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Roman

Emily St. John Mandel – Sea of Tranquility

CN: Pandemie, Suizid eines Familienmitglieds (möglicherweise noch mehr, das ich leider nicht rekonstruieren kann)


What is time travel if not a security problem?

Leider kann ich diesem großartigen Buch aufgrund Verschleppung des Posts wegen massiver Überlastung in unterschiedlichen Bereichen nicht mit einer Beschreibung gerecht werden, die ihm eigentlich zustünde.

Stattdessen möchte ich sagen: es hat einen guten Grund, warum dieses Buch so lange nicht verfügbar war in der Overdrive eLibrary, warum immer wochenlange Vormerkungen vorlagen und ich jetzt einfach schnell zugegriffen habe, als es einmal zu haben war.

Einziger Ausschlussgrund, um dieses Buch nicht zu lesen: Wenn du mit dem Konzept der Zeitreise grundsätzlich nichts anfangen kannst. Wenn dir diese Vorstellung aber in irgendeiner Weise interessant erscheint und du dich irgendwann mal gefragt hast, was du selbst tun würdest, wenn du vor der Entscheidung stehst, die Vergangenheit zu verändern, dann lies dieses Buch, du wirst es nicht bereuen. Große Empfehlung von mir. 

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Roman

Andri Snær Magnason – Lovestar

CN dieses Buch: Suizidgedanken, Suizidversuch, Sterben, Geschlechtsteile, sexuelle Handlungen, Weltuntergang
CN dieser Post: –


All dies würde unausweichlich geschehen, wenn sie den Ort fänden, an dem die Gebete endeten. Nichts hält eine Idee auf, nichts kann verhindern, dass eine Möglichkeit voll ausgeschöpft wird.

Eine derart beängstigende und gleichzeitig wahnwitzig unterhaltsame Zukunftsvision habe ich in meinen Dystopie-Studien der letzten Jahre noch nicht erlebt. Dieser Roman aus dem Jahr 2002 hat manches vorausgesehen, das in den 20 Jahren seit seiner Erscheinung bereits Wirklichkeit geworden ist, wenn auch die Überwachung und die Eingriffe in die Gedanken, Körper und Leben der Menschen im Roman deutlich invasiver sind, als wir es heute kennen.

In einer von Stimmungsabteilungen gesteuerten durchkapitalisierten Welt werden Menschen nicht mehr begraben sondern mit Raketen ins Weltall geschossen, um dort zu verglühen. Die Liebe wird durch einen Computeralgorithmus berechnet, der die von den Menschen ausgesendeten Wellen miteinander abgleicht und Übereinstimmungen miteinander verknüpft. Als der Kopf des weltumspannenden Unternehmens LoveStar schließlich entdeckt, dass Menschen trotz aller Kontrolle noch immer Gebete an eine höhere Macht richten, entgleitet ihm das Projekt.

Immer wieder rechtfertigen die Charaktere in der Geschichte ihre Handlungen mit dem Satz: „Wenn ich es nicht tue, macht es jemand anders.“ Jede fragwürdige Handlung wird dadurch legitimiert, dass sich die Idee (aus dem obigen Zitat) ohnehin nicht aufhalten ließe. Diese Argumentation begegnet uns oft im Hinblick auf Technologien oder Datensammlungen. Alles, was möglich ist, wird irgendwann getan werden, mögen auch heutige Gesetze dies verbieten (wenn auch nicht zwingend verhindern).

Das Buch ist mir in einer Lithub-Sammlung isländischer Werke begegnet, hätte aber nach meiner Meinung eine weitaus breitere Rezeption verdient. Es versteckt tiefe Gedanken über die Entwicklung unserer Welt in einer extrem unterhaltsamen Geschichte. Mein Highlight-Moment: als der Reißverschluss im Bauch des Großen Bösen Wolfs (der eigentlich eine Wölfin ist) das erste Mal geöffnet wird.

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English Erfahrungsbericht Sachbuch

Atul Gawande – Being Mortal

CN dieses Buch: unheilbare Krankheit, Alter, Sterben, Einsamkeit, Depression, Armut
CN dieser Post: unheilbare Krankheit, Alter, Sterben, Depression


How did we wind up in a world where the only choices for the very old seem to be either going down with the volcano or yielding all control over our lives?

