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English Roman

Katy Simpson Smith – The Everlasting

CN dieses Buch: Mord, Folter, selbstverletzendes Verhalten, Gewalt gegen Tiere, lebensbedrohliche Erkrankung (MS), Abtreibung

CN dieser Post: zum Abschluss ein Zitat über selbstverletzendes Verhalten, wird nochmal vorher gewarnt


The necessary experiment: determining if ostracods were not merely hardy survivalists but had evolved to prefer the bitter taste of civilization. If nature, like faith, was a human construction.

Eine Geschichte auf vier verschiedenen Zeitebenen, verbindende Elemente sind einerseits die Örtlichkeit Rom bzw. Umgebung sowie der Fischhaken, der in allen Zeitebenen eine Rolle spielt. Weiters haben alle Protagonist*innen massiv mit ihren Selbstzweifeln oder gesellschaftlichen Anforderungen zu kämpfen.

  • Der von seiner Frau entfremdete Forscher, dem die Abwesenheit von seiner Tochter die Gefühle zu rauben scheint und der schließlich mit einer erschreckenden Diagnose konfrontiert wird (Jetztzeit).
  • Die gelangweilte Ehefrau auf der Suche nach wahrer Liebe in einer Zeit und Gesellschaft, in der Ehen rein aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen geschlossen werden (16. Jh.).
  • Ein alternder Mönch, der aufgrund einer Andeutung homosexueller Zuneigung als Jugendlicher von seiner Familie ins Kloster verstoßen wurde und nun die Aufgabe hat, in der Krypta des Klosters über die verwesenden Toten zu wachen (9. Jh.).
  • Eine junge Frau, die in den Versprechen einer neuen Religion Antworten auf alle Fragen ihres Lebens findet und deshalb zur Märtyrerin wird (1. Jh.).

Because if you are not always, always yourself, you will lose the ability to breathe.

Das Buch wurde in einem Sammelpost auf Lithub (den ich mir leider nicht gespeichert habe) mit solchen Worten empfohlen, die mich dazu brachten, das Buch sofort herunterzuladen, nachdem ich gesehen hatte, dass es in Libby verfügbar war. Jetzt wüsste ich gerne, welche Worte das waren und in welcher Stimmung ich in diesem Moment war. Vielleicht hatte ich mir auch einfach etwas anderes vorgestellt. Ich weiß noch immer nicht genau, was ich von diesem Buch halten soll.

There was always time to make different decisions, or else there was never time; once she spoke, it was impossible in the tightly woven fabric of the world that she had ever not spoken.

Nach dem kommenden Trennstrich folgt ein kurzer Abschnitt mit Zitaten aus dem Buch zum Thema selbstverletzendes Verhalten.


His tears were made of sulfur. He yanked his hand back and slapped himself so hard his sight went briefly starry. The pain was on the ouside now, and felt so much better there. So much clearer. He hit himself again.

Sehr berührt haben mich diese beiden Zitate mit der Beschreibung des Gefühls bei selbstverletzendem Verhalten. Den Schmerz nach außen bringen; über einen winzigen Teil der Welt Kontrolle haben; etwas fühlen, irgendetwas fühlen, auch wenn es Schmerz ist. Mir fehlt die Vorstellungskraft, um solche Handlungen nachzuempfinden. Diese beiden Zitate haben es mir aber etwas besser erklärt.

Man versus body, the hook a tool, his one hand opening the other, wanting that red as evidence he could make a choice, that in his whirlpool life he had some measure of control, the pain a reminder he was alive and feeling was good, feeling was to be savored, not suppressed, that even hurt was better than numb.

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English Roman

Marilynne Robinson – Lila

CN dieses Buch: Gewalt (mit einem Messer und angedeuteter Todesfolge)
CN dieser Post: –


And somehow she found her way to the one man on earth who didn’t see it. Or maybe he saw it the way he did because he had read that parable, or poem, or whatever it was.

Im dritten Teil von Marilynne Robinsons Gilead-Serie erfährt die Leserin die Vorgeschichte von Lila, die in den ersten beiden Büchern als Frau von Reverend John Ames eher eine Nebenrolle spielt. Bisher wurde sie als stille, bedachte, freundliche Frau beschrieben. Ein niedriger Bildungsgrad, aufgrunddessen sie sich aus den religiösen Diskussionen zwischen Ames und Boughton heraushält, wurde nur angedeutet. In diesem Buch wird nun beschrieben, wie Lilas Leben verlief, bevor sie in Gilead auf den Reverend traf und mit ihm ein neues Leben begann.

