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Roman

Tony Parsons – Starting Over

Herzerl_(c)rknds/SXC

That is the worst thing about having children. You want to protect them more than you ever can. You try to endure that unendurable fact. But it is always there.

My holidays in Barcelona were blessed by great weather and we had lots of fun although I didn’t get to enough Geocaching for my taste. The days before the holiday on the contrary have been packed with work, so I hadn’t had to much time to pack my things for the trip. And the impossible happened: I forgot to take a fiction book with me, I only brought the guidebooks. So I had to buy this book near Port Olimpic and I can say that the assortment of books in a language I can truly read wasn’t that wide.

Considering this facts I was quite lucky. Tony Parsons is a great storyteller focusing on family life (at least in this book). The protagonist suffers a heart attack and receives a new chance to live through a heart transplantation. It seems his life is not the same, although nobody wants to understand his feelings about the unknown donor and what he might have received from him beyond the heart. His kids just started to live their own lifes and can’t be protected anymore. His wife wants him to forget about the new heart and continue the life they led before the heart attack (without the bad habits like smoking or fat food of course). All this leads to a crisis that shakes the family much more than the heart disease. Resolving the crisis takes some time, will they work it out in the end? Be sure to find some kind of a happy end.

And just for the record: Jack Kerouac is following me.

Bed made with military precision. A small bookcase with neat rows of paperbacks. I pulled one out and flicked through it. A phrase leapt out at me, stopped me in my tracks. The ragged and ecstatic joy of pure being. I looked at the cover. Blue skies. A fifties car. Two men, smiling, their faces half in shadow. On the Road by Jack Kerouac.

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Erzählung

Anna Gavalda – Ein geschenkter Tag

Lavendel(c)Rainer Sturm/PIXELIO

Das nächste Mal lebe ich in geordneten Verhältnissen, verstehst du? Klar doch. Ich finde schon einen. Einen anständigen Kerl. Einen Weißen. Ein Einzelkind. Einen mit Führerschein und Rapsöl-Toyota.

Garance ist mit ihrem Bruder Simon und dessen Frau Carine unterwegs zur Hochzeit eines entfernten Familienmitglieds. Carine stößt sich an Garance freizügigem Lebensstil und dem Leben im Allgemeinen. Unterwegs wird auch noch Lola aufgesammelt, die Dritte im Geschwisterbunde. Am Ziel angekommen gönnen sich die drei eine Pause vor der kirchlichen Trauung während Carine bereits in der Kirche verschwindet. Und lassen die Kirche sausen, um ihren Bruder Victor zu besuchen und dem Alltag einen Tag zu stehlen.

Dass wir am Fußende dieser Schlossruine das Ende einer Epoche erlebten und dass die Zeit der Mauer näher rückte. Dass wir diese Vertrautheit, diese Zuneigung, diese etwas rauhe Liebe ablegen mussten. Uns davon lösen mussten. Die Hände loslassen und endlich erwachsen werden.

Keiner der vier Geschwister ist aus dem bisherigen Leben ohne Schrammen und Narben davongekommen. Victor lebt allein in einem Schloss im Familienbesitz und verdient sich den Unterhalt, indem er Touristen Spukgeschichten auftischt. Er ist zu schüchtern, um einer Frau seine Liebe zu gestehen. Lola ist geschieden und teilt sich das Sorgerecht für ihre zwei Kinder mit ihrem Exmann. Simon führt mit Carine eine scheinbar perfekte Ehe, leidet jedoch unter den Differenzen zwischen seiner Frau und seinen Geschwistern. Und Garance letztendlich vernachlässigt ihr Studium, um von Party zu Party zu hüpfen und kann sich selbst nicht in der Rolle der zukünftigen Richterin sehen.

Auf der restlichen Fahrt sagten wir kein Wort. Spulten den Film zurück und dachten an morgen. Die große Pause war zu Ende. Gleich würde die Glocke läuten. Alle in Zweierreihen aufstellen. Ruhe, bitte. Ruhe, habe ich gesagt!

