Categories
English Erfahrungsbericht Sachbuch

Gretchen Rubin – The Happiness Project

Herbstblaetter(c)jamie84/SXC

Be happier. We all want to be more happy but what do you do to achieve that? Gretchen Rubin took an analytical approach and tried to identify areas in her life where happiness improvement might be possible. She starts her year of happiness by decluttering her life. So the first chapter didn’t have much news for me. There’s not that much clutter in my life and I’m used to ask myself, if I really need that. I seldom keep items of clothing that I don’t wear (anymore) and I don’t buy items that I can only wear “on a special occasion”. Of course it’s fine to see that I don’t struggle with a topic that so many people consider a problem.

February tackles the subject of marriage which is currently not a topic for me either. But the thought of accepting your partner or friends with all their problems and bad characteristics made me think. You can and should do that with your partner (wife or husband) and of course your children, but one cannot do that with every person you have to deal with in real life. I tried to accept my clients and the aspects of their personality that sometimes fall on my nerve. But it’s just not possible to accept it if you get treated unfair. You cannot accept everything that people throw on you, sometimes you need not only „fight right“ but also fight for your right. You can’t do that by always being friendly. This won’t work in real life. Others won’t play by your lovely happiness rules. Sometimes you will have to show your teeth.

He didn’t want to spend hours pumping up my self-confidence. He was never going to play the role of a female writing partner and it wasn’t realistic to expect him to do it.

This might be a worthy fact for life: No man wants to do that. Men want to have a female partner that already has self-confidence and isn’t addicted on getting compliments all the time. Gretchen Rubin accepts the fact that it’s important for her to get praise for the things she does for her family. „Earning gold stars“ is an interesting term and it also shows that not only children can be baited into doing things but adults are also very much interested in praise for their work and life. I guess it should be easier to praise yourself sometimes.

It makes me sad for two reasons. First, it makes me sad to realize my limitations. The world offers so much! – so much beauty, so much fun, and i am unable to appreciate most of it. But it also makes me sad because, in many ways, I wish I were different. … But it doesn’t matter what I wish I were like. I am Gretchen.

This part really made me think. I compare myself and my life with other people far to often. Many people my age already have marriage, house, children. But it doesn’t matter that I don’t have that because I have a job I love and the freedom to explore life my own way.

Gretchen Rubin also mentions that she will never be an astronaut. I never wanted to be an astronaut but this is comparable with my frustration when I found out that I will never be able to read all books in the world or find all geocaches in the world (not even all in Vienna will be possible). You can do anything you want but you can’t do everything. I will someway be able to find that one mystery cache I’m struggling with and I will someday find that GCQRZK (which is kind of a Nemesis for me). I realized that I always loved the thought of being styled in an extravagant way but I was never feeling comfortable when I was wearing extravagant clothes or makeup. This is just not myself. I’m wearing jeans and black shirts all year and that’s how I’m feeling well.

It’s definitely a good idea to start thinking about happiness and explore ways to find more happiness in your everyday-life. Happiness won’t come to you, you have to make yourself feel better.

Weitere Informationen:
The Happiness Project – Blogfem.com

Categories
Roman

Florian Illies – Generation Golf

Golf_(c)_Rainer-Sturm / PIXELIO

Zu Ikea rückt man vorzugsweise paarweise an, um den Anblick der tausend anderen jungen Paare besser zu ertragen, die wahrscheinlich verliebt bis über beide Ohren über die notwendige Matratzengröße debattieren und darüber, ob sie nun das Bett Gutvik kaufen sollen oder doch eher den Narvik. … Wer übrigens wissen möchte, wie junge Generation-Golf-Paare ihre Kinder nennen, muss nur an einem beliebigen Samstag den Lautsprecheransagen eines beliebigen Ikea-Kaufhauses lauschen.

Streng genommen dürfte ich wohl etwas zu jung für die Generation Golf sein, aber da die Generationsgrenzen ja kaum so klar abgegrenzt und abgesteckt sind wie Jahrhunderte und Jahrtausende, gehört mein Jahrgang vermutlich zu den Ausläufern. Aber wer einen Teil seiner Jugend in den 80ern und 90ern verbracht hat, erkennt in jedem Fall so manche Anekdote wieder. Das fängt an bei IKEA und hört auf bei der weiblichen Emanzipation. Dieser Generation verdanken wir die heutige Frauensituation, die zusätzlich zur Hausarbeit und Kindesaufzucht inzwischen oft auch noch die Brötchen verdienen. Aber wir wollen hier nicht zynisch sein.

