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English Fantasy Roman

N. K. Jemisin – The Fifth Season

CN: Rassismus, Gewalt, Tod, Mord, Folter


“You think you matter?” All at once he smiles. It’s an ugly thing, cold as the vapor that curls off ice. “You think any of us matter beyond what we can do for them? Whether we obey or not.”

Für den Jahresanfangsurlaub hatte ich mir vom Radfahrer ein Buch erbeten. Ich hatte an ein anderes gedacht, er hat mir dann dieses vorgeschlagen und ich kann es nicht erwarten, den zweiten und dritten Teil zu lesen. Jeder Teil dieser Trilogie wurde separat mit einem Hugo Award ausgezeichnet und das (vermutlich) völlig zu recht. Der erste Teil hat mich jedenfalls sehr in diese Welt hinein gerissen. Der Cliffhanger am Ende ist äußerst unerfreulich. Zum Glück habe ich den zweiten Teil bereits hier und der Radfahrer liest gerade den dritten Teil, sodass ich bald erfahren werde, wie die Geschichte weiter geht.

Am Anfang hatte ich etwas Schwierigkeiten, mich in die Gegebenheiten dieser Welt einzulesen, die gesellschaftlichen Strukturen zu verstehen. Die Geschichte wird aus drei Perspektiven erzählt und entfaltet sich auch auf unterschiedlichen Zeitebenen. Zentral ist die Existenz von Menschen, die besondere Kräfte haben, so genannte Orogene. Bereits als Kind haben sie diese Kräfte, können sie jedoch nicht kontrollieren und dadurch ungewollt großen Schaden anrichten, weshalb sie oft verbannt oder ermordet werden, wenn ihre Kräfte in Erscheinung treten. Einen Ort gibt es jedoch, wo diese Menschen ausgebildet werden, um ihre Kräfte zum Wohle der Gesellschaft einzusetzen. Dort werden sie gleichsam von Guardians bewacht. Dass sich dahinter ein System an struktureller Ausbeutung verbirgt, wird im ersten Buch immer wieder angedeutet bzw. hinterfragt (siehe obiges Zitat), es bleibt aber vieles im Unklaren.


Ein großartiger Start in eine Trilogie, die eine interessante Fantasiewelt mit starken und differenzierten Charakteren bevölkert. Ich bin begeistert und freue mich schon sehr auf den zweiten und dritten Teil.


In den Weihnachtsferien hatte ich das Glück, Kind5 und Kind6 in die aktuelle Mitmach-Ausstellung „Kunst und Spiel“ im Zoom Kindermuseum begleiten zu dürfen. Museumspädagogik ist ja ein Nischenbereich, der mich seit meines (inzwischen abgebrochenen) Bildungswissenschaftsstudiums immer wieder anzieht. Die Mitmach-Ausstellungen sind daher für mich auch eine Gelegenheit, zu beobachten, wie die Mitarbeiter:innen die Ausstellungsobjekte erklären und vermitteln und wie die Kinder verschiedenen Alters das Angebot annehmen.

Für mich war es die dritte Mitmach-Ausstellung, davor hatte ich bereits „Von Kopf bis Fuß“ zum Thema Körper (mit Kind3 und Kind4) und „Mit und ohne Worte“ zum Thema Kommunikation (mit Kind5) besucht. Im Vergleich muss ich leider sagen, dass mir bei der aktuellen Ausstellung des Öfteren der Bezug zur Kunst gefehlt hat, auch Kind5 hat gefragt, was dieses oder jenes denn nun mit Kunst zu tun hatte. Das Thema ist zweifellos sperriger als die Themen der beiden Ausstellungen, die ich vorher schon gesehen hatte. Gleichzeitig ist Spiel in einem Kindermuseum sowieso irgendwie immer mitgedacht. Vielleicht hätte es hier mehr Erklärung der Zusammenhänge gebraucht.

Gleich neben dem Eingang ist ein Schiff aufgebaut, in dem die Kinder herumklettern und von dessen Deck sie Papierflieger in den Raum starten lassen können. Weiter hinten im Raum befindet sich eine Kegelbahn. Erst kurz vor Ende unserer Zeit in der Ausstellung wurde mir klar, dass die Art, wie die Kugel auf die Kegel trifft, in den neben der Bahn an der Wand befindlichen Bilderrahmen als generative Kunstwerke dargestellt wird. Eine großartige Verbindung von Kunst und Spiel, die aber leider null erklärt wurde.

ein Regal mit Basteleien aus Knetmasse, von oben hängen an Schnüren Sonne und Planeten herab, an der hinteren Wand aus Knetmasse geformten Buchstaben das Wort „Weltraum“, unten eine bunte Landschaft mit mittig einem grünen Alien

In einem etwas abgetrennten Bereich können sich große und kleine Besucher:innnen mit Knetmasse austoben. Da hat sich mein inneres Kind ganz ordentlich gefreut. Auf den umstehenden Regalen waren unzählige Werke früherer Besucher:innen ausgestellt, teilweise thematisch gruppiert zum Beispiel „Essen“ oder „Weltraum“.

Im hintersten Raum waren Boden, Decke und Wände mit einem schwarz-weißen Raster tapeziert. An einem langen Tisch konnten die Kinder aus Bierdeckel-großen Kartonscheiben ihre eigenen Kreisel gestalten. Der Twist: auf dem Tisch waren Drehscheiben befestigt, darin eine Vertiefung für die Kartonscheiben. Wenn nun die Kartonscheibe auf der Drehscheibe gedreht wird, kann mit einem Stift von oben ein Spiralmuster auf der Kartonscheibe erzeugt werden. Anschließend werden die Kartonscheiben gelocht und mit einem Holzstab zu einem Kreisel verwandelt. Beim Drehen verwischen die Farben miteinander, das Auge kann aufgrund der Bewegung die einzelnen Farben nicht mehr unterscheiden. Hier wurden die Kinder vom Personal auch auf das Mischen von Farben miteinander aufmerksam gemacht.

auf einer goldenen Tischplatte liegen bemalte Kartonscheiben in verschiedenen Farben, teilweise mit Holzstäben zu Kreiseln gebastelt

Im schwarz-weiß-gerasterten Raum gab es in der Mitte auch noch einen versteckten Geheimraum (den wir ohne den Hinweis eines Mitarbeiters vermutlich nicht gefunden hätten). Darin erzeugten Spiegel eine Unendlichkeitsillusion. Hat mir mehr Spaß gemacht als den Kindern, die waren in aller Kürze schon wieder draußen.