Eine Flucht aus dem Alltag, wie sie sich so viele immer wieder vorstellen, die wenigsten jedoch ergreifen auch die Gelegenheit, um aus einem Tag etwas Besonderes zu machen. Danach muss man ohnehin in den Alltag zurückkehren. Und auch diese Kurve kratzt Anna Gavalda mit der gewohnten Lässigkeit und dem Blick in die Zukunft, die wir selbst gestalten.


Laith Al Deen – Leb den Tag (Youtube)

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Roman

Rob Sheffield – Love is a mix tape

Tape(c)me, myself and I/PIXELIO

Falling in love with Renée was not the kind of thing you walk away from in one piece. I had no chance. She put a hitch in my git-along. She would wake up in the middle of the night and say things like “What if Bad Bad Leroy Brown was a girl?” or “Why don’t they have commercials for salt like they do for milk?” Then she would fall back to sleep, while I would lie awake and give thanks for this alien creature beside whom I rested.

This might be the saddest love story ever told. But it might also be the a great illusion. It’s easy to idealize a person that’s no longer with us, in fact it’s the only thing you can do.

As far as mix tapes go, “Big Star: For Renée” is totally unimaginative. It’s basically just one complete album on each side of a tape. But this is the tape that changed everything.

Everybody wants to find a love like that. Nobody wants to loose it. Just go read this love story and listen to Wavorly: A Summer’s Song.

She had more energy than anybody I’d ever met. She was in love with the world. She was warm and loud and impulsive. One day, she announced she had found the guitar of her dreams at a local junk shop. I said, “You don’t even play the guitar.”

And Don’t Stop Believing.

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Reise Roman Unterhaltung

Jack Kerouac – Unterwegs

Golden Gate Bridge, San Francisco (c) yogilino/PIXELIO

Ich hatte mir stille Weihnachten auf dem Land vorgestellt, wie mir bewusst wurde, als wir das Haus wieder betraten und ich den Weihnachtsbaum und die Geschenke sah und den Truthahn im Backofen roch und die Gespräche der Verwandten hörte, aber jetzt hatte das Fieber mich wieder erwischt, und das Fieber hieß Dean Moriarty, und ich war unterwegs, war wieder unterwegs.

Roadmovies haben mich schon immer fasziniert und quasi magisch angezogen. Sal Paradise zieht mit seinem Freund Dean Moriarty durch die USA und erlebt dabei allerhand Unannehmlichkeiten. Trampen scheint damals (das Buch erschien 1957) eine vielgenutzte Form des Reisens zu sein. Und wie der Buchtitel bereits suggeriert, geht es weniger ums Ankommen oder ums Reisen von einem Punkt zum anderen, sondern schlicht um die Fahrt an sich.

„Ja“, sagte ich, „fahren wir nach Italien.“ Und so nahmen wir unser Gepäck, er, mit der gesunden Hand, seinen Koffer und ich den Rest, und stolperten zur Haltestelle der Cable-Car. Gleich darauf rollten wir den Hügel hinab und ließen von der klappernden Plattform die Füße auf den Bürgersteig baumeln, zwei zerbrochene Helden der Nacht im Westen Amerikas.

Dean Moriarty bleibt einerseits eine von Sal zu einer Art Guru hochstilisierte Witzfigur, denn er kriegt sein Leben nicht in den Griff, zeugt sowohl an der Ostküste wie an der Westküste Kinder und bricht die Herzen seiner Frauen im Eilzugtempo. Das bewundern seine Freunde natürlich, aber tatsächlich ist es wohl nicht nur für die betreffenden Frauen sondern auch für Dean selbst ein Alptraum.

