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Roman

Rainbow Rowell – Eleonor & Park

„Because it doesn’t matter to me, Park. If you like me,“ she said, „I swear to God, nothing else matters.“

Also eine weitere Lovestory aus der Young-Adult-Ecke. Eleonor lebt mit ihren Geschwistern, ihrer Mutter und deren zweitem Ehemann Richie auf engstem Raum, Richie terrorisiert die Familie. Der Kontakt zu Eleonors Vater ist kaum vorhanden. Im Bus lernt sie Park kennen. Stück für Stück wird aus der Busbekanntschaft eine Romanze, eine Liebe, wie sie beide vorher noch nicht erlebt haben.

It was because she was different – because she wasn’t afraid to be. (Or maybe she was just more afraid of being like everyone else.) There was something really exciting about that. He liked being near that, that kind of brave and crazy.

Die detaillierte getrennte Beschreibung der Gefühlswelten von Eleonor und Park macht den Reiz dieser Geschichte aus. Der Leser erlebt, wie sie sich Stück für Stück annähern, aber auch wieder abstoßen, weil die unterschiedlichen Lebensverhältnisse und die Schikanen der Mitschüler ihnen das Leben schwer machen.

He tried to remember how this happened – how she went from someone he’d never met to the only one who mattered.

Bis etwa 90% ist das alles schön zu erleben. Dann fragt man sich, wie es zu Ende geht. Und das Ende ist wirklich furchtbar. Und zwar nicht im Sinne einer Katastrophe für die Protagonisten, sondern literarisch. Diese Geschichte so enden zu lassen, hat mir so ziemlich die ganze Freude daran verdorben. Das hätte ich mir anders gewünscht.

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Kurzgeschichten Roman

John Green, Maureen Johnson, Lauren Myracle – Tage wie diese

Schon allein die Kategorisierung ist schwierig. Eigentlich sind es drei Geschichten von drei Autoren, doch die Geschichten spielen alle in derselben zeitlichen und örtlichen Ebene (geradezu aristotelisch) und nehmen Bezug aufeinander.

Der Leser verfolgt zuerst Jubilee, deren Eltern bei einer Schlägerei um ein Sammlerstück verhaftet werden. Auf dem Weg zu den Großeltern bleibt der Zug im Schnee stecken. Jubilee landet im Waffelhaus und schließlich bei Stuart. Einen interessanten Weg ins Waffelhaus haben auch Tobin, JP und „der Herzog“. Dabei entdeckt Tobin seine Gefühle für das Mädchen, mit dem er seit Ewigkeiten befreundet ist. Die dritte Geschichte führt alle Protagonisten bei Starbucks zusammen, wo Addie arbeitet. Sie hat ihren Freund Jeb betrogen und zweifelt nun an der Beziehung.

Am besten hat mir noch Jubilees Geschichte gefallen, ihr trockener Umgang mit den Cheerleadern und viele weitere Details ihrer Persönlichkeit machen sie in meinen Augen zur sympathischsten Persönlichkeit des Buchs. Die beiden weiteren Geschichten waren mir zu vorhersehbar. Auch dabei gab’s natürlich interessante Wendungen, aber der Ausgang war von Anfang an klar.

Für jugendliche Leser dürfte dieses Buch bestens geeignet sein. Sie sind mutmaßlich noch nicht so vertraut mit den literarischen Methoden, um von Stereotypen gelangweilt zu sein. Auch die Übersetzung ist in Ordnung (über das Teetassenschwein hab ich mich immer wieder gewundert). Auch ja, und Weihnachten. Mitten im Sommer. Das hat damals bei David Baldacci (The Christmas Train, keine Rezension von mir, das war v0r meinen bloggenden Zeiten) zwar wunderbar funktioniert. Muss es aber nicht immer.

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Roman

John Green – The fault in our stars

Or is the only value in passing the time as comfortably as possible? What should a story seek to emulate, Augustus? A ringing alarm? A call to arms? A morphine drip?

