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Roman

Schulamit Meixner – ohnegrund

Ich müsste mir echt mal Notizen machen, warum ich ein bestimmtes Buch auf die Leseliste setze. Bei diesem weiß ich noch, dass ich kürzlich eine Rezension darüber gelesen habe, aber mehr schon nicht mehr. Weder in welchem Medium, noch was den Ausschlag gab. In der Onlinebücherei stolperte ich dann (zufällig?) darüber?

Der Roman beschreibt eine Familiengeschichte. Amy geht auf Betreiben ihrer lieblosen Eltern nach Tel Aviv, wo ihr Vater ihr einen Platz an der Kunstuni verschafft hat. Da ihr Cousin sie nicht vom Flughafen abholen kann, landet sie zufällig in den Armen von Nimrod, der sie bei sich aufnimmt und schließlich ihr Ehemann wird. Die Ehe bleibt nicht unbelastet, Nimrod verfolgt weiterhin seine eigenen Ziele, während Amy sich nur schwer im Leben zurechtfindet.

Um nicht die ganze Geschichte preiszugeben, sei nun abgekürzt gesagt, dass der Roman mit einem herrlich altklugen Kommentar von Amys und Nimrods Tochter Sharona endet. Jedem Kapitel ist ein Wetterbericht vorangestellt, der tiefere Sinn dahinter hat sich mir nicht erschlossen. Mitfühlend geschrieben, das Glanzlicht bleibt der Schluss. Ein wirklich guter Schluss und wie oft kann man das schon sagen?

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Roman

Ilija Trojanow – Eistau

Unvermutet flammt die Sonne hinter einem diesigen Vorhang auf, ein Parameter der Endlichkeit. Das Leuchten hält einige Wellenschläge an, bevor es wieder verschwindet und der Sturm im Zwielicht weitertobt.

Der gealterte Gletscherforscher Zeno muss mit ansehen, wie das Eis von der Erde verschwindet. Er brütet über den Verfehlungen der Menschen und erkennt in den schwindenden Gletschern seine eigene Sterblichkeit.

Das bist du, Zeno, mit Fallgeschwindigkeit stürzt du ins Nichts, auf der Kreidezeichnung des nächsten Augenblicks bist du schon nicht mehr zu sehen.

Ein Notruf als Kunstprojekt, eine Frau, die von einem Pinguin gebissen wird und dadurch eine schlimme Infektion erleidet … alles erscheint Zeno als Beweis für die Dummheit und Ignoranz seiner Mitmenschen. Ich bin es müde, Mensch zu sein. Nach einem peinlichen Zusammenstoß mit einem Soldaten kann er die Gesellschaft seiner Mitreisenden nicht mehr ertragen.

Mich hatte das Eis-Thema an ein Buch erinnert, das ich vor Jahren gelesen habe (dank dem Blog kann ich nun nachvollziehen, dass es bereits 2007 war): Die Schrecken des Eises und der Finsternis. Doch fühlte ich mich damals trotz der anderen Zeitebene deutlich mehr verbunden mit den Protagonisten. Trojanows unaufgeregte Sprache nimmt den emotionalen Dramen des Wissenschaftlers Zeno die Intensität, ich fühlte mich stets unbetroffen von seinen Aufregungen, obwohl ich selbst nicht verstehen kann, wie achtlos viele Menschen mit der Umwelt umgehen. Tatsächlich erscheint Zeno, der im Sinne der Umwelt kompromisslos handelt, als verrückter Professor, der gegen Windmühlen kämpft und dabei schließlich den Verstand verliert.

Endlich allein. Auf ruhiger See und nicht auf einer Woge der Geschichte, allein auf einem Kreuzfahrtschiff, das sich mit einem Joystick lenken lässt, als sei die Fahrt durch die Eisinseln längst nur noch ein Computerspiel.

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Roman

Thomas Glavinic – Die Arbeit der Nacht

Er wanderte umher. Sein Blick fiel auf die Garderobe. Wieder hatte er das Gefühl, etwas stimme nicht. Diesmal erkannte er, woran es lag. An einem Haken hing eine Jacke, die ihm nicht gehörte. Die er vor einigen Wochen bei Gil in der Auslage gesehen hatte. Sie war ihm zu teuer gewesen.