Im abschließenden Gespräch mit den Mitarbeiter:innen fanden wir dann heraus, dass es wohl noch eine versteckte Spielebene gab, in der das anfangs erwähnte Schiff vor irgendeinem Unglück gerettet werden musste. Ein geheimes Rätsel, das mich vermutlich auch interessiert hätte, hätte ich auch nur irgendwas davon mitbekommen.

Insgesamt fand ich das Thema „Kunst und Spiel“ sehr spannend, wir haben wohl auch nicht alles gesehen bzw. ausprobiert (ich hätte auch gern ein Bild gekegelt, aber die Kegelbahn war konstant belagert). Die Ausstellung ist noch länger zu sehen, auf der Webseite steht aktuell kein Enddatum. Die nächste Mitmach-Ausstellung soll sich dann mit dem Thema „Donau“ befassen, so wurde uns zum Abschluss verraten.

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English Roman

Dan Simmons – Phases of Gravity

CN: sexuelle Handlungen, Waffen, Tod einer Partnerperson, Begräbnis


Baedecker felt a brief lifting of spirit. Here in the high, thin air the demanding gravity of the massive planet seemed slightly – ever so slightly – lessened.

In letzter Zeit hatte ich ja bereits öfter darüber gejammert, dass mich meine Notizen so im Stich lassen. Bei diesem Buch fällt das noch mehr ins Gewicht, weil es mir nämlich nicht besonders gefallen hat und ich nun wirklich gerne wüsste, wo diese Empfehlung hergekommen ist. (Ich habe Lithub im Verdacht, habe aber nichts Konkretes finden können.)

Baedecker could remember the first real crash of lightning, which, in an uncanny instant of suspended time before everyone ran for shelter, froze people, cars, benches, grass, buildings, and Baedecker himself in a stroboscopic flash of light that briefly made all the world a single frozen frame in an unwatched film.

Weil ich Ablenkung brauchte, bin ich in das Buch einfach reingesprungen und war relativ schnell ziemlich genervt. Es wird immer wieder zwischen verschiedenen Zeiten und Orten gesprungen und nicht mal eine Leerzeile trennt diese Teile voneinander. Da verabredet sich der Protagonist in einem Satz mit seinem Sohn zum Essen und im nächsten Satz ist es eine Woche später und er sitzt im Flugzeug. Nicht nur, dass diese Sprünge nicht mal eine Leerzeile wert sind, es wird auch einfach viel weggelassen bzw. einfach nicht erzählt. Da springt der Protagonist in einem Paraglider von einer Klippe (was immerhin das Ende eines Kapitels ist) und im nächsten Kapitel hat er davon zwar eine Beinverletzung davon getragen, aber der Rest wird einfach übersprungen. Ob die fehlenden Leerzeilen bei Orts- und Zeitsprüngen eine künstlerische Entscheidung sind oder der späteren Erstellung des eBooks geschuldet, bleibt unklar, ich fand es jedenfalls extrem anstrengend.

Scott did not seem to be listening. He pushed the hair out of his eyes and frowned in concentration. “Sometimes I prayed that you wouldn’t go, and sometimes I prayed that you wouldn’t die up there …” Scott paused and looked right at his father. “But most of the time, you know what I prayed? I prayed that when you did die there, they’d bring you back and bury you in Houston or Washington, D.C., or somewhere so I wouldn’t have to look up at night and see your grave hanging up there for the rest of my life.”

Der Inhalt? Ein ehemaliger Astronaut hat eine schlechte Beziehung zu seinem Sohn. Er besucht ihn in Indien, um ihn aus den Fängen eines Gurus zu retten (was ihm erst später im Buch mit einem Hubschraubereinsatz gelingt). Der Sohn lässt den Vater abblitzen, stellt ihm aber noch seine Freundin vor. Mit der der ehemalige Astronaut dann auch eine Affäre beginnt (das war der Moment, wo ich mir sicher war, dass das Buch schon älter sein muss, sowas würde heute wohl kaum mehr geschrieben). Dass später herauskommt, dass der Sohn das wohl absichtlich eingefädelt hat, weil er dachte, die beiden würden gut zusammenpassen, macht das Ganze auch nicht mehr viel besser. Wir lesen also über die Midlife-Crisis eines weißen Mannes, der alle wichtigen Beziehungen in seinem Leben seiner Karriere geopfert hat und nun versucht, Gräben zuzuschütten.

There’re places of power – yeah – no doubt about that. […] You have to help make them. You have to be in the right place at the right time and know it. […] Even places of power are useless unless you’re prepared to bring something to them.

Viele Worte, um auszudrücken, dass das Buch einfach nicht für mich war. Wenn ich doch nur noch wüsste, woher das auf meine Liste gekommen ist …


Ende November besuchte ich mit dem Fotografen die Werkschau zur Fotografin Mary Ellen Mark in der Galerie Westlicht. Mich hat wohl der Titel The Lives of Women angesprochen und den Fotografen muss ich zu Fotoausstellungen ja sowieso nicht überreden ;-)

[Anmerkung: Alle weiteren Zitate entstammen dem Ausstellungstext.]

Ausstellungsansicht, rechts im Vordergrund hängt an einer Wand ein Bild mit Batman und drei Kindern in Prinzessinnenkostümen, weiter hinten im Raum ein großes Bild, das eine Frau draußen zeigt

Mary Ellen Mark gilt „als eine der wichtigsten Vertreter:innen einer humanistisch geprägten Dokumentarfotografie“. In ihrer Arbeit hat sie sich auf marginalisierte Personengruppen konzentriert und ist dabei tief in deren prekäre Lebenswelten eingetaucht. Für ihr erstes umfangreiches Langzeitprojekt verbrachte sie gemeinsam mit der Autorin und Therapeutin Karen Folger Jacobs sechs Wochen in der geschlossenen psychiatrischen Abteilung Ward 81 im Oregon State Hospital. Die beiden Frauen verbrachten den Alltag mit den Patientinnen und lernten diese in ihren vielen Facetten intensiv kennen.

Großes Interesse zeigt Mary Ellen Mark auch an der Welt des Zirkus und der Artist:innen. In Indien und Mexiko recherchierte sie tief ins Detail und „erhielt tiefe Einblicke in eine Welt, die von Mut, Gemeinschaft und Entbehrungen geprägt war“. Ein Bild aus dieser Serie hat mich besonders berührt. Es zeigt ein Mädchen im Volksschulalter, das auf dem Rüssel eines Elefanten sitzt. Sie trägt eine Art Bikini mit Metallverzierungen und Strümpfe, aber keine Schuhe. Mit dem linken Arm hält sie den Rüssel des Elefanten, sie lehnt auch ihren Kopf in diese Richtung. Die rechte Hand hält sie zur Faust geballt. Mit tief traurigem Gesichtsausdruck blickt sie in die Kamera, als würde sie innerlich anklagen, dass sie zwar fotografiert wird, aber dadurch ihr Leben nicht besser wird.