Seit einiger Zeit folge ich dem Tumblr Problems of a book nerd. Wie ich drauf gekommen bin, weiß ich auch nicht mehr, aber das war der Post, der mich irgendwie total reingezogen hat. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dieses Buch interessant sein könnte und man lässt sich ja auch gern von der eigenen Filter Bubble inspirieren. Und ich wurde nicht enttäuscht. Gerade noch rechtzeitig vor dem Film habe ich das Buch gelesen. Die ganze Film-Publicity hätte ich natürlich eh nicht mitbekommen, hätte ich nicht zufällig über die QI Elves bemerkt, dass John Green auch twittert. Dann konnte ich das Musikvideo von Troye Sivan nicht anschauen, weil es hätte ja das Ende Spoilern können … und auf der anderen Seite wollte ich das Buch nur in ganz kleinen Häppchen lesen, weil mir schnell klar war, dass es sowas Schönes nicht so oft gibt. Über den Inhalt werde ich nach Möglichkeit gar nichts schreiben, um niemandem seine Experience zu verderben.

And then there are books like An Imperial Affliction, which you can’t tell people about, books so special and rare and yours that advertising your affection feels like a betrayal.

Schon die ersten Seiten haben gereicht, um mir klar zu machen, dass hier eine ganz besondere Stimmung herrscht. Der luftig-lockere Schreibstil erinnerte mich an die vermeintliche Harmlosigkeit von The particular sadness of lemon cake. Obwohl das Thema so traurig ist, bleibt der Humor auch noch im Angesicht des Todes am Leben.

The other thing about Kaitlyn, I guess, was that tit could never again feel natural to talk to her. Any attempts to feign normal social interactions were just depressing because it was so glaringly obvious that everyone I spoke to for the rest of my life would feel awkward and self-conscious around me, except maybe kids like Jackie who just didn’t know any better.

Es gibt viele Momente, wo man sich einfach nicht vorstellen kann, wie jemand, der nicht selbst eine tödliche Erkrankung erlebt oder überlebt hat, so einfühlsam über das Thema schreiben kann. Die Tatsache, dass man immer anders ist. Dass man unheilbar krank ist, dass keine Chance auf Verbesserung besteht. Dass man nie wieder ganz zur Gesellschaft gehören wird. Dass man nie mehr normal sein wird.

I hated hurting him. Most of the time, I could forget about it, but the inexorable truth is this: They might be glad to have me around, but I was the alpha and omega of my parents’ suffering.

Oder das schlechte Gewissen, was man seinen Angehörigen durch die Krankheit zumutet. Das kann sicher niemand nachvollziehen, der nicht selbst in der Situation ist. Ganz bestimmt nicht die Eltern.

I wanted to know that he would be okay if I died. I wanted to not be a grenade, to not be a malevolent force in the lives of people I loved.

Es hat über zwei Wochen gedauert, nachdem ich das Buch fertig gelesen hatte, bis ich überhaupt daran denken konnte, diesen Post zu schreiben. Es ist eines dieser Bücher, die man lieber für sich behalten möchte, weil sie so besonders sind, dass man niemandem beschreiben kann, warum. Und man will auch das Risiko nicht eingehen, dass es dem anderen dann vielleicht nicht gefällt. Daher traue ich mich beinahe keine Leseempfehlung auszusprechen. Aber absolut. Ein heißer Kandidat für das Buch des Jahres 2014.

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Roman

M.L. Stedman – Das Licht zwischen den Meeren

Man dachte nicht in Kategorien von Jahren und Monaten, sondern nur an diese Stunde und vielleicht die nächste. Alles andere war Spekulation.

Nach dem wiederkehrenden Motivs der Sonnenfinsternis scheint mich jetzt der Leuchtturm zu verfolgen. Jedoch dazu erst mehr im nächsten Post … in diesem Roman geht es um die Geschichte von Tom und Isabel. Tom kehrt aus dem Krieg in seine Heimat Australien zurück. Er ist traumatisiert und versucht seine Erlebnisse in Einsamkeit als Leuchtturmwärter allein auf einer Insel zu verarbeiten.

Geschichte ist nichts weiter als die Version der Ereignisse, auf die sich eine Gemeinschaft geeinigt hat.

Doch er lernt Isabel kennen. Sie erweicht sein Herz, sie will sein Leben auf der Leuchtturminsel mit ihm teilen. Isabel wünscht sich nichts sehnlicher als ein Kind. Doch mehrere Fehlgeburten nehmen ihr die Hoffnung und den Lebenswillen. Tom kann ihre Verzweiflung nicht lindern, er steht Isabels Kummer hilflos gegenüber. Als ein Boot mit einem toten Mann und einem lebendigen Baby angespült wird, verliebt sich Isabel sofort in das Kind und überredet Tom, den Vorfall nicht zu melden und das Baby zu behalten und als ihr eigenes auszugeben.