Der Autor und Mediziner Atul Gawande befasst sich in diesem Buch mit der Vergänglichkeit des menschlichen Lebens und den Problemen, Schwierigkeiten und Fragen, die sich Menschen stellen, wenn sie sich der Endlichkeit ihres Lebens stellen müssen. Anhand von Beispielen aus seiner eigenen Familie, aber auch vieler Schicksale seiner Patient:innen sucht er nach einem Weg, wie Menschen am Ende ihres Lebens bestmöglich betreut werden können.

She felt incarcerated, like she was in prison for being old.

Viele ältere Menschen stehen irgendwann vor dem Problem, dass sie sich allein in ihrem eigenen Zuhause nicht mehr ausreichend versorgen können. Inzwischen gibt es viele Möglichkeiten, dass diese Menschen Hilfe bekommen und so lange wie möglich im eigenen Zuhause leben können (in Niederösterreich zum Beispiel durch das Hilfswerk). Denn das Leben im eigenen Zuhause ist für viele alte Menschen der wichtigste Faktor für die eigene Lebensqualität.

The key word in her mind was home. Home is the one place where your own priorities hold sway. At home, you decide how you spend your time, how you share your space, and how you manage your possessions. Away from home, you don’t.

Mit dem eigenen Zuhause geht die Autonomie und Freiheit, über das eigene Leben zu entscheiden, Hand in Hand. In Pflegeheimen sind die Bewohner:innen mit strengen Zeitplänen konfrontiert, Abweichungen von diesen sind aufgrund der Unterbesetzung des Pflegepersonals und der straffen Organisation nahezu unmöglich. Das Aufgeben-müssen dieser Autonomie führt bei vielen alten Menschen umgehend in eine Depression und Lebensmüdigkeit. Aus institutioneller Sicht geht es in erster Linie darum, die Sicherheit der alten Menschen zu garantieren. Oft finden das auch die Angehörigen wichtiger als die Freiheit, eigene Entscheidungen treffen zu können.

Our lives are inherently dependent on others and subject to forces and circumstances well beyond our control. […] Whatever the limits and travails we face, we want to retain the autonomy – the freedom – to be the authors of our lives.

In einem weiteren Kapitel erklärt der Autor die Wichtigkeit der Palliativmedizin und der Hospizbewegung. Viele Menschen schrecken allein vor der Option zurück, da sie davon ausgehen, dass es dann nur noch ums Sterben geht (ich hatte das bisher auch so verstanden). In diesem Buch wird jedoch der Unterschied zwischen der traditionellen Medizin und der palliativen Betreuung anders erklärt: Konfrontiert mit einer schweren Krankheit setzen wir uns Therapien aus, die uns jetzt unsere Lebensqualität kosten (Operationen, Chemotherapie, Intensivpflege), um Zeit später zu gewinnen. In der Hospizpflege hingegen geht es darum, den Menschen JETZT ein möglichst erfülltes Leben zu ermöglichen. Der Zeithorizont verschiebt sich von der Zukunft in die Gegenwart.

This is what it means to have autonomy – you may not control life’s circumstances, but getting to be the author of your life means getting to control what you do with them.

Das Thema klingt sehr traurig und ich hatte das Buch auch lange auf der Liste. Jetzt hat es für mich aber gepasst und mir auch etwas Hoffnung gegeben.

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Roman Science Fiction

Philip K. Dick – Blade Runner

CN dieses Buch: Mord, Gewalt gegen Menschen und Tiere, Depression
CN dieser Post: Depression


Empathie existierte offenbar nur in der menschlichen Rasse, während man Intelligenz bis zu einem gewissen Grad bei jeder Art und jedem Stamm von Lebewesen bis hinunter zu den Spinnen antraf.

Meine Erinnerung an die Verfilmung mit Harrison Ford und Rutger Hauer aus dem Jahr 1982 ist mangelhaft. Mehr in Erinnerung ist mir der Blog Post von Typeset in the future, der sich intensiv mit der verwendeten Typographie, aber auch mit einigen anderen Unklarheiten des Films befasst.

