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Roman

Vea Kaiser – Makarionissi

Mit ihrem ersten Roman Blasmusikpop wurde Vea Kaiser einem größeren Publikum bekannt, mich hat das jedoch nicht interessiert, bis sie anlässlich der Veröffentlichung ihres zweiten Romans Makarionissi bei Claudia Stöckl im Frühstück bei mir zu Gast war. Dort hat sie erzählt, wie sie sich als attraktive Frau, die ihre Reize auch nicht verstecken will, teilweise bemühen muss, um in der Verlags- und Geschäftswelt ernst genommen zu werden.

Mit diesem Roman hat sie nun eine Familiengeschichte im Stil klassischer Heldensagen geschaffen, die einzelnen Kapital werden als Gesänge bezeichnet, Heldin und Held erleben eine wilde Irrfahrt durch die Welt und das Leben im Allgemeinen. Eleni und Lefti werden in einem griechischen Bergdorf an der albanischen Grenze geboren, ihre Familien haben bereits vor Elenis Geburt geplant, dass Cousin und Cousine später heiraten sollen, um das Familienvermögen zu erhalten. Doch Eleni hat nichts anderes im Sinn, als eine Amazone zu werden, eine Heldin, eine große Politikerin will sie werden, heiraten passt da gar nicht dazu.

Ein Abriss über die Familiengeschichte würde zu aufwändig, der Stammbaum auf den ersten Seiten wurde nicht umsonst aufgezeichnet. Am Ende (oder eigentlich schon auf dem Weg) erweist sich der Roman als so echt wie das Leben selbst: unvorhersehbar. Oft führt auch ein zuerst als falsch betrachteter Weg an ein Ziel, von dem man vorher noch gar nichts wusste. Manchmal erweisen sich scheinbare Katastrophen später als Glücksfall. So lange man sich selbst treu bleibt, kann man eigentlich nichts falsch machen. (Und aus den meisten Büchern kann man genau das herauslesen, was man gerade braucht.)

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Graphic Novel

Daniela Schreiter – Schattenspringer

Daniela Schreiter beschreibt in diesem Buch in vielen Bildern ihr Aufwachsen mit dem Asperger-Syndrom. In welchem Alter sie ihre Diagnose erhalten hat, konnte ich weder im Buch noch auf der Webseite finden, doch die Geschichte legt nahe, dass erst im Erwachsenenalter klar wurde, warum Daniela anders ist.

Meine Kenntnisse über das Asperger-Syndrom beschränkten sich bisher auf wenige Fakten, einige davon durfte ich während der Lektüre auch revidieren. Der ganze Komplex Autismus / ADHS wird oft gemeinsam behandelt, hat jedoch so viele Facetten, dass sie für die neurotypische Bevölkerung kaum überschaubar sind (so lange man sich nicht explizit damit befasst).

Aus Daniela Schreiters Comic lässt sich lernen:

  • Asperger-Autisten haben Schwierigkeiten beim Verstehen von nonverbalen Signalen und Redewendungen. Sie nehmen vieles für bare Münze, was als Redewendung oder Scherz daher kommt und schätzen daher klare Worte in der Kommunikation.
  • Das intuitive Verständnis für die vielen zwischenmenschlichen Regeln fehlt zumeist. (Das kennen heutzutage vermutlich viele von Sheldon aus der Serie The Big Bang Theory.)
  • Gestört ist bei Asperger-Autisten auch die Reizwahrnehmung. Neurotypische Menschen nehmen eine Vielzahl an Reizen war, jedoch werden diese vom Gehirn gefiltert. Bei Asperger-Autisten funktioniert dieser Filter nicht richtig, sie müssen sich bewusst konzentrieren, um nicht von der Masse an Reizen überwältigt zu werden.

Ein gutes Beispiel ist etwa die Beschreibung der Wahrnehmung einer Party:

Toll! Das Buffet war klasse, so wunderschön farbig arrangiert! Teilweise sogar komplementär!
Und sie hatten so süße Salz- unf Pfefferstreuer in ihrer Küche!
Und die Handseife im Bad hatte einen wunderbaren Geruch!

