschäftigt sich dann mit der intensiven Untersuchung der Kritiken zu Werken von Sondheim und Lloyd Webber. Dabei widmet sich der Autor sehr detailliert den Fragen der Inhalte der Kritiken beispielsweise welche Mitwirkende genannt werden, werden diese bewertet, wie wird das Werk selbst bewertet, welchen Mitwirkenden wird die größte Wichtigkeit beigemessen und vieles mehr. Ins Auge fällt immer wieder, dass Olaf Jubin mit dem Fachwissen der deutschsprachigen Journalisten zum Thema Musical ganz und gar nicht zufrieden ist. Bemerkungen wie diese fallen öfter:

Die wenigen konkreten Gegenüberstellungen beschränken sich zudem auf lediglich vier der insgesamt 19 Sondheim-Musicals im Sample, und diese vier waren alle in Deutschland oder Österreich zu sehen, während Verweise auf Werke des amerikanischen Komponisten, die bislang nur am Broadway und/oder im West End gespielt wurden, völlig unterbleiben. Derartige Verweise würden größeres Fachwissen erfordern, als die meisten deutschsprachigen RezensentInnen mitbringen.

Hier kann ich natürlich nicht umhin, anzumerken, dass Olaf Jubin die Arbeitsbedingungen der deutschsprachigen MusicaljournalistInnen sichtlich nicht bekannt sind. Um Werke von Stephen Sondheim, die in Europa bisher nicht zur Aufführung kamen, zu sehen, bleibt dann wohl nur eine regelmäßige Reise nach New York, was die meisten Arbeitgeber wohl kaum finanzieren werden und vor allem für den freien Journalisten, der seine Reisen selbst finanzieren muss, nicht machbar ist. In den Tageszeitungen gibt es überdies selten Journalisten, die sich nur mit dem Thema Musical beschäftigen. Da diese auch Fachwissen zu anderen Theatergattungen besitzen müssen, kann man ihnen wohl kaum mangelndes Fachwissen in diesem speziellen Bereich zum Vorwurf machen.

Gerade für Journalisten aus diesem Bereich stellt dieses Werk trotzdem eine interessante Betrachtung der eigenen Arbeit dar. Man hinterfragt möglicherweise seine eigenen Strukturen, die sich im Laufe der Jahre der Arbeit von selbst ergeben. Ist dem Komponisten mehr Bedeutung einzuräumen als dem Textdichter? Gerade im deutschsprachigen Raum hat man es außerdem oft mit Übersetzungen zu tun, wo man sich vielleicht öfter die Mühe machen sollte, das Originallibretto intensiver mit dem deutschen Text zu vergleichen. Aus Zeitgründen ist dies leider allzu oft nicht möglich. In jedem Fall muss der Leser auf 1.152 Seiten irgend etwas finden, was ihm zur Fortbildung gereicht, man sollte sich jedoch darauf gefasst machen, bisweilen etwas Flüssigkeit zum Begießen vorrätig zu halten, damit die Trockenheit nicht allzu sehr staubt.

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Klassiker Roman

Charlotte Bronte – Shirley

Cornwall(c)Gerhard Minsel/PIXELIO

Liebe findet – außer für Gemeinheit und Niedertracht – für alles eine Entschuldigung; nur ohne Achtung kann sie nicht bestehen. Trotz seiner Fehler verdiente Moore Achtung; er war sittlich einwandfrei, ohne solchen Makel wie den der Falschheit, er war nicht der Sklave seiner Begierden. Das tätige Leben, zu dem er erzogen worden war hatte ihn etwas anderes gelehrt: er war ein Schüler der Vernunft, kein Anbeter der Sinne.

Lange, lange dauert es, bis sich in diesem klassischen Liebesdrama die beiden Paare endlich in den Arm fallen dürfen. Lange erscheint die Situation aussichtslos für Caroline. Als auch noch die schöne und reiche Shirley Keeldar auftaucht, die ihre Freundin wird und doch scheinbar in Konkurrenz zu ihr tritt, leidet Carolines Gesundheit auch gleich. „Liebeskrankheit“ scheint überhaupt ein beliebtes Motiv in diesen altmodischen Romanen zu sein, alle vier Protagonisten leiden zumindest einmal unter ernsthafter Krankheit aus Liebesdingen.