Das Buch selbst befasst sich im Prinzip mit der Frage, was einen Menschen eigentlich menschlich macht. Androiden, also humanoide Roboter, werden einem Empathietest unterzogen. Sie sollen als moderne Sklaven dienen; wenn sie entkommen, werden sie von Prämienjägern gejagt. Der Empathietest ist neben einer Knochenmarksanalyse die einzige Methode, um mit relativer Sicherheit einen Androiden von einem Menschen unterscheiden zu können. Der Empathietest beinhaltet hauptsächlich Fragen zu Tieren, die rar und teuer sind in dieser Zukunftswelt, die durch Kriege gezeichnet sind. Was unterscheidet den Menschen vom Tier? Was unterscheidet den humanoiden Roboter vom Menschen? Ist ein Mensch, der seine Gefühlswelt von einer Einswerdungsbox (der unklar ausgearbeitete religiöse Teil scheint in der Verfilmung nicht vorzukommen, jedenfalls kommt die Person Mercer in der Cast-Liste nicht vor) oder einer Stimmungsorgel steuern lässt, tatsächlich noch menschlicher als ein Roboter?

Bis jetzt hatte er noch nie über die Ähnlichkeit zwischen einem elektrischen Schaf und einem Androiden nachgedacht. Das elektrische Tier, überlegte er, konnte als unterentwickelte Form des andern betrachtet werden, als eine Art minderwertiger Roboter.

Das Ende des Buchs betrachtend kann ich mir nicht vorstellen, dass in der Verfilmung nicht einiges geändert wurde. In dieser Form, die ich hier gelesen habe, scheint das Buch eher komplett unverfilmbar zu sein. Vielleicht werde ich mir den Film bei Gelegenheit nochmal ansehen.

Vielleicht könnte daraus eine Depression werden wie bei dir. Ich kann verstehen, wie du unter dem Gefühl leidest. Ich habe immer geglaubt, das mache dir Spaß, und du könntest dieses Gefühl nach Belieben abstellen, wenn schon nicht aus eigener Kraft, dann doch zumindest mit Hilfe der Stimmungsorgel. Aber wenn man so bedrückt ist, dann wird einem alles gleichgültig, weil man keinen Wertmaßstab mehr hat.

Nochmal kurz zurück zum Thema Stimmungsorgel und mentale/psychische Gesundheit: Nein, ein Depressionsgefühl lässt sich nicht beliebig abstellen. Nein, es macht keinen Spaß. Es ist nicht mal ein richtiges Gefühl, das sich beschrieben ließe, es ist mehr wie Eifersucht, die sich in unterschiedlichen Gefühlen (Verlustangst, Ärger, Minderwertigkeit, etc.) äußern kann. Die Gleichgültigkeit, dieses Gefühl, nichts zu wollen und nichts zu können, lässt sich nicht abstellen, Betroffene sind mehr oder weniger hilflos. Wer sich darüber informieren möchte, der*dem empfehle ich das Buch Der Schwarze Hund von Matthew Johnstone.

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Roman

Octavia E. Butler – Parable of the Talents

When we have no difficult, long-term purpose to strive toward, we fight each other. We destroy ourselves.

Nachdem Parable of the Sower mit einem Ausblick in ein neues Leben für Lauren und ihre Mitstreiter*innen endet, wollte ich natürlich erfahren, wie die Geschichte weitergeht. Der erste Teil wird allein aus Laurens Sicht erzählt, der zweite Teil ist eine Mischung aus Reflexionen von Laurens Tochter (die erst im Verlauf der Geschichte des zweiten Teils geboren wird), Laurens Tagebucheinträgen und kurzen Texten von Laurens Partner Bankole und Laurens Bruder Marcus. Diese Struktur gibt der Geschichte eine realistische Anmutung, als wäre die Geschichte nicht erfunden, sondern sorgfältig recherchiert und aus den verfügbaren Textbruchstücken zusammengesetzt.

How much of this nonsense does he believe, I wonder, and how much does he say just because he knows the value of dividing in order to conquer and to rule?