Mit dem Gesundheitswahn der neunziger Jahre begann der Aufstieg des Wassers zum beliebten Grundbaustein unseres stilistischen Gesamtkunstwerks. … Dann lernten wir, beim Italiener nicht einfach Wasser zum Wein zu bestellen, sondern ganz dezidiert San Pellegrino.

Dieser lustige Wasserkult erinnerte mich hauptsächlich an ein Musical, das vor ein paar Jahren seine Uraufführung bei den Stockerauer Festspielen feierte, Stockerau aber (meines Wissens) niemals verließ. Dazu findet man nicht mal besonders viel im Internet, aber um ehrlich zu sein, möchte ich mir jetzt auch nicht die Mühe machen, den Inhalt nachzuerzählen, es hat sich nicht als großer Wurf erwiesen. Hier eine kurze Erklärung der Musicalzentrale.

Die Suche nach dem Ziel hat sich erledigt.

Das sollte man sich öfter durch den Kopf gehen lassen, egal, welcher Generation man sich zugehörig fühlt.

Categories
Roman

William Riviere – Kate oder Caterina

Wintergipfel(c)Karl-Heinz-Laube/PIXELIO

Und dann fühlte er es – dieser grauhaarige Mann, der auf seiner Mistgabel lehnte und in die züngelnden Flammen seines Feuers sah. Er fühlte die Schnelligkeit der Zeit in seinem brennenden Leben, so schnell, wie die Goldfinken durch den verregneten Nebel schossen. Und er fühlte die Langsamkeit der Zeit, Zeit, die so unermesslich langsam war; Zeit, die ihn wie eine tiefe Flut aus der Ewigkeit umspülte und ihm alles brachte; Zeit, die weiterfließen würde und ihn auffüllte mit Bewusstsein – und noch immer steig die Rauchsäule zum Himmel.

Leider muss ich voranschicken, dass das Eindeutigste an dieser Rezension sein wird, dass ich mich fürchterlich gelangweilt habe. Schon lange musste ich mich nicht mehr so durch ein Buch durchquälen. Es lässt sich nur schwer definieren, dass eine Geschichte aus dem zweiten Weltkrieg in Italien, mit einer zerrissenen Familie, einer Frau, die sich nach ihrem Mann verzehrt, der zuerst als politischer Gefangener hinter Gittern landet und danach mit den Partisanen in den Bergen verschwindet, so langweilig sein kann. Es passiert eigentlich genug, aber erzählt wird es durch die Emotionen der beteiligten Personen. Das geschieht aber wiederum in einer bemerkenswerten Emotionslosigkeit.

Denn selbstverständlich war zusätzlich das Unvermeidliche geschehen. Nach einigen dieser so weltlichen römischen Nächte hatte sie sich in fremden Zimmern wiedergefunden, mit Männern, die sie kaum kannte , beim ersehnten, kalten, nichts sagenden Geschlechtsverkehr.

Caterina betrügt ihren Mann während dieser im Gefängnis sitzt, das auch noch mit dem Feind und erwähnt wird dies so nebenbei, es scheint sie gar nicht weiter zu betrüben, gleichzeitig kann sie wohl ihrem eigenen Mann einen möglichen Seitensprung wohl kaum verzeihen. Diese Caterina ist eine überspannte Frau, die nicht weiß, was sie will und ihrem starken Mann kaum eine Stütze ist. Man hat kein Mitleid mit dieser schwachen Frau, die in ihrer Emotionalität versinkt und monatelang keinen klaren Gedanken zu fassen bekommt.

„Der Krieg, der hat ein eigenes Leben, ein Leben, das stärker ist als deines. Wir begannen zu verstehen, was es bedeutet, die totale Niederlage; was es für Italien bedeutete, keine eigene Armee mehr zu besitzen, wehrlos zu sein. Wir waren … Es waren wir, was unser Land nicht hatte; und das war nicht besonders gut.“

Natürlich ist es auf seine Art ein Epos gegen den Krieg, großteils ohne die Scheußlichkeiten des Krieges zu besprechen. Es zeigt wie eine Familie wegen des Krieges auseinanderbricht und das manche Menschen nachher nicht mehr dieselben sein werden. Leider ist es trotzdem quälend langweilig.

