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Krimi Roman

Martin Mucha – Papierkrieg

CN dieses Buch: Mord, Drogensucht, Alkoholismus
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Nachdem ich letztens mit dem einen Literaturgeocache abgeschlossen hatte, suchte ich mir den nächsten aus der Liste aus und stieß schnell auf die richtige Person. Beide Bücher sind in der virtuellen Bücherei prinzipiell verfügbar, das ist sch0n mal ein gutes Zeichen.

Der Autor entwirft einen komplizierten Kriminalplot um den Philologen Arno Linder, der mehr oder weniger zufällig in eine Situation stolpert, in der er abwechselnd von der österreichischen und russischen Unterwelt sowie von der Polizei ins Visier genommen wird. Ganz unschuldig ist er daran natürlich nicht. Anstatt sich rauszuhalten, sucht er nach allen möglichen Kniffen, um aus der Sache finanziellen Profit herauszuschlagen.

Die Idee, (Kriminal-)Kommissare und andere ermittelnde Personen (bei mir zuletzt eine Staatswanwältin) als Protagonist*innen mit einem eigenen Strauß an Problemen auszustatten, ist nicht mehr neu. Arno Linder ist aber hier deutlich mehr Täter als Opfer, was mich am Anfang hauptsächlich mit einem Abneigungsgefühl erfüllt hat. Zu schnell für meinen Geschmack springt er auf die Gelegenheit an, durch ein bißchen (in seinen Augen harmlose) Erpressung sein Budget aufzubessern. Vielleicht liegt das daran, dass das nicht das erste Buch dieser Reihe sein dürfte (es wird immer wieder auf seine Bekanntschaften in der Szene verwiesen, die offenbar schon länger bestehen, diese Vermutung von mir stellte sich jedoch als falsch heraus).

Am Ende hat mich dann die schlüssige Auflösung des komplizierten Plots doch bestens unterhalten. Menschen, die sich in Wien etwas auskennen, kann außerdem der reichlich gestreute Lokalkolorit Freude bereiten. Werde mir demnächst das zweite für den Literaturcache benötigte Buch vornehmen.

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Erfahrungsbericht Memoir

Torre DeRoche – Love with a Chance of Drowning

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You’ll never feel a hundred percent ready. You just have to go.

Wenn mich jetzt mal wieder die Reiselust packt, dann greife ich meistens zu einem der vielen Reisebücher, die ich auf meiner Liste gesammelt habe. In diesem Buch beschreibt die Autorin, wie sie ihren Partner Ivan kennenlernt, der gerade eine ausgedehnte Segeltour im Südpazifik vorbereitet. Obwohl sie mit dem Segeln bisher keine Berührung hatte und auch die Seekrankheit sie sehr plagt, entschließt sie sich schließlich zum Sprung ins kalte Wasser: Sie wird Ivan auf seinem Trip begleiten.

I did it! It seems so hard to believe. All of the pain, discomfort, and torture it took to get here is beginning to face. I faced my greatest fears and I’m still alive. The buzz of this accomplishment brings on a deeply satisfied joy that I’ve never felt before. Even if I never go to sea again, I can keep this sense of empowerment for life.

In vieler Hinsicht geht es immer wieder um die Frage, welche Risiken wollen wir im Leben eingehen. Wie gut können oder müssen wir uns vorbereiten? Und wann ist es Zeit, endlich los zu segeln und darauf zu vertrauen, dass sich für alle auftretenden Probleme immer eine Lösung finden wird?

“You’re here for a good time, not for a long time.” I’ve tried to remind myself of this more than once out on the ocean.

Das obige Zitat kann in meinen Augen sowohl ein Argument für eine solche Reise sein als auch dagegen. Wenn ich auf See die ganze Zeit seekrank bin, ist das wohl kaum eine gute Zeit … Da stellt sich dann wieder die Frage, ob die guten Momente – diese Highlights des Ankommens an einem traumhaften Strand – die Strapazen aufwiegen, die notwendig waren, um dorthin zu kommen. Monatelange Abwesenheit von Freund*innen und Familie geht einher mit der ersehnten Abgeschiedenheit von den Katastrophen der Gesellschaft. Abwesenheit von der Zivilisation bedeutet auch Einschränkungen in der Ernährung (mangels Kühlmöglichkeit auf dem Boot können die beiden frisches Obst und Gemüse immer nur vor Anker konsumieren, wenn es überhaupt zu bekommen ist).