Lauren gründet mit ihrer Gruppe eine neue Siedlung namens Acorn. Mehrere Jahre arbeiten alle gemeinsam, bauen Häuser, lernen voneinander, versorgen sich selbst und treiben Handel mit umliegenden Dörfern. Laurens Religionskonzept Earthseed wächst und gedeiht ebenfalls. Die fanatischen Anhänger eines skrupellosen Politikers, der die USA zu einem christlichen Gottesstaat machen will, zerstören die Idylle und versklaven die Einwohner von Acorn mit ferngesteuerten Halsbändern. Eine Zeit der Qualen beginnt.

Dieses Buch behandelt so viele schwierige Themen. Da die Gesellschaft dermaßen aus den Fugen geraten ist, kann ein Politiker, der den Menschen Sicherheit verspricht, sich nahezu alles erlauben. Die Autorin legt ihm übrigens auch den Slogan Make America Great Again in den Mund. Wikipedia weiß dazu, dass der Slogan vor Donald Trump auch schon von Ronal Reagan und Bill Clinton verwendet wurde. „Ungläubige“ werden ausgestoßen und als Hexen verbrannt. Menschen sehen zu, wie ihre Nachbarn eingesperrt oder erschossen werden, weil sie Angst haben, selbst zur Zielscheibe zu werden. In der kirchlichen Organisation wollen die führenden Persönlichkeiten nichts von den radikalen Gewalttaten ihrer Anhänger wissen. Die Autorin beschreibt ausführlich das Gefühl der Gefangenschaft, das die Versklavten durch die Halsbänder, die ihre Freiheit einschränken, erfahren. Die Sklaven werden behandelt wie Tiere, die Grausamkeit der Mächtigen scheint kein Ende zu nehmen. Schon im ersten Teil wurde mit detaillierten Beschreibungen von Gewalttaten nicht gespart und auch hier sind einige Passagen enthalten, die meine Vorstellungskraft auf die Probe gestellt haben. Definitiv keine leichte Lektüre.

If she had created Acorn, but not Earthseed, then I think she would have been a wholly admirable person.

Als alles umspannender roter Faden dient das Verhältnis von Lauren zu ihrer Tochter. Das Baby wird von den christlichen Radikalen entführt und wächst bei Adoptiveltern auf. Nach Laurens Flucht aus der Gefangenschaft macht sie sich auf die Suche nach ihrer Tochter, erkennt jedoch schnell die Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens. Ihr Bruder findet das Kind, hält dies jedoch vor Lauren geheim. Die erwachsene Asha steht der abwesenden Mutter, die ihre Religion scheinbar über das eigene Kind gestellt hat, kritisch gegenüber.

Religion kann Gutes bewirken, aber auch Menschen dazu verleiten, den Glauben über die Menschlichkeit an sich zu stellen. Diesem Vorwurf muss sich auch Lauren aussetzen, die mit ihrer Religion eigentlich nur Gutes bewirken will. Gleichzeitig zeigt die Geschichte auch, dass ein großes Ziel nur erreicht werden kann, indem auf anderen Ebenen verzichtet wird.

Trotz dieser vielen Bedeutungsebenen, der beschriebenen Gewalt und Unmenschlichkeit und den vielen Parallelen, die sich zu früheren Ereignissen, aber auch aktuellen Entwicklungen ziehen lassen, kann dieses Buch nicht nur ein Lehrstück sein sondern auch Hoffnung machen.

Partnership is giving, taking, learning, teaching, offering the greatest possible benefit while doing the least possible harm. Partnership is mutualistic symbiosis. Partnership is life.

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Roman

Octavia E. Butler – Parable of the Sower

It scares me how many things I’ve got to learn. How will I learn them? Is any of this real?

Tipp: Wenn du dich unvorbereitet in diese dystopische Welt hineinwerfen lässt, dann rechne mit einem harten Aufschlag. Schon auf den ersten Seiten wird klar: das wird keine einfache Lektüre. In den vergangenen Jahren habe ich einige Dystopien gelesen (zB The Maze Runner oder Der Geschmack von Wasser), aber keine hat mich bisher dermaßen erschreckt und gleichzeitig überzeugt. 

