Dieses Buch hatte ich aus irgendeinem Bücherschrank genommen. Der Titel hatte mich angesprochen, und dann auch die reduzierte Covergestaltung, die an Text nur den Nachnamen der Autorin und den Titel des Buches enthält zusätzlich zu einer Zeichnung zweier menschlicher Köpfe. Es handelt sich um liebliche Gesichter, das vordere mit längeren gelockten Haaren strahlt eindeutig feminine Vibes aus, beim hinteren Gesicht ist dies nicht so klar.
Beim Lesen ergibt sich, dass auf dem Cover wohl das Geschwisterpaar Eléonore und Sébastien zu sehen ist, zwei, die sich und einander genug sind. Um jedoch in Paris ein luxuriöses Leben zu führen ohne zu arbeiten, müssen sie sich in Gesellschaft begeben, wobei manchmal auch Herzen zu Bruch gehen.
Dies ist das Salz der Erde und dieses jämmerlichen Daseins. Nicht die Strände tauchen in den Traumkulissen auf, nicht der Club Méditerranée und nicht die Kameraden, sondern irgend etwas Zerbrechliches, Kostbares, das man heutzutage freiwillig verwüstet und das die Christen »Seele« nennen.
Der interessantere Teil des Buchs sind jedoch die Reflexionen der Autorin, die sie aus der Geschichte ihres Geschwisterpaares ableitet. Mir sagte der Name der Autorin nichts, obwohl Françoise Sagan einen Roman geschrieben hat, dessen Titel viele Menschen schon einmal gehört haben dürften: Bonjour tristesse. Sie schrieb diesen Roman im Alter von 17 Jahren und gelangte dadurch unmittelbar zu Berühmtheit. Blaue Flecken auf der Seele (original: Des bleus à l’ame) ist hingegen als Spätwerk zu betrachten (lt. Wikipedia im französischen Original 1972 erschienen). In ihren Exkursen philosophiert die Autorin etwa über die Gesellschaft, den Buchmarkt und das Schreiben. Gerade fällt mir keine bessere Umschreibung ein als dieses Zitat aus dem Klappentext:
Mit dieser Mischung aus scheinbar oberflächlich hingetupfter Handlung und Reflektion über ihr eigenes Leben hat Françoise Sagan endlich den Roman geschrieben, der sie von der Verfasserin von Bestsellern zur wirklichen Schriftstellerin herangereift zeigt.
CN: Tod eines Hauptcharakters, Gewalt, toxische Beziehung, sexuelle Belästigung, Suizid, Depression, Essstörung, Sexismus
Ein wundervoller Roman über eine wundervolle Freundschaftsbeziehung, kreativen Austausch und Videospiele. Wenn euch das irgendwie anspricht, dann hört hier auf und lest lieber das Buch ;-)
Im Weiteren werde ich ein paar Dinge beschreiben, die mir besonders gefallen haben (und versuchen, dabei nichts von der Geschichte zu verraten, aber siehe oben …).
Mir hat gefallen, wie Sams Behinderung nicht nur die Geschichte beeinflusst, sondern dass auch erklärt wird, wie sie sich auf seine Emotionen und Beziehungen auswirkt. Er möchte nicht schwach auf seine Mitmenschen wirken und gleichzeitig ist er so frustriert über seinen Körper, der ihn immer wieder im Stich lässt. An einer Stelle wird das so formuliert, dass Sam sich am glücklichsten fühlt, wenn er vergessen kann, überhaupt einen Körper zu haben. Dieses Unwohlsein in seinem eigenen Körper, diese große Verletzlichkeit bringt er in die Spiele ein, die er mit Sadie entwickelt.
Sometimes she didn’t even like him, but the truth was, she didn’t know if an idea was worth pursuing until it had made its way through Sam’s brain, too. It was only when Sam said her own idea back to her – slightly modified, improved, synthesized, rearranged – that she could tell if it was good.
Sadie und Sam lernen sich als Jugendliche kennen. Als sie als junge Erwachsene ihr erstes eigenes Spiel veröffentlichen, wird Sadie mit dem Patriarchat in der Gaming-Industrie konfrontiert. Sie fühlt sich nicht ernst genommen, die Verdienste werden Sam zugeschrieben, schließlich macht sie selbst Sam dafür verantwortlich, sie in den Hintergrund gedrängt zu haben. Gabrielle Zevin hat ein ausgezeichnetes Gespür dafür, wie sich strukturelle Ungerechtigkeiten auf eine kreative Freundschaftsbeziehung auswirken können. Sadies Unsicherheit über ihre eigenen kreativen Entscheidungen (wie sie sich im obigen Zitat auch widerspiegeln) gepaart mit der sexistischen Atmosphäre der Gaming-Industrie führen in ihrer kreativen Freundschaft langfristig immer wieder zu Konflikten.
She had thought she arrived. But life was always arriving. There was always another gate to pass through. (Until, of course, there wasn’t.)
Sadies Frustration mit ihren (Miss-)Erfolgen kann ich gut nachvollziehen. Ich muss mich immer wieder erinnern, dass es keinen Zustand geben wird, den ein Mensch erreichen kann und dann ist alles gut. Es bleibt alles immer im Fluss.
Auch der Titel wird im Buch ausgezeichnet erklärt: Ein Spiel kann immer wieder von vorn begonnen werden. Es ist eine unendliche Serie von Tomorrows, beim nächsten Versuch könnten wir gewinnen.
Für mich war besonders schön, dass der Fokus auf der kreativen Freundschaftsbeziehung zwischen Sadie und Sam lag. Es wird verdeutlicht, dass romantische Beziehungen nicht zwingend immer das Wichtigste im Leben sein müssen. Wie die gemeinsam ausgelebte Kreativität sich in Sadies und Sams Leben in Erfolge und Misserfolge verwandelt, wie diese Zusammenarbeit kreativer Geister ihrer beider Leben prägt, zeigt eindrucksvoll, dass romantische Gefühle nicht das Einzige sind, das Menschen fürs Leben aneinander binden kann. Herrlich illustriert wurde das auch in der Szene, als Sam von Sadie und Marx im Krankenhaus besucht wird und die diensthabende Krankenschwester rätselt, in welcher Beziehung die drei wohl zueinander stehen.