Ich frage mich immer wieder, welche Arten von Reisen ich wohl noch machen werde, wenn das die Situation wieder erlaubt. Ein Segeltrip durch den Südpazifik wird eher nicht dabei sein.

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English Roman

Katy Simpson Smith – The Everlasting

CN dieses Buch: Mord, Folter, selbstverletzendes Verhalten, Gewalt gegen Tiere, lebensbedrohliche Erkrankung (MS), Abtreibung

CN dieser Post: zum Abschluss ein Zitat über selbstverletzendes Verhalten, wird nochmal vorher gewarnt


The necessary experiment: determining if ostracods were not merely hardy survivalists but had evolved to prefer the bitter taste of civilization. If nature, like faith, was a human construction.

Eine Geschichte auf vier verschiedenen Zeitebenen, verbindende Elemente sind einerseits die Örtlichkeit Rom bzw. Umgebung sowie der Fischhaken, der in allen Zeitebenen eine Rolle spielt. Weiters haben alle Protagonist*innen massiv mit ihren Selbstzweifeln oder gesellschaftlichen Anforderungen zu kämpfen.

  • Der von seiner Frau entfremdete Forscher, dem die Abwesenheit von seiner Tochter die Gefühle zu rauben scheint und der schließlich mit einer erschreckenden Diagnose konfrontiert wird (Jetztzeit).
  • Die gelangweilte Ehefrau auf der Suche nach wahrer Liebe in einer Zeit und Gesellschaft, in der Ehen rein aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen geschlossen werden (16. Jh.).
  • Ein alternder Mönch, der aufgrund einer Andeutung homosexueller Zuneigung als Jugendlicher von seiner Familie ins Kloster verstoßen wurde und nun die Aufgabe hat, in der Krypta des Klosters über die verwesenden Toten zu wachen (9. Jh.).
  • Eine junge Frau, die in den Versprechen einer neuen Religion Antworten auf alle Fragen ihres Lebens findet und deshalb zur Märtyrerin wird (1. Jh.).

Because if you are not always, always yourself, you will lose the ability to breathe.

Das Buch wurde in einem Sammelpost auf Lithub (den ich mir leider nicht gespeichert habe) mit solchen Worten empfohlen, die mich dazu brachten, das Buch sofort herunterzuladen, nachdem ich gesehen hatte, dass es in Libby verfügbar war. Jetzt wüsste ich gerne, welche Worte das waren und in welcher Stimmung ich in diesem Moment war. Vielleicht hatte ich mir auch einfach etwas anderes vorgestellt. Ich weiß noch immer nicht genau, was ich von diesem Buch halten soll.

There was always time to make different decisions, or else there was never time; once she spoke, it was impossible in the tightly woven fabric of the world that she had ever not spoken.

Nach dem kommenden Trennstrich folgt ein kurzer Abschnitt mit Zitaten aus dem Buch zum Thema selbstverletzendes Verhalten.


His tears were made of sulfur. He yanked his hand back and slapped himself so hard his sight went briefly starry. The pain was on the ouside now, and felt so much better there. So much clearer. He hit himself again.

Sehr berührt haben mich diese beiden Zitate mit der Beschreibung des Gefühls bei selbstverletzendem Verhalten. Den Schmerz nach außen bringen; über einen winzigen Teil der Welt Kontrolle haben; etwas fühlen, irgendetwas fühlen, auch wenn es Schmerz ist. Mir fehlt die Vorstellungskraft, um solche Handlungen nachzuempfinden. Diese beiden Zitate haben es mir aber etwas besser erklärt.

Man versus body, the hook a tool, his one hand opening the other, wanting that red as evidence he could make a choice, that in his whirlpool life he had some measure of control, the pain a reminder he was alive and feeling was good, feeling was to be savored, not suppressed, that even hurt was better than numb.

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Krimi Roman

Bernhard Aichner – Totenhaus

CN dieses Buch: Mord, Folter, Verstümmelung, Suizid
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Es war alles zu viel. Auf die Euphorie, dass er mit ihr sprach, folgte die Ernüchterung. Blum hatte ihre eigene Geschichte, die sie in die Knie zwang und nach unten zog, da war kein Platz mehr für Mitgefühl, für das Leid der anderen. Viel zu viel alles.