Die Protagonistin Lauren lebt in einer Art Gated Community. Wasser ist knapp, Lebensmittel und Wasser werden immer teurer, es gibt kaum noch Arbeitsplätze. Reichere Menschengruppen verschanzen sich hinter Mauern, während auf den Straßen unter den Armen nur noch das Recht der Stärkeren gilt. Obwohl die Angriffe der Armen auf die Community immer häufiger werden, leben die Menschen innerhalb der Mauern weiter, als hätte sich nichts verändert. Die Situation scheint ausweglos. Die 15-jährige Lauren ahnt jedoch, dass es so nicht weitergehen kann. Sie sieht den Tag kommen, an dem die Tore dem Ansturm nicht mehr standhalten können. Lauren bereitet einen Notfallrucksack vor, um fliehen zu können. Im Norden sollen die Wetterverhältnisse noch besser sein, aber alle Menschen, die die Möglichkeiten haben, zu fliehen, versuchen, dorthin zu gelangen. Die nördlichen Grenzen werden gegen die Flüchtlingswelle verteidigt.

Viele Elemente dieser Dystopie sind so gegenwärtig, so vergleichbar mit aktuellen Entwicklungen, dass es schwer fällt, zu glauben, dass das Buch bereits 1993 geschrieben wurde. Eindeutig sind die Verweise auf den Klimawandel als Auslöser dieser schwierigen gesellschaftlichen Situation, aber auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die sich daraus ergeben (Superreiche verschanzen sich, kaufen ganze Landstriche auf, um daraus noch mehr Geld zu scheffeln, moderne Sklaverei wird nicht nur am Rande erwähnt, sondern auch erklärt, aus welchen Gründen sich verzweifelte Menschen darauf einlassen). Aber auch die sozialen Veränderungen (Gruppenzusammenhalt aber Ausschluss von anderen, anderen nicht zu helfen, um das eigene Leben zu schützen, „Das Boot ist voll“-Mentalität) lassen sich in unserer aktuellen gesellschaftlichen Situation bereits erkennen. 

All that you touch,

You Change.

All that you Change,

Changes You.

The only lasting truth

Is Change.

God

Is Change.

Neben ihren praktischen Notfallplänen (Lauren packt einen Notfallrucksack und bereitet sich auf das Leben außerhalb der Mauern vor) versucht Lauren auch, auf geistiger Ebene mit der Situation zurecht zu kommen. Ihr Vater ist religiöser Führer der Gemeinde, Lauren kann sich jedoch kaum noch mit seinen Lehren identifizieren und entwickelt ihre eigene Sicht auf die Welt, die im Wesentlichen Veränderung über alles stellt. In ihrem Notizbuch notiert sie Verse und Gedanken, die sich schließlich zu einer Art Religion namens Earthseed zusammenfügen. Die meisten Verse lassen sich auch unabhängig vom Glaubensaspekt auf verschiedenste Lebenssituationen übertragen.

Your teachers

Are all around you.

All that you perceive,

All that you experience,

All that is given to you

or taken from you,

All that you love or hate, 

need or fear

Will teach you –

If you will learn.

Es dürfte wohl kaum als Spoiler gelten, wenn ich verrate, dass Lauren am Ende des Buches nicht mehr mit ihrer Familie in der Gated Community lebt. Mir war vor dem Lesen nicht bewusst, dass es sich um eine Serie handelt, ein Abschluss ist daher in diesem Sinne nicht gegeben. Das Buch endet eher mit einem Neuanfang. Auf den ersten Seiten hätte ich nicht gedacht, dass aus dieser beklemmenden Situation noch Hoffnung entstehen könnte.

The universe is God’s self portrait.

Randnotiz: Die Jahresstatistik für 2019 ist äußerst zufriedenstellend. Laut aktueller Zählung habe ich insgesamt 58 Bücher hier im Blog beschrieben, nebenbei habe ich im Rahmen meines Fernstudiums große Mengen an Fachliteratur gelesen. Gezählt habe ich auch wieder die Verteilung auf männliche und weibliche Autoren, die in diesem Jahr sehr deutlich zugunsten der weiblichen Autoren ausgefallen ist. Bezüglich der Buchformate liegt auch 2019 die Overdrive eLibrary eindeutig vorn. Die deutschsprachige Virtuelle Bücherei/Onleihe hat in diesem Jahr ein neues DRM erhalten, das das Lesen auch ohne Adobe ID möglich macht. Leider ist das System noch nicht ausgereift, die App teilweise etwas sperrig in der Handhabung und der Katalog noch nicht so groß. Immerhin drei Bücher habe ich aber dieses Jahr mit der neuen Onleihe-App gelesen und noch einige weitere sind auf der Wunschliste. Auch das Papier-Angebot der Büchereien Wien habe ich 2019 intensiv genutzt, wegen einiger Bücher, die ich für Geocaching-Rätsel brauchte, habe ich auch die Zweigstellen Hormayrgasse und Engerthstrasse besucht. Auch 2020 wird es mit dieser wilden Mischung hier weitergehen.