Ausstellungsansicht, an einer roten Wand hängen zwei Bilder, auf dem linken ist ein Kind zu sehen, das eine Blume an sein Gesicht hält, darunter ein Schaukasten mit dem Buch „Indian Circus“

Ein etwas weniger sozial brisantes Projekt sind Marks Fotografien von Zwillingspaaren. Dieses Projekt wurde von ihr vollständig selbst finanziert, um die größtmögliche Kontrolle zu bewahren.

Sie war fasziniert von dem Nebeneinander von Einzigartigkeit und Verbundenheit und dem Gedanken, dass sich trotz nahezu identischer Erbanlagen zwei eigenständige Leben und Persönlichkeiten entwickeln.

Einen großen Teil der Ausstellung bilden Portraits von Menschen aus vielen verschiedenen Regionen der USA. Sie fotografierte Menschen „bei Kinder-Schönheitswettbewerben und in Single-Bars“, schreckte aber auch vor Ku-Klux-Klan-Treffen nicht zurück. Mark selbst sagte, ihre Reisen durch Amerika hätten ihre Vision als Fotografin definiert. Gerade das konnte ich leider nicht nachvollziehen. Die Sammlung an Bildern aus mehr als drei Jahrzehnten, die keinem roten Faden oder auch nur einer Zeitlinie folgen, hat mich eher verwirrt zurück gelassen. Gleichzeitig hätte ich von den oben genannten thematischen Projekten wie Ward 81 und Indian Circus gerne mehr gesehen. Aber dazu müsste ich dann wohl die Bücher kaufen … Das habe ich soeben auf ihrer Webseite nachgeholt.

Die Ausstellung „The Lives of Women“ mit Werken der Fotografin Mary Ellen Mark in der Galerie Westlicht ist noch bis 16. Februar 2025 zu sehen.

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Lyrik

Nikolaus Lenau – Gedichte

CN: rassistische Bezeichnungen (N-, Ind.-, Z-), Suizidgedanken, Prostitution


Süß träumt es sich in einer Scheune,
Wenn drauf der Regen leise klopft;
So mag sichs ruhn im Totenschreine,
Auf den die Freudeszähre tropft.

Dieses Buch hat sich wie viele andere in letzter Zeit durch Geocaching in mein Leben geschlichen, allerdings auf eine andere Art: Ich habe es gelesen, weil ich selbst einen Mystery Cache ausarbeite, der sich eben mit den Werken und dem Leben des Dichters Nikolaus Lenau befassen soll. So kam ich dann tatsächlich dazu, ein ganzes Buch voller Gedichte zu lesen, die noch dazu fast 200 Jahre alt sind …

Aufgefallen ist mir schnell, wie viele Bezüge zur griechischen Mythologie in den Gedichten vorkommen (zB Hesperus/Hesperos = der Abendstern in der griech. Mythologie). Viele andere Zusammenhänge habe ich allerdings erst nach der (zweifachen) Lektüre des Nachworts von Hansgeorg Schmidt-Bergmann verstanden.

Da wird unter anderem angemerkt, dass Lenau für seine Zeit sowas wie ein Influencer gewesen wäre, der sein eigenes Leben als gelebte Poesie inszenierte und sich „durch die Attitüde des innerlich zerrissenen Künstlers“ zu einem „Märtyrer der Poesie“ verklärte, der „sich seiner Dichtung zum Opfer darbrachte“. Dazu Lenau selbst:

„Ich will mich selber ans Kreuz schlagen, wenn’s nur ein gutes Gedicht gibt.“

Hansgeorg Schmidt-Bergmann diagnostiziert Lenau weiters, dass seine Melancholie, sein ostentativer Schmerz am Leben keinesfalls Attitüde waren, sondern hingegen „so bitter wie ernst“. Von 1831 an soll Lenau ständig auf Reisen gewesen sein, ohne festen Wohnsitz. Von einer Reise nach Amerika kehrt er enttäuscht vom dort herrschenden Kapitalismus zurück. Sein „anarchischer Individualismus“ zeigt sich auch in sozialem Protest, der ihn schließlich zum Symbol für den österreichischen Vormärz werden lässt. Nikolaus Lenau stirbt am 22. August 1850 „nach sechsjährigem Leiden“ (lt. Wikipedia erlitt er im Jahr 1944 einen Schlaganfall).

Lenaus Streben für die Kunst hat somit von Beginn an den Verzicht auf ein gelungenes Leben zur Voraussetzung.

Jahresrückblick 2024.

Reisen:

  • Erstmals mit Lupo auf Reisen. Daher fahren wir jetzt untertags nach Berlin mit jeweils einem Zwischenstop mit Übernachtung. So haben wir dieses Jahr einige deutsche Städte besichtigt (Passau, Regensburg, Erfurt, Augsburg, Straubing, Bamberg).
Schriftzug „BAMBERG“, die Buchstaben sind etwa menschengroß und sehr bunt bemalt, dahinter schmale dreistöckige Häuser, vorne im Bild steht ein schwarzbrauner Hund, der nach links aus dem Bild schaut
  • Anfang Juli wollte ich aus Gründen nicht in Berlin sein und habe mich mit dem Fotografen in Hradec Králové getroffen, wo wir ein schönes Wochenende verbracht haben.

Bestes Konzert (auch einziges Konzert …): Sleep Token in Linz.

Die größte Herausforderung und gleichzeitig die größte Enttäuschung: Die dramatische Krise einer langen und intensiven Freundschaft, die sich bereits im Vorjahr abgezeichnet und dieses Jahr neue Tiefpunkte erreicht hat.

Erfolge:

Die tollste Anschaffung: Kürzlich habe ich mich dabei erwischt, wie ich das Sodastream-Gerät als beste Anschaffung des Jahres bezeichnet habe. Das ist natürlich Unsinn, denn seit diesem Sommer sind wir auch im Besitz eines Nihola-Lastenrads!

Nihola Lastenrad von vorne gesehen, im Korb sitzt ein schwarzbrauner Hund, der sich gerade mit der Zunge die Nase abschleckt

Geocaching: Hat dieses Jahr hauptsächlich auf Reisen stattgefunden. Aber ich habe dieses Jahr auch selbst zwei Geocaches gestaltet und veröffentlicht:

Es soll eine Serie werden, die nächsten zwei habe ich beinahe schon fertig, einer davon wird mein erster Adventure Lab Cache sein.