“But if God really has all that power, why does He let children get treated so bad? Because they are sometimes. That’s true.”

Auch in diesem Buch werden viele religiöse Themen angeschnitten. Einerseits traut sich Lila kaum, Dinge zu fragen, weil sie sich zu dumm fühlt, andererseits interessiert sie sich für den Glauben des Mannes, in den sie sich verliebt hat. Sie versucht, die Welt und das Leben auf eine Weise zu verstehen, die ihr bisher aufgrund ihrer Herkunft verschlossen war. Und natürlich stellt sie sich auch die Frage, wie dieser allmächtige Gott es zulassen kann, dass Kinder hungern, schlecht behandelt werden, so viel Leid ertragen müssen. Wie auch in vielen anderen Werken fehlt auch hier eine auch nur halbwegs hilfreiche Erklärung. Der Reverend vertröstet Lila mit einem Gedicht auf ein späteres Gespräch, um sie nicht mit den Antworten abzuspeisen, die er üblicherweise anderen Menschen gibt, die ihm in ihrem Leid diese Frage stellen.

[…] Robinson is saying that O’Connor writes beautifully even though her imagination is appalling. But how can we judge a writer’s imagination except by way of her writing? If the writing is beautiful, how can the imagination be otherwise? What does Robinson really mean?

Das obige Zitat stammt aus dem kürzlich veröffentlichten Lithub-Artikel On the Case for Meanness in Fiction von Brock Clark. Der Text vergleicht die Notwendigkeit bzw. die Sinnhaftigkeit von kindness im Leben sowie im Schreibprozess von Autor*innen. Er zitiert dabei eine Kontroverse zwischen Marilynne Robinson und Flannery O’Connor, die eher die Meinung vertritt, dass compassion für schreibende Menschen vollkommen überbewertet ist. Der Text argumentiert unter anderem damit, dass ein auf kindness und compassion basierendes Schreiben (wie es Marilynne Robinson praktiziert), gleichzeitig ein langweiliges Schreiben ist (und daher in langweiligen Geschichten resultiert). Nach der Lektüre von Gilead war ich ja unter anderem überrascht, dass in dem Buch kaum etwas passiert. In dieser Wahrnehmung hat mich der oben zitierte Artikel bestätigt, er ist daher eine interessante Ergänzung zur Lektüre von Marilynne Robinson.

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Memoir

Kate Bowler – Everything Happens for a Reason and Other Lies I’ve Loved

Die Autorin reflektiert in diesem Buch über ihre Erfahrungen und ihren Umgang mit der Diagnose Darmkrebs. Ihre Situation lässt sie anders denken über Lebenspläne und Lebensqualität, über persönliche Beziehungen und die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Wieviel Zeit vergeuden wir täglich mit Ärger über unwichtige Dinge? So viele Wünsche und Träume verschieben wir auf eine Zukunft, die vielleicht niemals kommt. Erst im Angesicht einer potentiell tödlichen Krankheit wird klar, dass wir aus jedem Tag das Beste machen können und das, was uns glücklich macht, nicht auf später verschieben dürfen.

She is working harder than anyone I have ever known, but her selflessness has caused her to surrender too much of herself to “someday”. And now someday has come, at least for me.

Als gläubiger Mensch erhält sie viel Feedback von ihrer Kirchengemeinde und nach einem online veröffentlichten Artikel über ihre Situation auch von völlig Fremden. Der Titel des Buches verweist auf die vielen wohlgemeinten, aber nicht hilfreichen Ratschläge, die sie in ihrer Situation von Bekannten und Fremden erhalten hat. Ein Ansatz dabei ist, dass jede Situation eine Prüfung ist, die Gott uns stellt und die uns stärker machen soll. Wesentlich schwieriger zu verarbeiten ist die Perspektive, dass die Krankheit eine Strafe für begangene Sünden oder nicht ausreichend intensiven Glauben ist. Viele Menschen berichten ihr auch von ihren eigenen Problemen, die sie im Allgemeinen als wesentlich schlimmer erachten als das Schicksal anderer. Daraus folgt zwar die Erkenntnis, dass das Leben für jeden irgendwie schwer ist (that life is hard for everyone), aber macht das die eigene Situation in irgendeiner Form besser? Wie ich kürzlich bei Barry Schwartz in The Paradox of Choice gelesen habe, machen uns Vergleiche jeder Art – speziell mit dem Leben anderer Menschen – immer unglücklich.