Wiederum erforscht Thomas Glavinic die menschlichen Emotionen. Als Jonas am Anfang des Romans aufwacht, scheint noch alles in Ordnung zu sein, doch als er seine Wohnung verlässt, bemerkt er, dass keine Menschen auf der Straße sind. Kein Morgenverkehr, auch kein Vogelgezwitscher, denn auch alle Tiere sind verschwunden. Zuerst ungläubig sucht Jonas die Wohnung seines Vaters, sein Büro und die Wohnung eines Kollegen auf. Vergeblich. Nachdem er ihn Wien alle möglichen Orte besucht hat, verlässt er die Stadt, um auch über den Grenzen nach menschlichem Leben zu suchen. Und findet weiterhin nur Einsamkeit.

Er hatte das Gefühl, jede Sekunde könnte ihn von hinten eine Hand fassen. Es wich, als der Nebel auflockerte. Bald waren die Bäume am Straßenrand zu sehen, schließlich auch die blumengeschmückten Pensionen, an denen er vorbeikam.

Die Einsamkeit scheint Jonas nicht direkt zu beunruhigen, doch zusehends fühlt er sich verfolgt. Es scheint widersinnig, dass er sich gerade verfolgt fühlt, wo er doch seit Tagen und später Wochen niemandem begegnet ist. Als er sich bei einem Ausflug auf den Kanzelstein, ein ehemaliges Urlaubsziel seiner Familie, im Wald verirrt, ist Jonas schließlich dem Wahnsinn nahe. Obwohl niemand da ist, der ihn gefährden kann, weder Mensch noch Tier, läuft Jonas mit einem Gewehr herum und fürchtet sich vor dem Wolfsvieh, das ihn in seinen Träumen verfolgt.

Es ist erschreckend, wie sich die Persönlichkeit des Protagonisten zu spalten scheint. Er beginnt, sich im Schlaf zu filmen, nennt die gefilmte Person jedoch „den Schläfer“. Das scheint sich selbst ad absurdum zu führen, als er bei laufender Kamera wach und bewusst in die Kamera winkt und sagt „Ich bin es, nicht der Schläfer“. Beim späteren Ansehen scheint es dann doch der Schläfer gewesen zu sein.

Den Blick unverwandt auf den Glockenturm des Doms errichtet, fühlte er plötzlich den Wunsch, ein Kind zu sein. Eines, das Marmeladenrote bekam und Saft. Das auf der Straße spielte und schmutzig heimkam und für eine zerrissene Hose gerügt wurde. Und das dann von den Eltern in die Badewanne gesteckt und zu Bett gebracht wurde.

Beim Lesen dachte ich am Anfang oft darüber nach, auf welche Produkte Jonas bald verzichten wird müssen. Es erschien mir befremdlich, dass er nicht einen einzigen Gedanken daran verschwendet, dass er bald nichts Frisches mehr zu essen haben wird. Er ernährt sich auch zusehends aus Konserven, die finden sich überall. Ohne Tiere lassen sich auch keine Milchprodukte herstellen, selbst wenn Jonas die Geduld fände, herauszufinden, wie man es macht. Doch tatsächlich vergehen bis zum Ende des Romans nur wenige Wochen, solange dürfte die Haltbarmilch ausreichen.

Stück für Stück scheint der Wahnsinn Jonas einsame Seele zu überwältigen. Er versucht schließlich, nach England zu reisen. Dabei muss er sich wachhalten, denn der Schläfer bringt ihn nachts stets wieder zurück und will ihn nicht zu seinem Zielort gelangen lassen. Der mangelnde Schlaf treibt Jonas endgültig zur Verzweiflung. Und letztendlich wird klar, dass ihm von Anfang an nur er selbst gefährlich werden konnte. Wenn man so allein ist, kann man sich nur vor sich selbst fürchten.

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Klassiker Roman

Charles Dickens – David Copperfield

And now I fell into a state of neglect, which I cannot look back upon without compassion. I fell at once into a solitary condition,– apart from all friendly notice, apart from the society of all other boys of my own age, apart from all companionship but my own spiritless thoughts,– which seems to cast its gloom upon this paper as I write.