All diese Wunder! Ich kann nicht anders, als die Gewissheit zu verspüren, dass sie mir beide eines Tages für immer zurückgegeben werden. Entweder dies, oder aber ich lasse es zu, dass ich diese Vorzeichen nur zur Hälfte glaube, dann werden meine Gedanken ihren letzten Halt in dieser realen Welt verlieren.

So scheint es, als hätte Caterina schon lange den Halt in der realen Welt verloren. Auch der Gedanke, dass dieser Roman aus der Feder eines Mannes geflossen sein kann, erscheint mir befremdend. Zerrissenheit kann uns in Zeiten des Krieges aber auch in vielen anderen Situationen überfallen. Dieses Buch lässt hingegen keine zerrissenen Gefühle zurück sondern letztendlich nur Erleichterung.

Weitere Informationen: Fantastic fictionflipkart.com

Categories
Roman

Joey Goebel – Heartland

Wolkenkratzer(c)siepmannH/PIXELIO

Dass er in dem möblierten Häuschen hinter dem Herrenhaus seiner Eltern wohnte, rief Blue Gene eine Fernsehserie über schwer gestörte Kalifornier in Erinnerung. Ihm hatte die die Serie gefallen. Im Zentrum er Handlung stand ein Typ aus dem Armeleuteviertel, der irgendwie mit einer Reihe reicher Leute zusammenleben musste. Er beschloss aber, sie sich nicht noch mal anzusehen, weil sie zu sehr einer Soap glich und die Musik irgendwie schwul klang.
(Eine herrliche Charakterisierung der bekannten Serie OC California mit Ben McKenzie in der Hauptrolle und dem Titelsong „California“ von Phantom Planet)

Wieder einmal hat sich der Griff zu Joey Goebel als richtig erwiesen, er entfaltet seine amerikanische Familiengeschichte diesmal im gespaltenen Umfeld von Wrestling und Politik. Auch in diesem Roman zeigt er sein großes Talent für Personencharakterisierung, jede einzelne Figur in diesem Werk ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und in ihren Entscheidungen nachvollziehbar. Besonders deutlich zeigt sich dies naturgemäß bei der Hauptfigur Blue Gene, aber auch bei seiner späteren Flamme Jackie, die zu ihren Überzeugungen steht und damit letztlich sogar auf der widerlichen Politbühne eine gute Figur macht.

Auf Profi-Wrestling war Blue Gene seit seiner Kindheit versessen, und daran hatte sich nie etwas geändert. Er und Mitchell Gibson hatten irgendwann begonnen, sich gemeinsam sonntags morgens Wrestling in der Glotze anzusehen, damals in den glorreichen Tagen von Hulk Hogan und „Macho Man“ Randy Savage. Ihn faszinierte die Vorstellung, dass zwei Männer vorgaben, einander töten zu wollen, aber später im Umkleideraum darüber lachten, sich gegenseitig zu ihren guten Leistungen gratulierten und anschließend zusammen ein Bier trinken gingen.

Bis auf Seite 644 entspinnt sich ein Hin und Her zwischen Blue Gene und seiner Familie. Erst geht die Initiative von den Eltern aus, um Blue Gene hinzuzuholen, damit er seinen Bruder John beim Wahlkampf unterstützt. In weiterer Folge ergreift Blue Gene aufgrund der vielen Enthüllungen über seine Familie, mit denen er konfrontiert wird, selbst die Initiative und bringt sein Geld unter die Leute. Sein gemeinnütziges Projekt wird nicht nur von Jackie, die Blue Gene zu erobern hofft, begeistert aufgenommen, sondern auch von den vielen anderen Menschen, denen Blue Gene mit seinem Projekt Arbeit gibt. Doch wie so oft in der Politik, wird Blue Genes Projekt schließlich vom politischen Gegner seines Bruders zum Negativen verkehrt und muss letztendlich geschlossen werden (woran Blue Genes Vater Henry nicht unschuldig ist).