Dean und Sal schlagen sich durch Amerika, erst als Mitfahrer, später mit dem eigenen Auto. Sie träumen von fernen Orten, halten es jedoch nicht lange dort aus, wenn sie mal angekommen sind. Im dritten Teil schlagen sich Sal und Dean in Mexiko herum, die Feier endet im Chaos, wie die meisten Festivitäten im Leben von Dean und Sal.

Und dann verfolgt mich das Buch auch noch:

“The only people for me are the mad ones, the ones who…“ – A conversation on cool

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Musical Sachbuch

Olaf Jubin – Entertainment in der Kritik

TimesSquare(c)TiM-Caspary/PIXELIO

„Die Erfahrung, dass ein persönlich empfundenes Schicksal mit dem Schicksal anderer Menschen übereinstimmt, hat etwas Tröstliches. Es lindert den Druck, den wir immer dann spüren, wenn wir meinen, mit unseren Erfahrungen ganz allein zu sein. Die kommunizierende Kraft des Theaters hebt das Gefühl, ein isoliertes Schicksal zu erleiden, weitgehend auf.“ (Hans Joachim Schäfer)

1.152 Seiten. Dreieinhalb Jahre. Den Großteil dieser Zeit ist dieses Werk natürlich halb gelesen irgendwo in der Wohnung herumgegammelt, weil mich die Trockenheit dieser Untersuchung teilweise wirklich körperlich niedergeschlagen hat. Als Abendlektüre vor dem Schlafengehen eignet sich eine Studie zum Thema Musicalkritiken natürlich ebensowenig als wie zur Unterhaltung an einem lauen Sommerabend. Daher habe ich wie gesagt seit März 2007 kontinuierlich an diesem Werk gelesen und für den zweiten Teil habe ich nicht mal mehr so lange gebraucht (was möglicherweise an den Tabellen der Auswertung lag, die ich mir nicht alle im Detail angesehen habe).

Olaf Jubin ist mit dem Genre Musical sichtlich innig verbunden. Jedem Kapital stellt er den Titel eines Musicalsongs zur Überschrift. Das klingt jetzt nicht so gigantisch, wenn man sich jedoch vor Augen führt, dass seine Überschriften oft bis zur siebten oder achten Ebene gehen und er in den Quellenangaben akribisch Songtitel, Stück, Komponist und Lyricist aufführt, so kann man da schon mal Anerkennung zollen.

Als ganz großen Kritikpunkt muss ich die übertriebene Wertlegung auf gender-neutrale Berufsbezeichnungen anführen. Nach meiner Meinung kann man sich auch als Frau als Journalist oder Mitarbeiter angesprochen fühlen und die Beeinträchtigung des Leseflusses stört mich hier vielmehr als eine möglicherweise fehlende weibliche Berufsbezeichnung. Die letzten 50 Seiten des Werkes wären möglicherweise weggefallen (was wiederum Papier sparte), hätte man sich solche Orgien erspart:

Wenn er/sie allerdings nicht gerade die Finanzierung eines Stückes in Angriff nimmt, reduziert selbst ein(e) etablierte(r) ProduzentIn weitestgehend seinen/ihren Mitarbeiterstab und zwar auf eine(n) GeschäftsführerIn, eine(n) Assistenten/Assistentin und eine(n) LektorIn, der/die nach potentiellen Stücken Ausschau hält.

Im ersten Band erläutert Olaf Jubin erst das Genre und dann die beiden zu untersuchenden Komponisten. Dabei stellt er allerhand interessante Überlegungen zum Thema an und wirft geradezu mit Fachwissen und Recherchen um sich.