Charles Dickens also. Nachdem ich hiermit endlich durch bin, kann ich wohl sagen, er ist einfach nichts für mich. Weltliteratur – ja, vielleicht. So viele Vorleser können schließlich nicht irren. Und retrospektiv betrachtet, verstehe ich jetzt auch, warum John Irving in Gottes Werk und Teufels Beitrag seinen Dr. Larch den Waisenbuben daraus vorlesen lässt (der aktuelle Anlass für mich, diesen Wälzer endlich aus dem Regal zu nehmen). Aber für mich scheint der einfach nicht zu passen. Charles Dickens als Autor, meine ich. Das zeigte sich schon mit Große Erwartungen. Vor langer Zeit gelesen, Film gesehen, Theaterstück gesehen (im Renessaincetheater, erinnere mich nicht mehr genau, wann) und doch mit der Geschichte niemals warm geworden. Ähnlich ging es mir mit Oliver Twist.

But the agony of the mind, the remorse, and shame I felt, when I became conscious next day! My horror of having committed a thousand offenses I had forgotten, and which nothing could ever expiate – my recollection of that indelible look which Agnes had given me – the torturing impossibility of communicating with her, not knowing, beast that I was, how she came to be in London, or where she stayed – my disgust of the very sight of the room where the revel had been held – my racking head – the smell of smoke, the sight of glasses, the impossibility of going out, or even getting up! Oh, what a day it was!

Aber nun zu David Copperfield. Schon als Junge lernt er die Härten des Lebens kennen, sein Vater verstorben, seine Mutter erliegt einem Tyrannen, der sie psychisch schließlich bis in den Tod foltert und den jungen David dann schnellstmöglich los wird. So landet er auf sich selbst gestellt in London und arbeitet sich Stück für Stück hoch zum bekannten Autor. Dabei kann er immer wieder auf die Hilfe des bis zuletzt glücklosen Mr. Micawber zählen. Sein ehemaliger Schulkollege Steerforth führt David auf Abwege und entführt schließlich das Mädchen Emily, die David wie eine Schwester nahesteht. Der Schrecken seiner Jugend, Uriah Heep, verfolgt Copperfield lange Zeit, doch letztendlich findet er seine gerechte Strafe. Seine Jugendfreundin Agnes steht ihm stets zur Seite, auch, als er sich in Dora verliebt, ein pink aufgerüscheltes, dummes Blondchen, das sich nach der Heirat als äußerst unfähige Hausfrau erweist.

I had always felt my weakness, in comparison with her constancy and fortitude; and now I felt it more and more. Whatever I might have been to her, or she to me, if I had been more worthy of her long ago, I was not now, and she was not. The time was past. I had let it go by, and had deservedly lost her.

Was ich gerade so kurz zusammenfasse, zieht sich über viele 100 Seiten, oft steht die altmodische englische Sprache einem einfachen Verständnis des Geschehens im Weg (jaja, mein eigenes Problem, ich weiß), oft bringen auch die altmodischen Gesellschaftsdiktate der damaligen Zeit durcheinander. Ich will mich nicht aufschwingen, zu behaupten, Dickens wäre nicht mehr zeitgeistig, aber für mich war es das mit ihm. Die Plage, diese 716 Seiten im englischen Original zu lesen, war lang und oft wollte ich es bleiben lassen. So sollte Lesen eigentlich nicht sein, daher wende ich mich in nächster Zeit erfreulicherer Literatur zu. Mein Kindle-Archiv ist bis Auf 1Q84 leer und daher müssen dringend Bücher gekauft werden. Und der Büchereiausweis verlängert … für mehr Lesespaß 2013!

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Roman

Janne Teller – Nichts. Was im Leben wichtig ist

„Wenn es etwas gibt, über das es sich lohnt sauer zu werden, gibt es auch etwas, worüber es sich lohnt sich zu freuen. Wenn es etwas gibt, über das es sich lohnt sich zu freuen, gibt es auch etwas, was etwas bedeutet. Aber das gibt es nicht!“

Diesen Roman hatte ich seit Längerem auf der Liste und über Weihnachten dann mal in der Onlinebücherei angefordert. Regelrecht schade, dass ich nicht mehr weiß, aus welcher Richtung mir der zugeflogen ist, denn es ist ein bedrückendes, schockierendes, düsteres Meisterwerk.

