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Roman

Jonas Jonasson – Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand

Selbst wenn man sich den Witterungsverhältnissen entsprechend gekleidet hat, darf man es mit Fug und Recht als kühn bezeichnen, sich mit einer von Hand gezeichneten Weltkarte und einem Kompass zu einer Himalaya-Überquerung aufzumachen. Eigentlich hätte Allan auch am nördlichen Rand des Gebirges entlangwandern können, und danach nördlich am Aralsee und am Kaspischen Meer vorbei. Doch die Wirklichkeit und die handgefertigte Karte waren nicht ganz deckungsgleich.

Der Hype um diesen Roman bei seiner deutschsprachigen Erscheinung hat mich erst abgeschreckt. Jedoch muss man neidlos anerkennen: an dieser Stelle hat der Mainstream recht. Ein absurdes Roadmovie, das einen ständig laut auflachen lässt. Auf zwei Zeitebenen wird erzählt was Allan Karlsson passiert ist, bevor er aus dem Altersheim ausgerissen ist und was ihm danach zustößt. Beide Geschichten sind an Absurdität kaum zu überbieten.

Sein Ansehen in der Gruppe stieg noch weiter, als er beim Warten auf besseres Wetter in Ermangelung einer sinnvolleren Beschäftigung austüftelte, wie man Schnaps aus Ziegenmilch herstellen könnte.

Ein echter Hacker, dieser Allan. Früher sagte man wohl Lebenskünstler. In seinem langen Leben hat Allan mit dem amerikanischen Präsidenten Truman, dem spanischen General Franco sowie Stalin gezecht und am Bau von mehreren Atombomben mitgewirkt. Kein Wunder, dass er sich im Altersheim langweilt.

Von einem englischen Freund und Bischof hatte er den Tipp bekommen, in den Iran zu gehen – ein Land, in dem die herrschende Religionsfreiheit schrecklich missbraucht werde. So könne man zum Beispiel die Anglikaner im Iran an zwei Händen abzählen, während es von Schiiten, Sunniten, Juden und Anhängern reiner Hokuspokusreligionen nur so wimmelte. Wenn es überhaupt Christen gab, waren es Armenier oder Assyrer, und wie jeder wusste, hatten die Armenier und Assyrer die christliche Lehre hoffnungslos in den falschen Hals gekriegt.

Respektlos macht sich der Autor über alles und jeden lustig und schreckt dabei weder vor Politik noch Religion zurück. Nachdem Allan das Altersheim verlassen hat, stiehlt er einen Koffer voller Geld. Deswegen müssen mehrere Gangster dran glauben, wobei deren Todesfälle eher versehentlich passieren. Der Gangsterboss schließt sich schließlich Allahs Truppe an, die er im Laufe der Reise angesammelt hat. Dazu gehören ein Wilderer, ein Imbissbudenbesitzer, eine Rothaarige und deren Elefant. Muss ich noch mehr sagen?

Ob die geschichtlichen Zusammenhänge ansatzweise stimmen können, ist an dieser Stelle definitiv schon egal. Es wäre einfach halb so lustig, würde sich Allan nicht über die Eigenheiten von Stalin oder dem koreanischen Kim-Jong Il (damals noch ein Kind) wundern. Zähneknirschend schließe ich mich dem Mainstream an. Prädikat: sehr unterhaltsam.

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Roman

Thomas Glavinic – Das größere Wunder

„Ich glaube, man ist schon jemand“, sagte Jonas. „Jeder ist jemand, und besser als das kann er nicht werden. Er kann nichts anderes werden, und wenn er es doch wird, ist er nicht glücklich.“

Thomas Glavinic lässt seinen Helden Jonas (den wir bereits aus früheren Romanen kennen) den Mount Everest besteigen. Die Romane haben nur bedingte Verbindungen miteinander. Das mag zuerst verwirren, macht aber möglich, dass man die Romane in keiner bestimmten Reihenfolge lesen muss. Ja, man muss sie gar nicht alle lesen. Wer nur eines lesen möchte, sollte dieses nehmen. Und braucht hier nicht weiterzulesen, sondern lieber gleich zum Buch greifen.

Das ist kein heroischer Berg, so wie es keine heroische Art zu sterben ist, da oben für alle Zeit festzufrieren. Hier werden keine Heldensagen geschrieben, jedenfalls nicht von euch.

Auf zwei Erzählebenen verfolgen wir Jonas Weg auf den Mount Everest. Wir erleben Jonas im Basislager des Berges, wo sich sein Körper nur schwer an die Wetterverhältnisse anpasst. Die Höhe macht ihm zu schaffen. Gleichzeitig erleben wir den jungen Jonas, der von seiner alkoholkranken Mutter verlassen wird. Der sich für seinen von Geburt an behinderten Bruder Mike verantwortlich fühlt. Der sich durchs Leben schlägt und Stück für Stück etwas übers Leben lernt.

