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Roman

Julia Armfield – Our Wives Under The Sea

CN: Anxiety, Suizid, Trauma


The ocean, I had to remind myself, was a place I felt safe and thinking about the ocean was the method by which I felt safest.

Leider wurde dieser Blog Post durch die insgesamte Überforderung der letzten Woche verschleppt. Gerade habe ich mir nochmal die Empfehlung für dieses Buch durchgelesen, um herauszufinden, was mich daran so interessiert hat. So würde ich das Buch ganz und gar nicht beschreiben … und dann passt es vielleicht wieder doch:

Leah is a marine biologist who is used to undersea expeditions, but when she and her colleagues embark on what should be a routine field excursion, their vessel sinks and they are stuck at the bottom of the ocean for months. When Leah finally gets free and returns home to her worried and loving wife, Miri, she is changed. The woman Miri once loved is now comprised of silence, darkness, and weight, refusing to reveal what happened under the water, turning inward and away from Miri. Our Wives Under the Sea meditates on whether it is possible to share the full truth of our hearts with others, what it means to leave, and most of all, what it means to stay. –JH (Lithub)

Das Buch wird zum großen Teil erzählt von der zurückgebliebenen Miri, die ihre Frau Leah vermisst und von der Organisation, die diese Forschung betreibt, keinerlei verwertbare Informationen erhält. Kurze Zwischenteile werden aus Leahs Perspektive erzählt, daraus erfahren die Leser:innen, was Miri bis zum Ende des Buchs nicht weiß: Leah, Jelka und Matteo sind auf ihrem Forschungstrip damit konfrontiert, dass plötzlich alle Steuerungsmechanismen ihres U-Boots ausfallen. Das Gefährt sinkt zum Meeresboden. Die drei Forscher:innen können aufgrund der Vorräte und des Wasser- und Luftfiltersystems monatelang in dieser Situation ausharren. Aber wie sollen sie gerettet werden? Sie befinden sich in einer Tiefe, die nur von wenigen Gefährten überhaupt erreicht werden kann. Und wie sollen sie gefunden werden, wenn sie nicht kommunizieren können?

The comms went out before the system died, like they switched us off externally. We know all this, we know this.

Die Uhren bleiben stehen, die drei wissen längst nicht mehr, wie viel Zeit schon vergangen ist, seit die Steuerung ausgefallen ist. Sie leben in einer Eintönigkeit von Essen, Trinken und Schlafen, die immer deutlichere Spuren hinterlässt. Der Verdacht, dieser technische Fehler könnte von der Organisation absichtlich herbeigeführt worden zu sein, um an ihnen zu experimentieren, kann nicht bestätigt werden. Jedoch weist auch Miris Kommunikation nach Leahs Rückkehr, wo es um Therapien und Versicherungen geht, deutlich daraufhin, dass hier vieles nicht in Ordnung ist.

Nach monatelanger Abwesenheit ist Leah zurück bei Miri. Aber sie ist nicht mehr dieselbe Leah (Miri: my Leah). Sie ist abwesend, kann über das Erlebte nicht sprechen, scheint sich auch kaum noch an die Zeit vor ihrem Aufenthalt auf dem Meeresboden zu erinnern. Das Erlebte steht wie eine Mauer zwischen Miri und Leah. Während Miri versucht, die Verbindung aufrecht zu erhalten, scheint Leah Stück für Stück zu verschwinden.

Erwähnen möchte ich auch, dass die lesbische Beziehung von Miri und Leah hier in keiner Form zum Thema wird. Es ist einfach eine Liebesbeziehung zwischen zwei Frauen. Es sollte nicht notwendig sein, das hervorzuheben, es ist mir jedoch trotzdem wichtig.

Ein Fazit fällt mir schwer. Bildet euch eure eigene Meinung.

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Roman

Kathleen Glasgow – Girl in Pieces

CN: Das dürfte das erste Mal sein, dass ich ein Buch in der Hand halte, das bereits eine Inhaltswarnung mitbringt:

This book contains material which some readers may find distressing, including discussions of self-harm (cutting), depression, sexual and physical assault, rape, violence, alcoholism, drug use, and suicide.