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Roman Science Fiction

Vernor Vinge – Das Ende des Regenbogens

Die Empfehlung für dieses Buch stammt aus einem Artikel, der sich mit dem Erfolg von Pokémon Go und den dabei relevanten Faktoren zwischen Spiel und Realität auseinandersetzt. Aus dieser Quelle habe ich bereits Cory Doctorows For the Win gelesen.

In Das Ende des Regenbogens entwirft der Autor eine veränderte Welt im Jahr 2025. Die Medizin hat immense Fortschritte gemacht, viele bislang als unheilbar geltende Krankheiten können nun therapiert werden. Zumindest bei den Menschen, die auf die jeweilige Therapie ansprechen. Die Interaktion zwischen den Menschen und Institutionen ist aber trotz der vielen technologischen Entwicklungen kaum verändert. Kurznachrichten können nun direkt „telepathisch“ verschickt werden und werden von den intelligenten Kontaktlinsen den Empfängern direkt im Blickfeld angezeigt. Interessant ist auch die Beschreibung des Verkehrskonzepts: Niemand besitzt ein eigenes Auto, auf den Straßen fahren Autos herum, die bei Bedarf gerufen werden können und den Nutzer ohne dessen Mitwirkung an seinen Bestimmungsort bringen.

Der Autor konzentriert sich sehr auf die Perspektive der „Technologieverlierer“. Der Protagonist Robert Gu kann nach etwa 20 Jahren Demenz von Alzheimer geheilt werden, die Therapie verjüngt auch seinen Körper und gibt ihm das Aussehen eines Teenagers. Was Robert Gu allerdings verloren hat, ist seine Fähigkeit, Poesie zu erschaffen, und dieser Fähigkeit trauert er dermaßen nach, dass er beinahe alles tun würde, um sie wieder zu erlangen. Seine Ex-Frau Lena gehört zu den Verlierern der modernen Medizin. Sie sitzt von Osteoporose gebeugt im Rollstuhl, hat sich jedoch den modernen technologischen Möglichkeiten angepasst und nimmt per Wearable am Geschehen teil. Auch junge Menschen kommen nicht vollständig mit den modernen Technologien klar, obwohl sie damit aufwachsen. Je nach Begabung gibt es auch unter ihnen Technologieverlierer, die die höheren Ebenen der Technik nicht zu meistern imstande sind.

Besonders gut gefallen hat mir, dass in dieser Utopie oder Dystopie (nach meiner Meinung ist das hier und in vielen anderen Zukunftsromanen nicht ganz klar) alle Protagonisten keinen Überblick über die Lage haben. Jeder sieht nur seinen eigenen Ausschnitt der Welt, und versucht, sich darauf einen Reim zu machen. Selbst der teilweise allmächtig erscheinende Rabbit – eine Figur, die immer nur als virtuelle Präsenz in der Gestalt eines Kaninchens auftritt –, stellt schließlich fest, dass er nicht alle seine Marionetten steuern kann, denn jeder von ihnen hat seine eigene Agenda.