Manche Dinge findet man nicht, wenn man sie sucht, so schlau und kühn man es auch anstellen mag, denn manche Dinge kommen zu einem, wenn man gar nicht danach verlangt.

Sehr subtil gibt der Autor Jonas Stück für Stück die Möglichkeiten, das Leben zu begreifen. Oder Teile davon. In Das größere Wunder sind die Erkenntnisse wesentlich präsenter und wesentlich existentialistischer. In Die Arbeit der Nacht dauerte es lange, bis der allein gelassene Jonas erkennt, dass ihn das Alleinsein Stück für Stück in den Wahnsinn treibt. Der Leser kann das nicht begreifen, denn niemand hat je so eine große Einsamkeit erlebt. Hier sehen wir Jonas auf einen gefährlichen Berg klettern und verstehen schnell, dass er auf der Suche ist. Sein ganzes Leben war er auf der Suche. Er schwankt zwischen der Sehnsucht nach dem Un-Sinn, dieser Wunsch nach Heimkehr in die Zwecklosigkeit und seinem Wunsch, das Chaos zu beherrschen. Glavinic lässt Jonas nach einem Sinn für sein Leben suchen. Gleich mehrmals betont er, dass ein Leben nur dann Wert hat, wenn man es einem höheren Sinn widmet.

Es waren diese Tage, in denen er vieles begriff. Er würde nie ein erfülltes Leben führen können, wenn er nicht versuchte, es einer Sache zu widmen, die größer war als er.

Ein Leben ist nur dann geschützt, wenn es einer Sache gewidmet ist, die größer ist als der Mensch, der es lebt und der Sache dient.

Der Autor scheut nicht davor zurück, auch ganz banale Motive zu verwenden. Und doch passen sie irgendwie in die Dunkelheit und die Kälte, in denen Jonas schließlich alleine auf dem Berg herumirrt. Man fragt sich, wie das passieren konnte. Wie konnten die Bergführer Jonas gehen lassen, obwohl sie mit seinem sicheren Tod rechnen mussten, wenn er sich zu spät zum Gipfel aufmacht, um noch bei Tageslicht zurückkehren zu können?

Es war bereits hell, was ihn überraschte. Als er auf die Uhr schaute, stellte er fest, dass sie stehengebeblieben war.

Das Ende überrascht. Doch je länger ich darüber nachdenke, umso mehr wird mir klar, dass Thomas Glavinic Recht hat. Nicht anders hätte er demonstrieren können, dass es um diesen Berg nicht geht. Der Berg ist ein Symbol für die größere Sache, für das Wichtigere im Leben, für das größere Wunder. Würde man das Buch nochmal lesen (könnte ich mir durchaus vorstellen), würde man bestimmt noch viele andere Lesemöglichkeiten finden, die die Metapher bereits vorbereiten. Dieses Buch ist voll mit Erkenntnissen und kleinen Andeutungen über Lebensweisheiten, ohne sie plakativ auszuwalzen. Eine absolute Empfehlung.

Jeder Mensch beurteilt sich selbst nach seiner größten Leistung, und zwar so, als hätte es die Tiefen davor und danach nie gegeben, weißt du das? Ich spreche da auch und gerade von moralischen Leistungen. Wir guten Menschen, wir.

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Roman

Thomas Glavinic – Wie man leben soll

Dies ist der Moment, in dem einem bewusst wird, wie gern man irgendwo dazugehören würde. Egal wo. Zu den gehenden Tänzern, zu den breitschultrigen Türstehern, zu den beliebten Barkeepern. Zur Gewerkschaft der Brillenträger, zur Zunft der Rothaarigen, zur Liga der Linkshänder. In diesem Moment spürt man, wie allein man in der Welt steht, und wie gern man Teil eines größeren Ganzen wäre.

1. Beobachtung: Selten hatte ich bei einem Buch so eine Schwierigkeit, Tags zu finden, die den Inhalt des Buches irgendwie sinnvoll beschreiben.

Rückschau: Warum kam ich überhaupt zu diesem Buch? [Im vergangenen Jahr, dachte ich …] schon 2011 erschien der Film von David Schalko, in dem neben vielen Größen der österreichischen Filmszene (wie Manuel Rubel, Maria Hofstätter und der von mir sehr verehrte Michael Ostrowski) auch die Tochter einer guten Freundin mitspielt: Julia Jelinek. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich den Film noch immer nicht gesehen habe und daher auch nichts zur filmischen Umsetzung des Romans sagen kann. Wird nachgetragen, falls ich jemals dazu komme.

Wenn man sich am 24. Dezember an den Tisch setzt, besteht der Weihnachtssschmaus wie eh und je aus Spaghetti Bolognese mit Kartoffelsalat. Da Tante Kathis Kochkünste seit den kargen Tagen des Zweiten Weltkriegs keinerlei Wandlung unterworfen wurden, sind die Nudeln eine breiige Masse, über der eine puddingartige Substanz zittert, und der Kartoffelsalat erinnert auch nur entfernt an die Qualität jenes im Jack Point.