Das Genre erzielt also Komplexität durch das Zusammenspiel seiner verschiedenen Bestandteile, von denen jeder für sich genommen – und das gilt besonders für das Buch – diese Eigenschaft nur bedingt aufweisen kann: „Simple characters in a musical book can be full and memorable because they have the richness of music, song, and dance to make them alive in performance.“

Aus meiner Erfahrung war ich eigentlich seit langem der Ansicht, dass ein Musical nicht wirklich gut werden kann, wenn die zugrunde liegende Geschichte nicht passt. Hier wird jedoch die These geäußert, dass die Charaktere erst durch das Zusammenspiel aus Tanz und Gesang Komplexität gewinnen. In weiterer Folge wird auch erläutert, dass Uneinigkeit darüber herrscht, ob Musiknummern die Handlung weitertreiben sollen. Brechen die Charaktere überleitungsfrei in Gesang aus, scheinbar ohne einen Anlass, ist das immer wieder Anlass zur Kritik und ergibt im Allgemeinen einen Bruch der Handlung. Andere Journalisten wiederum erwarten Gesang und Geschichte getrennt. Als Überbegriff wird der Begriff „book trouble“ eingeführt:

Aaron Frankel erläutert, dass darunter in erster Linie ein wie auch immer gearteter Bruch zwischen Dialogstellen und Musiknummern gemeint ist: „,Book trouble’ only means that the elements not put to music fail in craft or in imagination to match those which are. The drop from one energy level to the other shows through.“

In weiterer Folge stellt Olaf Jubin im ersten Band die zu besprechenden Komponisten Stephen Sondheim und Andrew Lloyd Webber vor und wirft einen detaillierten Blick auf deren Karriere bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Werkes (2003, heute also schon etwas angestaubt).

Der zweite Band beschäftigt sich dann mit der intensiven Untersuchung der Kritiken zu Werken von Sondheim und Lloyd Webber. Dabei widmet sich der Autor sehr detailliert den Fragen der Inhalte der Kritiken beispielsweise welche Mitwirkende genannt werden, werden diese bewertet, wie wird das Werk selbst bewertet, welchen Mitwirkenden wird die größte Wichtigkeit beigemessen und vieles mehr. Ins Auge fällt immer wieder, dass Olaf Jubin mit dem Fachwissen der deutschsprachigen Journalisten zum Thema Musical ganz und gar nicht zufrieden ist. Bemerkungen wie diese fallen öfter:

Die wenigen konkreten Gegenüberstellungen beschränken sich zudem auf lediglich vier der insgesamt 19 Sondheim-Musicals im Sample, und diese vier waren alle in Deutschland oder Österreich zu sehen, während Verweise auf Werke des amerikanischen Komponisten, die bislang nur am Broadway und/oder im West End gespielt wurden, völlig unterbleiben. Derartige Verweise würden größeres Fachwissen erfordern, als die meisten deutschsprachigen RezensentInnen mitbringen.

Hier kann ich natürlich nicht umhin, anzumerken, dass Olaf Jubin die Arbeitsbedingungen der deutschsprachigen MusicaljournalistInnen sichtlich nicht bekannt sind. Um Werke von Stephen Sondheim, die in Europa bisher nicht zur Aufführung kamen, zu sehen, bleibt dann wohl nur eine regelmäßige Reise nach New York, was die meisten Arbeitgeber wohl kaum finanzieren werden und vor allem für den freien Journalisten, der seine Reisen selbst finanzieren muss, nicht machbar ist. In den Tageszeitungen gibt es überdies selten Journalisten, die sich nur mit dem Thema Musical beschäftigen. Da diese auch Fachwissen zu anderen Theatergattungen besitzen müssen, kann man ihnen wohl kaum mangelndes Fachwissen in diesem speziellen Bereich zum Vorwurf machen.