Es ist knapp über fünf Jahre her, dass ich den ersten Roman über die Bestatterin und Mörderin Blum gelesen habe. Warum ich jetzt gerade zu diesem dicksten Buch auf dem Regal gegriffen habe, kann ich auch nicht recht sagen. Es fällt mir gerade schwer, aus den ganzen Optionen (das Regal der ungelesenen Bücher, die Wishlist in Libby, die Wishlist in Onleihe, die Tabelle, in der ich mir interessante Bücher notiere) etwas auszuwählen, das ich gerade wirklich lesen möchte. Möglicherweise ist nach über einem Jahr Pandemie der Moment gekommen, an dem ich tatsächlich genug gelesen habe. Wobei der Mai halt bisher wetterbedingt auch einfach sehr lese-intensiv war …

Die rachsüchtige Blum zeigt in diesem zweiten Roman andere Seiten. Sie verfolgt einen zufällig entdeckten Hinweis auf ihre Vergangenheit und gerät damit in eine ganz andere Familiengeschichte, die nicht die ihre ist, jedoch bei näherer Betrachtung um nichts besser. Sie lässt sich von ihren Gefühlen leiten, bis zu dem Punkt, wo nichts mehr zusammenpassen will. Sie steht vor dem Abgrund und will nur noch ihre Kinder retten. In diesem Buch erschien mir ihre Gewalt mehr als Notwehr und weniger als Rache, wobei das natürlich nicht in allen Situationen stimmt. Das Bild der mörderischen Protagonistin wird jedenfalls differenzierter. Es ist nicht bloß eine Fortsetzung mit einer neuen Mordgeschichte, es ist ein vertiefter Einblick.

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English Sachbuch

Peter Mendelsund and David J. Alworth – The Look of the Book: Jackets, Covers and Art at the Edges of Literature

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Comics and graphic novels, for instance, make full use of the book as a visual object, which is why designing their covers can be especially tricky. Does the story begin on the cover? Is the cover designer, in this case, a sort of coauthor?

Hin und wieder spült mir Lithub besonders interessante Exemplare in die Liste. Dieses wollte ich wirklich dringend meiner Bibliothek hinzufügen und ich wurde nicht enttäuscht. Schon beim ersten Öffnen inhalierte ich tief den Papiergeruch. (Gerade bei Fachbüchern bemerke ich immer wieder, dass ich sie lieber in der Hand halte als digital lese. Bei Romanen ist mir das völlig egal.) Die Aufmachung ist elegant und gibt dem Thema Buchcover ausgreifend Raum. Wobei ich dann doch wiederum kleine Kritikpunkte anbringen muss (bei einem Buch, das sich mit dem Design von Buchcovern beschäftigt, darf ich auch besondere Maßstäbe an das Design anlegen):

  • Viele Bildbeschreibungstexte waren von unten nach oben zu lesen. Das ist beim Lesen einfach unpraktisch, wenn du das Buch drehen oder die Augen verrenken musst, um einen Text lesen zu können.
  • Ein dickes Hardcover-Buch hat natürlich den Nachteil, dass im Bund so einiges verschwinden kann. Grafische Darstellungen, die über den Bund gehen, sollten daher vermieden werden (was hier nicht konsequent umgesetzt wurde).
  • Für Bildbeschreibungs- und Zitattexte wurde ein Monospace-Font verwendet, dessen fi-Ligatur mir persönlich ein Dorn im Auge ist. Das ist allerdings purer persönlicher Geschmack.

If, as Nietzsche famously proclaimed, our writing tools shape our thoughts, then our design software shapes how our thoughts look. The affordances of a particular design tool make themselves visible in the trends that characterize cover design in a particular season, year, or historical moment.

Abgesehen von diesen Kleinigkeiten finde ich das Buch allerdings sehr toll. Es setzt sich mit der sich verändernden Bedeutung des Buchcovers auseinander (früher mussten Bücher hauptsächlich im Geschäft hervorstechen, heute müssen Buchcover auch und manchmal primär als Thumbnails ihre Wirkung entfalten). Unterschiedliche Gestaltungsstile werden miteinander verglichen, es wird deutlich gemacht, dass nicht nur die jeweils gerade aktuellen Weltgeschehnisse beeinflussen, ob ein bestimmtes Cover gerade als passend empfunden wird oder nicht. Auch die zur Verfügung stehenden Designtools haben eine Auswirkung darauf, welche Arten von Gestaltungen sich die Designer*innen überhaupt vorstellen können. Unsere Technologie beeinflusst also unsere Vorstellungskraft.

