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Roman

Ulla-Lena Lundberg – Eis

CN: Tod eines geliebten Menschen, Andeutung sexueller Handlungen, Geburt


Ein weiterer Beitrag aus der Reihe Literatur-Geocaches. Das Buch erzählt von den Schären-Inseln im finnischen Åland und beschreibt das Leben der Bewohner:innen in dieser autonom verwalteten Gegend in der Nachkriegszeit. Es ist eine Gegend aus tausenden versprengten Inseln, von denen nur wenige bewohnt sind (60 von 6757 lt. Wikipedia). Transport findet per Boot und Fahrrad statt, nur wenn im Winter das Eis zufriert, sind die Wege zwischen den Inseln mittels Schlitten einfacher zu absolvieren als während des restlichen Jahres.

Die Geschichte beginnt mit der Ankunft des neuen Pfarrers, seiner Frau und seiner Tochter und erzählt im Verlauf der Jahreszeiten, wie sich das Paar einlebt und mit den Einheimischen in Kontakt kommt. Die Pfarrersfrau Mona kann nur als tüchtig beschrieben werden. Sie kümmert sich um alles, was zu erledigen ist, melkt sogar hochschwanger noch die Kühe und lässt sich weder vom Wetter noch von anderen Umständen aus ihren Ritualen bringen. Dieses strenge Regime erstreckt sich nicht nur auf sie selbst. Von ihren Kindern erwartet sie gleichsam ein widerspruchsloses Einfügen in die vorgegebenen Umstände.

Er selbst fühlte sich dem gegenüber wie ein neugeborenes Kind und voll widerstrebender Gefühle. Einerseits hätte er den Vorfall entschieden missbilligen und verurteilen sollen, andererseits war er eine Manifestation jenes Anarchismus und der pragmatischen Einstellung gegenüber den auf dem Festland geltenden Gesetzen, die ihn so amüsierte und stolz auf seine souveränen Insulaner sein ließ.

Pfarrer Petter selbst hat damit zu tun, sich um seine Gemeinde zu kümmern. Er verlässt sich darauf, dass seine tüchtige Frau alles andere für ihn regelt. In die Kindererziehung mischt er sich nicht ein, obwohl er selbst nicht ganz so streng mit den Töchtern umgehen würde. Auch mit den Mitgliedern seiner Kirchengemeinde pflegt er einen eher verständnisvollen als strengen Umgang, wie das obige Zitat veranschaulicht. (Es geht dabei um eine Kiste mit Schnaps, die aus dem Meer gefischt und vor den gestrengen Augen des Pfarrers nur halbherzig versteckt gehalten wurde.)

Es passiert viel und gleichzeitig wenig. Ein Einblick in eine Lebenswelt, die heute wohl so nicht mehr existiert und auch zur damaligen Zeit eher außergewöhnlich war.

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English Roman

Marilynne Robinson – Jack

CN dieses Buch: Rassismus, Suizid
CN dieser Post: Rassismus


Nun also der vierte Teil der Gilead-Serie, der uns endlich einen Einblick in das tatsächliche Innenleben von Jack, den wir bisher nur durch die Augen des Reverends, seiner Frau Lila und Jacks Schwester Glory betrachten konnten. In den Gesprächen mit Glory (in Home) hatte sich bereits abgezeichnet, dass Jack tiefe Scham empfindet, weil er nach seiner Ansicht (die mit der vieler Menschen der Gesellschaft übereinstimmen dürfte) ein schlechter Mensch ist, der andere mit in die Tiefe zieht.

Dieses Besuch erzählt hauptsächlich die Geschichte und Entwicklung von Jacks Bekanntschaft mit Della Miles, einer afroamerikanischen Frau, Lehrerin und respektabel. Auch nur eine Bekanntschaft zwischen einem weißen Mann und einer afroamerikanischen Frau ist im St. Louis der beschriebenen Zeit dermaßen unmöglich, dass Jack sich nur vergewissern kann, dass Della sicher nach Hause kommt, indem er ihr auf der anderen Straßenseite folgt. Eine Beziehung wird sowohl von Seiten der weißen Gesellschaft als auch von Dellas Familie entschieden abgelehnt.