I have still, somehow, clung to the idea that I am able to save myself.

Jede schwierige Situation im Leben gibt uns Gelegenheit, zu wachsen und daraus zu lernen. Die Autorin fragt sich im Angesicht ihrer potentiell tödlichen Krankheit, ob sie jemals eine vollständige Person sein wird (wondered if I would ever be one, whole person). Was kann uns überhaupt zu einer vollständigen Person machen? Im Rahmen meiner jüngsten Krise habe ich begonnen, mich mit Selbstakzeptanz zu beschäftigen und der Frage nachzugehen, ob das eigene unperfekte Selbst eigentlich schon genug ist. Auch wenn wir uns täglich verändern und an unseren Lebenserfahrungen wachsen, können wir jemals genug oder ganz sein? Wenn wir es jetzt noch nicht sind, welche Erfahrung könnte dazu führen, dass wir ganz werden? Eine Frage, die mich vermutlich noch länger beschäftigen wird.

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Roman

Mitch Albom – The First Phone Call from Heaven

The living can’t speak to the dead! If they could, don’t you think I would? Wouldn’t I trade my next hundred breaths for one word from my wife? It’s not possible. There is no God who does such things. There is no miracle in Coldwater.

Mitch Albom ist immer wieder ein Garant für inspirierende Geschichten, obwohl mich beim Lesen immer das Gefühl begleitet, keines seiner späteren Bücher käme an Die 5 Menschen, die dir im Himmel begegnen (gelesen lange vor dem Start meiner Aufzeichnungen) heran. Es kann jedoch gut sein, dass meine Erinnerung diesbezüglich etwas verklärt ist, es passte damals einfach sehr gut zur Situation und würde ich es heute lesen, fände ich es vielleicht gar nicht mehr so toll. Natürlich habe ich es längst verschenkt ;-)

In Coldwater erhalten mehrere Menschen Anrufe – scheinbar aus dem Jenseits. Verstorbene Angehörige sprechen mit Zurückgebliebenen, diese nehmen die Botschaften aus dem Jenseits unterschiedlich auf. Die gläubige Katherine Yellin erzählt schließlich in ihrer Pfarre davon, nach ihr trauen sich auch andere, öffentlich zuzugeben, dass sie kontaktiert wurden. Katherine Yellin ist überglücklich über die Botschaften ihrer verstorbenen Schwester und führt nur zu gerne den aus dem Jenseits erteilten Auftrag aus: Erzähl allen Menschen über den Himmel, er ist wunderschön.

Die Reaktionen auf das Wunder sind gemischt, Coldwater wird von einer Masse an Gläubigen und Zweiflern überschwemmt. Mit großem Einfühlungsvermögen beschreibt der Autor, wie sich das Wunder und dessen Folgen auf die Betroffenen auswirkt. Sowohl auf die Glücklichen, die die Anrufe erhalten, als auch auf jene, die ebenfalls jemanden verloren haben, aber nicht kontaktiert werden. Warum wurden sie nicht auserwählt? Stück für Stück analysiert der Autor den Glauben der Menschen und wie sich dieser durch das Wunder verändert.

Höhepunkt ist die TV Show, in der Katherine Yellin live einen Anruf ihrer verstorbenen Schwester mit der Welt teilt. Die Kritik an der Sensationslust der Medien wird verkörpert durch die Reporterin Amy Penn, die in der Geschichte zuerst ihre große Chance sieht, endlich bekannt zu werden, und schließlich vor der großen TV Show erkennt, dass es im Leben um mehr als nur einen erfolgreichen TV-Auftritt geht. Im furiosen Finale wird alles Vorhergegangene wieder über den Haufen geworfen. Der folgende Absatz erscheint mir als passende Zusammenfassung:

At one point after the call had abruptly ended, Elias asked his pastor. “Does this prove, what we believe?” and Warren softly said, “If you believe it, you don’t need prove.” Elias didn’t say much after that.