Das Comic-Format macht die Geschichte zugänglich und ermöglicht einen spielerischen Zugang zu diesem sperrigen Thema. Ein interessantes Interview mit Asperger-Autistin Denise Linke findet sich auf wrint.de. Mehr von Daniela Schreiter.

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Roman

Denis Thériault – The Peculiar Life of a Lonely Postman

And at that moment, for the first time in his life, really the very first time, he felt loneliness swooping down on him. It was like a huge wave submerging him, sending him down to the very depths of himself, driving him into the darkest reaches of the ocean depths, where an irresistible maelstrom swept him towards a monstrous, gaping chasm, a gigantic sewer grate, while he groped for something to cling to, anguished to the corner of his soul.

Der Postbeamte Bilodo hat ein seltsames Hobby: die wenigen privaten Briefe, die er in seinem Beruf zu verteilen hat (neben Rechnungen, Geschäftskorrespondenz und Werbung), nimmt er mit nach Hause, öffnet und kopiert sie, bevor er sie zustellt. Damit nimmt er an dem Leben anderer teil. Schon zu diesem Zeitpunkt wird klar, wie einsam sein eigenes Leben ist. Zum Verhängnis wird ihm schließlich eine Frau namens Ségolène, die eine spezielle Brieffreundschaft mit einem Mann namens Grandpré pflegt, der in Bilodos Nachbarschaft wohnt.

Die Briefe bestehen ausschließlich aus Versen und nach einiger Recherche findet Bilodo heraus, dass es sich um Haikus nach japanischer Tradition handelt. Granpré wird überraschend Opfer eines Autounfalls … und Bilodo kann den Gedanken, Ségolènes Briefe zu verlieren, nicht ertragen und versucht, die Identität des Toten anzunehmen, um die Brieffreundschaft aufrecht zu erhalten.

Natürlich kann diese Geschichte kein gutes Ende finden, und doch kommt das Ende überraschend, obwohl gut vorbereitet daher. Dass Bilodo das Briefgeheimnis verletzt, erscheint dem Leser zuerst nicht weiter schlimm, er stellt die Briefe einen Tag später zu und scheinbar beeinträchtigt dies die Empfänger nicht. Erst Stück für Stück wird klar, wie instabil seine Persönlichkeit ist, seine Handlungen werden Seite um Seite irrationaler und man möchte ihm zurufen, er möge zur Vernunft kommen. Doch die Geschichte findet ihr unvermeidliches Ende. Und einen neuen Anfang.

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Roman

Ellen Sussmann – An einem Tag in Paris

Dieser Roman beschreibt den lebensverändernden Tag von drei Privatlehrern und ihren Schülern in Paris. Alle Schüler sind mit ihrem Leben unzufrieden, manche haben dazu mehr Grund, andere weniger. Durch gefinkeltes Lenken ihrer Figuren gelingt es der Autorin, alle Personen am Ende des Tages am selben Ort zusammenzubringen, wo sie sich jedoch nicht begegnen und doch irgendwie zusammen sind. Angenehm plätschernde Unterhaltungsliteratur mit nicht völlig belangloser Geschichte.

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Kurzgeschichten

Wolfgang Freitag – Zu den Schattenorten von Wien

Reading Challenge: A book that takes place in your hometown

In der Bücherei hatte ich eigentlich etwas anderes über Wien ausleihen wollen, das jedoch nicht auffindbar war und das hat sich als Glück erwiesen, denn Wolfgang Freitags Reportagen über Orte in Wien, an denen der Normalsterbliche üblicherweise nicht landet, sind äußerst informativ und gut geschrieben.

Durch mein Zweithobby Geocaching bin ich tatsächlich in vielen der beschriebenen Gegenden schon gewesen, kürzlich etwa am Rinterzelt, auch schon im Arenbergpark (im Rahmen eines Multis, den ich gerade nicht mehr finde) und außerhalb des Krematoriums in der Nähe des Zentralfriedhofs. Die Geschichten hinter den Kulissen geben jedoch noch einen ganz anderen Einblick, die Texte sogar mehr als die beiliegenden Fotos.

NOTE: Ich habe versucht, etwas Lesbares über Stockerau zu finden, wurde aber leider nicht fündig. Unser Stadt-Dichter Nikolaus Lenau hat Gedichte geschrieben und das ist nach wie vor nichts für mich.