But excuses only meant that he had done harm he did not intend, which was another proof that he did harm inevitably, intentions be damned.

Mit diesem Zwiespalt plagt sich Jack das ganze Buch lang. Er liebt Della und will sie keinesfalls aufgeben. Gleichzeitig weiß er, dass es ihrer Reputation schadet, mit ihm gesehen zu werden, auch Dellas Familie sieht die Bekanntschaft als klar schädlich für sie an. Eine unlösbare Situation, die Jack immer wieder an den Rand der Verzweiflung treibt.

Am Ende bleiben weitere Fragen offen. Ein nächstes Buch sollte die Geschichte wohl aus der Sicht von Della weitererzählen. Dann erfahren wir vielleicht auch, wie es zu der scheinbar unbefleckten Empfängnis kam …

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Roman

Robert Schneider – Schlafes Bruder

CN dieses Buch: Suizid, Mord
CN dieser Post: –


Heißt es nicht in der Schrift, daß Du vollkommen bist? Wenn Du aber vollkommen bist und gut, weshalb mußtest du dann das Elend, die Sünde und den Schmerz erschaffen? Weshalb weidest Du dich an meiner Trauer, an der Mißgeburt meiner Augen, am Kummer meiner Liebe?

An und für sich war ich mir ziemlich sicher, dass ich dieses Buch schon mal gelesen und damals sogar besessen habe. Aber das muss wohl vor der Entstehung dieses Blogs gewesen sein, da ich keinen Blog-Eintrag finden konnte. Daher nun eine kurze Besprechung zu diesem Re-Read (aus Gründen des Geocachens).

Der Autor entwirft eine kleinliche Dorfgemeinschaft im Vorarlbergischen, eine Bevölkerung, die hauptsächlich aus den Angehörigen zweier Familien besteht, den Alders und den Lamparters. Aus der engen Verwebung der beiden Familien entstehen immer wieder Kinder mit diversen Behinderungen. So auch der Protagonist Elias, der einerseits eine frühe Pubertät erlebt, bei der seine Augenfarbe einen beunruhigenden gelblichen Farbton annimmt und der andererseits eine besondere Begabung für Musik, spezifisch für das Orgelspiel entwickelt. In der Dorfgemeinschaft bleibt er stets ein Außenseiter.

Erlösung aber ist die Erkenntnis der Sinnlosigkeit allen Lebens.

Da das Buch selbst den Tod des Protagonisten bereits auf der ersten Seite ankündigt, kann ich hier auch etwas ausführen, ohne zu spoilern. Elias entbrennt in unsterblicher Liebe, die er jedoch nicht anders auszudrücken vermag als durch seine Musik. Als ihm seine Angebetete Elsbeth durch die Heirat mit einem anderen Mann entzogen wird, entschließt sich Elias zu einem verzweifelten Liebesbeweis.

In einem Nachwort versucht Rainer Moritz den unerwarteten Erfolg dieses 1992 erschienenen Buchs zu erklären. Er erwähnt den besonderen Schreibstil, die ironischen Züge, mit denen Schneider die Dorfgemeinschaft versieht und die hartherzige Darstellung des Lebens im Dorf, die keinerlei Platz für bäuerliche Idylle vorsieht. Er stellt Schlafes Bruder in eine Reihe mit „ähnlich spektakulären Büchern der jüngeren deutschsprachigen Literaturgeschichte, mit Patrik Süskinds Das Parfum (1985, war bei mir damals Schullektüre), Christoph Ransmayrs Die letzte Welt (1988), Bernhard Schlinks Der Vorleser (1995) und Daniel Kehlmanns Die Vermessung der Welt (2005)“. Je länger ich über diese Einordnung nachdenke, umso passender erscheint sie mir. Es ist definitiv eine besondere Geschichte, ein Roman, den die Leserin nicht so schnell vergisst.