Tom stand da und hörte die Worte, die mehr wehtaten als Schläge. Er suchte ihr Gesicht nach Resten der Liebe ab, die sie ihm immer wieder geschworen hatte, doch sie war so von eisiger Wut erfüllt wie der Ozean, der sie beide umgab.

Doch die Mutter des Babys lebt. Beim Landurlaub hören Tom und Isabel die Geschichte von Hannah Roennfeldt, die Mann und Kind an die See verloren haben soll. Und Tom kennt Hannah von früher. Was werden sie tun? Können sie das Baby behalten, obwohl sie wissen, dass seine verzweifelte Mutter jeden Tag leidet, weil sie Mann und Kind verloren hat? Während Isabel in ihrer Mutterschaft aufgeht, zweifelt Tom täglich mehr an der Richtigkeit seines Handelns.

Immer wieder las sie und fühlte sich, als würde ihr Körper entzweigerissen. Und schließlich traf sie, von Schluchzern geschüttelt, eine Entscheidung.

Wie kann sich eine Frau zwischen Mann und Kind entscheiden? Wie sehr kann eine Frau darunter leiden, nicht Mutter werden zu können? Wozu ist eine Frau fähig, die sich so sehr ein Kind wünscht und doch keines bekommen kann? Wie lange kann ein Mann an sich selbst und seiner eigenen Entscheidung zweifeln, ohne daran zu zerbrechen? All diese Fragen stellen sich bei der Lektüre dieses Buchs. Manche werden beantwortet, andere kann nur jeder Mensch für sich selbst beantworten. Ein mitreißender Roman, meine Empfehlung.

Sie hat keine Kraft mehr. Keinen Kämpfergeist. Sie steht vor den Trümmern ihres Lebens und wird sie nie wieder zusammensetzen können. Ihr Verstand versagt unter der Belastung den Dienst, und ihre Gedanken stürzen in einen tiefen schwarzen Brunnen hinab, wo Scham, Verlust und Angst sie zu ertränken drohen.

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Roman

Peter Henisch – Mortimer und Miss Molly

Hinkünftig werde ich bei Empfehlungen aus Frauenzeitschriften wieder vorsichtiger sein. Hier hat mich entweder eine romantische Stimmung mitgerissen oder der/die Redakteur(in) und ich haben einfach nicht denselben Geschmack.

Die Geschichte fängt gut an, aus Mortimer und Molly kann etwas werden. Mortimer ist amerikanischer Soldat. Sein Flugzeug wird von den Deutschen abgeschossen, er muss mit dem Fallschirm abspringen und landet in Miss Mollys Garten. Das könnte jetzt ein schlechter Porno werden oder eine durchdacht entwickelte Liebesgeschichte. Doch diese wird nicht erzählt. Erzählt wird stattdessen die Geschichte von Julia und Marco, die sich 40 bis 50 Jahre später in Siena kennenlernen, den Sommer miteinander verbringen, dabei Mortimer kennenlernen und den Anfang seiner Geschichte hören, und dann versuchen, eine Fernbeziehung am Leben zu halten. Was mehr schlecht als recht gelingt. Und irgendwann nicht mehr.

Auch wenn die Geschichte lebhaft und bunt erzählt wird, hat sie mich leider nicht mal ein winziges Bißchen mitreißen können. Der Schluss hat mich dann erst recht genervt zurückgelassen. Leider ein Fehlgriff.

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Roman

Thomas Glavinic – Das größere Wunder

„Ich glaube, man ist schon jemand“, sagte Jonas. „Jeder ist jemand, und besser als das kann er nicht werden. Er kann nichts anderes werden, und wenn er es doch wird, ist er nicht glücklich.“

Thomas Glavinic lässt seinen Helden Jonas (den wir bereits aus früheren Romanen kennen) den Mount Everest besteigen. Die Romane haben nur bedingte Verbindungen miteinander. Das mag zuerst verwirren, macht aber möglich, dass man die Romane in keiner bestimmten Reihenfolge lesen muss. Ja, man muss sie gar nicht alle lesen. Wer nur eines lesen möchte, sollte dieses nehmen. Und braucht hier nicht weiterzulesen, sondern lieber gleich zum Buch greifen.