A book cover must tell you what kind of book you’re holding in your hands, and we all carry assumptions about how certain books should look. Many of the most successful covers, however, subvert our expectations. Such covers calibrate accuracy and surprise. They push us to see something in a new way without falsely representing it.

Obwohl ich selbst noch nie Buchcover erstellt habe (der Markt dafür ist eher schwierig), habe ich mich in vielen Überlegungen wieder gefunden. Ein Buchcover muss bestimmten Standards entsprechen. Es soll das Genre vermitteln, ohne abzuschrecken. Es soll ein klares Bild davon bieten, worum es in dem Buch geht. Gleichzeitig sind aber oft die besten Cover jene, die die Leser*innen herausfordern; die einen zweiten Blick erfordern. Dabei wird auch der Spagat zwischen Kunst und Werbung offensichtlich: ein Buchcover ist Werbung für das Buch selbst. Es soll gleichzeitig aber auch die Essenz des Buches, des Inhalts zwischen den Buchdeckeln in künstlerischer Form wiedergeben.

Indeed, a cover should pose some questions. Often the best design is simple, but simple is not the same as simplistic. When a cover forces you to look again, to think twice, to stop and wonder, it’s respecting your intelligence, especially when it depicts sensitive subject matter.

In meinen (Non-Profit-)Designprojekten stellt sich immer wieder die Frage, wieviel Unklarheit können wir unserer Zielgruppe zumuten. Gerade haben wir uns in der Gruppe gegen einen Designentwurf entschieden, der laut Feedback der anderen „schwer auf einen Blick zu erfassen war“. Mir war das beim Entwurf durchaus bewusst, ich hatte nur das Gefühl, dass es manchmal eben auch einen zweiten Blick erfordert. Weil möglicherweise erst der zweite Blick überhaupt die Aufmerksamkeit fesselt. Das Buch beinhaltet auch mehrere Fallstudien (zB verschiedene Coverentwürfe für Klassiker wie Ulysses, Moby Dick und Lolita), die einen Einblick in die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten der einzelnen Jahrzehnte und unterschiedlichen Interpretationen der Designer*innen ermöglichen.

Schließen möchte ich mit diesem Zitat von Autor David Sedaris (im 3 Books Podcast von Neil Pasricha hat er über seine three most formative books gesprochen). Er vergleicht das Erstellen eines Buchcovers mit einem Akt der Übersetzung. Eine sehr schöne Beschreibung dieser herausfordernden Tätigkeit:

“A great book cover is, for me, like a great Spanish edition. The designer takes the manuscript and deftly translates it into a language I understand, but am unable to speak. How on earth did you do that? I think when I’m given the finished product. To take 70,000 words, and turn them into a single image. How is that not a miracle?”

 

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English Humor Jugend Satire

Sue Townsend – The Secret Diary of Adrian Mole (aged 13¾)

CN dieses Buch: Erwähnung von männlichen Geschlechtsteilen
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I sang a few carols for the old ladies. I made two pounds eleven pence out of them so I went to Woolworth’s to buy Pandora’s Chanel No. 5. They hadn’t got any so I bought her an underarm deodorant instead.

Hilarious. Ein bissig spottender Blick in das Leben und die Seele eines Jugendlichen mit all seinen Problemen: erste Verliebtheit, körperliche Veränderungen, Ärger mit den Eltern und so weiter. Anhand der erwähnten Hochzeit von Prince Charles und Diana lässt sich das Buch zeitlich im Jahr 1981 in Großbritannien verorten.

Mit größtmöglicher Naivität stolpert der Protagonist von einem Tag in den anderen. Die Einträge sind manchmal nur wenige Zeilen lang, selten länger als eine Seite. Adrian schickt Gedichte per Briefpost an die BBC. Er versteckt Herrenmagazine unter seiner Matratze. In einem Eintrag  beschreibt er minutiös einen Klassenausflug ins Museum, der in totalem Chaos ausartet. Schwarzer Humor trieft geradezu zwischen den Zeilen hervor. Ein zwangloser Spaß für Zwischendurch.