CN: sexuelle Belästigung (verbal), Gore (Sezieren von menschlichen Schädeln), Töten eines Tiers und Verspeisen seines Herzens (Flashback), Charaktertod, Blut, Gewalt
[Ich finde es sehr angenehm, die Content Notices aus dem Buch abschreiben zu können, die Autorin hat sie sogar kapitelweise aufgelistet. 💜]
Um mich wieder mehr ins Lesen zu bringen, griff ich zu einem Buch auf der „falschen“ Seite des Regals der ungelesenen Bücher. Es handelt sich um jene Bücher, die erst seit diesem Jahr im Regal stehen und damit nicht zu meiner Buch-Challenge #12in2025 zählen. Das Experiment hat jedoch gefruchtet und ich fühle mich wieder mehr im Fluss sowohl fürs Lesen als auch fürs Schreiben. Dieses Buch ist außerdem in den Leseempfehlungen enthalten, die ich im April 2014 gesammelt habe. Danke an dieser Stelle auch an das liebe Wesen, das mir drei Bücher aus seiner Sammlung geliehen hat, von denen nun nur noch zwei auf der „falschen“ Seite des Regals stehen.
Die Geschichte spielt in einer Fantasie-Welt, deren Gesellschaft von einer zunehmenden Spaltung zwischen magischen und nicht-magischen Wesen bestimmt ist. Zu Beginn wird die Protagonistin Aurelia als magisch entlarvt, was ihre Eltern durch Medikamente und Isolation zu verbergen versuchten. Aurelia landet nun im magischen Teil der Gesellschaft, wodurch ihr Weltbild zutiefst in Frage gestellt wird. Dadurch lernt auch die Leser:in mehr über das Wesen dieser Welt, ihre Regeln und Gebräuche, ihre Stärken und Schwächen. Dieses Worldbuilding erfordert Zeit und Raum; die Mordfälle, in die Aurelia als Zeugin verwickelt ist, werden lange Zeit in den Hintergrund gedrängt.
Was mir zuerst zu langsam vonstatten ging, wurde aber mit der Zeit zu einem äußerst angenehmen Gefühl. Aurelia lernt verschiedene Wesen der magiebegabten Welt kennen, darunter finden sich Repräsentationen, die in vielen anderen Romanen kaum vorkommen: Wesen mit Behinderungen (zum Beispiel mit einer Beinprothese aufgrund einer Kriegsverletzung), Wesen, die auf besondere Art kommunizieren (zum Beispiel Gebärdensprache), Wesen, die aufgrund ihrer speziellen Magiebegabung selbst in der Welt der Magie eher an den Rand gedrängt werden. Die Autorin lässt Aurelia in der Begegnung mit dieser unbekannten Welt ihre eigenen Werte und ihre eigenen Persönlichkeitszüge hinterfragen. In dieser Auseinandersetzung wächst sie an sich selbst, was sich am Ende des Buchs ganz deutlich in ihren Entscheidungen zeigt.
Schwäche zu zeigen hatte noch nie zu ihren Stärken gehört, und sie hasste es, dass sie sich nicht besser unter Kontrolle hatte, dass der Lärm und die Leute und die Weite der Stadt sie so verrückt machten, dass sie selbst hier unter anderen Magiebegabten nicht normal sein konnte.
Vermutlich aus aktuellem Anlass hatte ich sehr viel Spaß mit der Idee des magischen Hauses, das sich selbstständig an seine Bewohner:innen anpasst. Diese undefinierbare magische Präsenz mag gruselig erscheinen (Überwachung?), für Aurelia empfindet sie aber offensichtlich freundschaftliche Gefühle und steht ihr helfend zur Seite. Mehr gelesen hätte ich gern vom magischen Skelett-Affen und dem Geist, der in der Schlafzimmeruhr lebt. Diese Ideen wurden für mein Gefühl nur angerissen und hätten durchaus mehr Backstory bzw. eine Rolle in der Auflösung vertragen können.
Im Vergleich zum langsamen Aufbau der Geschichte erschien mir das Ende dann zu abrupt (als wäre der Autorin die Zeit ausgegangen). Dies bleibt jedoch ein verschmerzbarer Wermutstropfen an diesem sonst sehr gelungenen Stück Fantasy-Literatur. Die Idee einer Welt, in der viele Menschen versuchen, das Richtige zu tun, auch wenn es sich manchmal im Einzelnen extrem falsch anfühlt, liegt vielen Geschichten zugrunde, ich persönlich finde sie hier besonders gut umgesetzt.
Randnotiz: In Wien Penzing wird gerade eine genossenschaftlich organisierte Buchhandlung begründet. Es soll auch ein 3. Ort für die Gegend werden. Ich habe das Crowdfunding unterstützt, vielleicht ist das ja auch was für euch.
Mit diesem Buch hatte ich echt meine Schwierigkeiten. Zuerst musste ich feststellen, dass es nicht die Antworten für den Literatur-Geocache enthielt, die ich erwartet hatte. Dann fand ich die Geschichte äußerst traurig, frustrierend und schwer zu lesen. Die Handlung findet auf zwei Ebenen statt, wir lesen einerseits von der alten Aliide Truu, die allein auf ihrem Hof lebt und das Mädchen Zara aufnimmt, das plötzlich allein und hilflos auf ihrem Hof auftaucht, und andererseits von der jungen Alide Truu, die in West-Estland in einer gebeutelten Gegend aufwächst. Wäre nicht die Frage offen gewesen, wo das Mädchen Zara hergekommen ist, hätte ich vermutlich gar nicht weiter gelesen. So unsympathisch ist schon das junge Mädchen Aliide: eifersüchtig auf die Schwester, verliebt in deren Ehemann Hans, fühlt sie sich immer übersehen und nie in irgendeiner Weise wertgeschätzt.