Durch eine andere Crossover-Begegnung (Karte und Gebiet von Michel Houllebecq in der Garage X, das Buch möchte ich möglichst bald lesen, um die Theatererfahrung mit der Literaturerfahrung zu vergleichen) kam ich darauf, hierzu mal das Buch zu suchen und war dann so erstaunt, dass es von Thomas Glavinic ist, dass ich in der Onleihe gleich auf Ausleihen klickte. Zu diesem Thema später mehr …

Im Leben gelangt man immer wieder an einen Punkt, an dem man mit seinem Freundeskreis unzufrieden ist, neue Gesichter und neue Ansichten kennenlernen will, denn der Mensch ist von Natur aus neugierig.

Das Buch selbst erzählt die Entwicklung von Charlie Kolostrum, der sich von einem schüchternen, lüsternen Teenager zu einem kaum weniger hilflosen, lüsternen Erwachsenen entwickelt. Seine positivste Eigenschaft ist das stoische Hinnehmen aller Irren und Wirren, die ihm das Leben in Form seiner Freunde, Familie und dem Zufall so hinwirft. Dass er dabei versehentlich zwei Familienmitglieder und schließlich seine Freundin durch mehr oder weniger Unfälle verliert, wird so harmlos erzählt, als wäre nur ein Erdäpfel vom Teller gerutscht.

Ringsherum stehen Paoletta und andere Leute und tuscheln. Laura beißt sich auf die Lippen. Als sie sieht, wie man von anderen Frauen umlagert wird, läuft sie herbei. Man kommt in die Zeitung, weil aufgedeckt wird, Boban sei ein gesuchter Verbrecher. Das Fernsehen ruft an …

Im Lauf des Buches fragte ich mich immer wieder, ob wohl all diese Tagträume, mich denen sich Charlie schon in der Schule und später im Taxi die Zeit vertreibt, im Film wohl szenisch umgesetzt wurden. Müsste eigentlich verlockend für einen Regisseur sein, hier so richtig aufzudrehen und alles extrem überzeichnet zu interpretieren. Immer wieder hatte ich das Gefühl, dass dieses Buch nicht so richtig zu Thomas Glavinic passt, viel zu plastisch ist noch meine Erinnerung an Das Leben der Wünsche und Die Arbeit der Nacht. Doch natürlich drückt sich dadurch nur die Vielseitigkeit des Autors aus, mit Charlie Kolostrum hat er einen vollkommenen Antihelden geschaffen, wo sein Jonas aus den anderen Büchern zwar schwache Seiten hat, aber letztendlich doch vollkommen sympathisch wirkt.

Sollte ich jemals dazu kommen, den Film zu sehen, folgt ein Nachtrag.

Verspäteter Jahresrückblick

Gestern habe ich wieder das Album des vergangenen Jahres gehört und daher spontanes Mitteilungsbedürfnis über die Highlights von 2013 entwickelt. Daher hier eine kurze Zusammenfassung:

Überblick: Schon bevor der große Umbruch begann, hatte mir @pawaganak zu Ostern schon das Jahr der Veränderungen prophezeit. Und natürlich hat sie recht behalten. Von Mai bis zum Ende des Jahres war keine Ruhe mehr zu haben, eine Herausforderung jagte die nächste. Es fällt mir noch immer schwer, auf das Positive dieser Veränderungen zu fokussieren, weil vieles noch unklar ist und unsicherer als ich es gerne hätte.

Das Album des Jahres: Fast hätte ich nicht mehr damit gerechnet, nach „A Fire So Big The Heavens Can See It“ (2008) von Search The City nochmal etwas kommen würde. Das Release Datum von Flight (3. September 2013) hatte ich schon Monate davor im Kalender stehen und der vorab veröffentlichte Song The Runways lief den ganzen Sommer lang über Soundcloud. Mist, gerade bemerkt, dass auf der Wikipedia-Seite von Search the City das neue Album noch gar nicht vermerkt ist. Noch was zu tun …

Das Buch des Jahres: 5-3-6-5-4-4-6-2-4-2-3-3=47. 47 Bücher waren es also 2013, was eigentlich nicht so wenig ist, wie ich gefühlsmäßig geschätzt hätte. Beste Monate waren März und Juli, wobei dies auch daher rühren kann, dass ich mit dem Schreiben der Posts nicht mehr so konsequent gewesen bin, wie in anderen Jahren. Die Idee, überhaupt ein Buch des Jahres auszuwählen, kam aus dieser Ecke: Problems of a Book Nerd. Nach kurzem Durchschollen der Posts aus 2013 konnte ich mich zwischen zwei Werken nicht entscheiden: Jojo Moyes: Ein ganzes halbes Jahr (dessen englischer Titel Me Before You mich nach wie vor viel mehr berührt als der deutsche Titel) und Haruki Murakami: 1Q84.