Jackie überredet Blue Gene eine Gegenbewegung auf die Beine zu stellen, sie selbst wird schließlich die Kandidatin und erreicht eine große Menschenmenge. Als sie John in einem Fernsehinterview bloß stellt, kommt es zum Äußersten. Es zeigt sich, wie weit Menschen bereit sind, zu gehen, wenn es um den Erwerb oder den Erhalt ihrer Macht geht. Als er keinen Ausweg mehr sieht, wirft John alle moralischen Bedenken über Bord und gibt den Auftrag, Jackie zu ermorden. Und das auch noch mit den Worten „Gott verlang das von Ihnen.“ Wäre dieser Mordversuch erfolgreich, hätte John Mapother bereits auf dem Weg in den Kongress mehrere Existenzen zerstört.

Von diesem Punkt an geht alles ganz schnell. Johns Sohn Arthur wird von einem Auto angefahren und landet im Wachkoma. Am Bett des verletzten Kindes nähert sich die Familie schließlich wieder an, besonders John und Blue Gene versöhnen sich in Liebe zu dem Kind. Die Wahlkampf ist schließlich unwichtig. Auch in Amerika geht die Familie über alles.

Weitere Informationen: sf magazineselsohrenBücher-Wiki

Categories
Roman

Anna Gavalda – Alles Glück kommt nie

Sprung ins kalte Wasser (c) Daniel Stricker / PIXELIO

Glück ist platt, abgeschmackt, boring, und immer auch anstrengend. Glück langweilt den Leser. Ist ein Liebestöter.

Der Griff zum Anna Gavalda-Roman hat sich bisher noch immer als Glücksgriff erwiesen. Und dieses Werk macht hier keine Ausnahme. Ich empfehle es sogar ausdrücklich als Anti-Stress-Therapie. Der spontane Effekt der Erleichterung beim Lesen auch nur weniger Seiten stellt sich zwar erst in der zweiten Hälfte der Geschichte ein, aber auch der erste Teil ist notwendig und kanns uns daran erinnern, dass unser eigenes Leben vielleicht nicht so schlecht ist, wie es uns manchmal erscheint. Gleichzeitig scheut sich die Autorin nicht, auch sich selbst auf die Schaufel zu nehmen, wie man im obigen Zitat erkennen kann. Sie erlaubt ihrem Protagonisten Charles Balanda, eine Art von Glück zu finden, zeigt aber auch deutlich, dass Glück im Alltag nicht so ist, wie es uns die Filme und Romane normalerweise zeigen.

Und sie. Sie. Sie sprach unentwegt vom Tod. Unentwegt. Um ihm zu trotzen, das Miststück fertigzumachen. Weil sie wusste, dass wir alle dran glauben müssen … Ihr Leben bestand darin, dies zu wissen, und darum musste man sich berühren, sich lieben, trinken, beißen, genießen und alles vergessen.

Wir sehen Charles Balanda hingebungsvoll scheitern. Der Tod von Anouk, einer Frau mit ganz besonderer Bedeutung für Charles wirft ihn gründlich aus der Bahn, wenn er auch äußerlich weiter zu funktionieren scheint. Ihr Tod wirft Fragen wieder auf, die Charles bisher unbeantwortet gelassen hat. Was ist aus der Freundschaft zu Alexis Le Men geworden? Warum überbringt er ihm die Todesnachricht auf diese unpersönliche Weise? Aber bevor sich Charles endlich mit der Beantwortung dieser Fragen auseinandersetzt, muss er erst in ein handfestes Burnout-Syndrom hineinfallen und vor einen Bus laufen.

Wer war diese Frau, die über eine Welt voller Phantome und Kinder herrschte, die sehr schöne Hände hatte und bei Einbruch der Dunkelheit glasklare Verse aufsagte?

Auf der Suche nach der Wahrheit über Alexis und Anouk trifft Charles auf Kate. Dann beschäftigt sich der Roman lange nur mit Kates Geschichte und ihrem Leben und hier fängt das Buch an, eine warme und aufmunternde Atmosphäre zu verbreiten, die mir nach so manchem Tag auf der Heimfahrt den Stress vergessen hat lassen. Daher der Verweis auf die Tauglichkeit als Anti-Stress-Therapie. Der vielbeschäftigte Architekt Charles lässt alles stehen und liegen, um für ein Wochenende in Kates Welt einzutauchen. Und zu bleiben.