Gerade für Journalisten aus diesem Bereich stellt dieses Werk trotzdem eine interessante Betrachtung der eigenen Arbeit dar. Man hinterfragt möglicherweise seine eigenen Strukturen, die sich im Laufe der Jahre der Arbeit von selbst ergeben. Ist dem Komponisten mehr Bedeutung einzuräumen als dem Textdichter? Gerade im deutschsprachigen Raum hat man es außerdem oft mit Übersetzungen zu tun, wo man sich vielleicht öfter die Mühe machen sollte, das Originallibretto intensiver mit dem deutschen Text zu vergleichen. Aus Zeitgründen ist dies leider allzu oft nicht möglich. In jedem Fall muss der Leser auf 1.152 Seiten irgend etwas finden, was ihm zur Fortbildung gereicht, man sollte sich jedoch darauf gefasst machen, bisweilen etwas Flüssigkeit zum Begießen vorrätig zu halten, damit die Trockenheit nicht allzu sehr staubt.

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Sachbuch Unterhaltung

Karl Shaw – Das Lexikon der Geschmacklosigkeiten

Torte(c)Lichtbild Austria/PIXELIO

Terry Kath, der Gitarrist der US-Band Chicago, hielt sich 1978 auf einer Party in seinem Haus eine Pistole an den Kopf, die er irrtümlicherweise für nicht geladen hielt.

Eine Sammlung von ähnlich spannenden Weisheiten findet man in Karl Shaws Lexikon der Geschmacklosigkeiten. Wer sich an solchen Informationen ergötzen kann, findet hier jede Menge Material. Über diesen Geschmack möchte ich jetzt gar nicht diskutieren.

Kaiserin Elisabeth von Österreich (1837-1898). Am 10. September 1898 hielt sich die Gemahlin des österreichischen Kaisers Franz Joseph in Genf auf und wollte gerade an Bord eines Schiffes gehen. Auf dem Weg vom Hotel zur Anlegestelle stach ihr der 26-jährige italienische Arbeiter Luigi Lenchini mit einer Feile in die Brust. Der Mörder gab später zu, dass er persönlich gar nichts gegen die Kaiserin hatte und eigentlich König Umberto II. von Italien töten wollte, sich aber die fünfzig Lire nicht leisten konnte, die die Fahrt bis nach Rom gekostet hätte.

Wäre diese Anekdote nicht auf den letzten Seiten des Buchs verewigt, hätte ich das Buch tatsächlich vorzeitig weggelegt. In jedem Fall hieß der Attentäter Luigi Lucheni. Geläufig ist mir aus der Elisabeth-Biografie von Brigitte Hamann, dass Lucheni eigentlich den Herzog von Orleans ermorden wollte, diese jedoch nicht am geplanten Tag eintraf. Ob die Geschichte mit Umberto von Italien stimmt, kann ich also nicht nachweisen (persönlich sowieso nicht und auch nicht mit Quellen), aber hier zeigt sich auf jeden Fall, dass nicht genau recherchiert wurde. Wie glaubwürdig sind also die anderen Anekdoten zu beurteilen?

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Roman Unterhaltung

Ildefonso Falcones – Die Kathedrale des Meeres

Fisch(c)TiM-Caspary/PIXELIO

Während sie so sprachen, wurde es Nacht, eine sternenklare, laue Mittelmeernacht. Eine Weile saßen die drei still da und genossen die Ruhe und den Frieden in dem kleinen Gärtchen hinter Hasdai Crescas Haus. Schließlich wurden sie zum Essen gerufen, und zum ersten Mal, seit er bei diesen Juden lebte, sah Arnau in ihnen Menschen wie seinesgleichen, mit einem anderen Glauben, aber so gut und so mildtätig, wie es die frommsten Christen nur sein konnten. An diesem Abend aß er gemeinsam mit Hasdai und sprach, bedient von den Frauen des Hauses, ohne Bedenken den Genüssen der jüdischen Küche zu.

Das Buch erzählt die Geschichte von Arnau Estanyol, der bereits als Kind mit seinem Vater die Besitzungen seines Vaters verlassen muss. Als freier Bürger, aber arm, wächst er in Barcelona auf und arbeitet sich langsam als Bastaix in der Zunft hoch. Arnau erweist sich immer wieder als gerechter Mensch, der keine religiösen Vorurteile pflegt und stets das Beste in den Menschen sieht. So sehr im dies zur Ehre gereicht und ihm den Respekt der Bürger Barcelonas einträgt, seine früheren Verwandten und Bekannten verfolgen ihn rachsüchtig und bringen ihn schließlich vor die spanische Inquisition.