“Everyone has that moment, I think, the moment when something so … momentous happens that it rips your very being into small pieces. And then you have to stop. For a long time, you gather your pieces. And it takes such a very long time, not to fit them back together, but to assemble them in a new way, not necessarily a better way. More, a way you can live with until you know for certain that this piece should go there, and that one there.”

Während ich einen Anfang für diesen Text suche, geht mir immer wieder der Text auf dem Cover durch den Kopf, ein Blurb von Nicola Yoon: “A haunting, beautiful and necessary book”. Diese Geschichte tut weh, sie nimmt mit, sie hinterlässt Spuren. Autorin Kathleen Glasgow lässt ihre Protagonistin Charlotte durch die Hölle gehen. Mehr als einmal.

Die Erzählstruktur spiegelt in gewisser Weise Charlottes aktuellen mentalen Zustand wieder. Das Buch beginnt mit kurzen „Kapiteln“, teilweise nur eine halbe Seite, die illustrieren, wie Charlotte immer wieder nur kurz und desorientiert aus ihrem Traumazustand aufwacht. Sie findet sich in einer Klinik wieder, zusammen mit anderen Mädchen, die sich wie Charlotte selbst verletzen. Die Kapitel werden länger (und später wieder kürzer), im selben Maß wie sich Charlottes Zustand verändert.

Kurz vor ihrer überstürzten Entlassung aus der Klinik nimmt Charlotte mit einem früheren Freund Kontakt auf. Er lädt sie nach Tucson ein, wo sie vorübergehend in seiner Wohnung leben kann. Charlotte hat keine anderen Möglichkeiten. Stück für Stück erkämpft sie sich in Tucson ein neues Leben. In Rückblenden erfährt die Leser:in von Charlottes Vergangenheit, von all den grausamen und zerstörenden Dingen, die dazu geführt haben, dass Charlotte nach einem Suizidversuch in der Klinik gelandet ist.

Schließlich findet Charlotte auch Zugang zu ihrem künstlerischen Ich, das in all dem Chaos ihres Lebens keine Möglichkeit zur Entfaltung hatte. Verschiedene Mentor:innen ermutigen sie, sich nicht nur mit der Technik ihres Zeichnens, sondern auch mit ihren Emotionen auseinanderzusetzen. In ihrer Kunst lernt sie, auszudrücken, was sie früher nur durch Selbstverletzung aus ihrem Körper und ihrer Seele entlassen konnte.

Ich weiß nicht, wem ich dieses Buch empfehlen soll (und wem nicht). Mich hat es extrem berührt und ich habe das Gefühl, vielleicht ein Stück mehr zu verstehen, was Menschen dazu bringen kann, sich selbst zu verletzen. Gleichzeitig ist es in all seiner Grausamkeit ein hoffnungsvolles Buch. Charlotte ist bereits zu Beginn des Buchs an einem Tiefpunkt angelangt. Sie kämpft sich mühsam weiter. Und sammelt Stück für Stück die Teile ihres zerbrochenen Ichs wieder ein. Um schließlich ein neues Ich daraus zu schaffen. Das Buch zeigt, dass dies möglich ist, auch wenn es noch so unmöglich aussieht.

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Roman

Jörg Mauthe – Die große Hitze

CN: Das Buch enthält Beschreibungen bzw. Bezeichnungen von kleinwüchsigen Menschen, die als ableistisch verstanden werden können. In meinen Augen sind diese wie der gesamte Rest des Buchs rein satirisch gemeint, ich möchte dennoch darauf hinweisen.


Wieder mal ein Buch für einen Geocache und vielleicht das beste Buch, das mir jemals durch einen Geocache zugelaufen ist. Ich habe mich so dermaßen amüsiert! Der Unterhaltungswert ist sicher sehr individuell, schon außerhalb von Österreich dürfte wohl vieles an satirischem Wert verloren gehen. Aber für mich war’s genial!

Das Buch wurde 1974 veröffentlicht und ist trotzdem aktueller denn je. Es lässt sich einordnen ins Genre climate fiction, das es damals natürlich noch nicht gab. Jörg Mauthe beschreibt ein Österreich, indem aufgrund großer Hitze und zunehmendem Wassermangel die Gesellschaft Stück für Stück auseinanderzubrechen droht. Sein Protagonist Legationsrat Dr. Tuzzi nimmt seine Rolle und seine Aufgaben als Beamter in einem interministeriellen Komitee sehr ernst. Als er den Auftrag zugewiesen bekommt, in den österreichischen Bergen nach Zwergen zu suchen, weil die ja wissen müssten, wo in den Bergen es noch Wasser gibt, nimmt er diesen Auftrag mit all seiner Beamtenehrfurcht an und begibt sich auf die Suche.