Zu viel zu verraten, würde den Genuss verderben, und diesen Genuss kann ich nur jedem allerherzlichst empfehlen. Wer angesichts dieser Lektüre nicht glücklich oder zumindest zeitweise zufrieden auf sein eigenes Leben blicken kann, der kann sich immerhin Charles Balanda als Beispiel nehmen und erkennen, dass uns das Leben immer mehr als nur eine Chance gibt. Wir müssen sie nur erkennen und ergreifen.

Categories
Roman Unterhaltung

Ildefonso Falcones – Die Kathedrale des Meeres

Fisch(c)TiM-Caspary/PIXELIO

Während sie so sprachen, wurde es Nacht, eine sternenklare, laue Mittelmeernacht. Eine Weile saßen die drei still da und genossen die Ruhe und den Frieden in dem kleinen Gärtchen hinter Hasdai Crescas Haus. Schließlich wurden sie zum Essen gerufen, und zum ersten Mal, seit er bei diesen Juden lebte, sah Arnau in ihnen Menschen wie seinesgleichen, mit einem anderen Glauben, aber so gut und so mildtätig, wie es die frommsten Christen nur sein konnten. An diesem Abend aß er gemeinsam mit Hasdai und sprach, bedient von den Frauen des Hauses, ohne Bedenken den Genüssen der jüdischen Küche zu.

Das Buch erzählt die Geschichte von Arnau Estanyol, der bereits als Kind mit seinem Vater die Besitzungen seines Vaters verlassen muss. Als freier Bürger, aber arm, wächst er in Barcelona auf und arbeitet sich langsam als Bastaix in der Zunft hoch. Arnau erweist sich immer wieder als gerechter Mensch, der keine religiösen Vorurteile pflegt und stets das Beste in den Menschen sieht. So sehr im dies zur Ehre gereicht und ihm den Respekt der Bürger Barcelonas einträgt, seine früheren Verwandten und Bekannten verfolgen ihn rachsüchtig und bringen ihn schließlich vor die spanische Inquisition.

Ein spannend geschriebener historischer Roman, die perfekte Urlaubslektüre, wenn man gleichzeitig mit den Füßen in einem See baumeln kann. Oder abends im Hof sitzt bei einem kühlen Getränk.

Categories
Roman

Clemens J. Setz – Söhne und Planeten

Tropfen(c)Ilona Martin/PIXELIO

Wie alle Schriftsteller, die in der Gesellschaft von Frauen aufgezogen worden sind und die ihre Sexualität aus Lust und Notwendigkeit in ihr Werk integrieren, habe ich eine Art von selbstverständlicher Obsession für weibliche Verhaltensweisen, Körper, Beziehungen und Eigenschaften. Wahrscheinlich ist nichts weniger überraschend als diese Feststellung, denn jeder kann ja nur über die Dinge schreiben, die er am besten kennt.

Ich kann mich noch erinnern, dieses Buch auf die Wunschliste gesetzt zu haben aufgrund einer euphorischen Rezension in einer großen österreichischen Tageszeitung. Das Werk wurde als kreativ erzähltes Romanwerk beworben und bejubelt. Tatsächlich scheint es eher eines dieser Werke zu sein, dass die Buchkritiker schon allein deshalb bejubeln, weil sie sich nicht die Zeit nehmen, das Gewirr an episodenhaften Erzählungen tatsächlich zu hinterfragen.

Du sitzt im Bus und denkst nichts Böses, auch nichts Besonderes, schon gar nichts Poetisches. Plötzlich aber hebt hinter dir eine Frau ihr Mobiltelefon ab, seufzt und buchstabiert den geheimnisvollen Wortkomplex „Serotonin Reuptake Inhibitor“. Gleichzeitig fällt dein Blick durch das tropfenverschmierte Fenster auf einen Spielplatz, wo ein erwachsener Mann in kurzen Radlerhosen auf einer Schaukel sitzt und sich hin und her wiegt.

Viele der erzählten Begebenheiten sind poetisch beschrieben und lenken den Blick auf die Kleinigkeiten des Alltags, die man oft aus Hektik übersieht. Aber das große Ganze will sich von allein nicht entwickeln, die Teile passen einfach nicht zusammen.