Ausblick: 2024 war in vieler Hinsicht von Frustration und einem Gefühl von Stillstand geprägt. Seit meinem letzten Rückblick hat sich wenig zum Positiven verändert. Für mich selbst hoffe ich, dass es mir dieses Jahr besser gelingt, das „Leiden an der Welt“ zu ertragen und einen besseren Weg zu finden, wie ich damit umgehen kann. Dazu gehört, dass ich wieder mehr verreisen möchte. Einen Interrail-Pass habe ich bereits gekauft. Eine Reise mit meiner Freundin und ihren Kindern nach Spanien im Sommer ist gebucht. Dazwischen wird es hier natürlich weiter um Bücher gehen. Kann Spuren von Eskapismus enthalten.

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Roman

Teresa Präauer – Kochen im falschen Jahrhundert

CN: Andeutung sexueller Handlungen (keine grafischen Beschreibungen), Essen (inkl. Tierprodukte), Alkoholkonsum


Zwei Anläufe habe ich gebraucht, obwohl das Buch weder lang, noch langweilig, noch schwierig zu lesen ist. Trotzdem ging mir im Dezember einfach die Luft aus, es waren einige Tage, wo ich abseits der Erwerbsarbeit für nichts Konzentration übrig hatte. Und dann ist mir beim zweiten Lesen auch wieder der Großteil meiner Notizen verloren gegangen. Etwa bei der Hälfte konnte ich das Buch in der Onleihe-App nicht mehr öffnen (es bleibt beim Öffnen einfach beim Spinner hängen). Daher musste ich zum externen Reader wechseln und habe nun wieder nur Notizen zur zweiten Hälfte des Buchs. Was schade ist, weil ich viele Zitate notiert hatte, mit denen ich mein Verständnis des Buchs untermauern wollte …

Nachdem gleich mehrere Bloggerinnen, deren RSS-Feeds ich regelmäßig lese (Links folgen weiter unten), dieses Buch erwähnt hatten, war mein Interesse geweckt. Und dann konnte ich zuerst absolut gar nichts damit anfangen. Eine namenlose Gastgeberin bereitet eine Dinnerparty vor; in ihrer (nicht mehr ganz) neuen Wohnung möchte sie erstmals Gäste empfangen und fühlt sich dabei sehr erwachsen. Diese Dinnerparty findet im Verlauf des Buches mehrmals statt mit jeweils unterschiedlichen Vorzeichen (die Gäste kommen alle bzw. teilweise zu spät, einmal kommen später ungebetene Gäste dazu). Daraus ergeben sich dann auch unterschiedliche Verläufe der Abendeinladung.

Die Gastgeberin lachte. Was sie bloß so verunsichere an diesen Einladungen. Man müsse eben in Übung kommen, sagte ihr Partner, der selbst nicht in Übung war. Auf den Bildern sehe es so einfach aus. Als würden sich alle so leicht tun mit dem Leben, mit dem Genuss, mit den Freundschaften.

Gemeinsam haben diese unterschiedlich verlaufenden Dinnerparties, das sich die Gastgeberin immer wieder im falschen Jahrhundert fühlt, dies wird durch unterschiedliche Handhabung der altmodischen (aber gleichzeitig hochqualitativen) Kochschürze zusätzlich verdeutlicht. Das Gespräch dreht sich viel zu oft darum, was man heutzutage wie sagt oder überhaupt noch sagen darf, gerade der Schweizer hat dazu immer etwas beizutragen. Daraus erklärt sich auch, dass die Geschichte in Österreich stattfindet, denn:

Man sagte hier ja selten Stuhl, man sagte Sessel, zu Sesseln und zu Stühlen. Zu Sesseln wiederum sagte man ebenso gern Fauteuil.

Die Gastgeberin hat sich einen Plan zurecht gelegt, wie sie die Schale aus Büffelhorn, die sie von einer Konferenz in Nairobi mitgebracht hat, rechtfertigen kann. Die allgegenwärtige politische Korrektheit wird dermaßen auf die Spitze getrieben, dass ich manchmal nicht sicher war, ob vielleicht doch alles komplett satirisch gemeint ist. Auch die Social-Media-Kultur der heutigen Zeit wird zelebriert (oder karikiert?) in Gestalt der Ehefrau, die den gelungenen Abend mit Hashtags wie Best Friends Forever, Foodporn und Winelovers öffentlich im Internet anpreist.

Es kam ihr so vor, als hätte der Amerikaner sie wirklich gesehen, als hätte er in ihr Artischockenherz geblickt, als hätte er all die Zweifel, die sie hegte, und die Ansprüche, die sie an sich und die anderen stellte, darin ablesen können.

Zwischen der Erzählung der verschiedenen Versionen der Dinnerparty finden sich immer wieder kurze Kapitel mit Erinnerungen an frühere Erfahrungen mit Kochen, Essen und Genuss: erste eigene Küchenausstattungen, die unterschiedliche Küche der Großmütter- und Müttergeneration und österreichische Originale wie den Pfirsich-Spritzer, den ich in meiner Jugend auch konsumiert habe.

Eines dieser Zwischenkapitel widmet sich dem Trend Food-Fotografie und besteht aus einer Aneinanderreihung von in Worte gefassten Essensfotos, es könnten die (schlecht verfassten) Alternativtexte1 eines Foodporn-Hashtags sein. Ein anderes Kapitel erzählt Essenserinnerungen aus verschiedenen Reiseperspektiven, hier zum Beispiel junge Menschen unterwegs in China:

Erzähl von dieser Reise nach China, als ihr sehr jung gewesen seid! Ihr konntet weder die Sprache sprechen noch die Schriftzeichen lesen, und es gab damals auch kein mobiles Internet. Hungrig deutetet ihr auf die Wörter in der Speisekarte eines Restaurants. Und als ihr das Essen dann serviert bekommen hattet, wart ihr euch ganz sicher, so etwas wie Krokodil, Hund oder Schildkröte zu essen.

Eingestreut werden immer wieder die Songs, mit der eine algorithmisch generierte Playlist den Abend begleitet. Das kann ebenso als Demonstration von Kultur und Kultiviertheit verstanden werden wie die immer wieder genannten Designerstücke, zum Beispiel der dänische „Esstisch, in dessen Mitte eine Vase des finnischen Designers Alvar Aalto stand“.