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Krimi Roman

Klaudia Zotzmann-Koch – Mord und Schokolade

Krimis lese ich in letzter Zeit eher selten (der Blick ins Archiv hat diese gefühlte Wahrheit bestätigt), die letzten Krimis dienten rein dem Zweck der Ermittlung von Variablen für Geocaches. Aber da ich nun mal eine Abwechslung von all den bildungswissenschaftlichen Texten brauchte, die ich in letzter Zeit gelesen habe, kam mir dieser „Genuss-Krimi“ (gilt das schon als eigenes Genre?) gerade recht.

Die Protagonistin Paula Anders ist eine bestechend bodenständige Antiheldin, die aufgrund familiärer Beziehungen und einer gewissen Neugierde in einen Mordfall verwickelt wird. Auf die eine oder andere Art sind tatsächlich alle teilnehmenden Personen in diesen Fall irgendwie verwickelt, sei es als (mehr oder weniger unschuldiges) Opfer, als Täter*innen oder als Zeug*innen.

Zum Genuss tragen Kaffee, heiße Schokolade und Hildesheimer Lokalkolorit bei. Obwohl ich die Stadt selbst noch nie besucht habe, fühlte ich mich in die beschriebenen Gassen der Innenstadt hinein versetzt. Das Fachwerkhaus, in dem Paula Anders ihre Köstlichkeiten herstellt, wird regelrecht zu einem Sehnsuchtsort. Obwohl sich Paula in diesem Roman vehement gegen einen Onlineshop für ihre edlen Kreationen wehrt, lässt sich der Eindruck nicht vermeiden, dass sie diesen vielleicht in einer der Fortsetzungen doch noch bekommen wird.

Randnotiz: Klaudia betreibt gemeinsam mit ihrem Partner die Mastodon-Instanz literatur.social, ein soziales Netzwerk für Büchermenschen. Für die Instanz habe ich das „Lese-Mastodon“ als Key Visual gestaltet. Ihr findet auch mich auf Mastodon auf dieser Instanz unter @Columbia@literatur.social.links: Bücherstapel mit Katze, rechts: Mastodon mit Brille und Buch vor dem Rüssel

Disclaimer: Ich bin mit der Autorin befreundet und habe das Buch als Dankeschön für grafische Unterstützung geschenkt bekommen. Dass meine Meinung davon komplett unbeeinflusst bleibt, kann ich nicht garantieren. Wie meine anderen Posts ist dies jedoch keine Werbung, sondern meine subjektive in Worte gefasste Meinung.

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Memoir

Kate Bowler – Everything Happens for a Reason and Other Lies I’ve Loved

Die Autorin reflektiert in diesem Buch über ihre Erfahrungen und ihren Umgang mit der Diagnose Darmkrebs. Ihre Situation lässt sie anders denken über Lebenspläne und Lebensqualität, über persönliche Beziehungen und die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Wieviel Zeit vergeuden wir täglich mit Ärger über unwichtige Dinge? So viele Wünsche und Träume verschieben wir auf eine Zukunft, die vielleicht niemals kommt. Erst im Angesicht einer potentiell tödlichen Krankheit wird klar, dass wir aus jedem Tag das Beste machen können und das, was uns glücklich macht, nicht auf später verschieben dürfen.

She is working harder than anyone I have ever known, but her selflessness has caused her to surrender too much of herself to “someday”. And now someday has come, at least for me.