Reading Challenge: A book from an author you love that you haven’t read yet

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Roman

Thomas Glavinic – Das größere Wunder

„Ich glaube, man ist schon jemand“, sagte Jonas. „Jeder ist jemand, und besser als das kann er nicht werden. Er kann nichts anderes werden, und wenn er es doch wird, ist er nicht glücklich.“

Thomas Glavinic lässt seinen Helden Jonas (den wir bereits aus früheren Romanen kennen) den Mount Everest besteigen. Die Romane haben nur bedingte Verbindungen miteinander. Das mag zuerst verwirren, macht aber möglich, dass man die Romane in keiner bestimmten Reihenfolge lesen muss. Ja, man muss sie gar nicht alle lesen. Wer nur eines lesen möchte, sollte dieses nehmen. Und braucht hier nicht weiterzulesen, sondern lieber gleich zum Buch greifen.

Das ist kein heroischer Berg, so wie es keine heroische Art zu sterben ist, da oben für alle Zeit festzufrieren. Hier werden keine Heldensagen geschrieben, jedenfalls nicht von euch.

Auf zwei Erzählebenen verfolgen wir Jonas Weg auf den Mount Everest. Wir erleben Jonas im Basislager des Berges, wo sich sein Körper nur schwer an die Wetterverhältnisse anpasst. Die Höhe macht ihm zu schaffen. Gleichzeitig erleben wir den jungen Jonas, der von seiner alkoholkranken Mutter verlassen wird. Der sich für seinen von Geburt an behinderten Bruder Mike verantwortlich fühlt. Der sich durchs Leben schlägt und Stück für Stück etwas übers Leben lernt.

Manche Dinge findet man nicht, wenn man sie sucht, so schlau und kühn man es auch anstellen mag, denn manche Dinge kommen zu einem, wenn man gar nicht danach verlangt.

Sehr subtil gibt der Autor Jonas Stück für Stück die Möglichkeiten, das Leben zu begreifen. Oder Teile davon. In Das größere Wunder sind die Erkenntnisse wesentlich präsenter und wesentlich existentialistischer. In Die Arbeit der Nacht dauerte es lange, bis der allein gelassene Jonas erkennt, dass ihn das Alleinsein Stück für Stück in den Wahnsinn treibt. Der Leser kann das nicht begreifen, denn niemand hat je so eine große Einsamkeit erlebt. Hier sehen wir Jonas auf einen gefährlichen Berg klettern und verstehen schnell, dass er auf der Suche ist. Sein ganzes Leben war er auf der Suche. Er schwankt zwischen der Sehnsucht nach dem Un-Sinn, dieser Wunsch nach Heimkehr in die Zwecklosigkeit und seinem Wunsch, das Chaos zu beherrschen. Glavinic lässt Jonas nach einem Sinn für sein Leben suchen. Gleich mehrmals betont er, dass ein Leben nur dann Wert hat, wenn man es einem höheren Sinn widmet.

Es waren diese Tage, in denen er vieles begriff. Er würde nie ein erfülltes Leben führen können, wenn er nicht versuchte, es einer Sache zu widmen, die größer war als er.

Ein Leben ist nur dann geschützt, wenn es einer Sache gewidmet ist, die größer ist als der Mensch, der es lebt und der Sache dient.

Der Autor scheut nicht davor zurück, auch ganz banale Motive zu verwenden. Und doch passen sie irgendwie in die Dunkelheit und die Kälte, in denen Jonas schließlich alleine auf dem Berg herumirrt. Man fragt sich, wie das passieren konnte. Wie konnten die Bergführer Jonas gehen lassen, obwohl sie mit seinem sicheren Tod rechnen mussten, wenn er sich zu spät zum Gipfel aufmacht, um noch bei Tageslicht zurückkehren zu können?

Es war bereits hell, was ihn überraschte. Als er auf die Uhr schaute, stellte er fest, dass sie stehengebeblieben war.

Das Ende überrascht. Doch je länger ich darüber nachdenke, umso mehr wird mir klar, dass Thomas Glavinic Recht hat. Nicht anders hätte er demonstrieren können, dass es um diesen Berg nicht geht. Der Berg ist ein Symbol für die größere Sache, für das Wichtigere im Leben, für das größere Wunder. Würde man das Buch nochmal lesen (könnte ich mir durchaus vorstellen), würde man bestimmt noch viele andere Lesemöglichkeiten finden, die die Metapher bereits vorbereiten. Dieses Buch ist voll mit Erkenntnissen und kleinen Andeutungen über Lebensweisheiten, ohne sie plakativ auszuwalzen. Eine absolute Empfehlung.