Die Kaltmamsell sieht in diesem Buch ein „Sittengemälde mit bestimmten gesellschaftlichen Typen“ und findet kürzere Worte für Dinge, die ich oben bereits beschrieben habe („Instagramisierung des Lebens samt Hashtags, zeitgenössische Distinktion mit Statussymbolen und Markennamen“). Gleichzeitig nimmt sie das Buch zum Anlass, über ihre eigenen Erfahrungen als Gastgeberin zu reflektieren.

Jana nimmt in ihrer Buchbeschreibung einen feministischeren Standpunkt ein und sieht in beiläufigen Details (wie dem Nicht-Ausziehen der Schuhe, das der Gastgeberin Mehrarbeit verursacht) „die volle Wucht patriarchaler Ungerechtigkeiten“. Für sie ist die Schürze ebenfalls ein wichtiges Symbol und sie verweist auf „die komplizierten Weiblichkeitsvorstellungen/-rollen, die damit verbandelt sind“ und die von der Autorin außerdem mit „Social-Media-Performativität“ verbunden werden.

  1. Ein Alternativtext ist eine Bildbeschreibung, die von Screenreadern vorgelesen wird und visuelle Inhalte so auch für blinde Menschen zugänglich macht. Hier findet ihr einen umfangreichen Leitfaden zum Schreiben sinnvoller Alternativtexte und hier eine kurze Checkliste. ↩︎
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Roman

Jesmyn Ward – Salvage The Bones

CN: Naturkatastrophe (Hurrikan Katrina), Gewalt gegen Tiere, Hundekampf, Gewalt gegen Menschen, sexuelle Handlungen, Tod eines Elternteils, Alkoholmissbrauch


I will not let him see until none of us have any choices about what can be seen, what can be avoided, what is blind, and what will turn us to stone.

Eigentlich schreibe ich mir immer gern auf, warum ein Buch auf meiner Leseliste landet, wo der Tipp herkam, idealerweise mit Link und dem Text, der mich dazu gebracht hat, es lesen zu wollen. Eine Schwachstelle in meinem System sind die eReader-Apps der Bibliotheken auf meinem Telefon. Wenn ich ein empfohlenes Buch direkt dort finde und es auf meine Wunschliste setzen kann, dann entfällt die Notiz, woher der Tipp kam. In der Libby-App kann ich Tags vergeben, was aber nicht wirklich zu meiner Handhabung von Notizen passt, in der Onleihe-App habe ich überhaupt keine Möglichkeit gefunden, irgendetwas zu den Büchern zu notieren.

Nun habe ich viele Worte gebraucht, um zu erzählen, dass ich nicht mehr weiß, warum dieses Buch auf meiner Leseliste war. Es war weit unten in der Libby-App, da die neuen Bücher oben in die Liste kommen, muss es schon lange dort gewesen sein. Ich stürzte mich hinein, ohne nochmal nachzuforschen oder den Klappentext zu lesen. Achtung, es folgen Spoiler. (Ohne die kann ich über dieses Buch nicht schreiben.)

Das Buch erzählt die zehn Tage im Leben einer Familie, bevor Hurrikan Katrina ihre Welt aus den Angeln hebt. Im ersten Kapitel / am ersten Tag werden Hundewelpen geboren, später findet die einzige Tochter der mutterlosen Familie (die Mutter hat die Geburt des jüngsten Sprößlings nicht überlebt) heraus, dass sie schwanger ist. Der Hurrikan, auf den das Buch zusteuert, bleibt zuerst im Hintergrund. Alle fünf Personen der Familie sind mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt (Schwangerschaft, Basketball-Camp, Machtkämpfe, die stellvertretend von Hunden ausgetragen werden). Das Ausmaß der Zerstörung übersteigt schließlich die schlimmsten Erwartungen.

Im Nachwort konnte ich erfahren, dass die Autorin den Hurrikan selbst erlebt hat. In gewisser Weise verarbeitet sie vermutlich in Romanform ihr eigenes Trauma. Das Buch wurde 2011 mit dem National Book Award For Fiction ausgezeichnet. Der Kategorie-5-Hurrikan hat im Südosten der USA massive Schäden angerichtet und sich damit wohl in die Herzen und Gehirne vieler Menschen eingebrannt. Dieses Buch legt davon Zeugnis ab. Es zeigt aber auch eine Familie, die sich bereits vor dem Hurrikan in einer schwierigen Lage befindet und im Verlauf der Geschichte näher zusammenfindet.

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Kurzgeschichten Spanish

Eloy Moreno – Cuentos Para Entender El Mundo

CN: –


(deutsche Zusammenfassung weiter unten)

–Paz no significa estar en un lugar sin ruidos, sin problemas, sin viento, sin lluvia… Paz significa que, a pesar de estar en medio de la tormenta, ese pájaro es capaz de mantenerse sereno y tranquilo. Ese es el verdadero significado de la paz perfecta.

Recientemente me di cuenta de que leer libros para adultos en español es mas difícil para mi todavía. En la biblioteca encontré este libro con cuentos cortos. Son cuentos sobre reyes, monjes y muchos animales. Por ejemplo: un rey estaba buscando el equilibrio. Lo que le ayudó finalmente era un anillo con estas palabras: Esto también pasará. Me gusta mucho este cuento.

Algunos cuentos tienen la calidad de chismes. Por ejemplo el cuento que habla de un hombre quien estaba buscando una mujer perfecta. Al final, cuando encontró la mujer perfecta, ella no quiere casarse con él porque ella también quiere un novio perfecto.

Este verano estaré en España otra vez. Será interesante ver como mi conocimiento de Español mejoró desde el invierno de 2022/23.


Deutsche Zusammenfassung:

Bücher für Erwachsene in spanischer Sprache sind leider noch immer zu schwierig für mich. Diese Kurzgeschichten habe ich geschafft und mich dabei auch gut unterhalten. Es geht um Könige, Mönche und viele Tiere. Unter anderem einen König, der nach Balance sucht und diese schließlich in der Aufschrift in einem Ring findet: Esto también pasará. This too shall pass.

Eine Geschichte erzählt von einem Mann, der nach der perfekten Frau sucht. Als er sie endlich findet, stellt sich heraus, dass sie ihn nicht heiraten will, weil sie wiederum nach einem perfekten Mann sucht.

Diesen Sommer bin ich wieder in Spanien. Und bin gespannt darauf, wie sich meine Spanisch-Kenntnisse seit dem Winter 2022/23 verbessert haben.

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Bildband Reise Sachbuch

Adolf Stiller (Hrsg.) – Bahnhöfe. Stationen in Europa.