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English Roman

James Frey – A Million Little Pieces

I turn and I slowly walk away and I don’t look back. It has always been a fault of mine, but it is the way I am. I never look back. Never.

Hätte ich bei diesem Buch vorher auch nur ansatzweise gewusst, worum es geht, hätte ich vermutlich nicht zugegriffen. Aber die Erinnerung an das andere Buch dieses Autors, das ich voriges Jahr gelesen hatte – Strahlend schöner Morgen, nach wie vor würde ich diesen Roman beinahe jedem empfehlen – und der Titel, der mich gerade in diesem Moment auf eine besondere weiße angesprochen hatte, ließen mich blind auf „Jetzt kaufen“ klicken.

Dieser Roman ist autobiografisch geschrieben, er wird erzählt aus der Perspektive des 23-jährigen James Frey. Natürlich hat mich auch interessiert, ob er da wirklich aus seinem eigenen Leben schreibt. Die Wikipedia meint hierzu, er hätte zwar Erfahrungen mit Drogensucht und Entzug gemacht, jedoch hätte es auch Zweifel an der Authentizität der beschriebenen Erlebnisse gegeben. Mein erster Gedanke wäre zu diesem Thema, dass man sich Teile der grausamen Geschichten, die in A Million Little Pieces erzählt werden, nicht ausdenken kann oder nicht ausdenken möchte. Andererseits mag auch hier schlicht und einfach eine Melange aus eigenen Erlebnissen und den Geschichten anderer die Grundlage ergeben haben. Gefühlsmäßig würde ich annehmen, dass jeder Autor so arbeitet, zum Vorwurf machen kann man es wohl nur, wenn der Autor tatsächlich behauptet, er hätte alles erlebt. Doch so ist A Million Little Pieces nicht erzählt.

Will this song exist when the beating stops. Will one stay when one is gone, can one live without the other. Does it matter. It does. I have to believe in something. It is holding me together.

James landet als komplettes Wrack in der besten Entzugsklinik Amerikas. Er trinkt sich seit Jahren täglich ins Koma und hat auch bereits mit jeder anderen erhältlichen Droge Erfahrungen gemacht. Nach einem Sturz von der Feuertreppe ist sein Gesicht verletzt, einige Zähne sind an- oder ausgeschlagen. Unfähig, irgendwelche Entscheidungen zu treffen, lässt er den Entzug über sich ergehen. Die dramatischen Ergebnisse der ärztlichen Untersuchung lassen James vorerst nachdenklich werden: wenn er mit seinem bisherigen Leben weitermacht, hat er keine 3 Monate mehr zu leben. Verlässt er die Entzugsklinik jetzt, kann er sich auch direkt ins Grab legen. Ein harter Schlag auch für James Eltern, die vom Ausmaß des Drogenkonsums ihres Sohnes bisher nichts wussten.

We have to hold on to what we have left. Fight for it. Cherish it. Try to survive it. Try to love it.

Weniger die tatsächlichen Erlebnisse in der Entzugsklinik sind das Spannende an diesem Roman. Vielmehr ist es der Einblick in die Gefühlswelt eines Süchtigen. In knappen Worten beschreibt der Autor den Rausch der Sucht, the fury, wie James es für sich nennt, die nahezu unüberwindbare Kraft, die ihn antreibt, die ihn nach einem Drink lechzen und vom Drogenrausch träumen lässt. Der Autor schont den Leser nicht, James komplexe Gefühlswelt gegenüber seinen Eltern und schließlich Lilly, in die er sich verliebt und die er in weiterer Folge entgegen aller Vorschriften retten wird, nachdem sie die Klinik verlassen hat.

When I see you the World stops. It stops and all that exists for me is you and my eyes staring at you. There’s nothing else. No noise, no other people, no thoughts or worries, no yesterday, no tomorrow. The World just stops, and it is a beautiful place, and there is only you. Just you, and my eyes staring at you.

Wenn man die Perspektive erweitert, geht es natürlich nicht um den Entzug an sich. Zu Beginn sieht James keinen Grund, am Leben zu bleiben. Mit jedem Tag fällt ihm das Leben leichter, er entscheidet sich für einen Versuch. Und findet schließlich alles, wofür es sich zu leben lohnt: Freundschaft und Liebe. Er entscheidet sich für das Leben.

I know I am strong. I know I am strong enough to confront what I fear and I know I am strong enough to hold on until the fear goes away. I believe this in my heart.