Jetzt würde er Aliide wahrnehmen müssen. Und vor allem würde Hans endlich Liides eigenes besonderes Wesen erkennen müssen, wie fabelhaft sie die Geheimnisse der Pflanzen kannte und die Heilkunst beherrschte. […] Jetzt musste Hans das begreifen!
Zaras Schicksal ist nicht minder düster. Sie lässt sich aus ihrer Heimat in Wladiwostok weglocken, um in Europa zu arbeiten und sich Geld für ihr Studium zu verdienen. Sie landet in einem Mädchenhändlerring und wird zur Prostitution gezwungen. Auf der Flucht vor ihren Peinigern landet sie nicht zufällig auf Aliide Trus Hof: Sie ist auf der Suche nach ihrer Familie und hat ein Jugendfoto von Aliide und ihrer Schwester bei sich.
Das Ende des Buchs bilden mit dem Vermerk „Streng geheim“ gekennzeichnete Dokumente, in denen von Observationen, Spionage, Verbrechen und Agent:innen zu lesen ist. Hier kommt erneut zum Vorschein, dass Aliide sich selbst in ihrer Ehe mit Parteigänger Martin nie wirklich sicher fühlen konnte. Sowohl Martin als auch Aliide könnten selbst Spione gewesen sein, ohne voneinander gewusst zu haben. Selbst dem Ehepartner kann in einem diktatorischen Regime nicht vertraut werden.
Es muss noch ermittelt werden, ob die zu observierende Zielperson bemüht ist, geheime Informationen für das Ausland zu sammeln. Falls das so ist, wird man ihm »geheime« Desinformationen zuspielen.
Eine belastende Geschichte, über die ich auch lange nicht schreiben wollte.
Mit einer absoluten Neuheit auf diesem Blog: ein Restaurantbericht im Anschluss an die heutige Buchbesprechung!
CN: Mord, Gewalt gegen Menschen und Tiere, Missbrauch von Elternteil an Kind (hauptsächlich psychisch), ein paar grausige Details
Ein weiteres Buch aus der Nominierungsliste für die diesjährigen Hugo Awards, inzwischen wissen wir ja auch, welches Buch gewonnen hat: The Tainted Cup. Wenig überraschend ist da jetzt eine mehrmonatige Warteliste in der eLibrary, es wird sich beim nächsten Book Club zeigen, ob wir das vielleicht noch käuflich erwerben.
Die Ankündigung, dass es sich um eine Neuinterpretation eines klassischen Märchens der Gebrüder Grimm handelt, hatte mich nicht unbedingt für das Buch eingenommen. Aber dann brauchte ich eine leichte Lektüre zur Ablenkung und dafür hat es dann gut gepasst. Einen Hugo Award würde ich dafür aber nicht vergeben …
Auf der positiven Seite möchte ich anmerken, dass die Hauptprotagonist:innen allesamt starke weibliche Charaktere sind. Erzählt wird aus der Perspektive von Cordelia, 12-jährige Tochter einer dominanten Mutter, die mit ihren magischen Fähigkeiten Cordelias Benehmen kontrolliert, wenn sie dies für die Umsetzung ihrer eigenen Machenschaften für notwendig hält. Als Cordelia mit ihrer Mutter ihre Heimat verlassen muss und beim Squire und seiner Schwester Hester einzieht, erkennt Cordelia immer mehr, das ihre Mutter mit ihren Handlungen bewusst anderen Menschen Schaden zufügt. Hester hingegen hat sich mit ihrem Leben als ältliche Jungfer, die im Haushalt ihres Bruders lebt, abgefunden. Als Cordelia und ihre Mutter Evangeline (von Hester in Gedanken äußerst passend Doom genannt, ich würde es hier mit Verhängnis übersetzen) in ihrem Haushalt auftauchen, wird ihre Welt durcheinander gewirbelt.
She was never certain what to do when Evangeline was in a good mood. Bad moods were at least predictable.
Es entspinnt sich eine Geschichte, in der sich Cordelia – ermutigt von Hester und ihren Hausgästen – Stück für Stück von ihrer Mutter distanziert und sich dann sogar gegen deren Handlungen auflehnt. Zu Beginn zeigt Cordelia dabei eindeutige Zeichen eines Anxious – ambivalent attachment nach der Attachment theory. Von der anfänglichen Cordelia, die zu einer starken Persönlichkeit heranwächst, ist es ein langer Weg. Das zeigt sich auch an der Geschichte, die einige Längen aufweist und da und dort sicher gestrafft werden hätte können. Bin mir nicht sicher, ob das bei Fantasy-Geschichten oft so ist oder ob es nur mir bei den Hugo Award Finalists so ging?
Fun Fact am Rande: An einer Stelle wird Rosmarin als charm against sorcery erwähnt. Mir fiel das hauptsächlich auf, weil es auch in Someone You Can Build a Nest in als Gift gegenüber Shesheshen angewandt wurde. Eine kurze Internetsuche wirft mir soviel Unsinn über die magischen Eigenschaften und Bedeutungen von Rosmarin entgegen, dass ich dieses Tab schnell wieder zumache, um mich anderem Unsinn zuzuwenden.
Kürzlich hat mich der Mitcacher spontan in ein besonderes Restaurant entführt. Ich war zuerst nicht so begeistert, dass wir uns deutlich aus unserem gewohnten Umkreis entfernten, weil ich an dem Tag schon einige Schritte absolviert hatte. Es hat sich jedoch sehr gelohnt! Im Vytopna am Naschmarkt gibt es Bier und Fleisch. Und es wird mittels Modelleisenbahn serviert!
An diesem Abend hatten wir Glück, es war nicht viel los, wir bekamen ohne Reservierung einen Platz an der Theke in der Nähe des Servicebereichs. So konnten wir schon beobachten, wenn Essen und Getränke auf den Modellbahnen angerichtet wurden und waren bereit, wenn gerade wieder eine Bahn an uns vorbeifuhr.