Während im ersten Teil die satirische Beschreibung der österreichischen Beamtentätigkeit sowie der Auswirkungen der Klimaveränderungen auf das alltägliche Leben in der Großstadt für Unterhaltung sorgen, ist es im zweiten Teil der eindeutige Absturz in die Absurdität der Zwergensuche (und der sich anschließenden Verhandlungen). Ganz große Empfehlung!

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Roman

Sally Rooney – Beautiful World, Where Are You?

CN: Nervenzusammenbruch, Krankheit, Krankenhaus, sexuelle Handlungen, Masturbation, Pornografie, Suizidgedanken, Drogenmissbrauch, Depression


Perhaps they didn’t know themselves, and these were questions without fixed answers, and the work of making meaning was still going on.

Irgendwie weiß ich noch immer nicht, was ich über dieses Buch schreiben soll. Es hat mich nicht wirklich gefangen. Keine:r der Protagonist:innen hat mich wirklich interessiert, es war mir einfach ziemlich egal, was mit Ihnen passiert. Wenn ich mich an die beiden vorhergehenden Bücher der Autorin zurück erinnere (Normal People, Conversations With Friends), dann könnte ich schreiben, dass die dort schon vorhandenen Aspekte, die mir nicht so gut gefallen haben (übertriebenes Selbstmitleid von privilegierten Personen, intensives Philosophieren über Ideen wie zB political conservatism ohne daraus irgendwelche Handlungen abzuleiten, eine gewisse Abgehobenheit von der Welt), in diesem Buch vermehrt auftreten, während die anderen Aspekte in den Hintergrund treten.

In Conversations With Friends wird eine konfliktreiche Polybeziehung beschrieben, hier wird Bisexualität angedeutet, aber nicht wirklich ausgelebt, eine nicht-exklusive Beziehung wird erwähnt, aber sofort beendet. Als Beweis der Zuneigung. (Was?)

Normal People hat mich zu einer (weiteren) Auseinandersetzung mit dem Normalitätsbegriff angeregt. Und jetzt weiß ich weder, was ich über dieses Buch schreiben soll, noch, was es mir eigentlich sagen wollte.

Natürlich kann ich nicht vollständig ausschließen, dass ich die Metaebene einfach nicht verstanden habe. Dementsprechend kann ich nur sagen, dass dieses Buch meine Erwartungen leider nicht im Geringsten erfüllt hat.

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Krimi Roman

Fritz Lehner – Seestadt

CN: Mord, Gewalt, Geschwurbel


Ein wegen Totschlags verurteilter Mörder (ja, genau so meine ich das) wird mit Fußfessel auf Bewährung entlassen und fristet nun ein neues geregeltes Leben als „Aura-Chirurg“ im neuen Wiener Stadtviertel Seestadt. Kundschaft für seine Aura-Chirurgie findet er genug in der Bevölkerung des neuen Stadtteils, der sich angeblich über einem früheren Kriegsschauplatz befindet. Das Herumschneiden in der Aura seiner Patient:innen ist ihm jedoch bald nicht mehr genug. Der Fund eines Bajonetts kombiniert mit einer Idee für das perfekte Alibi gibt den Ausschlag zur neuen Mordserie, die die Seestadt erschüttern wird …

Viel Lokalkolorit, von dem ich sicher nach nur wenigen Besuchen (zB 2015) in der Seestadt nicht alles verstanden habe. Die Erzählung aus der Perspektive des Mörders lässt unter anderem die anderen zwielichtigen Gestalten der Geschichte normal wirken, geradeso als wären die Opfer die eigentlichen Fremdkörper in der Seestadt. Ein amüsanter Krimi für Menschen, die sowas mögen.

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Kinder

Tove Jansson – Winter im Mumintal

CN: Tod eines Tieres

Mumin schloss die Augen und dachte: Wie verschieden alle doch sind.