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Reise Roman

Edgar Rai – Nächsten Sommer

„Was du nicht begreifst, Bernhard, und vermutlich nie begreifen wirst, ist, dass Gefühle ihren eigenen Verstand besitzen.“

Sommerbücher müssen her. Oh, ein Roadmovie, also ein literarisches. Das nehm’ ich. Ich hatte schon immer eine Schwäche für Roadmovies. Die große Freiheit, das Unterwegs-Sein, mit Freunden die Welt entdecken hat schon immer einen besonderen Reiz auf mich ausgeübt. Vermutlich schon allein deshalb, weil ich mich unterwegs nie so fühle wie die Menschen in den Büchern und Filmen … es ist mehr ein Zustand des entspannten Reisens, den ich gern mal erreichen würde. Leider bin ich auf Reisen nie entspannt. Ständig muss man Entscheidungen treffen, was man als Nächstes macht, wo man essen geht, was man essen soll, wo man überhaupt als Nächstes hingeht … das alles ohne die vertrauten Anhaltspunkte des eigenen Goldfischglases. Verstärkt wird das Ganze noch im Ausland ohne entsprechende Sprachkenntnis. Erst kürzlich in Italien erlebt … keine entspannte Reise.

Umso mehr genieße ich dann das mehr oder weniger entspannte Reisen der vier Freunde, die sich aufmachen, weil Felix von seinem Onkel dessen Haus in Südfrankreich geerbt hat. Spontan beschließen sie die Reise. Spontan stößt die spröde Lilith zu ihnen. Spontan springen sie in einem Canyon in einen Bergsee, aus dem sie dann nur mit knapper Not vom Macho Jürgen gerettet werden. Turbulent geht die Reise weiter, alle Beteiligten lernen dabei etwas über’s Leben. Felix arbeitet die schwierige Beziehung zu seinem Vater auf, das Endergebnis ist ein Schach-Showdown um das Haus.

Ein herrliches Roadmovie. Man möchte sich sofort selbst mit Freunden in einen klapprigen Bus setzen und einfach losfahren. Da es in echt sowieso nie so schön ist, wie man es sich vorher ausgemalt hat, kann man auch gleich zuhause bleiben und lieber ein gutes Buch genießen. Oder?

Love is the answer, at least
For most of the questions of my heart.

Why are we here, and where do we go,
And how come it’s so hard?

(Jack Johnson)

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Roman

Jojo Moyes – Ein ganzes halbes Jahr

Es ist einfach diese Sache, die man am Muttersein erst versteht, wenn man eine ist: Man sieht nicht den erwachsenen Mann vor sich – den unrasierten, stinkenden, rechthaberischen Sprössling –, mit seinen Strafzetteln, ungenutzten Schuhen und einem komplizierten Liebesleben. Sondern man sieht all die Menschen, die er je war, in einem.

Ein spontaner Kindle-Buch-Kauf ließ mich zu diesem Roman aus der aktuellen Bestenliste greifen. Ich gestehe: ich hoffte wiederum auf einen belanglosen Liebesroman (das Cover schaut aber auch dermaßen schmetterlingsmäßig verliebt aus …) Natürlich kam es wiederum anders. Schnell wurde mir klar, dass hier ernste Themen behandelt werden. Auf eine gute und verständliche Art.

Louisa hat schon genug eigene Probleme. Sie unterstützt ihre Eltern und ihre alleinerziehende Schwester durch ihr Einkommen im Café. Als sie diesen Job überraschend verliert, steht sie hilflos da. Keine Ausbildung, kein Job in ihrer Kleinstadt, den sie machen könnte. Doch dann wird sie von der reichen Mrs. Traynor als eine Art Gesellschafterin für ihren Sohn eingestellt. Will sitzt seit einem schweren Unfall im Rollstuhl und kann sich kaum noch bewegen, muss rund um die Uhr betreut werden. Und hat jeden Lebenswillen verloren. Nach einem schwierigen Start finden die beiden einen Zugang zueinander. Bis Louisa zufällig mitbekommt, dass Will bereits einen Termin in einem Zentrum für Sterbehilfe hat. 6 Monate hat er seiner Familie versprochen, zu warten.

Es war, als hätte sich alles verschoben, sei zersplittert und hätte sich zu einem anderen Muster zusammengefügt, das ich kaum wiedererkannte.

Es ist der lockere Ton, die Klassenunterschiede, der Zynismus, mit dem Will und Louisa die Welt betrachten, der das Buch nicht in die Traurigkeit und die Aussichtslosigkeit ihrer beider Situation abgleiten lässt.

Bei den Hochzeiten, zu denen ich normalerweise ging, mussten die Familien der Braut und des Bräutigams getrennt sitzen, weil die Gefahr zu groß war, dass sonst jemand gegen Bewährungsauflagen verstieß.

Louisa stellt sich schließlich der Aufgabe, Will von seinem Plan abzubringen. Will selbst findet eine Beschäftigung darin, Louise herauszufordern. Dass sie ihre Stadt nie verlassen hat und ziellos durchs Leben geht, kann er nicht akzeptieren. Sie schließen Freundschaft. Louisa hat Hoffnung, Will findet stückweise wieder Gefallen am Leben und scheint sich besser und aktiver zu fühlen.