CN: –

(Gefahr der Ansteckung mit Reisefieber ;-)


Im Ringturm in Wien war bis vor Kurzem eine Architekturausstellung zum Thema Bahnhöfe zu sehen. Anlass war die Eröffnung der ersten Eisenbahnlinie in England, die vor „ziemlich genau 200 Jahren“ (lt. Klappentext) stattfand (und damit das „Geburtsjahr“ mit dem sponsornden Versicherungsunternehmen teilt). Zur Ausstellung gibt es einen Katalog in Buchform, ich wollte alles nochmal genau nachlesen und konnte nicht widerstehen …

Blick in den Ausstellungsraum, der Eingangsbereich ist von einer Holzkonstruktion überspannt, die wie ein Tunnel wirkt, weiter hinten im Raum hängen Tafeln von der Decke, an einer Wand hängt eine alte Eisenbahnkarte
Eingangsbereich der Ausstellung im Erdgeschoss des Ringturms

Glaskasten mit drei aufgeschlagenen Büchern und einem gelben Buchumschlag, in den Büchern sind großformatige Architekturfotos zu sehen
Schaukasten mit Büchern zum Thema Bahnhöfe

Das Buch zeigt dem Untertitel gemäß „Stationen in Europa“. Ein großer Schwerpunkt widmet sich etwa der Metropole Paris, die gleich mit sechs Bahnhöfen vertreten ist (von denen einer heute als Museum genutzt wird – das Musée d’Orsay). Den Weg zwischen den nahegelegenen Bahnhöfen Gare du Nord (hier fahren etwa die Eurostar-Züge Richtung Norden ab) und Gare de l’Est (wo unter anderem die Nachtzüge von und nach Wien ankommen und abfahren) habe ich selbst schon mehr als einmal zurückgelegt.

im Inneren der Bahnhofshalle des Pariser Bahnhofs Gare de l'Est, die Bogenkonstruktion des Hallendachs dominiert den oberen Teil des Bilds, von der Decke hängen zwei Bilder, darunter sind drei Anzeigetafeln für Ankunft und Abfahrt von Zügen zu sehen
Gare de l’Est: „[Die] große querliegende Halle am Kopfende der Bahnsteige [wurde] weithin als Beispiel für die funktionelle Anlage von Bahnhöfen kopiert.“

die Eingangshalle des Pariser Bahnhofs Gare de l'Est, drei geöffnete Türen zwischen Säulen, hinter dem Bahnhofsgebäude leuchten Wolken im Morgenlicht
Gare de l’Est: Der orangefarbene Riesen-Blumentopf ist auch auf der Abbildung im Buch zu sehen, meine beiden Fotos hier wurden im Mai 2023 aufgenommen.

Aber nicht nur die Pariser Bahnhöfe haben in mir Erinnerungen geweckt. Ich war beim Besuch der Ausstellung überrascht, dass ich einige der erwähnten Bahnhöfe quer durch Europa sofort zuordnen konnte.

Ausstellungsansicht, ein Transparent zeigt drei Fotos des Bahnhofs Gent-Sint-Pieters, oben ragt über einem Glasvordach ein altmodischer Turm auf, auf den beiden unteren Bildern Innenansichten der Bahnhofshalle
Gent-Sint-Pieters: Das historische Bahnhofsgebäude mit dem markanten Turm steht unter Denkmalschutz und wird seit 1996 umfassend renoviert.

Bahnsteig, eine Metallstütze hält das Dach über dem Bahnsteig, die Seitenflächen sind verglast, Teile der Glasflächen sind pink, die Bahnsteigbeschriftung ebenfalls in pink
Gent-Sint-Pieters: Bei meinem Besuch im Mai 2023 waren die Bahnsteige bereits mit modernen, bunten Glaskonstruktionen ausgestattet, die zu den Bahnsteigen führende Halle darunter war eine unübersichtliche Baustelle.

Bahnhof London St. Pancras, durch das verglaste Dach scheint die Abendsonne, am Ende des Kopfbahnhofs hängt eine große Uhr, darunter ein Schrift rosafarbener Neonschriftzug, der für das Musical „Dirty Dancing“ wirbt, Text: „I want the time of my life“
London St. Pancras (Mai 2023): „Mit seiner 74,15 Meter frei gespannten, 210 Meter langen und 31 Meter hohen, in gotisierender Spitzbogenform gestalteten Halle stellt dieser Bahnhof heute noch alle europäischen Bahnhöfe in den Schatten.“

Bahnhofsvorplatz in Venedig, im Vordergrund eine dreiarmige Laterne mit zwei Mülleimern daneben, dahinter die Marmorfassade des Bahnhofs
Venezia Santa Luzia (August 2022): „Die lang gestreckte, weit offene Fassade mit dem charakteristischen Vordach zeichnet sich durch die sensible Verwendung verschiedenfarbiger Marmorarten aus, deren Oberflächen die hohe Kunst der venezianischen Steinbearbeitung zeigen.“

Ein Fokus der Ausstellung (und des Buchs) liegt auf den Bahnhöfen der ehemaligen Donaumonarchie. Es ist auch eine große Übersichtskarte über „Österreich-Ungarn’s Eisenbahnen“ zu sehen. Die Karte stammt aus dem Jahr 1910 und war damals bereits in der 79. Auflage erschienen.

Detailaufnahme der Ecke einer Übersichtskarte, links oben steht: 1910, Prochaska's Neue Ausgabe, Österreich-Ungarn's Eisenbahnen, Neunundsiebzigste Auflage“, darunter eine Legende, die die Zeichen für unterschiedliche Bahngleise und verschieden große Ortschaften erklärt. Der Maßstab der Karte ist mit 1:1.250.000 angegeben.

von der Decke hängende Transparente zeigen die kommunistisch anmutenden Bahnhöfe in der heutigen Republik Tschechien
Tafel mit Informationen und Bildern zu den Bahnhöfen Pardubice, Cheb, Teplice und Klatovy

langgezogenes Bahnhofsgebäude aus rotbraunem Material mit hohen Fensterfronten, links an der Wand hängt eine dekorative Bahnhofsuhr, im Vordergrund die Metallstatue eines Mannes in Militäruniform mit vor der Brust verschränkten Armen
Bahnhof Pardubice mit der Statue von Jan Perner, Juli 2024

zwischen zwei Bahnsteigen sind zwei Gleise zu sehen, auf einem steht ein blauer Zug, zwischen den Bahnsteigdächern blauer, leicht bewölkter Himmel, die Gleise ziehen von rechts unten nach links oben durchs Bild, das Bild wirkt so dynamisch, obwohl nichts wirklich in Bewegung ist
Brno hlavní nádraží, Juni 2023