Kinderbücher sind auf diesem Blog ja höchst selten vertreten. Hier ist der Hintergrund, wie so manche:r vielleicht bereits vermutet, ein Geocache. Also verbrachte ich etwas Zeit im Mumintal mit den interessanten Figuren, die Autorin Tove Jansson sich ausgedacht und auch in Zeichnungen illustriert hat. Mumin sollte ja eigentlich Winterschlaf halten, wacht aber zu früh auf und lernt dann die anderen Wesen kennen, die im Winter im Mumintal so herumlaufen.

Im skandinavischen Raum sind die Mumins wohl so bekannt wie hierzulande in meiner Kindheit die Barbapapas oder die Fraggles. Mir sind sie hier zum ersten Mal begegnet.

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Roman

Rosa Liksom – Abteil Nr. 6

CN: Alkoholmissbrauch, sexuelle Belästigung, Rassismus, Prostitution


Letzte Woche ergab sich eine Gelegenheit zu einem kurzen Abstecher in die Hauptbücherei. Mangels Vorbereitung suchte ich in meiner Liste an Literaturgeocaches so lange, bis ich zwei Bücher gefunden hatte, die aktuell in der Hauptbücherei verfügbar waren.

Dieses Buch las ich gleich am nächsten Abend in einem Rutsch zu Ende. In einem Zug der transsibirischen Eisenbahn teilen sich eine namenlose junge Frau und ein namenloser Mann ein Zugabteil. Während der Mann immer wieder mehr oder weniger unangenehme Geschichten aus seinem Leben erzählt, erfährt die Leser:in über die junge Frau beinahe nichts. Nur schemenhafte Rückblenden geben Einblicke in ihr Leben in der Zeit vor der Abfahrt des Zuges.

Obwohl sich der Mann teilweise extremst ekelhaft verhält und die junge Frau auch belästigt, nutzen die beiden die Pausen des Zuges in den größeren Bahnhöfen für gemeinsame Ausflüge. Die junge Frau scheint nicht zu wissen, was sie mit sich allein anfangen soll. Sie lässt sich ziellos treiben, scheinbar ohne eigenen Willen. Bis zum Schluss erfährt die Leser:in nicht, warum sie sich eigentlich auf dieser Reise befindet, die im Buch im mongolischen Ulan-Bator endet (das eigentlich nicht auf der Strecke der transsibirischen Eisenbahn Eisenbahn liegt).

Der Schluss bietet eine Art Ausblick, aber keine Auflösung. Da es sich hier aber irgendwie um ein Road Movie im Zug handelt und die Beschreibungen der abgelegenen Gegenden sehr spannend sind, fühlte ich mich ausgezeichnet unterhalten.

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English Krimi Roman

Louise Penny – A World of Curiosities

CN: Mord, Gewalt, Drogenmissbrauch, sexueller Missbrauch von Kindern, Prostitution, Vergewaltigung


Vielleicht der Beste aller Romane um Armand Gamache und die anderen Bewohner:innen von Three Pines. Der Titel ist eine Art Spitzname für ein Gemälde, das eigentlich The Paston Treasure heißt und tatsächlich im Norwich Castle Museum ausgestellt ist. In der Geschichte spielt eine Reproduktion des Gemäldes, das jedoch mit Hinweisen versehen ist, die Armand und seine Gefährt:innen erst Stück für Stück entschlüsseln können, eine wesentliche Rolle.

The engineer’s ring, a symbol of what could happen when mistakes were made, was now used to taunt Gamache with his own mistakes. And the deaths that resulted.

Der Bogen, der sich über dieses Buch spannt, könnte auch aus einer Staffel Criminal Minds stammen. Die Spannung, weil ständig unklar ist, wer eigentlich gefährlich ist oder es sein könnte, lässt die Leserin keine einzige Sekunde los. Und trotzdem hab ich den Mörder:die Mörderin erraten, bevor alles enthüllt wurde. Und auch in diesem Buch geht es noch näher an Armand Gamache heran: diesmal schleicht sich der Mörder:die Mörderin gleich direkt in seinen Kopf. Eine umwerfende Fortsetzung der großartigen Serie.