Jeder Mensch beurteilt sich selbst nach seiner größten Leistung, und zwar so, als hätte es die Tiefen davor und danach nie gegeben, weißt du das? Ich spreche da auch und gerade von moralischen Leistungen. Wir guten Menschen, wir.

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Sachbuch

Stefan Bonner – Heilige Scheiße

Wiesenpflanzen

Während weltweit die Zahl der 2,1 Milliarden Christen wächst, kündigen hierzulande jedes Jahr Hunderttausende ihr Abo mit der Paradiesprämie. Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus, und das seit vielen Jahrzehnten.

An diesem ersten Zitat wird im Endeffekt schon sehr deutlich, worum es hier geht: Stefan Bonner setzt sich mit dem Christentum und anderen Religionen auseinander und das in saloppem Ton, der vermutlich ein Kniefall vor dem Verlag darstellt, der ein trockenes Buch zum Thema Religion vielleicht nicht veröffentlichen hätte wollen. Er mokiert sich zu Anfang über die Probleme der christlichen Kirchen wie den anhaltenden Strom an Austritten sowie den familiären Automatismus, ohne den nach seiner Ansicht die christlichen Kirchen schon lange leer wären.

(über das Glaubensbekenntnis)
Wer daran zweifelt, müsste sich streng genommen vom kirchlichen Glauben abwenden. Dann wären unsere Kirchen vermutlich noch leerer, als sie es ohnehin schon sind – und auch der ein oder andere Platz auf der Kanzel wäre nicht mehr besetzt.

Neben dem christlichen Glauben beschäftigt sich der Autor auch mit allerlei „Modereligionen“. Er betrachtet etwa Steve Jobs als einen „modernen Heiligen“. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die wenigsten Apple User sich tatsächlich als „Apple-Jünger“ verstehen. Fitness- und Wellnesstrends tatsächlich als Religionen zu interpretieren macht den Autor und sein Werk in höchstem Maße unglaubwürdig. Es ist am Ende keine seriöse Auseinandersetzung mit dem Glauben an sich sonder eine in reißerischem Tonfall geschriebene Reportage, die in News besser beheimatet gewesen wäre. Auch der tatsächliche Inhalt hätte in ein Reportageformat gepasst.

Er offenbarte uns das iPad. Bei jedem neuen Produkt belagern seine Jünger die Applestores weltweit wie die Gläubigen den Petersplatz bei der Papstansprache. „Believe in Steve“, singt der Klavierkabarettist Bodo Wartke.

Auch die Zielgruppe des Buchs ist unklar. Gläubige werden sich vor den Kopf gestoßen fühlen, dem Glauben Fernstehende interessieren sich nicht für solche Themen. Am Ende bleibt noch dazu die weise Einsicht, dass jeder seine Überzeugungen hinterfragen und sich selbst entscheiden sollte, was er glauben will. Zu diesem weisen Schluss hätte es kein ganzes Buch voller Platitüden gebraucht.

Wir haben die Wahl: Wählen wir aus Bequemlichkeit ein eingeführtes Produkt – oder hinterfragen wir unsere Überzeugungen, bevor wir an sie glauben?

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Krimi Thriller

Robert Shea – Illuminatus! (01. Das Auge in der Pyramide)

Schwan neben der Wiener Oper mit Blick auf die Ringstraßengalerien

Genau erinnere ich mich nicht mehr, aber ich meine, dass ich durch einen Technik/Nerd-Podcast auf diese Reihe aufmerksam wurde. Ein anstrengendes Buch. Man muss sich daran gewöhnen, dass man grundsätzlich nichts glauben darf. Ich tendiere ja grundsätzlich eher dazu, nicht jede Verschwörungstheorie zu glauben, die so allgemein aufgetischt wird … aber wer weiß vielleicht hilft es ja bei der Findung des Geocaches 23, an dem wir letztes Jahr gescheitert sind …

Das ist das Morsezeichen für V – die römische Ziffer für Fünf. Offen zeigen, sagst du. Was meinst du, wie die sich amüsieren? Die amüsieren sich teuflisch darüber, wie sie ihre Geringschätzung der Welt gegenüber den Leuten immerzu unter die Nase reiben können, und keinem fällt’s auf.