Das ist kein heroischer Berg, so wie es keine heroische Art zu sterben ist, da oben für alle Zeit festzufrieren. Hier werden keine Heldensagen geschrieben, jedenfalls nicht von euch.

Auf zwei Erzählebenen verfolgen wir Jonas Weg auf den Mount Everest. Wir erleben Jonas im Basislager des Berges, wo sich sein Körper nur schwer an die Wetterverhältnisse anpasst. Die Höhe macht ihm zu schaffen. Gleichzeitig erleben wir den jungen Jonas, der von seiner alkoholkranken Mutter verlassen wird. Der sich für seinen von Geburt an behinderten Bruder Mike verantwortlich fühlt. Der sich durchs Leben schlägt und Stück für Stück etwas übers Leben lernt.

Manche Dinge findet man nicht, wenn man sie sucht, so schlau und kühn man es auch anstellen mag, denn manche Dinge kommen zu einem, wenn man gar nicht danach verlangt.

Sehr subtil gibt der Autor Jonas Stück für Stück die Möglichkeiten, das Leben zu begreifen. Oder Teile davon. In Das größere Wunder sind die Erkenntnisse wesentlich präsenter und wesentlich existentialistischer. In Die Arbeit der Nacht dauerte es lange, bis der allein gelassene Jonas erkennt, dass ihn das Alleinsein Stück für Stück in den Wahnsinn treibt. Der Leser kann das nicht begreifen, denn niemand hat je so eine große Einsamkeit erlebt. Hier sehen wir Jonas auf einen gefährlichen Berg klettern und verstehen schnell, dass er auf der Suche ist. Sein ganzes Leben war er auf der Suche. Er schwankt zwischen der Sehnsucht nach dem Un-Sinn, dieser Wunsch nach Heimkehr in die Zwecklosigkeit und seinem Wunsch, das Chaos zu beherrschen. Glavinic lässt Jonas nach einem Sinn für sein Leben suchen. Gleich mehrmals betont er, dass ein Leben nur dann Wert hat, wenn man es einem höheren Sinn widmet.

Es waren diese Tage, in denen er vieles begriff. Er würde nie ein erfülltes Leben führen können, wenn er nicht versuchte, es einer Sache zu widmen, die größer war als er.

Ein Leben ist nur dann geschützt, wenn es einer Sache gewidmet ist, die größer ist als der Mensch, der es lebt und der Sache dient.

Der Autor scheut nicht davor zurück, auch ganz banale Motive zu verwenden. Und doch passen sie irgendwie in die Dunkelheit und die Kälte, in denen Jonas schließlich alleine auf dem Berg herumirrt. Man fragt sich, wie das passieren konnte. Wie konnten die Bergführer Jonas gehen lassen, obwohl sie mit seinem sicheren Tod rechnen mussten, wenn er sich zu spät zum Gipfel aufmacht, um noch bei Tageslicht zurückkehren zu können?

Es war bereits hell, was ihn überraschte. Als er auf die Uhr schaute, stellte er fest, dass sie stehengebeblieben war.

Das Ende überrascht. Doch je länger ich darüber nachdenke, umso mehr wird mir klar, dass Thomas Glavinic Recht hat. Nicht anders hätte er demonstrieren können, dass es um diesen Berg nicht geht. Der Berg ist ein Symbol für die größere Sache, für das Wichtigere im Leben, für das größere Wunder. Würde man das Buch nochmal lesen (könnte ich mir durchaus vorstellen), würde man bestimmt noch viele andere Lesemöglichkeiten finden, die die Metapher bereits vorbereiten. Dieses Buch ist voll mit Erkenntnissen und kleinen Andeutungen über Lebensweisheiten, ohne sie plakativ auszuwalzen. Eine absolute Empfehlung.

Jeder Mensch beurteilt sich selbst nach seiner größten Leistung, und zwar so, als hätte es die Tiefen davor und danach nie gegeben, weißt du das? Ich spreche da auch und gerade von moralischen Leistungen. Wir guten Menschen, wir.