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Roman

Margaret Atwood – Die Räuberbraut

CN: sexueller Missbrauch von Kindern, Beziehungsgewalt, Krebs, Tod der Eltern, Suizid


Dieses Buch habe ich vor vielen Jahren mehrfach gelesen. Es muss mich damals sehr fasziniert haben. Als ich es vor Monaten zufällig in einem Bücherschrank entdeckte, war ich gespannt darauf, es mit meinem heutigen Erfahrungsschatz neu zu erleben.

Die titelgebende Räuberbraut ist Zenia (schon allein dieser außergewöhnliche Name hat mich damals fasziniert …), eine Persönlichkeit, die im Leben von anderen unausweichlich Schaden anrichtet. Das Buch beginnt mit Tony, Charis und Roz, die eine Freundschaft verbindet, die ursächlich damit zusammenhängt, dass Zenia durch ihre Leben gefegt ist und sie auf den Kopf gestellt hat. Die Geschichten der drei werden jeweils aus ihren Perspektiven erzählt. Dabei beschreibt die Autorin nicht nur detailliert, wie sich Zenia in das jeweilige Leben der Frauen einschleicht und ihre wundesten Punkte ausnutzt, sondern auch, woher diese wunden Punkte eigentlich kommen. Alle drei Frauen haben schwere Kindheitserinnerungen, die ihre erwachsenen Persönlichkeiten entscheidend geprägt haben.

Beim Lesen ist mir aufgefallen, dass in diesem Buch ausnahmslos Frauen die starken Persönlichkeiten sind. Sowohl das personifizierte Böse in Form von Zenia, als auch ihre „Opfer“ Tony, Charis und Roz stellen differenzierte Charaktere dar, die aus ihren Erfahrungen gelernt haben und dementsprechend unterschiedlich mit ihrem Leben umgehen. Ihnen sind schlimme Dinge geschehen, sie haben schwache Momente, sie haben Angst, sie haben negative Gefühle. Aber sie haben auch Schlimmes überstanden und sind daraus gestärkt hervor gegangen. Die Männer werden hingegen eher schwach gezeichnet. Für Zenia sind sie ohnehin nur Mittel zum Zweck und auch wenn Tony, Charis und Roz ihre jeweiligen männlichen Gegenüber intensiv lieben, so bleiben doch die Frauen immer die starken Personen in den Beziehungen.

Das Buch erschien Anfang der 90er, ich dürfte es also gelesen haben, als es noch neu war. Vielleicht habe ich damals schon irgendwie verstanden, dass es selten vorkommt, dass Frauen so verletzlich aber gleichzeitig stark gezeichnet werden. Dass es selten ist, dass Frauen so im Mittelpunkt stehen. Dass Frauen, die so unterschiedliche Persönlichkeiten sind (Tony ist Wissenschaftlerin und studiert Kriege, Charis lebt naturverbunden und esoterisch, Roz ist eine knallharte Geschäftsfrau), trotzdem Freundinnen sein können. Dass Frauen aus dem Chaos hervor steigen und über sich hinaus wachsen können.

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English Erfahrungsbericht Ratgeber Sachbuch

Dr Devon Price – Unmasking Autism

CN: Es handelt sich hier um ein Sachbuch, in dem unter anderem unterschiedlichste Formen von Diskriminierung erwähnt und teilweise auch beschrieben werden.


Dieses Buch wurde mir geliehen von einer nahestehenden Person. Obwohl ich vor der Lektüre schon Kenntnisse über Autismus hatte (unter anderem aus Kontakten und Gesprächen mit neurodivergenten Personen), habe ich hier so dermaßen viel gelernt, dass ich das Buch wirklich jede:r Leser:in empfehlen will. Es zeigt eine Perspektive auf eine Form der Behinderung, die oft nicht als solche (an-)erkannt wird, die den Betroffenen aber das Leben in vielfacher Hinsicht erschwert.

Because so many of us mask through inhibition and withdrawal, we might not stand out as socially awkward, at least not in a way anyone can pinpoint. Though many of us experience sensory issues, anxiety, meltdowns, and debilitating mental health symptoms, we push as much of that misery into the private realm as possible. Our elaborate veils of coping mechanisms and camouflaging can create the illusion we don’t need help.