Grandma Mole came to tell me that the end of the world was announced at her Spiritualist church last week. She said it should have all ended yesterday.
She would have come round sooner only she was washing her curtains.

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English Erfahrungsbericht Memoir

Susannah Cahalan – Brain on Fire: My Month of Madness

CN dieses Buch: psychische Erkrankung, lebensbedrohliche Erkrankung
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[… ] my immune system had gone haywire and had begun attacking my brain.

Die Autorin beschreibt in diesem Buch ausführlich ihren Krankheitsverlauf. Ihre Symptome ergeben kein deutliches Krankheitsbild, es braucht mehrere Wochen und viele verschiedene Ärztinnen und Ärzte, bis ihre Krankheit endlich einen Namen (und damit auch eine Therapiemöglichkeit) hat. Als Auslöser für ihre Symptome (Halluzinationen, Anfälle, psychotische Episoden, …) stellt sich schließlich eine seltene Form der Enzephalitis (Gehirnentzündung) heraus.

Will I be as slow, dour, unfunny, and stupid as I now felt for the rest of my life? Will I ever again regain that spark that defines who I am?

Der Diagnoseprozess, den ich hier so verkürzt in einem Absatz wiedergebe, nahm im realen Leben mehrere Wochen Zeit in Anspruch. Der Rehabilitationsprozess danach erforderte einige Monate, in denen sich die Autorin ständig fragte, ob sie jemals zu „ihrem alten Selbst“ zurückfinden würde. (Ich sehe eine interessante Parallele zu der aktuell gängigen Begrifflichkeit „zurück in die Normalität“ zu wollen.) Was dabei auch sehr deutlich wird: der Diagnoseprozess ist erst der Anfang. Selbst nach gefundener und bestätigter Diagnose dauert es noch, bis eine geeignete Therapie gefunden werden kann und dann auch tatsächlich anschlägt. Ein Rehabilitationsprozess ist ein tägliches Greifen nach dem kleinsten Strohhalm, ein ständiges Zweifeln an den eigenen Fähigkeiten und dem Glauben an die eigene Zukunft.

Now, I think that this shame emerged out of the precarious balancing act between fear of loss and acceptance of loss. Yes, I could once again read and write and make to-do lists, but I had lost confidence and a sense of self. Who am I?

Am Ende kommt die Autorin zum Schluss, dass sie natürlich nicht zu ihrem alten Selbst zurückfinden kann. Weil die Erfahrung dieser beängstigenden und seltenen Krankheit sie verändert hat. Ihre wesentlichen Persönlichkeitsanteile sind jedoch erhalten geblieben. Und die kann sie nun nutzen, um zusammen mit der Erfahrung ihrer Krankheit Bewusstsein zu schaffen, ihre Geschichte öffentlich zu machen und zu teilen, um somit anderen Betroffenen Orientierungsmöglichkeiten zu bieten.

The girl in the video is a reminder about how fragile our hold on sanity and health is and how much we are at the utter whim of our Brutus bodies, which will inevitably, one day, turn on us for good. I am a prisoner, as we all are. And with that realization comes an aching sense of vulnerability.

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English Erfahrungsbericht Memoir

Anna Wiener – Uncanny Valley

CN dieses Buch: Sexismus
CN dieser Post: Erwähnung von Menstruation und Belästigung (keine grafischen Beschreibungen)


Die Autorin analysiert in diesem Buch ihre Erfahrungen als Frau in der Tech-Branche (in New York und später im Silicon Valley) und setzt sie in Bezug zur Entwicklung der Arbeitskultur in den letzten Jahrzehnten. Viele der angesprochenen Themenbereiche waren mir zumindest vage bekannt, ihr analytischer und auch selbstkritischer Blick wirft jedoch ein neues Licht auf eine Unternehmens- oder sogar Branchenkultur, die einen wichtigen Teil unserer Gesellschaft prägt. Beispiele dafür, welche Auswirkungen es hat, wenn Technologie hauptsächlich von jungen, weißen, männlichen Personen entwickelt wird, gibt es inzwischen zuhauf (zB bei einer frühen Version der Apple Health App wurde schlicht darauf vergessen, Menstruationstracking einzubauen). Aber selbst dort, wo (zumindest an der Oberfläche) bewusst nach Diversität gestrebt wird, haben Personen unterschiedlichen Geschlechts nach wie vor mit verschiedenen Umständen zu kämpfen. Die Argumente gegen eine Veränderung dieser Arbeitskultur haben wir wohl alle schon in der einen oder anderen Form mal gehört: „Diversitätsinitiativen wirken diskriminierend gegenüber Männern, Männer sind eben einfach talentierter im Technikbereich, wir würden ja gerne mehr Frauen anstellen, aber es bewerben sich ja keine.“

Sexism, misogyny, and objectification did not define the workplace – but they were everywhere. Like wallwaper, like air.