Wer Geheimbünde und deren Zeichen sehen will, der wird sie zweifellos immer und überall finden. Ein Uneingeweihter kann auch einen Geocache als Versteck eines Geheimbunds deuten. Falls er ihn findet. Bis heute warten wir darauf, mal per Zufall einen zu finden … viele Hinweise, dass es sich bei Teilen des Buches um übertriebene Erfindungen handelt, gibt es auch. Aber was weiß man schon? Als Leser bleibt einem sowieso nichts anderes übrig, als zu lesen und abzuwarten, was sich als wahr oder falsch erweisen wird. Und oft sind ja gerade die Knalleffekte das Spannende …

„Ganz einfach. Er schwimmt am Bug des U-Boots neben uns her, dort nehmen wir seine Stimme auf. Mein Computer übersetzt dann das Delphinische ins Englische. Ein Mikrofon hier im Kontrollraum schickt unsere Stimmen ebenfalls an den Computer, der unsere Sprache wiederum ins Delphinische übersetzt, und von dort aus geht es über einen Außenlautsprecher hinaus zu Howard.“

Mir persönlich sind die Abenteuer der Illuminaten und ihrer Gegner allerdings etwas kompliziert aufgemacht. Hin und her, oft teilt nicht einmal ein Absatz die unterschiedlichen Schauplätze und Handlungsstränge, sogar durch die Zeiten springt die Geschichte hin und her, oft ohne Hinweise, sodass man nur an den wechselnden Personen erahnen kann, dass gerade wieder ein Wechsel stattgefunden hat. Anstrengend zu folgen … was die Verwirrungstaktik erleichtern dürfte. Mehr als einmal kam mir der Gedanke, dass ein Flussdiagramm nötig wäre, um die Zusammenhänge halbwegs zu analysieren. Aber das war mir dann doch zu mühsam …

Dann versuchte ich die Fünf der Illuminaten zur 23 zu addieren und erhielt 28. Die durchschnittliche Menstruationsperiode der Frau. Der Mondzyklus. Zurück zu den silbernen Äpfeln des Monds – und ich bin Moon. Natürlich haben Pound und Yeats Namen mit je 5 Buchstaben.

Auch die Zahlenmystik gehört zu den Feldern, wo man überall die Zusammenhänge finden kann, wenn man nur lange genug sucht. Ziffernsummen, Datumsangaben, Buchstabenanzahl von Namen – wenn man nur lange genug Kombinationen ausprobiert, wird man sicher mal das Gewünschte herausbekommen und sich dann entsprechend die Hinweise aus dem Kaffeesud lesen können. Ob ich wissen will, wie das weitergeht, weiß ich noch nicht. Aber der Geocache wird mich vielleicht doch dazu treiben …

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Klassiker Sachbuch

Johann Prossliner – Nietzsches Zarathustra

Nietzsche macht einen „ziemlich genauen architektonischen Überschlag des Ganzen“ (und verrechnet sich dabei nicht), aber an seiner inneren Debatte und das Zarathustra-Gebilde lässt er niemanden teilnehmen. Am Ende wird er seinen Zarathustra gewissermaßen heilig sprechen, um mit dieser inneren Debatte Schluss zu machen und das Werk seinen eigenen Zweifeln zu entziehen.

Die Reihe „Meisterwerke kurz und bündig“ des Piper Verlag hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen „Überblick“ über die behandelten Literaturwerke zu geben. „Auf einen Blick erfährt man alles Wissenswerte über herausragende Werke der Literatur, Musik und Kunst.“ Ein ambitioniertes Vorhaben, das Johann Prossliner mit Nietzsches Zarathustra nach meiner Ansicht nur spärlich gelingt.

Sein Ansatz besteht darin, erst die Entstehung des Werkes und dessen Inhalte zu analysieren. Dabei beschränkt er sich jedoch in erster Linie darauf, zu erklären, warum dieses Werk sich von allen anderen Werken Nietzsches abhebt, sozusagen eine Singularität darstellt. Einerseits versucht er, dem Leser das Werk schmackhaft zu machen, andererseits weist er immer wieder darauf hin, dass es ein schwieriges Werk ist und mit welchen Problemen sich der Leser konfrontiert sehen wird.