Der Einstieg gestaltet sich wie so oft bei zukünftigen Welten etwas schwierig, aber nach den ersten 100 Seiten hat sich auch der Leser in der modernen Welt zurecht gefunden. Das Buch stammt aus dem Jahr 2007, viele der vom Autor damals visualisierten technologischen Entwicklungen haben inzwischen deutliche Fortschritte erreicht. Er beschreibt unter anderem eine große Demonstration, in der zwei verfeindete Lager in einer virtuellen Überlagerung gegeneinander um die Herrschaft über die Zukunft einer Bibliothek (und das Überleben der echten Bücher!) kämpfen. Der Kampf findet rein virtuell statt, vergleichbar mit einer World of Warcraft-Schlacht, ohne Netzwerkausfälle müsste dabei niemand zu Schaden kommen. Gleichzeitig ist jedoch der amerikanische Geheimdienst mit seiner Masse an Analysten bereit, jederzeit eine Nuklearwaffe auf die Demonstranten zu richten, sollte die Lage außer Kontrolle geraten.

Zum Abschluss noch ein motivierendes Zitat, das in jeder Zeit und Lebenslage gelten kann:

Es gibt immer einen Weg. Ihr, jeder Einzelne von euch, habt irgendwelche besonderen Joker. Nutzt sie. Findet heraus, was euch von den anderen unterscheidet und euch besser macht. Sobald ihr das tut, könnt ihr anderen helfen, und andere werden bereit sein, im Gegenzug euch zu helfen. Kurz gesagt, künstliche Glücksfälle entstehen nicht einfach. Verdammt, ihr müsst sie erschaffen.

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Roman

Bov Bjerg – Auerhaus

Als dieser Roman letztes Jahr erschienen ist, habe ich mehrere Rezensionen in Blogs darüber gelesen (zumindest bilde ich mir das ein). Da meine Notizen in diesem Fall wieder mal versagen, kann ich jetzt nur noch die Rezension der Kaltmamsell anführen. Erwähnenswert ist das deshalb, weil ich beim Lesen ständig das Gefühl hatte, das Buch schon zu kennen.

Frieder hat einen Selbstmordversuch begangen. Nach der Entlassung aus der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses darf er ins verwaiste Haus seines Großvaters einziehen, soll jedoch nicht allein wohnen. Sein Freund Höppner (Erzähler der Geschichte) zieht mit ein. Weitere Persönlichkeiten mit unterschiedlichsten Lebensgeschichten gesellen sich dazu, eine Gemeinschaft entsteht, einige Monate geht alles gut. Zu den gelegentlichen Lebensmitteldiebstählen (fast alle Bewohner gehen noch zur Schule, der Haushalt muss irgendwie bestritten werden) kommen schließlich Straftaten hinzu, die nur als jugendlicher Unfug bezeichnet werden können. Höppner muss um sein Abitur bangen und kämpft mit der Entscheidung, wie er dem Wehrdienst entkommen kann.

Die Geschichte ist in kurzen Episoden erzählt, die meisten Kapitel sind nur wenige Seiten lang. Damit entsteht das Gefühl eines Tagebuchs, der Erzähler dokumentiert die Vorgänge im Auerhaus (eine Verballhornung von Our House) scheinbar unbeteiligt, aber doch immer mittendrin. Die Erlebnisse der Jugendlichen lesen sich flüssig, man sieht die Stimmung Stück für Stück kippen und bleibt bis zum schmerzhaften, aber guten Ende dabei.

Ganz besonders mochte ich den Schluss von Auerhaus: Es ist immer schwierig, eine lange Geschichte befriedigend zu beenden, Bov Bjerg hat das geschafft. Kaltmamsell

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Roman

Lois Lowry – The Giver

„Back and back and back.“ Jonas repeated the familiar phrase. Sometimes it had seemed humorous to him. Sometimes it hat seemed meaningful and important. Now it was ominous. It meant, he knew, that nothing could be changed.

Lois Lowry beschreibt in diesem dystopischen Roman eine Gesellschaft, in der alles reguliert ist. Kleinste Vergehen der Bewohner der Gemeinde – wie etwa das Liegenlassen eines Fahrrads vor dem Haus – werden geahndet. Familien (family units genannt) werden von den Oberen zusammengebracht und können um maximal zwei Kinder ansuchen. Diese werden von Frauen geboren, deren Aufgabe die Produktion von neuen Kindern ist, werden dann ihr erstes Lebensjahr lang von Fachpersonal betreut und erst dann an ihre Familien übergeben.