Eine dänische Schulklasse ringt mit einem Aussteiger. Pierre Anthon hat sich in den Zwetschgenbaum verkrochen und terrorisiert seine Mitschüler mit philosophischen Weisheiten über die Nicht-Bedeutung des Lebens. Die wollen sich das nicht gefallen lassen und dem Besserwisser beweisen, dass es doch eine Bedeutung gibt.

Ihre Ruhe hatte etwas Unheimliches. Trotzdem schien sie sich auf uns andere zu übertragen. Das, was geschehen sollte, war ein notwendiges Opfer in unserem Kampf für die Bedeutung. Alle mussten ihren Teil beitragen. Wir hatten unseren beigetragen. Jetzt war Jan-Johan an der Reihe.

Die Schüler beginnen, Dinge, die ihnen wertvoll sind, zu einem Berg aus Bedeutung zusammenzutragen. Doch nicht sie selbst, sondern jeweils die Mitschüler bestimmen, was sie abgeben müssen. Die Erzählerin Agnes kommt mit ihren neuen grünen Lieblingssandalen noch glimpflich davon. Jeder Schüler denkt sich für den Nächsten aus Rachegelüsten stets Schlimmeres aus. So muss ein Hamster dran glauben, ein Kindersarg ausgegraben werden und letztendlich machen die Schüler auch vor den eigenen Körpern nicht mehr halt. Mit Jan-Johans letztem Opfer fliegt das Geheimnis schließlich auf und die Geschichte nimmt einen noch beängstigenderen Verlauf. Denn Pierre Anton zeigt sich völlig unbeeindruckt und will den Berg aus Bedeutung nicht mal besichtigen.

Mich erinnert die Geschichte geringfügig an „Die Welle“, das ich vor vielen Jahren im Schulunterricht lesen musste und wo ich schon damals nicht verstehen konnte, warum alle mitmachen, warum keiner aufschreit und aussteigt und darauf hinweist, wie unsinnig all das ist. So ging es mir auch stellenweise bei diesem Roman, wo bei jedem zweifelhaften Stück Bedeutung die Gruppe gewinnt. Sofies Unschuld ist hier ein wichtiger Wendepunkt: die Unversehrtheit der Beteiligten muss der Bedeutung unterliegen. Die Bedeutung steht über allem. Was bewegt die Jugendlichen zu ihrer verzweifelten Suche? Sogar die Gläubigen unter ihnen beteiligen sich und liefern ihren jeweiligen Glauben der Bedeutung aus. Die Gruppe und die Bedeutung stehen sogar über dem Glauben. Ein Roman, der zum Nachdenken anregt. Über Bedeutung. Was im Leben wichtig ist.

„Ist die Bedeutung denn nicht wichtiger als alles andere?“

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Krimi Roman

Wolf Haas – Der Brenner und der liebe Gott

Und noch einer im Boot der Krimikameraden. Der Brenner-Nachzügler von Wolf Haas, als der mit dem Brenner eigentlich schon fertig war. Und so ist der Brenner über weite Strecken dieses Romans nicht der Brenner, sondern der Herr Simon – pensionierter Polizist, der sich als Chauffeur für einen Baulöwen und dessen Familie seine Brötchen verdient.

„Fanatismus“ hat der Knoll so ausgesprochen, als hätte er eine verdorbene Buchstabensuppe gefrühstückt, in der nur Anführungszeichen drinnen waren, die ihm in diesem Moment hochgekommen sind.

Es bleibt beim bekannten Plauderton, in dem die Brenner-Geschichten auch bisher illustriert waren, daher schwimmt man die Geschichte auch wie einen Fluss hinab. Allzuviel kann man nicht sagen, denn Kindesentführung, fanatische Abtreibungsgegner, Freunderlwirtschaft und Korruption vereinen sich zu einem nicht vorhersehbaren Mordausmaß, das der Brenner nur knapp überlebt. Und auch was der liebe Gott eigentlich damit zu schaffen hat, muss sich der geneigte Leser schon selbst erlesen. In Form geblieben. Der Brenner, wie er leibt und lebt.