Spannend fand ich die verschiedenen „Bauformen“, die für die porträtierten Bahnhöfe angegeben wurden. Leider ist die Klassifikation nicht ordentlich abgerenzt. Wikipedia unterscheidet Bahnhöfe nach verschiedenen Kriterien, die im Buch unter dem Überbegriff „Bauform“ miteinander vermischt werden. Die Unterscheidung nach Grundrissform ist vermutlich vielen Leser:innen bekannt:

  • Kopfbahnhof (alle hereinführenden Gleise enden im Bahnhof, die Züge können nur mit einem Fahrtrichtungswechsel den Bahnhof wieder verlassen)
  • Durchgangsbahnhof (die Hauptgleise verlaufen durch den Bahnhof, der Bahnhof kann von beiden Seiten angefahren und wieder verlassen werden)

Im Buch werden unter dem Label „Bauform“ noch folgende andere Begrifflichkeiten verwendet:

Durch die Weitung der Gleisanlagen kommt es gleichsam zu einer Insel, in deren Mitte das Bahnhofsgebäude steht.

Leider sind die Ungenauigkeiten bei den Klassifikationen nicht der einzige Kritikpunkt. Die Bilder sind im Buch durchgehend zu dunkel abgedruckt (in der Fachsprache: die Bilder saufen ab). Auf nahezu allen Bildern, wo Bahnhöfe von innen zu sehen sind, sind  auch bei genauerem Hinsehen keine Details zu erkennen.

Auf der positiven Seite möchte ich die schöne Gestaltung des Umschlags erwähnen, der Titel ist in Goldschrift aufgeprägt, darunter ist die schematische Ansicht einer Bahnhofshalle in dunkler Farbe auf dem anthrazitfarbenen Buchdeckel aufgeprägt. Die unterschiedlichen Materialien geben dem Buch ein sehr wertiges Gefühl.

In den Texten, die hauptsächlich sachlich die architektonischen Highlights oder die historischen Hintergründe der Bahnhöfe erläutern, verstecken sich hier und da augenzwinkernde Bemerkungen wie diese zu fehlenden Einkaufsmöglichkeiten im Bahnhof Ostrava-Vitkovice:

Entsprechend des in den damaligen kommunistischen Ländern gültigen Wirtschaftskonzeptes der 5-Jahrespläne, die privatem Konsum keinen Stellenwert einräumten, waren auch keine Geschäftsflächen vorgesehen, was eine Nüchternheit erzeugte, nach der man sich heute vielerorts sehnt.

Zum Abschluss habe ich auch noch einige architektonische Fachbegriffe mitgenommen:

Da die Ausstellung neben den Tafeln mit den Informationen zu den Bahnhöfen nur wenige Elemente (Schaukästen mit Büchern und Ansichtskarten, einen kurzen Film zu Stuttgart 21) enthielt, stellt das Buch eine ausführliche Dokumentation der Ausstellung dar. Ich fand darin außerdem reichlich Inspiration für zukünftige Reisepläne!

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English Erfahrungsbericht Memoir

Anna Marie Tendler – Men Have Called Her Crazy

CN: Misogynie, Sexismus, psychische Krankheit, Selbstverletzung, Anxiety, Gaslighting

Das Buch beschreibt die realen Erfahrungen einer Frau, die mit psychischen Erkrankungen kämpft. Dazu gehört auch die traumatische Erfahrung, von einer Betreuungsperson verletzt zu werden. Bitte entscheidet selbst, ob ihr euch dieses Buch (und diesen Post) gerade zumuten wollt und könnt.


Der Griff zu diesem eBook war wieder mal ein spontaner Entschluss nach unerwartetem Abschluss eines anderen Buchs (damit ist nicht der letzte Post gemeint). Hätte ich mir mehr Zeit genommen, um vorher herauszufinden, wovon dieses Buch handelt, hätte ich es vielleicht bleiben lassen. Dann hätte ich aber nicht nur auf die vielen Tiefpunkte der Autorin verzichtet, sondern auch auf die Hoffnung, die zwischen den Zeilen durchschimmert.

Die Autorin beschreibt ihren kurzen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik und reflektiert in Rückblenden, wie es dazu gekommen ist. Sie erzählt von quälender Angst, Selbstverletzung und der Schwierigkeit, andere Personen davon zu überzeugen, dass es ihr wirklich schlecht geht.

I’m forcing the outside world to confront a more honest – and probably scary – version of my mental state. Now, today, I no longer have to convince anyhone how bad I feel.

Von den Eltern wird sie lange nicht ernst genommen, ihre männlichen Partnerpersonen nutzen ihre Schwäche(n) aus. Sie fühlt sich gezwungen, ihre Partnerpersonen von ihrem Wert zu überzeugen und gibt ihre eigene Persönlichkeit auf, um geliebt zu werden. An manchen Stellen fand ich mich selbst in den Rückblenden wieder, andere Muster habe ich bei mir nahestehenden Personen beobachtet.

Während ihres Aufenthalts in der Klinik kommt es zum Bruch mit der bisherigen Therapeutin. Das letzte Gespräch zwischen Autorin und Therapeutin habe ich zwei Mal lesen müssen, weil ich einfach nicht glauben konnte, dass eine Person, deren Beruf es ist, psychisch kranke Personen zu betreuen, so etwas sagen würde. Es hat mir bewusst gemacht, dass natürlich gerade eine Person, bei der ein Mensch für lange Zeit sein Innerstes nach Außen gekehrt hat, auch genau weiß, wo die verletzlichen Punkte liegen. Genau das hat diese Therapeutin ausgenutzt. Ein Übergriff, ein Missbrauch, anders kann ich dieses Verhalten einfach nicht einsortieren.

Immer wieder kommt die Autorin auf ihre komplizierten Gefühle gegenüber männlichen Personen zu sprechen. Sie fühlt sich nicht wohl mit männlichen Ärzten, sie kämpft mit den Klischees, die Frauen mit psychischen Erkrankungen in der Medizin nach wie vor entgegen gebracht werden.

Centuries of conditioning has taught them, and us as a society, that when a woman expresses anger, paranoia, fear, anxiety, depression, or even intuition, they might be crazy.

Der Aufenthalt in der Klinik scheint ein entscheidender Wendepunkt in ihrem Leben gewesen zu sein. Neben einer neuen Perspektive auf sich selbst durch die Zusammenarbeit mit Ärzt:innen und anderen Betreuungspersonen erlebt sie die Kameradschaft mit den anderen Frauen in ihrer Betreuungseinheit als wichtiges solidarisches Element. Sie erkennt, dass es ein (besseres) Weiterleben geben kann, egal welch schlimme Dinge eine Frau auch erlebt haben mag.