Nahezu gespenstisch distanziert (passend zum Buchtitel) beschreibt die Autorin ihre Erfahrungen als Mitarbeiterin verschiedener Technologieunternehmen. Es wirkt stellenweise fast so, als müsste sie sich selbst von außen betrachten, um überhaupt erklären zu können, warum sie sich so lange in dieser Lebens- und Arbeitskultur aufgehalten hat. Sie nennt bekannte Unternehmen in Form von kaum verhüllenden Decknamen: „the social network everyone hated, the search engine giant, the home-sharing platform“. Als Mitarbeiterin im Costumer Support eines Unternehmens im Bereich Business Analytics fühlt sie sich selbst manchmal als ein Stück Software:

Some days, helping men solve problems they had created for themselves, I felt like a piece of software myself, a bot: instead of being an artificial intelligence, I was an intelligent artifice, an empathetic text snippet or a warm voice, giving instructions, listening comfortingly. 

Mit entsprechenden Einblicken in die tatsächlichen Verhältnisse im Business Analytics Unternehmen verändert sich schließlich auch ihre Einstellung im Umgang mit den eigenen Daten.

But I found myself newly cautious, leery of giving away too much intimate data. God Mode had made me paranoid. It wasn’t the art of data collection itself, to which I was already resigned. What gave me pause was the people who might see it on the other end – people like me. I never knew with whom I was sharing my information.

Dabei ist anzumerken, dass auch die von Edward Snowden 2013 angestoßene „Globale Überwachungs- und Spionageaffäre“ angesprochen wird. Darauf folgte weltweit eine Auseinandersetzung mit den Folgen der anlasslosen Datensammlung und der Frage, wer eigentlich Zugriff auf welche Daten haben sollen darf.

It was revealed that lower-level employees at the NSA, including contractors, had access to the same databases and queries as their high-level superiors. Agents spied on their family members and love interests, nemeses and friends.

Inmitten dieser eher negativ beschriebenen Arbeitskultur finden sich dann kleine Lichtblicke des globalen Arbeitens mittels Videokonferenzen, die wir aufgrund der aktuellen Situation nun vermutlich auch alle kennen: „the surprise of seeing an animal emerging from under a desk“. Mit Referenzen auf populäre Debatten der Internetkultur (GamerGame), Verschwörungsmythologien (PizzaGate) und Fernsehserien (Game of Thrones-Referenz: „Is winter coming for the tech industry?“) kommt dann doch etwas Auflockerung in die insgesamt eher triste Analyse der Technologiewelt. Insgesamt ein spannender Einblick in eine Arbeitswelt, die über die Gestaltung von Technologie einen großen Einfluss auf uns alle ausübt.

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Krimi Roman

Simone Buchholz – Blaue Nacht

CN dieses Buch: Mord, Drogensucht
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Ein ungewöhnlicher Krimi. Eine Staatsanwältin ermittelt (interessante Perspektive) gegen die unbekannten Täter sowie über das unbekannte und schweigsame Opfer. Ein Kommissar in Pension, ein Kommissar im Dienst. Vermeintlich oder tatsächlich geläuterte Verbrecher. Unmengen von Alkohol. Ein scheinbar unbefriedigendes Ergebnis. Ein buchstäblicher Knalleffekt am Ende.

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Erfahrungsbericht Ratgeber

Lars Amend – Why not?