Categories
Krimi Roman

Thomas Raab – Der Metzger muss nachsitzen

Wein(c)Marko Greitschus/PIXELIO

Nun liegt es in der Natur der Raucher, schon allein wegen ihrer alles anderen als reinlichen Sucht, dass sie leicht schmuddelige Räumlichkeiten einem gepflegten Büro vorziehen. Logisch, dass der Metzger nun mutterseelenallein in diesem sterilen Zimmer hockt.

Auch der österreichische Autor Thomas Raab hat einen sympathischen Krimihelden geschaffen, der allerdings im Vergleich zu Volker Kutschers Kommissar Gereon Rath so eigentlich gar nichts mit Verbrechen zu tun hat. Willibald Adrian Metzger ist Restaurator, militanter Nichtraucher und Weinliebhaber. Dem Wein spricht er schon mal ausgiebig zu und stolpert dann per Zufall über die Leiche eines ehemaligen Schulkollegen. Wäre nicht die Leiche verschwunden, als er mit dem Polizisten Pospischill – ebenfalls ein ehemaliger Schulkamerad – wiederkommt, würde das den Metzger nicht besonders betrüben.

Im Laufe dieses Romans muss der Metzger den sicheren Hafen seiner Werkstatt verlassen, um dem Geheimnis des Todes seiner Schulkollegen auf den Grund zu gehen. Dabei trifft er auf viele ihm wohlgesinnte Menschen und söhnt sich im Rahmen eines Klassentreffens mit den Schulkollegen aus, die ihm damals so zugesetzt haben. Den der ermordete Dobermann hat dem Metzger damals so manche Gemeinheit zugefügt. Rund um den toten verschwundenen Dobermann entwickelt sich ein kompliziertes Geflecht aus Geheimnissen, das der Metzger Stück um Stück aufdeckt, wobei er sich natürlich selbst zusehends in Gefahr bringt. Schließlich wird der militante Nichtraucher Metzger gerettet – durch eine Zigarre.

Ein großartiger Krimi, ganz in der Tradition von Wolf Haas, sprachlich deutlich österreichisch, mit Betonung auf die Eigenheiten unserer Gesellschaft, mit freundlichem, spitzbübischem Blick auf das Leben in diesem Land. Zugreifen!

Categories
Kurzgeschichten

Jostein Gaarder – Der seltene Vogel

Sprung übers Fahrrad am Flughafen Tempelhof

Eine Möglichkeit ist natürlich, einfach das Licht auszuknipsen. Der Zeitscanner wandert ja nicht mit der Lampe in der Hand durch die Dunkelheit. Sobald ich das Licht ausgeschaltet habe, kann mein Nachbar in meinem Schlafzimmer nicht mehr sehen als ich selber. Viele historische Morde sind noch immer unaufgeklärt aus dem einfachen Grund, weil sie im Dunkeln begangen wurden.

Jostein Gaarder überrascht mich immer wieder mit neuen Richtungen. Begonnen mit Sofies Welt über Das Orangenmädchen bis zu Vita brevis muss ich einfach bei jedem Buch dieses Autors zugreifen. Dieser Band von Erzählungen hat mich daher einen Tag lang durch Berlin begleitet. Dafür habe ich sogar meinen eigens vorausgewählten Berlinkrimi Volker Kutscher: Der nasse Fisch links liegen gelassen. Gerade als Reisebegleitung kann ich diese Erzählungen wärmstens empfehlen, da der dünne Band nicht beschwert, was man von den Themen der Erzählungen nicht gerade behaupten kann, diese werfen nämlich so einige Fragen auf.

Die Erzählungen bewegen sich in unterschiedlichen Richtungen, ein zentrales Thema kristallisiert sich aber mit der Zeit heraus. Fragen über die Entstehung des Lebens, die Entstehung des Universums, das menschliche Bewusstsein kehren ein ums andere Mal wieder. Das obige Zitat stammt aus einer der längeren Erzählungen, die ein düsteres Bild der Zukunft entwirft, in der die Menschen ihre Wohnungen nicht mehr verlassen, weil sie sich durch den „Zeitscanner“ die Geschichte auf ihre Bildschirme zaubern können. Da aber jeder nur mehr in der Vergangenheit herumsurft, entsteht keine neue Geschichte mehr. Jeder kann jeden beobachten, auch wenn dies kaum interessant sein dürfte, da niemand mehr etwas tut.