15 digital gesteuerte Züge, 600 Meter Gleis und 9 Zugbrücken
Das Essen wird in speziellen Gefäßen serviert, die auf das Format eines Modellbahnwaggons zugeschnitten sind. Du nimmst das Gefäß vom Waggon, kannst den Deckel des Gefäßes dann gleich wieder mit zurückschicken. Die Getränke werden in Getränkehaltern auf den Waggons serviert. Ein Highlight: Beer Train. Vier kleine Biergläser mit unterschiedlichen Biersorten zum Kosten.
Die Preise sind nicht gerade niedrig, unsere Burger waren ausgezeichnet. Das Ambiente hat mir persönlich so viel Freude gemacht, dass ich auch problemlos noch mehr bezahlt hätte (obwohl ich sowieso eingeladen war …). Interessant waren auch die Interaktionen mit anderen Besucher:innen. Jede neue Modellbahnfahrt wird von den zuletzt neu angekommenen mit leuchtenden Augen (und in meinem Fall herzhaftem Quietschen) verfolgt und gefeiert. Das zaubert wiederum ein Lächeln in die Gesichter derjenigen, die schon länger dort sitzen und diesen Moment auch erst vor Kurzem erlebt haben.
Nach dem Essen verfolgen wir die Schienen und finden heraus, dass das Lokal nach hinten hin noch überraschend viel Platz hat. Es würde mich total interessieren, hier mal zu beobachten, wie alles funktioniert, wenn viel mehr Leute dort sitzen. Dann würden logischerweise auch öfter Bahnen fahren, was wiederum siehe oben …
Das waren jetzt viele Worte für ein Restaurant, aber wer mich kennt, weiß eh schon, dass ich mich für Modellbahnen halt übermäßig begeistern kann. Für manche mag es Unsinn sein, mich hat es sehr glücklich gemacht!
CN: Ich habe die Geschichte genossen und nicht genau mitgeschrieben. Es ist ein Krimi, es kommen mehrere Morde vor und auch Terrorismus.
He understood the terrible thing he was doing. Saving his own family, and leaving the rest behind.
In letzter Zeit ist mir das Lesen etwas schwer gefallen, was ich von mir überhaupt nicht gewohnt bin. Nach Sunrise on the Reaping ergab sich eine generelle Lesepause und in das in diesem Post besprochene bin ich auch nur hineingekippt, weil ich schon monatelang gewartet habe, bis ich endlich an der Reihe bin. Aber immerhin werde ich demnächst mal wieder in der physischen Bücherei gewesen sein, der nächste Post ist quasi schon geplant.
Louise Penny hat eine weitere geniale Fortsetzung ihrer Gamache-Romane geschrieben. Wie wir es von ihr kennen, lässt sie ihren Protagonisten an sich selbst und an der Gesellschaft zweifeln, sie lässt ihn an Entscheidungen scheitern, an denen jeder Mensch einfach nur scheitern kann und lässt ihm kaum eine Atempause. Sie schickt ihn auch zurück an einen Ort, an dem er eine schwierige Zeit erleben musste, die Erinnerung vermischt sich mit der Frage danach, wem wir eigentlich vertrauen können. Wenn wir nämlich selbst den uns allernächsten Menschen nicht mehr vertrauen können, was bleibt uns dann noch? Das Buch endet – äußerst unerwartet – mit einem Cliffhanger und der Ankündigung des 20. Romans der Serie. The Black Wolf erscheint am 28. Oktober 2025.
One of them, a grey wolf, wanted the old man to be strong and compassionate. Wise and courageous enough to be forgiving. The other, a black wolf, wanted him to be vengeful. To forget no wrong. To forgive no slight. […] “We all have them, inside. Best to acknowledge that. Only then can we choose which one we feed.”
Kürzlich hatte ich das große Glück an einer besonderen Führung durch das Theater an der Wien teilnehmen zu dürfen. Als meine Musicalleidenschaft in den 1990er-Jahren so richtig Feuer fing, wurde dort der erste österreichische Musical-Welterfolg Elisabeth aufgeführt. Damals war ich oft „auf Stehplatz“ in der Vorstellung, manchmal haben wir auch am Bühneneingang gewartet, um von den Darsteller:innen Autogramme und Fotos zu erbitten. Für mich war die Führung daher eine Rückkehr an einen Ort, der für mich lange ein Sehnsuchtsort war. Es folgt ein Text mit Fotos von heute, Geschichten von damals und so einigem dazwischen.
Unser Rundgang startete im Foyer, wo wir viel über die gerade absolvierte Renovierung des Theaters erfuhren. Mir war das neue Dach über dem Haupteingang sofort aufgefallen, es bildet nun auch die Basis für eine neue Terrasse im ersten Stock, von dem die Besucher:innen über den Naschmarkt blicken können.
Wir wurden außen am Papageno-Tor vorbeigeführt und erfuhren viele Geschichten über die Entstehung des Hauses. Das Papageno-Tor nimmt Bezug auf die Hauptfigur in Mozarts bekanntester Oper Die Zauberflöte. Hier ist heute noch der Empirestil erkennbar, in dem das Originalgebäude in den Jahren 1800/1801 errichtet wurde.
Über den Bühneneingang (den ich nun erstmals nicht nur von außen sehen konnte!) betraten wir das Gebäude von hinten und standen nach nur wenigen Schritten auf der Hinterbühne. Ehrfürchtig bewunderte ich den eisernen Vorhang, der kurz darauf für uns hochgezogen wurde.
Aktuell sind die vielen Kulissenzüge alle leer, da sie im Rahmen der Sanierung von waagner biro stage systems einer gründlichen Überholung unterzogen wurden. Die Projektdauer betrug mit 31 Monaten deutlich länger als die Bauzeit des ursprünglichen Theatergebäudes, das in 13 Monaten festgestellt wurde. Auf Youtube gibt es auch ein Video der Stage Equipment Show, die eindrucksvoll die neue Bühnenmaschinerie zur Geltung kommen lässt.