Damit bin ich mit der Reading Challenge auch fertig und habe nur geringfügig länger gebraucht. Diese Verzögerung führe ich auf meinen Umzug im vergangenen Sommer zurück. Ohne den hätte ich es bestimmt geschafft ;-)

Jetzt freue ich mich schon darauf, endlich die vielen Bücher aus dem Regal und von der Liste zu lesen, die nicht in eine der Kategorien gepasst haben.

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Roman

Bernhard Aichner – Das Nötigste über das Glück

Das Wichtigste ist, dass ich nicht sagen kann, ob das Buch das Versprechen, das der Titel macht, einhält oder nicht. Zuerst meinte ich, nein, aber vielleicht hab ich die Ebene zuerst einfach nicht gesehen? Mit dem Ende bin ich nicht einverstanden, aber vielleicht war es so nicht gemeint? Das Nötigste über das Glück: dass man den Moment genießen sollte, weil es nicht von Dauer sein kann? Oder doch? Sei es, wie es sei, Leseempfehlung. Sollte nämlich jeder für sich selbst interpretieren.

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Fantasy Roman

Madeleine L’Engle – Die Zeitfalte

Meg überlegte wieder.
„Charles Wallace sieht doch überhaupt nicht anders aus!“ sagte sie schließlich.
„Nein, Meg. Aber nie darf man Menschen allein nach ihrem Äußeren beurteilen. Was Charles Wallace so anders macht, liegt nicht an seinem Aussehen, sondern in seinem Wesen.“

Reading Challenge: A book you were supposed to read in school, but didn’t

Im Prinzip kann ich diese Kategorie nicht erfüllen, ich hab tatsächlich alle Bücher gelesen, die wir von der Schule vorgeschrieben bekamen. Also habe ich mich entschlossen, eines aus meiner Schulzeit nochmal zu lesen und dieses ausgewählt, weil es Cece von problemsofabooknerd mal erwähnt hatte. Sie hatte es lobend erwähnt, ich meine mich zu erinnern, dass es mir in der Schulzeit nicht gefallen hätte.

Stellt sich raus: es gefällt mir immer noch nicht. Mit dieser trotzigen, besserwisserischen, wütenden Hauptfigur Meg kann ich mich einfach nicht identifizieren. Ständig macht sie ihrer Umgebung Vorwürfe, ohne jemals irgendwelche Fehler bei sich selbst zu suchen. Natürlich soll man nicht immer nur die Fehler bei sich selbst suchen, aber immer allen anderen die Schuld zuzuschieben, ist eben auch unsympathisch.

Auch das fantastische Setting, das Reisen auf fremde Planeten, die vielen Wesen, die Meg und ihre Familie kennenlernen, ist mir irgendwie zu abgehoben. Ganz schön viel Aufwand für die simple Message, dass wir uns nicht nur auf unsere Augen verlassen, sondern mehr auf unser Herz hören sollen.

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Roman

Robert J. Sawyer – Flash Forward

This would be like that. Everyone would remember where they’d been when this blackout – a blackout of a different sort – had occurred.

Ah, Flash Forward, eine Serie, die ich wirklich gerne zu Ende gesehen hätte, was aber leider nicht möglich war. Meine persönliche Spekulation ist, es war einfach zu teuer zu produzieren, das kann man an den veröffentlichten Folgen problemlos ablesen. Was für eine Freude, als ich bei der Recherche quasi zufällig darauf gestoßen bin, dass die Serie auf einem Buch beruht. Die Hoffnung, endlich das Ende zu erfahren, war groß. Stellt sich heraus: für die Serie wurde das Buch stark bearbeitet. Im Buch schauen die Protagonisten gleich 20 Jahre in die Zukunft, in der Serie waren es nur 6 Monate (was die damit verbundenen Faktoren natürlich erheblich verschärft).

Is it any harder to swallow than the idea that we have seen the future, and that future is immutable, and even foreknowledge of it won’t be enough to allow us to prevent that future from coming true?