Zum ersten Mal in meinem Leben versuchte ich, nicht über die Zukunft nachzudenken. Ich versuchte einfach nur zu sein, die Empfindungen dieses Abends durch meinen Körper wandern zu lassen.

Mich hat sehr berührt, wie einfühlsam die Autorin Louisas Unsicherheit beschreibt. Sie fragt sich ständig, ob sie wohl das Richtige tut. Obwohl sie eine selbstbewusste Person mit ausgefallenem Kleidungsstil ist (die Bienenstrumpfhosen sind ein wundervolles Symbol), zweifelt sie ständig an sich selbst. An ihrer Persönlichkeit, an ihren Fähigkeiten, ob sie das Richtige tut. Eine Antwort erhält sie natürlich nicht. Denn man kann bekanntlich nie wissen, ob man das Richtige tut. Man kann nur tun, was man im Moment für das Richtige hält und hoffen, dass es das Richtige war oder dass es sich später irgendwie korrigieren lässt.

Richtig gepackt hat mich die Geschichte aber erst gegen Ende. Doch dann bin ich einen ganzen Tag lang im Büro gesessen mit dem Gedanken, „ich will in mein Buch zurück“. Es gab noch einen anderen Gedanken, der mich an diesem Tag gepackt hielt, aber er war bei weitem nicht so hartnäckig, wie die Frage, wie es mit Louisa und Will weitergehen wird. Es ist schwierig, einen Abschlusssatz zu finden, der nichts über das Ende verrät. Daher muss ich mit einer Plattitüde schließen: Es gibt Hoffnung. Auch in den dunkelsten Momenten unseres Lebens.

Du sollst ein unerschrockenes Leben führen. Fordere dich heraus.

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Klassiker Roman

Charles Dickens – David Copperfield

And now I fell into a state of neglect, which I cannot look back upon without compassion. I fell at once into a solitary condition,– apart from all friendly notice, apart from the society of all other boys of my own age, apart from all companionship but my own spiritless thoughts,– which seems to cast its gloom upon this paper as I write.

Charles Dickens also. Nachdem ich hiermit endlich durch bin, kann ich wohl sagen, er ist einfach nichts für mich. Weltliteratur – ja, vielleicht. So viele Vorleser können schließlich nicht irren. Und retrospektiv betrachtet, verstehe ich jetzt auch, warum John Irving in Gottes Werk und Teufels Beitrag seinen Dr. Larch den Waisenbuben daraus vorlesen lässt (der aktuelle Anlass für mich, diesen Wälzer endlich aus dem Regal zu nehmen). Aber für mich scheint der einfach nicht zu passen. Charles Dickens als Autor, meine ich. Das zeigte sich schon mit Große Erwartungen. Vor langer Zeit gelesen, Film gesehen, Theaterstück gesehen (im Renessaincetheater, erinnere mich nicht mehr genau, wann) und doch mit der Geschichte niemals warm geworden. Ähnlich ging es mir mit Oliver Twist.

But the agony of the mind, the remorse, and shame I felt, when I became conscious next day! My horror of having committed a thousand offenses I had forgotten, and which nothing could ever expiate – my recollection of that indelible look which Agnes had given me – the torturing impossibility of communicating with her, not knowing, beast that I was, how she came to be in London, or where she stayed – my disgust of the very sight of the room where the revel had been held – my racking head – the smell of smoke, the sight of glasses, the impossibility of going out, or even getting up! Oh, what a day it was!

Aber nun zu David Copperfield. Schon als Junge lernt er die Härten des Lebens kennen, sein Vater verstorben, seine Mutter erliegt einem Tyrannen, der sie psychisch schließlich bis in den Tod foltert und den jungen David dann schnellstmöglich los wird. So landet er auf sich selbst gestellt in London und arbeitet sich Stück für Stück hoch zum bekannten Autor. Dabei kann er immer wieder auf die Hilfe des bis zuletzt glücklosen Mr. Micawber zählen. Sein ehemaliger Schulkollege Steerforth führt David auf Abwege und entführt schließlich das Mädchen Emily, die David wie eine Schwester nahesteht. Der Schrecken seiner Jugend, Uriah Heep, verfolgt Copperfield lange Zeit, doch letztendlich findet er seine gerechte Strafe. Seine Jugendfreundin Agnes steht ihm stets zur Seite, auch, als er sich in Dora verliebt, ein pink aufgerüscheltes, dummes Blondchen, das sich nach der Heirat als äußerst unfähige Hausfrau erweist.

I had always felt my weakness, in comparison with her constancy and fortitude; and now I felt it more and more. Whatever I might have been to her, or she to me, if I had been more worthy of her long ago, I was not now, and she was not. The time was past. I had let it go by, and had deservedly lost her.