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Roman

Mitch Albom – Der Stundenzähler

Seit Anbeginn der Zeit sind Menschen auf eine Weise miteinander verknüpft, die sie nicht verstehen können – nicht einmal in Träumen.

Wenn man als Book Nerd in Salzburg herumkommt, muss man natürlich Österreichs älteste Bücherei besichtigen. Kaufen wollte ich eigentlich nichts, weil ich eh schon so unnötig viel Zeug mit mir herumschleppte. Wer braucht schon was zu lesen, wenn er sowieso die meiste Zeit grübelnd in die Luft starrt? Da muss man wirklich nicht auch noch ein extra Buch herumtragen. Außerdem ist es ja mit einem meist nicht getan … doch als ich schon gehen wollte, fiel mir ein neues Mitch Albom-Buch ins Auge. Und sogar schon als Taschenbuch … das müsste doch gegen das Grübeln ein bißchen helfen … dachte ich.

„Du hast die Minuten gemessen“, sagte der Alte. „Aber hast du sie weise genutzt? Um zu ruhen? Zu genießen? Dankbar zu sein? Andere heiter zu stimmen und selbst heiteren Gemüts zu sein?“

Man mag kritisieren, dass das Thema nicht besonders originell ist, der Aufbau der Geschichte macht es aber doch spannend. Wir begleiten das Schicksal von Dor, der über die Zeit gebieten will, weil seine Frau im Sterben liegt, und deshalb dazu verurteilt wird, in einer Höhle auszuharren, ohne zu altern. Nach mehreren 1.000 Jahren darf er schließlich zurück auf die Erde. Er muss zwei Menschen finden und deren Leben verändern.

„Verstehst du jetzt?“, fragte er. „Wenn man endlos viel Zeit hat, gibt es keine Intensität mehr. Ohne Verlust, ohne Opfer, wird alles, was wir haben, wertlos.“

Die Botschaft ist simpel und doch staunt man, wenn sie dann letztendlich schwarz auf weiß auf den Seiten steht: Jeder Tag, jeder Augenblick ist kostbar. Ich hadere noch mit dieser simplen Weisheit. Gerade, wenn man versucht, Geduld zu haben und man doch alle Zeit der Welt haben will, hilft es nicht besonders, wenn einem aus dem Buch entgegen schlägt, dass man jeden Augenblick leben muss, als wäre es der Letzte. Da habe ich mich monatelang damit beschäftigt, alles entspannter anzugehen und jetzt das. Obwohl es so wahrscheinlich nicht gemeint ist. Hetzen bringt ja für den Augenblick auch nichts. Aber wie kann man warten, wenn man weiß, was man will und wenn es morgen nicht mehr da sein könnte? Oder wenn es so schön ist, dass man es morgen wieder haben will?

„Es gibt einen Grund, warum Gott uns nur eine begrenzte Anzahl von Tagen zugesteht.“ – „Und warum ist das so?“ – „Damit jeder einzelne Tag kostbar ist.“

Es ist ein ewiges Dilemma. Man soll glücklich sein, mit dem, was man hat, man soll nach Höherem streben, man braucht progress, um glücklich zu sein, Entwicklung macht glücklich, etwas zu schaffen, macht glücklich. Die kleinen Dinge soll man genießen, sich an einem Sonnenuntergang erfreuen oder an einem erfrischenden Getränk oder einem guten Essen. An einer Umarmung, am Lächeln eines geliebten Menschen. Man soll aber dem Glück auch nicht hektisch nachrennen, hörte ich kürzlich den Autor/Regisseur David Schalko im Radio sagen (sinngemäß, die genauen Worte hab ich mir nicht gemerkt):

Es ist absurd, ständig nach Glück zu streben. Wenn man manisch dem Glück nachrennt, das ist ja genau das, was einen dann unglücklich macht.

Wer das alles auf die Reihe kriegt, muss ein wahrhaft glücklicher Mensch sein …

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Roman

Edgar Rai – Sonnenwende

Ihr Beinkleid ist so unauffällig wie eine Tarantel auf einer Sachertorte, Gnädigste.

Nach meinem Glückserlebnis mit Nächsten Sommer, das ich binnen drei Tagen komplett verschlungen hatte, weil das Feeling so schön war, hoffte ich auf einen weiteren Glücksmoment mit einem anderen Roman von Edgar Rai, der sich in der Onlinebücherei anbot. Vorab gesagt: bei Weitem nicht so befriedigend wie das Roadmovie, das mich vom Reisen träumen ließ.