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Krimi Roman

Robert B. Parker – Trügerisches Bild

Er hatte keinen Grund anzunehmen, dass er verfolgt wurde, also hatte er auch keinen Grund, irgendwelche Tricks zu versuchen. Und er wurde natürlich von einem Ass beschattet. Ich folgte ihm.

Im direkten Vergleich zum ach so bürgerlichen Brunetti zeigt sich der Detektiv dieses Romans großmäulig – und ansonsten ebenso bürgerlich. Detektiv mit Frau und verliebtem Hund, immerhin blitzt zwischendurch etwas wirklich Witziges auf, man könnte beinahe sagen, es ähnelt trockenem Humor.

„Und was, wenn sie versuchen, mich zu töten?“ – „Versuchen Sie, das zu vermeiden.“

Ansonsten zeigt sich Spenser als großmäuliger Angeber, der den Fall am Ende natürlich löst. Der Fall selbst erweist sich als komplex, das Ende kommt dann doch schneller als gedacht. Mit einer Auflösung aller Details sollte man sich nicht allzulange aufhalten, nachdem der Mörder selbst den Tod gefunden hat (im Lauf eines Gewehrs).

Er zählte zu den zwei Besten, die ich kannte. Ohne meinen Vorsprung in Sachen Charme und ansprechendem Erscheinungsbild hätte er glatt mit mir gleichgezogen.

Man wünscht ihm fast schon, dass er endlich mal eine abbekommt …

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Krimi Roman

Donna Leon – Feine Freunde

Er dachte an Paola, die gesagt hatte, wie froh sie sei, dass sie an Drogen nie etwas gefunden hatte, weil sonst alles mögliche hätte passieren können; er selbst besaß nicht ihre Aufgeschlossenheit und hatte Drogen nie probiert, auch als Student nicht, als alle um ihn herum dieses oder jenes rauchten und ihm versicherten, nur so könne er seinen Geist von den beengenden Vorurteilen des Bürgertums befreien. Sie hatten sich nicht vorstellen können, wie sehr er damals nach bürgerlichen Vorurteilen strebte, nach allem Bürgerlichen überhaupt.

Da hat sich diesmal ein sehr bezeichnender Satz gefunden, der möglicherweise auch eine Antwort an all jene schickt, die den Kommissar Brunetti stets für seine Bürgerlichkeit verachten. Auch ich kann nicht verhehlen, dass ich abgründige Charaktere im Allgemeinen spannender finde. Wenn man sich jedoch auf Brunetti einlässt, dann findet man mit „Feine Freunde“ einen relativ vielseitigen Krimi, der mit Drogensucht, Zinswucher und Korruption gleich mehrere heiße Themen behandelt und zu einem großen Ganzen verknüpft. Nicht überragend ist allerdings das Ende, das sich anfühlt, als hätte die Autorin noch dringend einkaufen müssen. Beinahe erwartungsgemäß.

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Roman

Zsuzsa Bank – Die hellen Tage

Selten weiß man am Beginn des letzten Absatzes eines Buches so offensichtlich, dass es der letzte Absatz sein wird. Nicht, weil man sieht, dass der Rest der Seite leer ist oder weil man sieht dass es die letzte Seite ist. Denn so genau weiß man das am Kindle nicht. Bei 99% können noch mehrere Seiten Roman kommen oder vom Verlag für unverzichtbar befundene Informationen. In diesem Fall wusste ich inhaltlich, das kann nur der letzte Absatz sein. Weil der Schluss einfach stimmt.