Wir standen nun also auf dem Bühnenboden, auf dem Elisabeth um ihre Freiheit gesungen hatte und Mozart sich gegen den Erzbischof Colloredo auflehnte.
Mir ist noch deutlich in Erinnerung, wie sich die drei Bühnenteile bei „Elisabeth“ voneinander unabhängig bewegen, gleichzeitig nach oben und unten verschoben und gedreht werden konnten. Am eindrucksvollsten war dies in der vorletzten Szene „An Deck der sinkenden Welt“, in der Kaiser Franz Joseph einen Alptraum erlebt, an dessen Ende Der Tod dem Attentäter Luigi Lucheni die Feile zuwirft, mit der dieser Elisabeth in der nächsten Szene ermordet.
Aus dem Musical „Mozart“ habe ich sofort das Gitarrenriff in den Ohren, das ertönt, nachdem der junge Mozart vom Erzbischof rausgeworfen wird und die Klaviertasten-artig schräg aufgestellte Bühne hinunterrollt (direkt vor dem Finale des ersten Akts „Wie wird man seinen Schatten los“).
Als wir dann auch noch unter die Drehbühne durften, war meine Begeisterung nicht mehr zu bremsen. Über schmale Treppen stiegen wir drei Stockwerke in die Tiefe, um schließlich 12 Meter unter dem Bühnenboden am Fundament der Zylinderdrehbühne zu landen. Die Hunderte Tonnen schwere Konstruktion steht auf Eisenbahnschienen und hat mehrere Bühnenpodeste, die einzeln gehoben und versenkt werden können. Bei der Arbeit mit der Drehbühne ist höchste Sorgfältigkeit geboten. Das Einquetschen von Dekorationsteilen (oder Gliedmaßen) kann schwerwiegende Folgen haben. Wenn sich die Bühne dreht, dreht sich der gesamte 12 Meter hohe Zylinder auf allen Ebenen. Die Schnittkante des Zylinders ist daher auf allen Ebenen sichtbar.
Von der Bühne wurden wir dann in den Zuschauerraum geführt, wo sich einige unserer Gruppe schon etwas erschöpft von den vielen Eindrücken auf den Plätzen niederließen. Beim Hinsetzen mussten wir allerdings Vorsicht walten lassen. Die Renovierung ist noch nicht abgeschlossen, über den Sommer wurde an einer Mängelliste von 3.000 Punkten gearbeitet. Nicht wenige davon dürften die Lehnen der Sitze im Zuschauerraum betroffen haben, viele davon waren bei unserem Besuch abgebaut.
Unser Gastgeber erzählte weiter von der Renovierung und den Plänen für die kommende Saison. Ca. 300 Lautsprecher hängen nun im Zuschauerraum, sogar in jeder Loge wird der Klang elektroakustisch ausgebessert durch zusätzlichen Nachhall. Für unseren Gastgeber ist das Gemeinschaftsgefühl das eigentliche Geheimnis des Live-Erlebnisses. Er sagt auch: „Ein Opernhaus ist für mich eine Zeitmaschine.“ Und meint damit nicht nur eine Zeitmaschine in die Vergangenheit: In der nächsten Spielzeit soll eine neu geschriebene Oper für Kinder zum Thema Mobbing auf die Bühne kommen.
Für mich war die gesamte Führung höchst spannend und mitreißend. Unser Gastgeber erzählte leidenschaftlich abwechselnd von der Vergangenheit des Theaters und Plänen für zukünftige Spielzeiten. Viele Details des neuen Hauses erinnerten mich an die damalige Einrichtung und Dekoration des Theaters. Die für die Beschriftung von Türen und generelle Richtungsangaben eingesetzte Schrift passt für mich ausgezeichnet. Nur bei genauem Hinschauen ist zu erkennen, dass es sich nicht um goldene Metallbuchstaben handelt. Leider habe ich vor lauter Ehrfurcht und Freude bei den Fakten nicht gut aufgepasst. Meine Erwartung, diese nachträglich recherchieren zu können, hat sich nicht erfüllt. (Selbst heutzutage steht nicht alles im Internet, was es zu wissen gäbe.)
Backstageführungen gibt es im Theater an der Wien regelmäßig in deutscher und englischer Sprache, auch wenn diese wohl nicht ganz so ausführlich ausfallen dürften wie unsere. Die nächste Spielzeit hält neben Klassikern wie Die Fledermaus auch moderne Stücke wie die österreichische Erstaufführung der Oper Alice in Wonderland von Unsuk Chin oder der Klimawandel-Oper Holle! von Sebastian Schwab bereit.
Dieses Buch hatte ich mir schon lange für den Urlaub aufgehoben, am Strand wollte ich mich nicht konzentrieren, sondern einfach nur in eine Geschichte versinken. Zweiter Vorteil war, dass ich das Buch aus dem Bücherschrank hatte und somit auch einfach an meine Reisebegleitung weiterreichen konnte.
Der Kriminalfall, den Bea Kaspary und ihre Kollegen (sie ist die einzige Frau im Team und meint ständig, sich behaupten zu müssen) zu lösen haben, erweist sich als komplex und interessant gestaltet, hier sehe ich deutlich die Stärken von Autorin Ursula Poznanski (auch bereits in Saeculum). Genervt hat mich hingegen die eingewobene Romanze mit einem der bereits erwähnten Teamkollegen. Der Verlauf dieser Beziehung war dermaßen vorhersehbar inklusive des Endlich-Miteinander-Ins-Bett-Fallens als kathartischer Augenblick nach einem tätlichen Angriff auf Bea. Nicht zu vergessen die Verletzung an der Hüfte, die ihr zwar beim Anziehen einer Jeans Schmerzen bereitet, aber dann wie durch Zauberhand bei der Bettakrobatik nicht stört.