CN dieses Buch: Suizid, Depression
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Eine langjährige Freundin hat mir dieses Buch empfohlen. Das war auch der Grund, warum ich nicht nach dem ersten Kapitel aufgehört habe, zu lesen. Es ist nicht so, dass mich die Inhalte generell nicht interessiert hätten. Es ist eher so, dass ich das Gefühl hatte, ich hätte das alles schon mal gehört, gelesen oder selbst geschrieben. Und das in einem Schreibstil, der mir wesentlich mehr zusagt als der von Lars Amend. (Auf seiner Webseite bezeichnet er sich als „Lifestyle Coach, Motivator und Bestsellerautor“. Das alleine hätte mich abgehalten, hätte ich das vorab recherchiert …).

Ändere deinen Blickwinkel und du änderst alles.

Das Buch ist also eine Ansammlung aus Zitaten und Lebensweisheiten, die in der Theorie immer recht schön klingen, in der praktischen Anwendung aber oft darauf hinauslaufen, dass wir einfach selbst schuld sind, wenn unser Leben nicht so verläuft, wie wir uns das wünschen. Mit dieser Position habe ich schon seit Längerem meine Schwierigkeiten. Es haben einfach nicht alle Menschen ähnliche Möglichkeiten, ihr Leben zu verändern. Finanzielle und soziale Hintergründe können hier einen großen Unterschied machen. Somit finde ich es falsch, zu behaupten, jeder Mensch könne sein Leben transformieren, indem er einfach durchhält und seine Perspektive verändert.

Noch ein paar Beispiele gefällig? (Originalzitate in „Anführungszeichen“, andere Formulierungen von mir gekürzt)

  • Stell dich deiner Angst, sonst hält sie dich gefangen.
  • „Stell in Zeiten des Zweifels nicht gleich alles infrage, sondern hab Vertrauen.“
  • Wenn du eine Veränderung in deinem Leben willst, dann kannst du nicht dasselbe tun, was du bisher getan hast. (Oder: Die Veränderung kommt nicht von allein.)
  • „Ändere deine Gedanken und du änderst deine Welt!“
  • Nichts ist für immer. Alles ändert sich. Everything in life is only for now.
  • „Wenn es schwer wird, halte durch. Auch wenn es aussichtslos scheint, gehe langsam, aber gehe weiter. Aufgeben ist keine Option. Niemals.“
  • Das Erfolgsrezept: Unerschütterlicher Glaube daran, dass es möglich ist, auch die schwierigsten Ziele zu erreichen. Tägliches Training ist das beste Rezept gegen Selbstzweifel. Dankbarkeit für jeden Schritt der Reise, auch für die Rückschläge und Misserfolge.
  • „Du kannst deine Vergangenheit nicht mehr ändern. Du lebst dort nicht mehr. […] Aber deine Zukunft kannst du beeinflussen. Hier und jetzt. In der Gegenwart.“
  • „Die Wahrheit ist: Nicht du leidest, sondern dein Gehirn spielt ein Programm ab, das dich leiden lässt.“ Diese Behauptung halte ich für etwas gewagt. Ich stelle nicht in Frage, dass sich durch eine andere Weltsicht das eigene Leiden lindern lässt. In bestimmten Situationen wird es jedoch den optimistischsten Menschen nicht gelingen, das Gehirnprogramm des Leidens abzustellen. Und ich halte das auch nicht für sinnvoll.
  • „Negative Glaubenssätze hindern uns daran, unseren Träumen zu folgen, sie bremsen uns aus und halten uns klein. Sie nehmen uns den Mut und rauben uns die Kraft und den Willen, Neues zu entdecken.“
  • „Was andere über dich denken, ist bedeutungslos. Ihre Urteile über dich sind bedeutungslos. Was du über dich denkst, bedeutet hingegen die Welt – einfach alles! Es ist DEIN LEBEN, es sind DEINE TRÄUME.“
  • „Fehlschläge sind deswegen so unglaublich wichtig, weil sie dir wertvolle Erkenntnisse und Einsichten liefern, wie etwas nicht funktioniert, wie man etwas verbessern oder ein Problem nachhaltig lösen kann. […] Einen Fehler zu machen bedeutet nicht, dass man etwas nicht gut kann.“ Allerhöchstens, dass du etwas noch nicht gut kannst.

Der Großteil dieser Behauptungen stimmt vermutlich bzw. stimmt für einen Großteil aller Menschen. Mir gefällt aber einfach diese Coaching-Sprache nicht. Zu viele (symbolische) Blumen und Sterne und Schmetterlinge. Für andere Menschen ist das vielleicht genau das Richtige.