Als gläubiger Mensch erhält sie viel Feedback von ihrer Kirchengemeinde und nach einem online veröffentlichten Artikel über ihre Situation auch von völlig Fremden. Der Titel des Buches verweist auf die vielen wohlgemeinten, aber nicht hilfreichen Ratschläge, die sie in ihrer Situation von Bekannten und Fremden erhalten hat. Ein Ansatz dabei ist, dass jede Situation eine Prüfung ist, die Gott uns stellt und die uns stärker machen soll. Wesentlich schwieriger zu verarbeiten ist die Perspektive, dass die Krankheit eine Strafe für begangene Sünden oder nicht ausreichend intensiven Glauben ist. Viele Menschen berichten ihr auch von ihren eigenen Problemen, die sie im Allgemeinen als wesentlich schlimmer erachten als das Schicksal anderer. Daraus folgt zwar die Erkenntnis, dass das Leben für jeden irgendwie schwer ist (that life is hard for everyone), aber macht das die eigene Situation in irgendeiner Form besser? Wie ich kürzlich bei Barry Schwartz in The Paradox of Choice gelesen habe, machen uns Vergleiche jeder Art – speziell mit dem Leben anderer Menschen – immer unglücklich.

I have still, somehow, clung to the idea that I am able to save myself.

Jede schwierige Situation im Leben gibt uns Gelegenheit, zu wachsen und daraus zu lernen. Die Autorin fragt sich im Angesicht ihrer potentiell tödlichen Krankheit, ob sie jemals eine vollständige Person sein wird (wondered if I would ever be one, whole person). Was kann uns überhaupt zu einer vollständigen Person machen? Im Rahmen meiner jüngsten Krise habe ich begonnen, mich mit Selbstakzeptanz zu beschäftigen und der Frage nachzugehen, ob das eigene unperfekte Selbst eigentlich schon genug ist. Auch wenn wir uns täglich verändern und an unseren Lebenserfahrungen wachsen, können wir jemals genug oder ganz sein? Wenn wir es jetzt noch nicht sind, welche Erfahrung könnte dazu führen, dass wir ganz werden? Eine Frage, die mich vermutlich noch länger beschäftigen wird.

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Roman

Ken Follett – Die Säulen der Erde

Er hat recht, dachte Jack. Wenn Kinder wie Tommy frei und furchtlos aufwachsen sollen, dürfen ihre Eltern nicht vor William davonlaufen.

Obwohl ich als Kind vor keinem noch so dicken Wälzer zurückschreckte (im Gegenteil war ich sogar bei dünneren Büchern traurig, mich so schnell wieder von lieb gewonnenen Protagonisten verabschieden zu müssen), hatte ich mich erstaunlicherweise niemals über dieses Lieblingsbuch meiner Mutter hergemacht. In meiner Erinnerung hat sie es jeden Winter gelesen. Ich kann mich nicht erinnern, es jemals auch nur angefangen zu haben.

Philip ging die Glocke läuten. Ein Herrscher, dachte Jack, der den Frieden bewahrt, für Gerechtigkeit sorgt und die Armen nicht unterdrückt. Aber muss man wirklich keusch leben, um das zu können?

Rückblickend betrachtet muss ich leider sagen: ich hätte nichts verpasst. Kein einziger Charakter in diesem Buch ist mir ans Herz gewachsen. Obwohl abgesehen vom rechtschaffenen Mönch / Prior / Bischof Philipp jeder seine Schwächen hat und von seinen eigenen Dämonen verfolgt wird, konnte ich mich nicht hineinfühlen. Nicht so meins.

Reading Challenge: A book your mom loves

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Krimi Roman

Enric Balasch – Sagrada

Erneut nahm der Architekt die Fotos und Zeichnungen zur Hand und betrachtete sie aufmerksam, wobei er bisweilen lächelnd den Kopf schüttelte, als riefen sie angenehme Erinnerungen in ihm wach. Von Zeit zu Zeit unterbrach er sich, um einen Schluck Kaffee zu trinken. Nach einer Weile hatte er die Bilder in mehrere Häufchen sortiert, von denen er schließlich eins Munárriz hinschob.