Dr Devon Price erzählt aus eigener Erfahrung und aus Gesprächen, die er mit vielen autistischen Personen geführt hat. Oft geht es darum, dass Autismus erst im Erwachsenenalter diagnostiziert wird (wenn überhaupt), weil viele Menschen unter Autismus nur das klassische „Vollbild“ (so nennt es meine Therapeutin) kennen, wie es in den Medien manchmal als Klischee vorkommt. Autistische Menschen sind aber nicht nur Mathegenies, die soziale Normen nicht verstehen oder mit anderen Menschen erst gar nicht klarkommen. Der Begriff Autismus-Spektrum sollte eigentlich verdeutlichen, dass es unendlich viele verschiedene Ausprägungen von Autismus gibt und daher auch autistische Menschen unterschiedliche Arten von Unterstützung benötigen. Hierfür gibt es nach meiner Meinung in der Gesellschaft nicht ausreichend Bewusstsein.

Hervorheben möchte ich auch, wie in diesem Buch der Unterschied zwischen „identity-first“ (autistic person) und „person-first“ (person with Autism) in der Sprache erklärt wird. Wenn die Formulierung „Person mit Autismus“ verwendet wird, dann erklären Menschen das oft so, dass sie die bezeichnete Person nicht durch ihre Behinderung definieren wollen. Die Formulierung distanziert aber gleichzeitig die Person von ihrem Autismus, der ein Teil ihrer Persönlichkeit ist.

When people use person-first language, they often say it’s because they don’t want disabled people to be defined by their disability. However, phrases like “person with Autism” distance a person’s disabled status from their humanity in a way that can be quite harmful. Autism is not a thing that is added on to a person – it’s integral to their life and cannot be removed from who they are.

Einen großen Platz nimmt auch die Kritik des (US-amerikanischen) Gesundheitssystems ein, das Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe systematisch diskriminiert. Studien, die belegen wollen, dass Autismus am häufigsten bei weißen Jungen in einem gewissen Alter vorkommt, sind daher rundheraus abzulehnen, weil sie einfach die hohe Dunkelziffer an nicht-diagnostizierten Personen ignorieren. Auch thematisiert wird das generelle kapitalistische Leistungsprinzip, das den Wert eines Menschen nach seiner Leistungsfähigkeit oder Produktivität bemisst. Sagen wir es gemeinsam: Alle Menschen sind gleich wert. Der Wert eines Menschen bemisst sich nicht durch seine Leistung. Menschen sind keine Ressourcen.

Under a capitalist, Industrial Time framework, any project that is abandoned or left unfinished is seen as a “failure” – time wasted because it didn’t result in a clear end product. But when we look at time as a series of cycles and spirals with goals that are ever-shifting, we can recognize that the learning and reflection we put into an aborted project (or even into masking) often pays off, just not in the way we expected. Every disappointment or failure teaches us something about what we want, and what is best for us.

Neben diesen Erklärungen und Einordnungen bietet das Buch auch konkrete Hilfestellungen für Betroffene und Angehörige. Letztlich hat mich eine Geschichte aus dem letzten Kapitel besonders berührt. Es erzählt von einer Familie, in der eines der Kinder eine Autismus-Diagnose erhält. Um diesem Kind das Leben zu erleichtern, stellt die Familie ihr Leben um, zieht aus der Stadt aufs Land, verbringt mehr Zeit in der Natur und entschleunigt im Ganzen ihr Leben. Die nicht-autistische Mutter dieses Kindes reflektiert im Gespräch mit Dr Devon Price darüber, wie dieser Prozess das Leben der gesamten Familie verändert hat. Es stellte sich also heraus, dass, was gut für das autistische Kind ist, für die ganze Familie gut ist.

In diesem Sinne möchte ich mit einem weiteren Zitat schließen, das konkrete Hilfestellung für autistische Menschen gibt. Ich bin mir jedoch sicher, dass wir davon alle profitieren könnten:

On a practical level, how can an Autistic person learn to embrace spiral time? Marta Rose says it comes down to two points:

1. Expand the time frame you use to gauge productivity and success. Take the “long view” of your life. Don’t be afraid to cycle back to old projects, or let a passion go when it’s not serving you.

2. Slow down. Stillness helps neurodivergent minds process the huge quantities of data we take in.