Es folgt eine lange Auflistung von Ausschnitten aus dem „Zarathustra“. Diese werden jedoch schlicht aneinandergereiht, ohne einen Zusammenhang, ohne Erklärung, welche Motive durch die Ausschnitte dargestellt werden sollen. Das trägt nicht unbedingt zum besseren Verständnis bei. Zum Abschluss ergänzt Prossliner mit Ausschnitten aus dem Briefverkehr Nietzsches zum Thema Zarathustra. Damit illustriert er die zwiegespaltene Einstellung von Nietzsche selbst zu diesem Werk, bleibt aber auch hier eine zusammenfassende Erklärung schuldig.

Wer sich mit Nietzsches Werk tatsächlich auseinandersetzen will, findet in diesem Buch bestenfalls eine Anregung. Als Hilfe zum Verständnis kann es leider nicht dienen. Der direkte Griff zu Nietzsches Werk oder anderer Literatur zu diesem Thema empfiehlt sich mehr als die Investition in diese Zusammenfassung.

Aus den Briefen Nietzsches: An Malwida von Meysenburg in Rom, Venedig, Anfang Mai 1884: Wer weiß, wie viele Generationen erst vorübergehen müssen, um einige Menschen hervorzubringen, die es in seiner Tiefe nachfühlen, was ich getan habe! Und dann selbst noch macht mir der Gedanke Schrecken, was für Unberechtigte und gänzlich Ungeeignete sich einmal auf meine Autorität berufen werden.

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Roman

Eric-Emmanuel Schmitt – Das Kind von Noah

Ein weiterer einfühlsamer Roman von Eric-Emmanuel Schmitt, der einen Einblick in die jüdische Religion gibt und vor allem Interesse weckt. Es erzählt die Geschichte eines jüdischen Jungen im Belgien kurz vor dem Ende des zweiten Weltkriegs, der von seinen Eltern bei einem katholischen Priester untergebracht wird, um ihn vor den Nazis zu schützen. Der Junge und der Priester geraten in einen Dialog, der die Unterschiede zwischen den Religionen aus der Sicht eines Kindes einfühlsam aufzeigt.

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Sachbuch

Zenkei Shibayama – Zen – Eine Blume spricht ohne Worte

Am nächsten Morgen nahm er alle seine Berichte und Aufzeichnungen über die Diamant-Sutra, die er mitgebracht hatte, verbrannte sie vor dem Kloster und erklärte: “Alles Wissen oder Lernen ist, verglichen mit der Tiefe der Erfahrung, wie ein Tropfen Wasser, der ins Meer fällt.”

“Jeder wird vor dem Spiegel in gleicher Weise behandelt. Er macht keinen Unterschied zwischen reich und arm. Er lässt nicht den Reichen und Vornehmen schön erscheinen, weil er etwas Besonderes sei. Er macht den Armen nicht besonders hässlich. Männer und Frauen, Alte und Kinder werden vor dem Spiegel gleich behandelt. ……… Ein solches unbeflecktes klares Bewusstsein, das durch und durch rein ist und völlig unparteiisch, ohne irgendeinen Unterschied, wird Buddha-dharma oder Selbst-Natur genannt. Zen lehrt, dass wir menschlichen Wesen ursprünglich diese Buddha- oder dharma-Natur in uns selbst besitzen.

Eines Tages ging er die Straße entlang und traf einen Bettler, dem er schon öfters begegnet war. Ohne viel zu überlegen, sagte er: “Guten Morgen!” Aus irgendeinem Grund antwortete der Bettler: “Gibt es einen Morgen, der nicht gut ist?”

Das Leben der Schönheit offenbart sich in der schöpferischen Kraft eines freien natürlichen Menschen, und diese Schöpferkraft erstrahlt aus der Tiefe seiner alles umfassenden Aktivität, in der er das zum Idol Erhobene vernichtet.

Eine grundlegende Einführung in den Zen-Buddhismus, der in China und Japan praktiziert wird und sich in erster Linie auf die Erfahrung stützt. Gleichnisse verdeutlichen, dass alles Wissen im Vergleich zur persönlichen Erfahrung unbedeutend ist. 

Fazit: Interessantes Thema, ansprechend aufbereitet.