Meine Reisebegleitung beklagte außerdem, dass viele Erzählstränge unaufgelöst bleiben, sie hätte sich gewünscht, auch über die weiteren Geschichten der Nebenfiguren zu lesen. Dass es sich bei diesem Buch um den dritten Band einer Serie handelt, habe ich erst im Nachhinein herausgefunden. Gut für mich, jetzt muss ich mich gar nicht erst bemühen, mit dem ersten Band anzufangen … Da müsste schon ein entsprechender Geocache daher kommen, den ich aber aktuell aus Gründen nicht extra suchen werde.
It was some sort of love. Not the kind of love that made you plant your eggs in someone and turn them into a parent, but a kind of love.
Mein zweiter Lesewunsch aus der Liste der Hugo Award Nominees (am 16. August werden die Ausgezeichneten präsentiert) war dieses Werk, das auf LitHub da und dort empfohlen wurde. Ich wurde nicht enttäuscht, dieses Buch ist in meinen Augen ein Meisterwerk.
Schon zu Beginn wird klar, dass wir es mit einer außergewöhnlichen Protagonistin zu tun haben. Shesheshen ist ein shapeshifting monster, sie kann ihre Gestalt verändern und rastet gerade in Form eines Klumpens in einem unterirdischen Teich, als sie von Monsterjägern unsanft aus dem Winterschlaf geweckt wird. John Wiswell gelingt es hier ausgezeichnet, dass wir Leser:innen trotz der überaus gewaltsamen Notwehr, die Shesheshen den Eindringlingen entgegensetzt, sofort auf der Seite des Monsters stehen. Shesheshen folgt ihrer Natur und ernährt sich von organischer Masse anderer Wesen (Tiere oder Menschen) und fragt sich gleichzeitig, warum Menschen (die ja auch Tiere essen) diesen vor dem Konsum absurde Dinge wie Grillen oder Kochen antun. Wer ist hier eigentlich das Monster? Diese Frage begleitet uns zwischen den Zeilen und manchmal auch offensichtlich durch diese Geschichte.
Hers was a pain that made Shesheshen question what being a better person was.
Das Buch behandelt im Rahmen der Geschichte unzählige Aspekte unseres realen Lebens, die durch die Metapher des Monsters Shesheshen eine andere Perspektive ermöglichen:
Shesheshen kann ihre Körperform verändern und somit als Mensch „passen“ (engl. passing, eine Begrifflichkeit, die von Trans* Menschen verwendet wird, um zu bezeichnen, dass sie von anderen in ihrer wahren Geschlechtsidentität wahrgenommen werden).
Außerdem hat Shesheshen Schwierigkeiten, Gesichtsausdrücke zu interpretieren, Emotionen in Gesprächen wahrzunehmen und gesellschaftliche Konventionen zu verstehen (ein deutlicher Hinweis auf Autismus).
Zum Zweck der Fortpflanzung entwickelt Shesheshen in ihrem Körper einen Sack mit Eiern, ihr Instinkt sucht nach einem menschlichen Körper, in dem sie diese Eier platzieren kann. Die daraus entstehenden Fortpflänzchen würden dann den Körper, in dem sie ausgebrütet wurden, nach dem Schlüpfen aufessen (es gibt Insekten, die ihre Eier in Körper legen, damit wollte ich mich aus Gründen nicht ausführlicher befassen). Später im Verlauf der Geschichte erzeugt Shesheshen versehentlich ohne Mitwirkung eines anderen Wesens einen Ableger (im Englischen wird von offspring geschrieben, mir erscheint Ableger hier als sinnvollstes deutsches Wort), der sich als außerordentlich widerspenstig und wehrhaft erweist.
Homilys Beziehung zu ihrer Familie ist geprägt von unterschiedlichen Traumata, sie wird sowohl vom despotischen Familienoberhaupt (der Baroness) als auch von ihren Geschwistern ständig als nutzlos und minderwertig bezeichnet. Egal was sie tut, sie wird von ihren Familienmitgliedern ausschließlich kritisiert und lebt unter dem ständigen Druck, sich zu beweisen.
Zusammengefasst ist Shesheshen durch ihre Wesenheit als Monster das personifizierte Anders: Sie passt nicht dazu, sie wird gejagt und verleumdet (den Fluch, der ihr angelastet wird, hat sie niemals ausgesprochen). Menschliche Wesen, die ja selbst soviel Grausames und Gewaltsames tun, bezeichnen Shesheshen, die eigentlich nur in Ruhe ihrem Leben nachgehen will, als Monster. In der Beziehung zwischen Shesheshen und Homily zeigt sich dafür deutlich, wie liebenswert Shesheshens vermeintlich andersartige Eigenschaften eigentlich sind.
Das alles wäre nicht genug für einen Jubel über dieses Buch, wenn es nicht noch einen interessanten Verlauf der Geschichte (story arc) dazu gäbe. Da und dort sind Spuren bekannter Entwicklungsverläufe zu entdecken, die überraschenden Wendungen fügen diese aber zu einer fortlaufend mitreißenden Geschichte zusammen. Schön fand ich auch, dass das Ende kein klassisches Happy End ist, wo von einem Moment auf den anderen alles gut wird und die schlimmen Erlebnisse aus der Erinnerung verschwunden sind.
Randnotiz: Seit einiger Zeit befällt mich immer wieder der Gedanke einer Bestandsaufnahme meiner für 2025 gesetzten persönlichen Challenges (hier unten in der Randnotiz kurz angerissen). Das bisherige Ergebnis des Buchprojekts (#12in2025) ist nicht so schlecht, allerdings hat sich eine Flaute eingeschlichen. Bisher habe ich folgende Bücher zu Ende gelesen und verbloggt:
Seit Mai gibt es bezüglich der Challenge keine Fortschritte mehr, was an verschiedenen Faktoren liegt:
Eines der Bücher, die ich aus dem Regal der Ungelesenen genommen habe, hat mich an einer Stelle dermaßen verärgert, dass ich es bis jetzt nicht mehr in die Hand nehmen wollte. Das wäre jetzt eigentlich ein Kandidat dafür, es wegzugeben, aber ich schätze diese Autorin und habe mich nur über diese eine spezielle Aussage extrem aufgeregt. Das könnte sich natürlich alles noch relativieren, nur müsste ich das Buch im Prinzip nochmal von vorn anfangen … schwierig.