Auch Moore war ernst und unternahm nicht den geringsten Versuch, zu gefallen, zu blenden oder Eindruck zu erwecken. Doch wie sehr er seine Stimme auch ins Milde modulieren ließ, bei seinem härteren Willen bekam sie dann und wann wenn auch unabsichtlich und unfreiwillig, einen herrischen Klang, der selbst die stolze Shirley überwältigte.

Robert Moore, der Unternehmer mit Migrationshintergrund, hat es am Schwierigsten, denn seine ungünstige finanzielle Lage erlaubt es ihm scheinbar nicht, überhaupt zu lieben. Seine Moralvorstellungen machen ihm ein ums andere Mal das Leben schwer und kosten ihm dieses auch beinahe.

„Sie ist niemals völlig glücklich. Zwei Menschen können nie völlig miteinander harmonieren … Vielleicht gibt es unter ganz besonderen Umständen, die aber nur sehr selten eintreten, einen vollkommenen Zusammenklang, der Zufriedenheit weckt, aber es ist besser, das Risiko nicht auf sich zu nehmen, man kann verhängnisvolle Fehler dabei begehn! Mögen alle Unverheirateten sich an ihrer Freiheit genügen lassen!“

So manches Unglück müssen die Liebenden auf sich nehmen, bis sie letztendlich zueinander finden können und dies kann sich auch mal ganz schön in die Länge ziehen. Ansonsten bleibt wenig zu sagen zu diesem Werk, das sich dem Hohelied der Liebe widmet und den Weg zum Happy End zum Ziel macht.

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Roman

Eva Menasse – Vienna

„Die Tränen, die er nie geweint hat“, sagte mein jüngerer Vetter nachdenklich. „Mein Gott, was bist du für ein Pathetiker“, ächzte mein älterer Vetter, und mein Vater tat, als habe er von dieser ganzen Lainz-Burma-Geschichte überhaupt nichts mitbekommen. In meiner Familie schämt man sich für Emotionen bis auf die Knochen.

Liest man diese unterhaltsamen Familiencharakteristik, kommt einem nicht eine einzige Sekunde in den Sinn, es könnte der erste Roman der Journalistin Eva Menasse sein. Eine Sammlung von Familienanekdoten fügt sich Stück für Stück zu einem Portrait von unterschiedlichsten Figuren über mehrere Generationen zusammen. Wirklich erfassen kann man die Familie wohl nur, wenn man sich während des Lesens die Zeit nimmt, den Familienstammbaum zusammenzustellen. Über den Krieg, die Geschichten der Großeltern und der resoluten Tante Gustl bis zum jüdischen Fundamentalismus des Bruders und der Vettern breitet sich die Familiengeschichte zu einem Panoptikum aus skurrilen und doch liebenswerten Persönlichkeiten aus.

Meine Schwester schien ihn anfangs gar nicht zu bemerken. Sie, deren Schönheit nun allerorten gepriesen wurde – „a fesche Katz“, gestanden sogar die Würfelmonster zu –, gab sich gerne den Anstrich hoheitlichen Desinteresses. Sie glaubte wohl selbst, daß auf sie jemand ganz Besonderer warte, eine Art Märchenprinz für die verwöhnte Prinzessin.

Charmante Wiener Eigenarten bilden die charakteristische Grundlage der Familientradition. Die Bridge-süchtige Großmutter und der Tennisclub prägen die Generationen über Jahrzehnte hinaus. Im Tennisclub sind auch die so genannten „Würfelmonster“ – dem Würfelspiel verfallene ältere Damen mit erbarmungslos scharfen Zungen – zuhause, so manche Episode nimmt hier ihren Ausgang.

Wenn das begann, wenn die alten Familiengeschichten zum tausendsten Mal heraufbeschworen, durchgekaut und neu interpretiert wurden, flüchteten sich die angeheirateten Frauen theatralisch eine Weile lang in die Küche, weil sie es angeblich „nicht mehr hören konnten“, England, Burma, Fußball, Film, das ‘Weißkopf’, die abgefeimte Tante Gustl und der Sohn, der irgendwelche klebrigen Mehlspeisen gestohlen hat. Aber sie kamen bald wieder zurück, denn obwohl sie es nie zugegeben hätten, liebten sie es längst genauso, das mehrstimmige Pointenfeuerwerk, die nicht endenwollende Serie ‘echter Königsbees’, die ganze Heimeligkeit dieses familiären Sagengutes, in das wir uns lustvoll einwickelten, weil es unser flüchtiges Zusammensein mit einer kurzen, aber kräftigen Wurzel in der Vergangenheit verankerte.