An diesem Punkt der Geschichte hatte ich den Gedanken „wenn das jetzt der Da Vinci Code wäre, dann wäre dieser Architekt der Böse und würde sich dann an die Fersen des Inspektors heften“. Jetzt kann man sagen, ich lag falsch oder der Autor hat aufgepasst, nicht zu nahe am Da Vinci Code anzustreifen … Der Feind ist hier ein geheimnisvoller radikaler Orden von Hund und Hahn. Er tritt kaum in Erscheinung, auch der Leser sieht ihn beinahe nur in der Funktion des Toten, der Munárriz und seine Geliebte Mabel (wozu diese blöde Trennungsgeschichte am Rande, sind wir hier in einem Fortsetzungsroman?) auf die Spur des Orden bringt.

„Ich meine wirkliche Geheimbünde, solche, von denen niemand je gehört hat und die im Verborgenen eine unvorstellbare Macht ausüben.“

Diese Fantasie von den alleegeheimsten Geheimbünden hat wohl Autoren rund um den Erdball jahrelange Freude beschert. Hier hat es allerdings nicht zur wirklichen Spannung ausgereicht. Bei einem einzelnen Showdown, der sich auf einer von 388 Seiten abspielt, kann man von einem Thriller wohl auch eher nicht sprechen. Ein Kriminalfall, ja. Aber die Ermittlungen spielen sich hauptsächlich in langatmigen Gesprächen ab, in denen sich der Inspektor über mehr oder weniger bewiesene historische und architektonische Fakten belehren lässt.

Zu allem Überfluss kommt das unbefriedigende Ende: Dass sich der Inspektor damit zufrieden gibt, dass der Mordfall, mit dem alles begann, nicht aufgeklärt wird und die Kirche alles unter sich ausmacht und unter den Tisch kehrt (klingt hier ein Funken Kritik an?), hinterlässt einen schalen Beigeschmack. Leider blieb dieser Mystery-Thriller im Ambiente der von mir hoch geschätzten Kirche in Barcelona hinter den Erwartungen zurück.

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Klassiker Novelle

Henry James – Schraubendrehungen

Brennessel

Sie eigneten sich ihre kleinen Aufgaben an wie aus Lust an ihnen; sie schwelgten, gänzlich unaufgefordert, aus reinem Begabungsüberfluß, in wahren kleinen Gedächtniswundern. Sie überraschten mich nicht nur als Tiger und als Römer, sondern auch als Shakespeare-Gestalten, als Sternkundige und Seefahrer.

Zu Anfang sei gesagt: keine Überraschung, dass solcher Art beschriebene Kinder dunkle Geheimnisse haben. Die einzig andere mögliche Erklärung wäre, dass jemand sie unter Drogen gesetzt hat …

Der Titel Schraubendrehungen schafft außerdem Verwirrung, Amazon führt das Ganze auch unter der Übersetzung „Das Durchdrehen der Schraube“, was schon deutlich andere Assoziationen schafft. Die Protagonistin, das Kindermädchen, das vom Hausherrn die volle Verantwortung für die Kinder übertragen bekommen hat, mit der Auflage, ihn unter keinen Umständen zu belästigen, sondern alles selbst zu entscheiden, was es auch sein möge. Dass ihr dies zum Verhängnis wird, braucht nicht extra gesagt zu werden …

Solchen Fragen vermochte ich nicht zu begegnen, und ebensowenig den süß trügerischen Kinderaugen. So sicher würde ich ihnen jedoch begegnen müssen, so scharf sah ich alles voraus, dass ich schließlich meinem Gefühl folgte.

Zwischenzeitlich kam bei mir die Frage auf, ob sich der Autor hier satirisch über Frauen lustig macht, die Gespenster sehen und sich dann so lange etwas zusammenfantasieren, bis sie durchdrehen und selbst in Kinderaugen das Böse sehen. Mag vielleicht damals sogar Sinn ergeben haben, eine Frau in einer solch verantwortungsvollen Position müsste eigentlich die Füße am Boden und einen klugen Kopf behalten. Aber was soll man da spekulieren … wer Geistergeschichten lesen will, findet sicher spannendere Exemplare dieser Gattung.