Das Leben hat mich viel mit anderen Dingen beschäftigt.
Wirklich problematisch ist das jetzt nicht, immerhin liegen noch einige Herbst-/Wintermonate vor uns, wo dann das Lesen auch wieder mehr in den Vordergrund rückt.
Interessanterweise bin ich auch in meine Geocaching-Challenge (#52in2025) stark gestartet und habe dann (unter anderem aufgrund des großen Vorsprungs, aber auch teilweise wegen oben bereits genannter Gründe) stark nachgelassen. Aktuell enthält die Liste der gefundenen Caches, die meinen Kriterien entsprechen 47 Geocaches, ich bin allerdings auch etwas umgefallen und habe neue gelöst (teilweise aber auch gleich wieder gefunden). Die zu reduzierende [AT] ?-Liste enthält nun noch 113 Geocaches. Auch hier erhoffe ich mir neuen Schwung vom Herbst, für den aktuell keine größeren Reisen mehr geplant sind.
Weil ich mit den beiden bereits genannten Challenges so einen guten Start hatte, habe ich versucht, dieses Modell auch auf einen anderen Lebensbereich anzuwenden und einen Anlauf gestartet, täglich zumindest einen kleinen kreativen Aspekt in mein Leben einzubringen (#creativeDaily). Dieses Experiment hat leider nicht so geklappt, wie ich mir das erhofft hatte. Einerseits könnte es mit dem täglichen Rhythmus zusammenhängen; es gibt einfach schon so viele Dinge, die täglich zu tun sind. Andererseits habe ich das Gefühl, dass meine kreativen Ideen so undefiniert sind, dass es zumeist schwierig ist, schnell zwischendurch etwas umzusetzen. Bereits zu Beginn hatte ich mir ein paar kreative Projekte/Ideen vorgenommen, damit ich immer eine Auswahl habe und daran arbeiten kann, wonach mir gerade ist. Das beinhaltet auch die Möglichkeit, dass ich unterwegs an Dingen arbeiten kann, die ich auf meinem Laptop oder Smartphone sowieso digital bei mir habe.
Was den täglichen Rhythmus angeht, probiere ich in einem anderen Bereich (regelmäßiges Stretching/Yoga) gerade ein 5/7- bzw. 4/7-Modell aus (5 von 7 Tagen bzw. 4 von 7 Tagen jede Woche). Das könnte vielleicht auch für das kreative Experiment interessant sein.
Um die Undefiniertheit der kreativen Projekte zu verbessern, denke ich über Dokumentation und Organisation nach. Zum Beispiel habe ich die Notizen zu meiner Romanidee im Moment an unterschiedlichen Stellen, das macht das Überblicken des aktuellen Stands und möglicher weiterer Tasks Schritte kompliziert. Für die tatsächlichen Bastelprojekte bestehen auch oft zeit- und/oder ortsgebundene Schritte, wie zum Beispiel notwendige Materialeinkäufe. Diese fühlen sich dann nicht wie kreative Tasks (ich möchte sie eigentlich nicht Tasks nennen, mir fällt aber kein passendes Wort ein) an, obwohl sie eigentlich Schritte auf dem Weg zum Ziel darstellen.
Jedenfalls habe ich hier an mir selbst bewiesen, dass Gamification als Motivationsstrategie funktioniert. Es macht mir Spaß, Dinge auf Listen abzuhaken, Sterne oder Medaillen für vollendete Meilensteine zu sammeln und meinen Erfolg langfristig beobachten zu können. Alles nichts Neues, aber wir müssen eben alle für uns selbst herausfinden, was für uns funktioniert. Eine Habit-Tracker-App probiere ich auch gerade (wieder mal) aus. Es darf nur das Protokollieren der erledigten unternommenen Schritte nicht zum Selbstzweck werden. Das gilt es auch im Blick zu behalten.
The Gamemakers must have been scrambling like crazy to control the narrative by this point.
Wochenlang dümpelte ich in der eLibrary-Warteliste für das neue Hunger-Games-Prequel herum, bis ich endlich an der Reihe war und mich in die Geschichte stürzen konnte, die erzählt, wie Haymitch Abernathy die 50. Hunger Games gewinnt. Mit der Auswahl der Zeitebene und der Protagonist:innen im ersten Prequel The Ballad of Songbirds and Snakes war ich nicht ganz zufrieden, obwohl die Geschichte viele überraschende Wendungen bereit hielt. Haymitch Abernathy, der zum Zeitpunkt der 74. Hunger Games, als Katniss Everdeen in die Arena zieht, ein trauriger Alkoholiker ist, der den jährlichen Hungerspielen nur beiwohnt, weil er als früherer Sieger dazu verpflichtet ist, war natürlich selbst einmal ein Tribut. Außerdem war er auch noch der erste Sieger aus Distrikt 12 nach 40 Jahren. Von der ersten Siegerin aus Distrikt 12 (siehe The Ballad of Songbirds and Snakes) sind nur noch vage Geschichten erhalten. Nun hat sich mein Wunsch erfüllt, zu erfahren, wie Haymitch als Jugendlicher im Jubeljubiläum gegen 23 andere Tribute antritt und zum Sieger der Hungerspiele wird.
Die Zeitebene zwischen den Original-Hunger-Games-Romanen (Band 1 & 2: 74. und 75. Hungerspiele) und dem Prequel (10. Hungerspiele) erlaubt der Autorin, aus beiden Richtungen bekannte Personen und Geschichten einfließen zu lassen. Als Leserin habe ich nicht nur innerlich gejubelt über die Auftritte von Beetee, Wiress und Mags, die im Jubeljubiläum der 75. Hungerspiele als ehemalige Sieger:innen nochmals antreten müssen und in diesem Prequel als Mentor:innen mitwirken. Einen grandiosen Starauftritt erhält auch eine der glamourösesten Figuren der Original-Romane: Effie Trinket. Aber auch einige der Protagonist:innen aus dem ersten Prequel aus Lucy Grays Covey-Verwandtschaft haben überlebt.