Tom und Wladimir arbeiten gemeinsam an der Renovierung von Wohnungen. Keiner von beiden hat einen fixen Job, Wladimir lässt sein Studium schleifen, für Tom ist es auch nur ein Übergangsjob, weil er nicht weiß, was er mit seinem Leben anfangen will. Tom steckt in einer abgekühlten Beziehung mit Helen, mit der er schon so lange zusammen ist, dass er sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen kann. Wladimir hingegen fliegt von Blume zu Blume und hat täglich eine andere Flamme im Blick. Eine emotionale Beziehung zu einer Frau ist für ihn unvorstellbar.

Es war die Idee ihrer Beziehung, die er nicht loslassen konnte.

Obwohl Tom weiß, dass er Helen nicht so liebt, wie er es eigentlich möchte, fällt es ihm schwer, sich von ihr loszureißen. Die Erkenntnis, dass es nicht Helen als Person ist, die ihm nahe steht, scheint ihn weiterzubringen. Oft ist es nicht der Mensch, sondern das, wofür er steht, das einem unverzichtbar ersteht. Sicherheit. Geborgenheit. Trügerischer Alltag. Man muss sich nicht so anstrengen. Das alles kann in Langzeitbeziehungen die Liebe ersticken und beide Partner so fesseln, dass sie nicht mehr klar sehen können und nicht mehr wissen, ob sie den Menschen an ihrer Seite lieben oder die Idee der Beziehung.

Wenn er hinabblickte, kreisten seine Gedanken um sie, und wenn sie zum Himmel hinaufsah, wusste sie, dass er dort oben an sie dachte. Das war die reinste Liebe, die es geben konnte.

Eine Nebenfigur ist Ada, die in der Wohnung unter Wladimir lebt. Sie hört Tom auf Wladimirs Klavier spielen und denkt sich eine Liebe aus, die nur in ihrer Vorstellungswelt existiert. Traurig, aber möglicherweise tatsächlich die reinste Liebe, die es geben kann. Nämlich die illusionistische, eingebildete, erfundene Liebe. Echte Liebe ist nämlich schwierig und schmutzig und schmerzhaft. Und herausfordernd und anspruchsvoll und lebensverändernd. Und erfüllend und unfassbar und unglaublich.

Tom wusste, dass er die Oberfläche erreichen würde, aber das wusste man unter Wasser auch und konnte die Panik doch nicht unterdrücken.Es dauerte lange, bis er dahinterkam, dass er nicht so sehr den Verlust Helens betrauerte, sondern die glücklichen Momente, die sie miteinander erlebt hatten. Den Unterschied zu erkennen war nicht leicht, und oft half es auch nicht viel.

Was wiederum etwas anderes ist, als um etwas zu trauern, was hätte sein können. Es ist traurig, zu sehen, dass Tom am Ende seiner Beziehung zu Helen beinahe zerbricht. Obwohl man als Leser schon zu Beginn zu wissen meint, dass diese Beziehung nur noch eine Hülle ist, wird klar, dass Veränderung in jedem Fall schmerzhaft ist. Der Leser erfährt von Toms und Helens Seitensprüngen und kann sehen, dass sich beide nur voneinander entfernen können. Dass es besser für sie wäre. Und trotzdem möchte man hoffen, dass auch in Langzeitbeziehungen eine Beziehungstiefe möglich ist.

Am Ende steht Tom allein da und Wladimir hat sich Hals über Kopf verliebt und will heiraten. Beide haben sich verändert. Adas Schicksal wird offen gelassen. Eigentlich geht es genauso um Veränderung und Entwicklung wie in Nächsten Sommer. Nur nicht ganz so hoffnungsfroh und befriedigend.

„Heißt es nicht, der Weg ist das Ziel?“
„Es gibt kein Ziel. Es gibt nur … Unruhe.“
Er hätte auch „Sehnsucht“ sagen können, doch das würde ihm nie über die Lippen kommen.

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Roman

Jojo Moyes – Ein ganzes halbes Jahr

Es ist einfach diese Sache, die man am Muttersein erst versteht, wenn man eine ist: Man sieht nicht den erwachsenen Mann vor sich – den unrasierten, stinkenden, rechthaberischen Sprössling –, mit seinen Strafzetteln, ungenutzten Schuhen und einem komplizierten Liebesleben. Sondern man sieht all die Menschen, die er je war, in einem.