Doch nicht die so bekannte jüdische Jammerei über Benachteiligungen und Kriegsblessuren prägen diesen Roman, nicht die nervtötende Neurotik einer Lily Brett, nicht die intellektuelle Kulturkritik einer Siri Hustvedt. Die Familie ist das beherrschende Thema und dass diese Familie uns unser ganzes Leben lang begleiten wird, ob uns das nun gefällt oder nicht. Eine gleichzeitig beängstigende und beruhigende Schlussfolgerung, die jeden die Schrulligkeiten der eigenen Familienmitglieder für einen kurzen Moment mit anderen Augen sehen lässt.

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Krimi Roman Thriller Unterhaltung

Stieg Larsson – Verblendung

„Wir sind jetzt beim Kern meines Anliegens angekommen. Ich möchte, dass Sie herausfinden, wer in der Familie Harriet ermordet und danach fast vierzig Jahre versucht hat, mich in den Wahnsinn zu treiben.“

Selten kann man sich an einem Krimi erfreuen, der mit einer derartigen Präzision mehrere Handlungsebenen miteinander veknüpft und auf keiner einzigen dieser Ebenen scheitert.

Über die Handlung möchte ich an dieser Stelle nicht allzu viel sagen, dass ich diesen Roman jedem herzlich empfehlen möchte und daher nicht die Spannung zerstören möchte. Ein Handlungsverlauf durch mehrere Länder garantiert einen Spannungsbogen, der die Schicksale der Hauptpersonen sowohl auf beruflicher als auch privater Ebene immer wieder neu miteinander verwebt.

Aber nicht nur die Geschichte selbst ist ein Meisterwerk der Verknüpfung der Handlungsebenen, sondern auch und gerade die Gestaltung der Hauptpersonen macht diesen Roman zu dem Vergnügen, das sich auf beinahe 700 Seiten ausbreitet. Im Vordergrund steht in erster Linie der Journalist Mikael Blomkvist, der sich zwar mit Scharfblick auszeichnet, jedoch scheinbar ohne Emotionen durch die Betten der Frauen hüpft, die sich ihm auf seinem Weg ergeben. Seine Geschäftspartnerin und langjährige Geliebte Erika Berger – mit einem anderen verheiratet – ist ihm als langjährige Freundin eine wichtige Stütze auf seinem Weg, spielt jedoch emotional nur eine Nebenrolle.

Grandios gelungen ist jedoch das Charakterportrait von Lisbeth Salander. In jedem Kapitel entwickelt sie neue Facetten, jede einzelne überzeugend und konsequent illustriert. Als „schwieriges Kind“ aufgewachsen, ihre Mutter heute dement im Altersheim, sie selbst unter der Vormundschaft eines Anwalts, der ihre finanziellen Verhältnisse verwaltet. Gleichzeitig ist sie hochintelligent, kann die komplexesten Vorgänge entwirren und tummelt sich als Hackerin in den Welten des Internet. Als private Ermittlerin ist sie sehr erfolgreich, weshalb es auch zur Zusammenarbeit mit Mikael Blomkvist kommt, über den sie zuvor ein ausführliches Dossier erstellt hat, dass ihm selbst die Sprache verschlägt, als er es zu Gesicht bekommt. Sie allein trägt alle Emotionen in sich, die Stieg Larsson seinen Personen zugesteht, und diese lebt sie auch immer wieder grenzenlos aus. Gleichzeitig handelt sie nach raffinierter Planung mit kühler Präzision, wenn die Situation dies erfordert. Mit diesem grandiosen Charakterportrait allein hat Stieg Larsson eine großartige Leistung abgeliefert. Die Verfilmung werde ich mir wohl kaum ansehen, schon allein, weil mir einige Szenen sicher Alpträume verursachen würden. In den Trailern (Beispiel) macht die schwedische Schauspielerin Noomi Rapace einen soliden Eindruck, ob es ihr jedoch gelingt, die emotionale Tiefe dieser Figur auch zu verkörpern, muss jeder selbst beurteilen.

Eine Warnung sei jedoch anschließend ausgesprochen: Nach der Lektüre dieses Werkes könnte einem ein Brunetti und selbst ein Wallander etwas blass erscheinen.