Von der Geschichte möchte ich nicht mal ein winziges Stück verraten, weil sie mir so gut gefallen hat und ich euch die Leselaune nicht verderben möchte. Diese Romanserie ist (schon allein wegen der detaillierten Gewaltszenen) nicht für alle das Richtige, mich hat sie jedoch so richtig gepackt. Nachdem Haymitch nun sein Prequel bekommen hat, kann ich mich nicht entscheiden, welche Geschichte ich nun als Nächstes lesen wollen würde. Wäre es spannend, mal einen Blick aus der Perspektive der „Carrieros“ aus Distrikt 1/2 zu erhalten? Wird Lucy Gray irgendwann wieder auftauchen? Eine interessante Geschichte hätte aber bestimmt auch die Person, der dieses Zitat zugeschrieben wurde:
[President Snow] can’t hurt me. There is no one left I love.
CN: Mord, Gewalt, Erwähnung 2. Weltkrieg und Holocaust, Gewalt gegen Tiere, thematisiert Rassismus, sexuelle Handlungen
Der nächste Eintrag zu unserem Mini-Buchclub zu den für die Hugo Awards nominierten Werken. Ich hatte auf Lithub (zB hier) Gutes darüber gelesen und wurde nicht enttäuscht. Das Thema Zeitreisen wird in der Literatur immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, viele davon fließen hier ein in Form des titelgebenden Ministeriums, das dafür sorgen soll, dass durch das erfundene Zeitreiseportal keine unerwünschten Effekte eintreten. Es sollen daher Menschen aus der Vergangenheit in die Jetzt-Zeit gerettet werden, die in ihrer Zeitebene ohnehin verstorben wären und ihre Abwesenheit daher dort keine Veränderungen bewirkt. Diese geretteten Menschen sollen sich in die Jetzt-Zeit eingewöhnen, dazu werden ihnen sogenannte menschliche „Bridges/Brücken“ an die Seite gestellt, die sie in die moderne Zeit begleiten sollen. Dieses wissenschaftliche Experiment wirkt zu Beginn recht positiv, die Proband:innen werden immerhin in ihrer Zeit vor dem Tod gerettet und erhalten die Chance auf ein neues Leben in der modernen Zeit. Dass sie dazu niemals ihre Zustimmung (oder Ablehnung) geben konnten, wird erst weit später in der Geschichte thematisiert.
Zu sehr steht zuerst im Vordergrund, wie sehr sich das Leben in den vergangenen Jahrhunderten verändert hat. Die ExPats müssen nicht nur mit der unbekannten Technologie, sondern auch mit der modernen Lebensart vertraut gemacht werden, was jede Menge Stoff für komische Situationen bietet. Erzählerin der Geschichte ist eine der als Brücken arbeitenden Personen, eine weibliche Stimme mit gemischt-rassigem Hintergrund, ihre Familie mütterlichseits stammt aus Kambodscha. Ihre Aufgabe ist es, den Expat „1847“, auch Commander Graham Gore genannt, zu betreuen und seine Eingewöhnung in die moderne Zeit zu unterstützen und zu überwachen. Graham Gore ist eine historische Persönlichkeit, er war Teil der Franklin-Expedition mit dem Ziel, die Nordwestpassage zu durchsegeln und so einen kürzeren Seeweg von Europa nach Asien zu finden. Die Expeditionsschiffe Erebus und Terror wurden im Eis eingeschlossen, es gab keine Überlebenden.
Lange beschäftigt sich die Geschichte mit den zwischenmenschlichen Aspekten der unterschiedlich verlaufenden Eingewöhnung der ExPats. Zuneigungen und Abneigungen entwickeln sich; unerwartete Charakterzüge kommen zum Vorschein. Die Beziehungen zwischen den Brücken und den ExPats entwickeln sich auf unterschiedliche Arten. Erst gegen Ende des Buchs erhöht sich das Tempo; Fragen, die (vom Ministerium) bereits beantwortet schienen, werden neu aufgeworfen und wachsen zu unüberwindbaren Gräben heran. Selbst Entscheidungen, die nach bestem Wissen und Gewissen getroffen wurden, können auf diese Art in ein neues Licht gerückt werden. Dabei wird auch thematisiert, wie unsere jeweilige Lebensgeschichte unsere Meinungen und Entscheidungen prägt.
Die Autorin pflegt einen extravaganten Schreibstil, der zum Hintergrund der Erzählerin als Übersetzerin im Verteidigungsministerium passt. Als Sprachenexpertin kann die Erzählerin Wörter verwenden, die sich meinem Englisch-Wortschatz entziehen, ohne dabei prätentiös zu wirken. Zu oft habe ich mir gewünscht, anstatt der Paperback-Ausgabe das eBook vor mir zu haben, in dem ich einzelne Worte einfach nachschlagen könnte. Gemischt wird diese Vielfalt mit den Sprechweisen und Dialekten der ExPats, die jeweils ihren eigenen Stil mitbringen. Graham Gores viktorianischer Ausdrucksweise wird dabei am meisten Platz eingeräumt, aber auch die anderen ExPats erhalten eigene Stilmerkmale.
Von mir eine herzliche Empfehlung dieses Buchs: Die Mischung aus dem Zeitreise-Thema mit der sich entwickelnden zeitüberspannenden Romanze, die sich innerhalb eines Behördenthrillers entspinnt, hat mich mitgerissen und persönlich berührt. Eine wilde Mischung, die unterhält und gleichzeitig nachdenklich stimmt.
But I wrote it down because I need you to bear witness to it. He was here, by and with me and in my body. He lives in me like trauma does. If you ever fall in love, you’ll be a person who was in love for the rest of your life.