Ein spontaner Kindle-Buch-Kauf ließ mich zu diesem Roman aus der aktuellen Bestenliste greifen. Ich gestehe: ich hoffte wiederum auf einen belanglosen Liebesroman (das Cover schaut aber auch dermaßen schmetterlingsmäßig verliebt aus …) Natürlich kam es wiederum anders. Schnell wurde mir klar, dass hier ernste Themen behandelt werden. Auf eine gute und verständliche Art.

Louisa hat schon genug eigene Probleme. Sie unterstützt ihre Eltern und ihre alleinerziehende Schwester durch ihr Einkommen im Café. Als sie diesen Job überraschend verliert, steht sie hilflos da. Keine Ausbildung, kein Job in ihrer Kleinstadt, den sie machen könnte. Doch dann wird sie von der reichen Mrs. Traynor als eine Art Gesellschafterin für ihren Sohn eingestellt. Will sitzt seit einem schweren Unfall im Rollstuhl und kann sich kaum noch bewegen, muss rund um die Uhr betreut werden. Und hat jeden Lebenswillen verloren. Nach einem schwierigen Start finden die beiden einen Zugang zueinander. Bis Louisa zufällig mitbekommt, dass Will bereits einen Termin in einem Zentrum für Sterbehilfe hat. 6 Monate hat er seiner Familie versprochen, zu warten.

Es war, als hätte sich alles verschoben, sei zersplittert und hätte sich zu einem anderen Muster zusammengefügt, das ich kaum wiedererkannte.

Es ist der lockere Ton, die Klassenunterschiede, der Zynismus, mit dem Will und Louisa die Welt betrachten, der das Buch nicht in die Traurigkeit und die Aussichtslosigkeit ihrer beider Situation abgleiten lässt.

Bei den Hochzeiten, zu denen ich normalerweise ging, mussten die Familien der Braut und des Bräutigams getrennt sitzen, weil die Gefahr zu groß war, dass sonst jemand gegen Bewährungsauflagen verstieß.

Louisa stellt sich schließlich der Aufgabe, Will von seinem Plan abzubringen. Will selbst findet eine Beschäftigung darin, Louise herauszufordern. Dass sie ihre Stadt nie verlassen hat und ziellos durchs Leben geht, kann er nicht akzeptieren. Sie schließen Freundschaft. Louisa hat Hoffnung, Will findet stückweise wieder Gefallen am Leben und scheint sich besser und aktiver zu fühlen.

Zum ersten Mal in meinem Leben versuchte ich, nicht über die Zukunft nachzudenken. Ich versuchte einfach nur zu sein, die Empfindungen dieses Abends durch meinen Körper wandern zu lassen.

Mich hat sehr berührt, wie einfühlsam die Autorin Louisas Unsicherheit beschreibt. Sie fragt sich ständig, ob sie wohl das Richtige tut. Obwohl sie eine selbstbewusste Person mit ausgefallenem Kleidungsstil ist (die Bienenstrumpfhosen sind ein wundervolles Symbol), zweifelt sie ständig an sich selbst. An ihrer Persönlichkeit, an ihren Fähigkeiten, ob sie das Richtige tut. Eine Antwort erhält sie natürlich nicht. Denn man kann bekanntlich nie wissen, ob man das Richtige tut. Man kann nur tun, was man im Moment für das Richtige hält und hoffen, dass es das Richtige war oder dass es sich später irgendwie korrigieren lässt.

Richtig gepackt hat mich die Geschichte aber erst gegen Ende. Doch dann bin ich einen ganzen Tag lang im Büro gesessen mit dem Gedanken, „ich will in mein Buch zurück“. Es gab noch einen anderen Gedanken, der mich an diesem Tag gepackt hielt, aber er war bei weitem nicht so hartnäckig, wie die Frage, wie es mit Louisa und Will weitergehen wird. Es ist schwierig, einen Abschlusssatz zu finden, der nichts über das Ende verrät. Daher muss ich mit einer Plattitüde schließen: Es gibt Hoffnung. Auch in den dunkelsten Momenten unseres Lebens.