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Klassiker Roman

Thomas Hardy – Jude the Obscure

Rose Jude the Obscure

And lastly a gentle-voiced prelate spoke, during whose meek, familiar rhyme, endeared to him from earliest childhood, Jude fell asleep:

‘Teach me how to live, that I may dread
The grave as little as my bed.’

In Jude the Obscure erzählt Thomas Hardy die Lebensgeschichte des Jude Fawley, angefangen von seiner Kindheit und dem schicksalhaften Abschied vom Lehrer Mr. Phillotson, der im weiteren Verlauf nicht unschuldig an Judes Unglück sein wird.

‘Jude’, she said. ‘ I know one of them. And you mustn’t!’
‘What?’
‘You mustn’t love me. You are to like me – that’s all!’

In eine Ehe gelockt von Arabella und seiner studentischen Ambitionen beraubt, verliebt sich Jude in seine Cousine Susan, die jedoch lange vorgibt, seine Liebe nicht zu erwidern. Sie heiratet den oben erwähnten Mr. Phillotson, verlässt ihn aber bald, um doch mit Jude zu leben. Gegen alle Konventionen leben die beiden zusammen und verweigern sich trotz mehrerer Versuche der Heirat. Noch bevor sie eigene Kinder haben, nehmen Sie den Sohn aus Judes erster Ehe (von dem er vorher nichts wusste) bei sich auf. Zeitsprung.

Sue: ‘My eyes are so swollen that I can scarcely see; and yet a little more than a year ago I called myself happy! We went about loving each other too much – indulging ourselves to utter selfishness with each other!’

Ein dramatischer Vorfall beraubt beide des bekannten Lebens und lässt Sue erneut an ihrem Lebensmodell zweifeln und letztendlich verzweifeln. 

Jude: ‘After converting me to your views on so many things, to find you suddenly turn to the rightabout like this – for no reason whatever, confounding all you have formerly said through sentiment merely! You root out of me what little affection and reverence I had left in me for the Church as an old acquaintance.’

Bevor sich das Ziel bzw. Thema der Geschichte erschließt, dauert es einige Zeit und man muss sich schon die Zeit nehmen, in dieses Epos einzutauchen. Auch mag Hardys Schreibweise nicht für jeden angenehm sein, aber so ungefähr im letzten Drittel war ich dann auch so richtig drin und konnte es dann auf den letzten Seiten auch nicht mehr aus der Hand legen. Wer Klassiker mag, sollte sich definitiv mal an Thomas Hardy wagen.

 

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Fantasy Roman

Bernard Cornwell – Die Herren des Nordens

Im dritten Teil der großen Uthred-Saga muss unser Held einiges erleiden. Vom Dänen Guthred, den er gerettet und ihm auf den Thron geholfen hat, wird er verraten und auf einem Sklavenschiff angekettet. Die Erzfeinde Kjartan und Sven, der Einäugige treten erneut auf den Plan und genau als Uthred ihm wehrlos in die Hände zu fallen droht, steigt der Deus ex machina vom Himmel:

Da wusste Sverri, dass er verloren hatte. Er verbeugte sich, ließ die Kette an meinem Hals los und trat einen Schritt zurück, und ich wog die Kette in meiner Hand und schleuderte ihr loses Ende nach Sven, und es fuhr zischend an seinem Gesicht vorbei und drängte ihn zurück. Und dann rannte ich. … Es war besser zu ertrinken, dachte ich, als Svens Folter zu erleiden. Da zügelten die Reiter ihre Pferde. Sven rannte zwischen ihnen hindurch, und dann blieb auch er stehen, und ich stand bis zur Brust im Fluss, und die Kette in meiner Hand störte mich, und ich bereitete mich darauf vor, mich rücklings ins Todesdunkel des Wassers zu stürzen, als Sven selbst einen Schritt von mir weg tat … Und da kam vom Meer, vorangetrieben von seinen Zwillingsrudern und der schnell steigenden Flut, das rote Schiff.

Noch eine weitere Schlacht bestreitet Uthred in diesem Band. Wie auch Derfel Cadarn in Cornwells Arthus-Geschichte ist er mit Leib und Seele Krieger. Der vierte Band Schwertgesang ist bereits erschienen. Im dritten Teil war Uthred erst um die 20 Jahre alt, es könnten also noch einige Bände folgen, was ich mir an dieser Stelle recht herzlich wünschen möchte.