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Roman

Robert Menasse – Don Juan de la Mancha

Kerzen (c)Carsten Grunwald/pixelio.de

Wie Professor Poppe in die Reihen der Studenten blickte – ich sah, dass er nichts mehr sah, nur noch eine Gesichterwand, eine Menschenmauer. Er konnte nicht wissen, ob jetzt nicht der Nächste aufsteht, und dann wieder einer. Ja, er hatte Angst.

Dass dieses Buch direkt nach Elementarteilchen am Stapel lag, scheint eine Ironie des Schicksals zu sein. Denn wieder geht es um einen Mann, der keine Liebe empfindet, stets bleiben seine Gefühle ein wankelmütiges Strohfeuer, das sich einer Frau nach der anderen zuwendet. Dabei ist er nicht ganz so unglücklich wie Bruno in Elementarteilchen, aber doch so neben sich, dass er für seine Therapeutin einen schriftlichen Blick in die Vergangenheit wagt.

Dieses Werk liegt nun als Roman vor uns. Die Kündigung stürzt den Protagonisten in diese Depression, die schließlich zu einer intensiven Selbstreflexion führt.

Der Rasen meines Gartens verdorrte. In den Zeitungen und Fernsehnachrichten sprach man von einem Jahrhundertsommer. Ich hatte schon viele Jahrhunderte in Form von Jahrhundertsommern und Jahrhundertfrösten, Jahrhundertstürmen, Jahrhundertgewittern und Jahrhundertüberschwemmungen erlebt, und genauso fühlte ich mich, eine jahrhundertealte Schildkröte, ebenso behindert wie geschützt von einem schweren Panzer.

Bezeichnend für das Dilemma seines Lebens ist eine Geschichte aus der Anfangszeit seiner Tätigkeit in der Leben-Redaktion. Die skurrile Horoskopschreiberin berechnet aus seinen Geburtsdaten sein persönliches Horoskop, findet dort jedoch keine eindeutigen Angaben: „Bist du Grähnzfall.“ Nicht das eine, aber auch noch nicht das andere. So pendelt er in seinem Leben herum, auf der Suche, aber ohne zu wissen, wonach. Und doch gelangt er im Rahmen seiner Selbstreflexion zu Erkenntnissen über das Leben.

Es war nicht Liebe auf den ersten Blick. Na und? Das Schwierigste ist ohnehin der vierte, fünfte, hundertste Blick.

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Biografie

Johannes Thiele – Elisabeth

Achilleion, Palast der Kaiserin Elisabeth auf Korfu

„Es gibt in jeder irdischen Laufbahn einen Augenblick, wo die Seele stirbt; das braucht keineswegs zu der Zeit zu sein, wo man körperlich stirbt. … Wenn der Wunsch zu leben aufhört, befindet man sich eigentlich außerhalb des Lebens.“

Da meine Musicalleidenschaft ihren Anfang 1995 mit Elisabeth im Theater an der Wien genommen hat, habe ich schon einige Biografien der „unglücklichen Kaiserin“ gelesen. Standardwerk ist natürlich Brigitte Hamanns „Kaiserin wider Willen“, das ich schon in den 90er Jahren gelesen habe. Davon unterscheidet sich Johannes Thieles Blickwinkel ganz extrem. Seine Schreibweise gibt der Lebensgeschichte der Kaiserin einen schwärmerischen Touch und lässt es wie einen Roman wirken.

Bestes Beispiel ist da die Geschichte über den Maskenball, den die Kaiserin incognito besucht und dort mit einem jungen Mann flirtet. Während der Wahrheitsgehalt dieser Episode von den meisten Biografen angezweifelt wird, nutzt Thiele dies für ein ausschweifendes Kapitel über die romantischen Episoden der Kaiserin, die hauptsächlich in ihrer Traumwelt stattfinden und sich dann in ihren Gedichten wiederfinden.

Elisabeths Gefühle bewegen sich selten in einer geraden Linie. Meistens sind sie verworren, haltlos, unbeständig: „Das Ziel der Reise ist anziehend“, bekennt sie, „hauptsächlich, weil die Reise dazwischen liegt. Wenn ich irgendwo wäre und wüsste, dass ich niemals wieder von dort fortkommen könnte, so würde mir der Ort wie eine Hölle erscheinen, selbst wenn es das Paradies wäre. Der Gedanke, dass ich den Ort, wo ich mich aufhalte, wieder verlassen muss, rührt mich und bringt mich dahin, ihn zu lieben. Jedesmal wenn ich reise, begrabe ich so einen Traum, der allzuschnell entschwindet. Und ich seufze nach einem Neuen.“

Auf diese Stimmungen Elisabeths konzentriert sich Thiele auf langen Strecken und stellt dabei natürlich auch viele Spekulationen an. Die politischen Wirren des 19. Jahrhunderts sind natürlich auch Thema, treten aber gegenüber den persönlichen Befindlichkeiten in den Hintergrund. So bleibt diese Biografie ein Leseerlebnis gerade für Fans des Musicals, die wahrscheinlich für etwas Schwärmerei ohnehin mehr übrig haben als für die harten Fakten.

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Krimi Roman

Eva Rossmann – Freudsche Verbrechen

Ein hübscher Wiener-Krimi, wenn man den Eva-Rossmann-Stil, der von diversen Stimmen als feministisch bezeichnet wird, mag. Spannung gibts eher erst zum Schluss, bis dahin plätschern die Ermittlungen etwas dahin, es scheint mir nicht gerade der spannendste Mira-Valensky-Krimi zu sein, aber definitiv amüsant und unterhaltsam.