Was ich gerade so kurz zusammenfasse, zieht sich über viele 100 Seiten, oft steht die altmodische englische Sprache einem einfachen Verständnis des Geschehens im Weg (jaja, mein eigenes Problem, ich weiß), oft bringen auch die altmodischen Gesellschaftsdiktate der damaligen Zeit durcheinander. Ich will mich nicht aufschwingen, zu behaupten, Dickens wäre nicht mehr zeitgeistig, aber für mich war es das mit ihm. Die Plage, diese 716 Seiten im englischen Original zu lesen, war lang und oft wollte ich es bleiben lassen. So sollte Lesen eigentlich nicht sein, daher wende ich mich in nächster Zeit erfreulicherer Literatur zu. Mein Kindle-Archiv ist bis Auf 1Q84 leer und daher müssen dringend Bücher gekauft werden. Und der Büchereiausweis verlängert … für mehr Lesespaß 2013!

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Roman

Arno Geiger – Alles über Sally

Vielleicht stimmte es, dass alles Friedliche eine unruhige Vergangenheit besitzt. Vielleicht wussten sie es nur nicht, weil wie so dumm waren wie das Leben selbst.

Wenn der Weihnachtsstress hereinbricht, kann einem diese Onlinebücherei ganz schön Stress verursachen … gerade hab ich’s noch geschafft, das Buch zu beenden, bevor es vorweihnachtlich verschimmelt. Und das noch mit einem unerwarteten Bug. Die Erstdatei mit allen meinen Bookmarks hat sich vor der Zeit selbst zerstört und daher sind meine ganzen Notizen und Highlights weg. Immerhin konnte ich es nochmal runterladen und wenigstens noch die letzten 15 Seiten lesen. Ich sah mich schon in der Buchhandlung stehen und dort zu Ende lesen …

Also … alles über Sally. Arno Geiger ist auch einer dieser österreichischen Autoren, die in den vergangenen Jahren so gehypt wurden, dass ich schon mal prinzipiell skeptisch bin, sie könnten abgehoben und metaphorisch sein, sodass man nichts versteht (mit Clemens J. Setz’ Söhne und Planeten konnte ich beispielsweise überhaupt nichts anfangen). Bei „Alles über Sally“ ist sich der Einstieg bei weitem nicht so kompliziert und auch wenn sich Sally oder ihr Mann Alfred manchmal in etwas zu ausgedehnten Grundsatzmonologen verlieren, wird es doch selten langweilig.

Arno Geiger zeichnet die Ehe von zwei gealterten Menschen, die in ihrer Jugend aus dem Establishment ausbrechen wollten (wollten wir das nicht alle?), die dann aus einem niemals thematisierten Grund den traditionellen Weg Heirat-Haus-Kinder einschlagen und 20 Jahre später ernüchtert feststellen, dass ihre Ehe unter der Last der Zeit zerbröselt. Während Alfred sich selbst versichert, alles nochmal genauso machen zu wollen, träumt Sally von Freiheit und fragt sich, ob sie nicht mehr vom Leben haben hätte können. Beide haben Affären, beide wissen von den Affären des anderen, beide wähnen sich in Sicherheit, beide schweigen.

Bedrückend ist die Realitätsnähe, die man auf jeder Seite spüren kann. Dieses Paar könnten unsere Nachbarn sein, dieses Paar könnten wir aber auch selbst noch werden, dieses Paar könnten wir gewesen sein (je nach Alter). Dieses junge, lebensfrohe Paar könnten wir gewesen sein wollen. Und doch steht niemals eine Trennung von Sally und Alfred wirklich im Raum. Sie hängen aneinander, an der Sicherheit, die sie sich gegenseitig geben. Vielleicht ist es diese Sicherheit, die eine Ehe ausmacht, die viele Ehen am Leben hält, während andere auseinandergehen. So schenkt ihnen der Autor auch zum Abschluss einen versöhnlichen, nachweihnachtlichen Moment der Stille.

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Roman

Thomas Glavinic – Das Leben der Wünsche

Vielleicht lag es an ihm. Vielleicht war er zu oberflächlich, um die essenziellen Komponenten der Dinge zu erfassen, die über die philosophischen Seiten der Liebe hinausgingen. Aber dann war es eben so. Sein Intellekt bescherte ihm weder Sinn noch Antworten. In der Liebe zu Frauen lag Sinn und lag das Gefühl einer Antwort. An manchen Tagen, in mancher Minute fühlte er eine Antwort. In Marie zu sein war eine Antwort. In einer Frau, in die er verliebt war, hörte er leise das Universum. In einer Kirche nicht.

Jonas wird auf der Straße von einem Mann angesprochen, der ihm drei Wünsche offeriert. Jonas will ihm nicht glauben, fühlt sich gepflanzt. Schließlich wünscht er sich, zu verstehen. Was er zuerst als harmlose Episode abtut, erweist sich bald als alles verändernder Schnitt in seinem Leben. Jonas stürzt ihn eine Zeit, die ihm alle möglichen menschlichen Emotionen auftischt. Doch versteht er?