Zuerst dachte ich, es wäre nicht möglich, diesen Text ohne massive Spoiler für entweder/oder das Buch oder die Serie zu schreiben. Tatsächlich ist das Buch aber allein stehend so gut, dass man nichts verraten muss und es trotzdem empfehlen kann. Wer beides nicht kennt: plötzlich (in der Serie vollkommen überraschend, das Buch verrät mehr) schaut die ganze Menschheit für etwa zwei Minuten in die Zukunft, in der aktuellen Zeit werden die Menschen bewusstlos, was für ein unvergleichliches Chaos (Verkehrsunfälle, Flugzeugabstürze, Todesfälle, Verletzungen) sorgt. Daraufhin wird untersucht, wie es dazu kommen konnte. Und natürlich stellt sich die Frage: wenn man die Zukunft kennt, kann man sie dann ändern, beeinflussen?

Being conscious, being aware that that was then and this is now and that tomorrow is another day, was an incredible fluke, a happenstance, a freak occurrence never before or since duplicated in the history of the universe.

Das Buch stellt diese Frage viel intensiver als die Serie. In der TV-Serie wurde in meiner Erinnerung die Frage, wer für diesen Vorfall verantwortlich war, viel detaillierter untersucht, das Buch konzentriert sich exakt auf die Frage, wenn ich die Zukunft kenne, kann ich sie dann beeinflussen? Die Protagonisten kennen nur ein sehr kleines Stück ihrer Zukunft und können sich natürlich den Weg, wie es dazu kommt, nicht vorstellen. Wie kann man auf diese Art seine Zukunft verändern? Ist das überhaupt möglich? Ist der Blick in die Zukunft eher ein Segen oder ein Fluch?

The future could be changed; they’d discovered that when reality deviated from what had been seen in the first set of visions. Surely, this future could be changed, as well.

Das Ende des Buches jedenfalls bezieht sich darauf, dass wir nicht veruschen sollten, in die Zukunft zu schauen, sondern uns darauf zu konzentrieren, die Gegenwart zu dem Besten zu machen, was möglich ist. Nicht der schlechteste Rat nach meiner Ansicht.

Reading Challenge: A book based on or turned into a TV show

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Kurzgeschichten

Woody Allen – Mere Anarchy

Bei Woody Allen kann ja nichts falsch sein, dachte ich. Ich bin ja kein Cineast, aber Whatever works hat mich damals in einer interessanten Lebensphase erwischt und noch heute verbinde ich mit diesem Film eine Leichtigkeit des Seins, die mir im Alltagsleben oft abgeht.

Seine Satiren waren dann aber doch nicht das Richtige für mich. Das Format hat mich umgehend an die Kolumnen erinnert, die Dirk Stermann für das Wiener Magazin schreibt. Absurde Geschichten, die mit realen Begebenheiten oft nur einen winzigen roten Faden gemein haben. Für Woody Allen brauchte ich allerdings bei jedem dritten Satz ein Wörterbuch. Natürlich erfreue ich mich jetzt an der Kenntnis des Wortes meticulous, aber das Lesen wurde durch die vielen unbekannten Worte doch deutlich erschwert. Hinzu kommt auch noch, dass ich diese Art von absurdem Humor nur in kleinen Dosen ertrage. Dieses Format muss man einfach mögen. Nicht ganz meins.

Reading Challenge 2015: A funny book

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Roman

Jay Asher – Thirteen Reasons Why

In the end, everything matters.

Obwohl das Thema so traurig ist, bleibt am Ende ein Funken Hoffnung. Hannah Baker hat Selbstmord begangen. Vor ihrem Tod hat sie 13 Audiokassetten bespielt mit ihren Erfahrungen mit Menschen, den Situationen und Entwicklungen, die zu ihrer Entscheidung geführt haben, sich selbst das Leben zu nehmen.

Viele der Personen, die in Hannahs Geschichten vorkommen, haben ihr tatsächlich Unrecht getan, manche andere haben aber einfach weggeschaut. Selbstmordgedanken kommen nicht aus dem Nichts, ein langer Prozess läuft vor dieser Entscheidung ab, Anzeichen sind da und sollten nicht ignoriert werden. Das Buch ist ein großes Plädoyer, mehr auf unsere Mitmenschen zu achten. Nachzufragen. Hinzuschauen.

I guess that’s the point of it all. No one knows for certain how much impact they have on the lives of other people. Ofentimes, we have no clue.

Reading Challenge: A book that made you cry