Ein spannend geschriebener historischer Roman, die perfekte Urlaubslektüre, wenn man gleichzeitig mit den Füßen in einem See baumeln kann. Oder abends im Hof sitzt bei einem kühlen Getränk.

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Roman

Clemens J. Setz – Söhne und Planeten

Tropfen(c)Ilona Martin/PIXELIO

Wie alle Schriftsteller, die in der Gesellschaft von Frauen aufgezogen worden sind und die ihre Sexualität aus Lust und Notwendigkeit in ihr Werk integrieren, habe ich eine Art von selbstverständlicher Obsession für weibliche Verhaltensweisen, Körper, Beziehungen und Eigenschaften. Wahrscheinlich ist nichts weniger überraschend als diese Feststellung, denn jeder kann ja nur über die Dinge schreiben, die er am besten kennt.

Ich kann mich noch erinnern, dieses Buch auf die Wunschliste gesetzt zu haben aufgrund einer euphorischen Rezension in einer großen österreichischen Tageszeitung. Das Werk wurde als kreativ erzähltes Romanwerk beworben und bejubelt. Tatsächlich scheint es eher eines dieser Werke zu sein, dass die Buchkritiker schon allein deshalb bejubeln, weil sie sich nicht die Zeit nehmen, das Gewirr an episodenhaften Erzählungen tatsächlich zu hinterfragen.

Du sitzt im Bus und denkst nichts Böses, auch nichts Besonderes, schon gar nichts Poetisches. Plötzlich aber hebt hinter dir eine Frau ihr Mobiltelefon ab, seufzt und buchstabiert den geheimnisvollen Wortkomplex „Serotonin Reuptake Inhibitor“. Gleichzeitig fällt dein Blick durch das tropfenverschmierte Fenster auf einen Spielplatz, wo ein erwachsener Mann in kurzen Radlerhosen auf einer Schaukel sitzt und sich hin und her wiegt.

Viele der erzählten Begebenheiten sind poetisch beschrieben und lenken den Blick auf die Kleinigkeiten des Alltags, die man oft aus Hektik übersieht. Aber das große Ganze will sich von allein nicht entwickeln, die Teile passen einfach nicht zusammen.

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Krimi Roman

Thomas Raab – Der Metzger muss nachsitzen

Wein(c)Marko Greitschus/PIXELIO

Nun liegt es in der Natur der Raucher, schon allein wegen ihrer alles anderen als reinlichen Sucht, dass sie leicht schmuddelige Räumlichkeiten einem gepflegten Büro vorziehen. Logisch, dass der Metzger nun mutterseelenallein in diesem sterilen Zimmer hockt.

Auch der österreichische Autor Thomas Raab hat einen sympathischen Krimihelden geschaffen, der allerdings im Vergleich zu Volker Kutschers Kommissar Gereon Rath so eigentlich gar nichts mit Verbrechen zu tun hat. Willibald Adrian Metzger ist Restaurator, militanter Nichtraucher und Weinliebhaber. Dem Wein spricht er schon mal ausgiebig zu und stolpert dann per Zufall über die Leiche eines ehemaligen Schulkollegen. Wäre nicht die Leiche verschwunden, als er mit dem Polizisten Pospischill – ebenfalls ein ehemaliger Schulkamerad – wiederkommt, würde das den Metzger nicht besonders betrüben.