Im Alter von 12 Jahren erhalten die Jugendlichen ihre Lebensaufgabe zugewiesen. In vorhergegangenen Praxisstunden konnten sie in unterschiedliche Bereiche hineinschnuppern, die Entscheidung über ihren Beruf treffen jedoch die Älteren. Jonas erhält eine besondere Aufgabe: er soll der Nachfolger des Receivers of Memory werden – eine große Ehre. Schnell stellt Jonas fest, dass mit dieser Ehre auch eine große Verantwortung verbunden ist und er beginnt, an der Struktur der Gesellschaft, in der er aufgewachsen ist, zu zweifeln. Als er die wahre Bedeutung des Begriffes release erkennt, schmieden die beiden Receiver einen Plan.

„Listen to me, Jonas. They can’t help it. They know nothing.
„You said that to me once before.“
„I said it because it’s true. It’s the way they live. It’s the life that was created for them. It’s the same life that you would have, if you had not been chosen as my successor.“

Es ist immer wieder erstaunlich, dass sowohl Utopien als auch Dystopien ihre Bedeutung über die Jahre kaum verlieren. 1993 geschrieben, scheint The Giver perfekt in unsere Zeit zu passen. Die Verfilmung von 2014 gibt der Geschichte ein anderes Gesicht, ein anderes Gefühl (dazu reicht es, den Trailer gesehen zu haben, nach der Lektüre der drei Interviews mit den Hauptdarstellern des Films am Ende des Buches will ich ihn nicht mehr sehen. Da scheint schon deutlich hindurch, dass eine im Buch nur angedeutete Love Story konstruiert wird und das Ende kann man sich auch schon vorstellen).

Mit mehr und mehr Überwachung, mehr und mehr Regeln, die den Menschen das eigene Denken abnehmen und sie so von selbstbestimmten Entscheidungen befreien, geht unsere Gesellschaft eindeutig in diese Richtung. War das bereits 1993 so und hat sich bis heute immer weiter verschärft? War das bereits 1953 (Fahrenheit 451) so und hat sich bis heute immer weiter verschärft? Oder spielen Autoren genauso gerne mit den Zukunftsängsten der Menschen wie Politiker?

Maybe even more so, as society and the government, in many ways, are becoming more regulated. We’ve grown used to that and maybe a little bit passive about it, and this is taking that part of our society to an extreme, imagining what it would be like if the government ran everything and had an eye on everything and dictated everything that you say and do.
(Interview mit Cameron Monaghan, Asher in the movie The Giver)

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Fantasy Roman

Madeleine L’Engle – Die Zeitfalte

Meg überlegte wieder.
„Charles Wallace sieht doch überhaupt nicht anders aus!“ sagte sie schließlich.
„Nein, Meg. Aber nie darf man Menschen allein nach ihrem Äußeren beurteilen. Was Charles Wallace so anders macht, liegt nicht an seinem Aussehen, sondern in seinem Wesen.“

Reading Challenge: A book you were supposed to read in school, but didn’t

Im Prinzip kann ich diese Kategorie nicht erfüllen, ich hab tatsächlich alle Bücher gelesen, die wir von der Schule vorgeschrieben bekamen. Also habe ich mich entschlossen, eines aus meiner Schulzeit nochmal zu lesen und dieses ausgewählt, weil es Cece von problemsofabooknerd mal erwähnt hatte. Sie hatte es lobend erwähnt, ich meine mich zu erinnern, dass es mir in der Schulzeit nicht gefallen hätte.

Stellt sich raus: es gefällt mir immer noch nicht. Mit dieser trotzigen, besserwisserischen, wütenden Hauptfigur Meg kann ich mich einfach nicht identifizieren. Ständig macht sie ihrer Umgebung Vorwürfe, ohne jemals irgendwelche Fehler bei sich selbst zu suchen. Natürlich soll man nicht immer nur die Fehler bei sich selbst suchen, aber immer allen anderen die Schuld zuzuschieben, ist eben auch unsympathisch.

Auch das fantastische Setting, das Reisen auf fremde Planeten, die vielen Wesen, die Meg und ihre Familie kennenlernen, ist mir irgendwie zu abgehoben. Ganz schön viel Aufwand für die simple Message, dass wir uns nicht nur auf unsere Augen verlassen, sondern mehr auf unser Herz hören sollen.