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Krimi Roman

Donna Leon – Sanft entschlafen

Bridge Of Love, Helsinki

Wenn es ein in Rätsel gehülltes Geheimnis gab, dann Opera Pia. Brunetti wusste nicht mehr darüber, als dass es eine religiöse Organisation war, halb geistlich, halb weltlich, die sich dem Papst zu absolutem Gehorsam verpflichtet fühlte und nach einer irgendwie gearteten Erneuerung der Macht oder Autorität der Kirche strebte.

Erst war ich geneigt, dies als „weiteres Brunetti-Buch“ abzutun, man sollte einfach nicht zu viele hintereinander lesen, damit sich eine Brunetti-Müdigkeit nicht einschleichen kann. Auf der einen Seite sollte es tröstlich sein, dass dieser Commissario ein normaler Mann ist, ohne nennenswerte Probleme in seinem eigenen Leben und seiner eigenen Familie, aber für den Roman würde vielleicht ein anderes familiäres Setting mehr Würze verleihen. Aber lassen wir sie leben, sterben muss ohnehin immer jemand.

Beinahe die ersten beiden Drittel des Romans müssen vergehen, bevor Brunetti wirklich eine ernsthafte Spur hat, worum es bei den Todesfällen, die offiziell als natürlicher Tod durch Krankheit geführt werden, geht. Bis zum Schluss gibt es keine offizielle Ermittlung und Brunetti muss sich wiederum gegen seinen eigensinnigen Chef durchsetzen. Zumindest für einen Teil der Opfer geht die Geschichte gut aus. Oder eigentlich nicht gut, denn was tatsächlich weiter mit ihnen passiert, bleibt offen.

Das Thema der Vorgänge unter dem Deckmantel der Kirche ist nach wie vor aktuell. So gesehen ist das vermutlich einer der zeitloseren Brunetti-Geschichten.

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Roman Unterhaltung

Ildefonso Falcones – Die Kathedrale des Meeres

Fisch(c)TiM-Caspary/PIXELIO

Während sie so sprachen, wurde es Nacht, eine sternenklare, laue Mittelmeernacht. Eine Weile saßen die drei still da und genossen die Ruhe und den Frieden in dem kleinen Gärtchen hinter Hasdai Crescas Haus. Schließlich wurden sie zum Essen gerufen, und zum ersten Mal, seit er bei diesen Juden lebte, sah Arnau in ihnen Menschen wie seinesgleichen, mit einem anderen Glauben, aber so gut und so mildtätig, wie es die frommsten Christen nur sein konnten. An diesem Abend aß er gemeinsam mit Hasdai und sprach, bedient von den Frauen des Hauses, ohne Bedenken den Genüssen der jüdischen Küche zu.

Das Buch erzählt die Geschichte von Arnau Estanyol, der bereits als Kind mit seinem Vater die Besitzungen seines Vaters verlassen muss. Als freier Bürger, aber arm, wächst er in Barcelona auf und arbeitet sich langsam als Bastaix in der Zunft hoch. Arnau erweist sich immer wieder als gerechter Mensch, der keine religiösen Vorurteile pflegt und stets das Beste in den Menschen sieht. So sehr im dies zur Ehre gereicht und ihm den Respekt der Bürger Barcelonas einträgt, seine früheren Verwandten und Bekannten verfolgen ihn rachsüchtig und bringen ihn schließlich vor die spanische Inquisition.

Ein spannend geschriebener historischer Roman, die perfekte Urlaubslektüre, wenn man gleichzeitig mit den Füßen in einem See baumeln kann. Oder abends im Hof sitzt bei einem kühlen Getränk.