Er hob ab. Es ging leicht. Raum, Zeit, Materie waren nichts und eins, und in der Sekunde darauf war er die Zimmerdecke.
Er war Mauer, Fugen, Staub. Obwohl er alles sah, was sich unter ihm befand, hatte er das Gefühl, seine Augen seien geschlossen, ja, in Wahrheit hatte er das Gefühl, keine Augen zu haben. Statt Hitze oder Kälte fühlte er eine Verbindung mit dem Haus und mit den Dingen. Er roch nichts außer sich selbst, den freundlichen Geruch von Stein. Unter ihm das leere Bett. Der Schrank. Der Teppich. Der Nachttisch. Das Fenster. Die Tür. Elemente einer Ordnung, die ihm nun wohlgesinnt war.

Jonas verliert seine Frau. Jonas verliert schließlich auch seine Geliebte. Und bekommt sie zurück.

Nicht Problem, ich finde es schade. Schade, dass nicht die ganze Welt, alle sechs oder sieben Milliarden Menschen, eine Sekunde zugleich bewusst erleben kann. Sagen wir, jedes Jahr am neunten April um zwölf Uhr mittags mitteleuropäischer Zeit besinnen sich alle auf das, was sie gerade tun, verbringen diese Sekunde ohne Ablenkung, denken sich: Das ist hier und jetzt. So ist es, so wird es gewesen sein.

Diese Passage erinnert leicht an Flash Forward (warum diese Fernsehserie nicht weiter produziert wurde, ist mir nach wie vor nicht klar). Irgendwie lässt sich bestimmt auch eine Parallele zu 9/11 drehen. Weil ja jeder weiß, wo er war, als er gehört hat, dass ein Flugzeug ins World Trade Center gerast ist. Auch wenn es nicht in einer Sekunde passiert ist.

Aus dem Nichts, auf schnurgerader Landstraße brach wieder das kurze Gefühl von Entfremdung über ihn herein, das dem Weltverlust voranging. Im Moment darauf schwebte er in haltlosem Nichts.

Das Tempo wird schneller. Seit er mit Marie unterwegs ist, brechen die Erkenntnisse nur so über ihn herein. Und er wird auch langsam misstrauisch und wünscht sich die Gesundung seiner Freundin Anne, die an Krebs im Endstadium leidet. Wird er am Ende selbst sterben müssen? Gibt es am Ende nur mehr das eine, was man verstehen kann?

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Roman

Molly McCloskey – Wie wir leben

Aber natürlich war genau das ihr Problem. Sie wusste nicht, wie sie sich fühlte. Sie wusste lediglich, dass sie nicht länger beurteilen konnte, wie glücklich oder unglücklich sie war, wie glücklich sie sein sollte oder wie glücklich alle anderen waren.

Alltag in allen seinen Facetten. Dieser Roman beleuchtet das Leben einer irischen Familie, Mutter Gillian, Vater Damien und Tochter Heather. Die Ehe von Gillian und Damien kriselt, Gillian hatte eine Affäre, Damien weiß davon, hat jedoch nichts unternommen. Heather hingegen erkundet mit ihren jugendlichen Bekanntschaften die erste Liebe und Sexualität.

Neben diesen banalen Liebesangelegenheiten werden aber auch schwierigere Lebensabschnitte thematisiert. Gillian hat nicht nur als Kind ihre Eltern bei einem tragischen Unfall verloren, ihre Tante Grace, bei der sie danach aufwuchs, erkrankt an Alzheimer und vergisst sich Stück für Stück selbst. Als sie stirbt, erkennt Gillian ihre eigene Angst vor dem Vergessen und sucht Zuflucht bei einem umstrittenen Medikament, das das Gedächtnis stärken soll.

Damien arbeitet an einem kritisierten Tourismusprojekt. Es beinhaltet die Erhaltung eines „authentischen“ irischen Dorfes durch Bewohnen desselben von Laiendarstellern, die sich teils selbst spielen, teils den „authentischen“ irischen Dorfbewohner darstellen sollen. Daraus ergibt sich für Damien schließlich selbst eine Identitätskrise.

Die drei Protagonisten suchen sich inmitten ihres Alltags selbst und wissen nicht, was sie glücklich macht und wie sie mit ihrem Leben weiter verfahren sollen. Immer wieder stellt sich ein warmes Gefühl des Verständnisses ein, denn wer zweifelt nicht hin und wieder an seinen eigenen Entscheidungen und Lebensrealitäten? Einerseits langweilig, weil man alles aus seinem eigenen Leben zu kennen meint. Aber dann auch wieder tröstlich, weil ein Solidaritätsgefühl in harten Zeiten wärmt. Und schließlich die Erkenntnis: Jeder gestaltet sein Leben selbst.