Wäre dies ein Roman, würde ihn ein (eindeutig) hoffnungsvoller Ausblick abschließen. Die Autorin bleibt sich aber selbst treu und lässt durchblicken, dass es für die Selbstreflexion kein Ende gibt. Es bleibt ein Prozess, sich mit den Erfahrungen der Vergangenheit auseinander zu setzen und diese in ein anderes Licht zu rücken. Nur so können wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und Schritt für Schritt mehr zu uns selbst finden.

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English Roman

Fleur Jaeggy – Sweet Days of Discipline

CN: psychische Krankheit, Suizid, angedeuteter/möglicher Missbrauch von Schutzbefohlenen


Auf der Suche nach einer Geschichte, die mich nicht überfordern würde, scrollte ich wieder mal durch die Neuerwerbungen in der OverDrive eLibrary und wurde auf dieses Werk aufmerksam. Vor einiger Zeit waren dazu einige Artikel auf Lithub erschienen, unter anderem auch einer vom Designer des neuen Covers (das ich übrigens auch viel gelungener finde, als das, was mir mit dem eBook gezeigt wurde).

When you’re in boarding school you imagine how grand and fine the world is, and when you leave, you’d sometimes like to hear the sound of the school bell again.

Das Buch erzählt von einem Schweizer Mädcheninternat knapp nach dem Ende des 2. Weltkriegs. Töchter aus wohlhabenden Familien werden hier geparkt, um eine angemessene Ausbildung zu erhalten. Die namenlose Ich-Erzählerin schwelgt in den Erinnerungen an ihre Jugend, mäandert zwischen der Langeweile, dem Wunsch nach Freiheit und der Sicherheit, die das Leben in einem Internat mit sich bringt.

I liked German expressionism and the thought of the life, the crimes I hadn’t yet experienced.

Erst jetzt habe ich zur Autorin Fleur Jaeggy recherchiert, sie ist Schweizerin, hat das Buch ursprünglich (vermutlich) auf italienisch geschrieben. Auf ihrer Wikipedia-Seite springt mir der deutsche Titel Die seligen Jahre der Züchtigung entgegen. Das gibt mir ein vollkommen anderes Gefühl als der englischsprachige Titel Sweet Days of Discipline. Teilweise liegt es sicher an der Vertrautheit mit der Sprache, aber schon allein das Wort selig fühlt sich für mich deutlich stärker an, es hat eine religiöse, entrückte Komponente. Gleichzeitig erscheint mir auch Züchtigung als deutlich intensiveres Wort, es hat gewaltvolle Anklänge, ich denke an einen strengen Lehrer, der seinen Schüler:innen mit dem Lineal auf die Finger klopft. Dann sind es Jahre im deutschen Titel, Tage hingegen im englischen Titel. Wie es zu dieser Übersetzungsentscheidung kam, würde mich wirklich interessieren.

Die allgemeine Begeisterung für das Buch kann ich nicht teilen, ich wurde mit der Erzählerin einfach nicht warm. Ich fühlte mich erinnert an Ottessa Moshfegh – My Year of Rest and Relaxation, wo es mir ebenfalls so ging, dass ich mit der Protagonistin nichts anfangen konnte und den Hype um das Buch nicht verstand.

Das Ende hat mich in zweierlei Hinsicht überrascht.

  • Erstens, weil es sehr unerwartet kam, wie so oft folgten nach dem Ende der eigentlichen Geschichte noch unzählige andere Informationen (zur Autorin, zum Copyright und ein Haufen Werbung), die ganze neun Prozent des gesamten Buchs ausmachten. Ich wünschte wirklich, ich könnte im eBook-Reader vorab sehen, wo die eigentliche Geschichte endet.
  • Zweitens, weil das Ende aus einer unerwarteten Einsicht besteht, die die glorifizierte Zeit der jugendlichen Disziplinierung in ein neues Licht rückt.
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Roman

Valerie Springer – Ein paar Tage in einer fremden Stadt

CN: sexueller Missbrauch und Gewalt in der Familie, Unfalltod einer geliebten Person, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Sexismus


Er sah sein Leben, seine bisher verbrachten Jahrzehnte, plötzlich wie auf einem Computerbildschirm, aufgespalten in herunterfallende Tetris-Blöcke, die er verzweifelt und unter immer größerem Zeitdruck ineinander verschachteln musste. Wenn er es nicht schaffte, würde er verlieren. Würde er sich selbst verlieren, vollständig. Game over.

Wieder mal ein Buch aus der Kategorie Literatur-Geocache, irgendwie funktioniert meine Organisation da gerade am Besten. Das Buch erzählt auf zwei Zeitebenen vom Leben des Protagonisten Hubertus, dessen hervorstechende Eigenschaft ein absoluter Geruchssinn ist. Die Leser:in erfährt vom jugendlichen Hubertus, vom Vater gegängelt und unterdrückt, Hubertus unfähig, sich aufzulehnen, die ältere Schwester Sophia selbst Opfer des Vaters, die Mutter passiv und hauptsächlich darauf bedacht, die Fassade zu wahren („Man bewahrte Stillschweigen über die Abgründe der anderen.“). Erst die Liebe zum Lehrmädchen Lucy lässt Hubertus aufwachen und seine Haltung zum Leben hinterfragen.

Arbeit war seine Methode, um durchzuhalten. Es war dies die Methode vieler, vielleicht der meisten Menschen. Es war keine schlechte Methode, aber es gäbe auch andere.

20 Jahre später gibt Hubertus einem spontanen Impuls nach und fährt zu einem Vortrag nach Florenz. Dort lernt er Kalliope kennen, deren Geruch Hubertus an seine frühere Liebe Lucy erinnert. In Rückblenden erfährt die Leser:in von Lucys Schicksal und erlebt mit, wie Hubertus an seinen Lebensentscheidungen zu zweifeln beginnt. Er ist Geruchsforscher geworden, hat aber entschieden, im Privaten seinen Geruchsempfindungen nicht zu folgen und diese auszublenden oder sogar gezielt zu übertünchen. Dadurch hat er sich von der Welt quasi abgegrenzt, ohne dies überhaupt zu bemerken.

Die Begegnung mit Kalliope wühlt Hubertus auf und lässt ihn hinterfragen, ob er seine Kindheit und Jugend wirklich hinter sich gelassen hat. Ein Versuch, die Puzzleteile eines Lebens neu zusammenzusetzen, damit sie ein anderes Bild ergeben.