Aja war durchs große Tor über die grauen Steinstufen und die Backsteingänge unserer Schule gelaufen und hatte alles sofort in Besitz genommen, als hätten sich die Dinge um sie angeordnet, sobald sie aufgetaucht war, als habe sie jeden Winkel, jede Tür und hinter den Treppen jeden Gang sogleich gekannt und sich darum so sicher und leicht bewegt, sicherer und leichter als alle anderen zwischen Formeln und Fragen, zwischen Zahlen und Wörtern, die sie auseinandernahm und zusammensetzte, wie es ihr einfiel, und mit denen sie zu jonglieren wusste, so wie Zigi mit den Reifen aus Holz, die er hintereinander hochjagte und mit den Füßen auffing.

Aber nicht nur der Schluss stimmt, sondern auch alles, was davor steht. Es wäre falsch, zu sagen, dass die Geschichte dahinplätschert, weil man diese Formulierung zumeist als Kritik auffasst (ich selbst sehe das auch so). Es ist alles im Fluss und auch wenn Katastrophen das Leben der Protagonisten erschüttern, ist stets klar, dass es weitergeht.

Er und Aja nahmen die Welt auf ihre Weise auseinander und setzten sie nach ihrer eigenen Vorstellung wieder zusammen, Aja mit Formeln und Ziffern, mit denen sie den menschlichen Körper wie unter einer Lupe absuchte, und Karl, indem er seine Umgebung in Stücke teilte, passend zu den zwei Sekunden, die seinem Kopf die Zeit vorgaben und seinen Lebenstakt schlugen, als könne er noch immer Hinweise auf seinen Bruder finden, die Fetzen der Welt aneinanderreihen und so ihre Lücken schließen.

Der Roman erzählt die Geschichte der Kinder Seri, Aja und Karl – jedes für sich mit einer Familiengeschichte gezeichnet – und in Rückblenden auch die Geschichte ihrer Eltern, wobei die Mütter klar im Vordergrund stehen. Die Väter kommen nur als Nebenfiguren vor, obwohl sie die Geschichte durch ihre (Nicht-)Anwesenheit natürlich wesentlich beeinflussen.

Auch die Freiheit spielt eine große Rolle – die wahre Freiheit, die die drei Hauptpersonen als Kinder genießen – und die spätere eingebildete Freiheit, als sie nach Rom gehen, um sich von ihrem beschaulichen Leben im ländlichen Kirschblüte zu befreien. Doch von seiner Familiengeschichte kann man sich nicht befreien, sie begleitet einen durchs ganze Leben.

Dieser Roman hat mich durch einige der dunkelsten Tage (und Nächte) dieses Jahres begleitet und ich wüsste keinen, der besser gepasst hätte. Ein Zufallstreffer übrigens, auf den ich gestoßen bin, als ich dringend ein Kindle-Buch kaufen musste. Zum Verschenken, Selberlesen und Teilen. Möglicherweise mein Buch des Jahres.

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Krimi Roman

Uwe Klausner – Die Bräute des Satans

Gegen seinen Willen, als drücke ihm jemand das Kinn in die Höhe, hob der Mörder von Bruder Severus schließlich den Blick. Und erkannte mit Entsetzen, weshalb der Bockbeinige die Mehrzahl benutzt hatte.

Da muss erst Weihnachten kommen und die interessante Erkenntnis, dass ich tatsächlich einen Blogeintrag unter den Tisch fallen haben lassen, den ich nachträglich nicht mal mehr einsortieren kann. In der Kindle-App am iPad – wie, da soll ich schon bei 80% sein? – das muss ein Fehler sein. Genaueres Hinschauen ergab dann, dass ich sogar schon bei 100% war … allerdings verstehe ich nachträglich schon, warum ich das schnell vergessen wollte …

Ein Mönch, der im Kloster Mordfälle löst. Äußerst blumige Sprache, deutlich unpassend für die angepeilte mittelalterliche Zeit und auch der Kriminalfall ist eher unoriginell. Ist nun der Mörder vom Teufel besessen? Will das ein mittelalterliches CSI sein oder eher Sleepy Hollow? Der Autor konnte sich offenbar nicht entscheiden.

Eine unschuldig angeklagte Hexe, ein dämonischer Inquisitor, ein gepeinigter Schüler (Anleihen bei Der Name der Rose?) – viele Bestandteile, die am Ende zwar einen Roman ergeben, jedoch keinen, der sonderlich im Gedächtnis bleibt. Offensichtlich.