Wie ist es möglich, dass die Welt mir nicht zustimmt, wenn ich behaupte, es sei verrückt, hier zu sein? Was hat die Welt, das ich nicht habe? Was habe ich, woran es der Welt fehlt? Niemand, niemand sieht die Welt wie ich.

Ein Kunstkritiker wird von seinem Redakteur dazu aufgefordert, die Sonne zu rezensieren und verliert sich schließlich immer mehr in Fragen zur Entstehung und zur Bedeutung der Welt. Fragen, die sich die meisten Menschen nicht stellen, und wer sich damit beschäftigt, wird dann oft zum Außenseiter und Missverstandenen.

Gleich zwei Erzählungen drehen sich darum, wie Menschen damit umgehen, wenn sie erfahren, dass sie todkrank sind und nicht mehr lange zu leben haben. Für Jenny führt dies zu einer Buddha-artigen Nirwana-Erfahrung, während Jonny einen Porzellanladen kurz und klein schlägt. Was geht vor in einem Menschen, der von der eigenen Sterblichkeit überrascht wird? Wird unsere Zeit wertvoller, wenn wir wissen, dass uns nicht mehr viel davon bleibt?

Categories
Klassiker Roman

Charlotte Bronte – Shirley

Cornwall(c)Gerhard Minsel/PIXELIO

Liebe findet – außer für Gemeinheit und Niedertracht – für alles eine Entschuldigung; nur ohne Achtung kann sie nicht bestehen. Trotz seiner Fehler verdiente Moore Achtung; er war sittlich einwandfrei, ohne solchen Makel wie den der Falschheit, er war nicht der Sklave seiner Begierden. Das tätige Leben, zu dem er erzogen worden war hatte ihn etwas anderes gelehrt: er war ein Schüler der Vernunft, kein Anbeter der Sinne.

Lange, lange dauert es, bis sich in diesem klassischen Liebesdrama die beiden Paare endlich in den Arm fallen dürfen. Lange erscheint die Situation aussichtslos für Caroline. Als auch noch die schöne und reiche Shirley Keeldar auftaucht, die ihre Freundin wird und doch scheinbar in Konkurrenz zu ihr tritt, leidet Carolines Gesundheit auch gleich. „Liebeskrankheit“ scheint überhaupt ein beliebtes Motiv in diesen altmodischen Romanen zu sein, alle vier Protagonisten leiden zumindest einmal unter ernsthafter Krankheit aus Liebesdingen.

Auch Moore war ernst und unternahm nicht den geringsten Versuch, zu gefallen, zu blenden oder Eindruck zu erwecken. Doch wie sehr er seine Stimme auch ins Milde modulieren ließ, bei seinem härteren Willen bekam sie dann und wann wenn auch unabsichtlich und unfreiwillig, einen herrischen Klang, der selbst die stolze Shirley überwältigte.

Robert Moore, der Unternehmer mit Migrationshintergrund, hat es am Schwierigsten, denn seine ungünstige finanzielle Lage erlaubt es ihm scheinbar nicht, überhaupt zu lieben. Seine Moralvorstellungen machen ihm ein ums andere Mal das Leben schwer und kosten ihm dieses auch beinahe.

„Sie ist niemals völlig glücklich. Zwei Menschen können nie völlig miteinander harmonieren … Vielleicht gibt es unter ganz besonderen Umständen, die aber nur sehr selten eintreten, einen vollkommenen Zusammenklang, der Zufriedenheit weckt, aber es ist besser, das Risiko nicht auf sich zu nehmen, man kann verhängnisvolle Fehler dabei begehn! Mögen alle Unverheirateten sich an ihrer Freiheit genügen lassen!“

So manches Unglück müssen die Liebenden auf sich nehmen, bis sie letztendlich zueinander finden können und dies kann sich auch mal ganz schön in die Länge ziehen. Ansonsten bleibt wenig zu sagen zu diesem Werk, das sich dem Hohelied der Liebe widmet und den Weg zum Happy End zum Ziel macht.