Du sollst ein unerschrockenes Leben führen. Fordere dich heraus.

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Roman

Natasa Dragnic – Jeden Tag, jede Stunde

Und kein Regenbogen ist in Sicht. Und keine roten Zauberschuhe. Und keine böse Hexe ist tot. Weder im Osten noch im Westen.

Well, my own fault. Da wollte ich mir für den Urlaub eine nette Liebesgeschichte raussuchen (Deja-vu, anyone?) und habe wieder etwas ganz anderes bekommen. Naja, nicht ganz anders, aber zumindest nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte …

Vor allem tut sie aber das, was sie in sich trägt, was sie erfüllt, was in jedem ihrer Atemzüge steckt. Sie muss sich nicht anstrengen, um die erwünschten Gefühle in sich zu finden, sie muss sich allerdings äußerst bemühen, sie in sich zu behalten, sie nicht alle auf einmal herauszulassen, sie unter Kontrolle zu haben und nur tropfenweise zu offenbaren.

Unter Kontrolle … wenn man diesen Roman liest, wird man feststellen, dass es manchmal nicht das Richtige ist, sich unter Kontrolle zu haben. Das Schwierige ist nur, die Momente zu erkennen, in denen es sich lohnt, den Rest der Welt zu vergessen und nur das zu tun, was einem gerade als richtig erscheint, ohne an die Konsequenzen zu denken. Wenn man diese Momente falsch wählt, kann dies zu Enttäuschung und jahrelangem Leid führen. Ein Wunder, dass doch jeden Tag Entscheidungen fürs Leben getroffen werden. Man könnte meinen, man kommt besser davon, wenn man sich die Entscheidungen erspart …

Als Dora tief in der Nacht ihres ersten großen, richtigen Erfolgs am Fenster ihres dunklen Wohnzimmers steht und die Lichter der Stadt, die ihr Zuhause ist, beobachtet, trifft sie unerwartet eine Entscheidung. Sie ist selbst überrascht. Es war ihr nicht klar, dass es etwas zu entscheiden gab, denn alles war schon entschieden.

Alles, was ich über den Inhalt des Buches sagen könnte, erscheint mir banal. Ja, es ist eine große Liebesgeschichte. Dora und Luka lernen sich als Kinder kennen und kleben fortan wie zu lange gekochte Nudeln aneinander. Doch Dora muss mit ihren Eltern nach Frankreich ziehen, Luka bleibt allein zurück und muss seine Mutter sterben sehen und seiner Schwester beim Erwachsenwerden helfen. Als sie sich nach vielen Jahren in Paris wiedertreffen, ist klar, dass es mehr als nur eine Jugendliebe ist.

Warten ist alles, was sie jetzt tun kann. Warten, dass das Leben sie wiederfindet. Das könnte allerdings eine Weile dauern, denn sie hat sich gut versteckt.

Jede Trennung fühlt sich für Dora und Luka wie das Ende des Lebens an. Doch Luka heiratet aus Verantwortungsgefühl eine andere Frau. Nichts, was man nicht bereits tausend Mal gehört oder gelesen hätte. Doch gerade hier erscheint es wieder wie ein einziger großer Fehler. Natürlich werden beide nicht glücklich. Luka verleugnet seine Gefühle für Dora aus Pflichtgefühl, kann jedoch nicht voll für seine Familie da sein und ertränkt seinen Kummer in Alkohol.

Luka kann die Verachtung, die er sich selbst gegenüber spürt, nicht verstecken. Dora hält ihn fest. Sie ist erschüttert, kann nichts sagen. Ein Leben, das mit aller Kraft versucht, sich zu vernichten. Dora ist nach Schreien zumute. So viel Verleugnung und Verschwendung und Selbstbestrafung – und ohne jeden Grund.

Das Happyend bleibt aus. Im Urlaub bin ich übrigens nicht dazu gekommen. Harry Hole hielt mich 3 Tage lang in Atem, den Rest des Urlaubs habe ich mit E.L. Doctorow und leichter Magazinkost verbracht. Weit und breit kein Happy End in Sicht. Eventuell muss ich doch wieder mal auf Susan Elizabeth Phillips zurückgreifen, um mein Bedürfnis nach Liebesschund zu befriedigen … scheint mehr als nur eine Phase zu sein …