Im Laufe dieses Romans muss der Metzger den sicheren Hafen seiner Werkstatt verlassen, um dem Geheimnis des Todes seiner Schulkollegen auf den Grund zu gehen. Dabei trifft er auf viele ihm wohlgesinnte Menschen und söhnt sich im Rahmen eines Klassentreffens mit den Schulkollegen aus, die ihm damals so zugesetzt haben. Den der ermordete Dobermann hat dem Metzger damals so manche Gemeinheit zugefügt. Rund um den toten verschwundenen Dobermann entwickelt sich ein kompliziertes Geflecht aus Geheimnissen, das der Metzger Stück um Stück aufdeckt, wobei er sich natürlich selbst zusehends in Gefahr bringt. Schließlich wird der militante Nichtraucher Metzger gerettet – durch eine Zigarre.

Ein großartiger Krimi, ganz in der Tradition von Wolf Haas, sprachlich deutlich österreichisch, mit Betonung auf die Eigenheiten unserer Gesellschaft, mit freundlichem, spitzbübischem Blick auf das Leben in diesem Land. Zugreifen!

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Krimi Roman

Volker Kutscher – Der nasse Fisch

Berlin, Alexanderplatz(c)Jim Pfeffer/PIXELIO.jpg

„Mein erster Einsatz als Betonarbeiter“, meinte Schwartz, als er ab den Obduktionstisch trat.
„Das glaube ich, Leichen in Beton sind eher selten, nicht wahr?“ Rath hoffte, dass Schwartz ihm die Nervosität nicht anmerkte, mit der er hier hereinspaziert war.
„Darauf würde ich nicht wetten, mein Freund“, entgegnete Schwartz. „In Berlin wird viel gebaut. Und so manchem Toten gönnt man kein ordentliches Grab.“

Dass Kriminalkommissat Gereon Rath den Toten selbst auf dem Gewissen hat, weiß der Pathologe natürlich nicht und dieses Geheimnis muss Rath auch noch lange allein mit sich herumtragen. Wegen eines Schusswechsels mit Todesfolge wurde er auf Betreiben seines Vaters von Köln nach Berlin versetzt – zur Sitte, wo ihm nach Ansicht seines Vaters nichts zustoßen kann. Rath mischt sich jedoch schnell in die Mordermittlungen ein, mit dem Ziel die Abteilung Sitte alsbald zu verlassen. Dadurch gefährdet er nicht nur die aufkeimende Beziehung zur Stenotypistin Charlotte Ritter, sondern gerät auch in einen Bandenkrieg, der sich schließlich als Korruptionsskandal entpuppt.

Rath las die Akte in seinem Büro, in dem ihn heute nicht einmal Erika Voss störte. Die beiden Russen waren an jenem Tag in eine Schlägerei mit Kommunisten geraten. Und dabei hatten sie etwas zu gründlich zugelangt. Einer der Roten saß seitdem im Rollstuhl, dem anderen hatte man einen Arm amputieren müssen. Selenskij und Fallin hatten zugegeben, an der Schlägerei beteiligt gewesen zu sein, aber bestritten, an den schlimmen Verletzungen Schuld zu tragen, und waren daher mit einem milden Urteil davongekommen. Kein Wunder, dass Böhm die Akte wieder weggestellt hatte.

Raths Karriere in der Mordkommission beginnt mit den Ermittlungen in einem Fall, den er sehr genau kennt: Er selbst ist der Mörder. Im Zuge der Vertuschungsaktion (schließlich will er den Fall möglichst schnell zu den „nassen Fischen“ – den ungelösten Fällen – stellen) stellt er nicht nur fest, dass die unwahrscheinlichsten Personen für die jeweilige Gegenseite tätig sind. Auch an weiteren Leichen wird nicht gespart, höchst langsam entwirrt sich das Gespinn an Fäden, das das Netz dieses Krimis bildet. Die stets bedrohlich im Hintergrund schwirrende politische Situation im Berlin des Jahres 1929 gibt dem Krimi eine zusätzliche Würze. Zum Glück hat Volker Kutscher seinen Kommissar Rath noch in weitere Ermittlungen verwickelt.