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Fantasy Roman

Eleanor Bardilac – Knochenblumen welken nicht

CN: sexuelle Belästigung (verbal), Gore (Sezieren von menschlichen Schädeln), Töten eines Tiers und Verspeisen seines Herzens (Flashback), Charaktertod, Blut, Gewalt

[Ich finde es sehr angenehm, die Content Notices aus dem Buch abschreiben zu können, die Autorin hat sie sogar kapitelweise aufgelistet. 💜]


Um mich wieder mehr ins Lesen zu bringen, griff ich zu einem Buch auf der „falschen“ Seite des Regals der ungelesenen Bücher. Es handelt sich um jene Bücher, die erst seit diesem Jahr im Regal stehen und damit nicht zu meiner Buch-Challenge #12in2025 zählen. Das Experiment hat jedoch gefruchtet und ich fühle mich wieder mehr im Fluss sowohl fürs Lesen als auch fürs Schreiben. Dieses Buch ist außerdem in den Leseempfehlungen enthalten, die ich im April 2014 gesammelt habe. Danke an dieser Stelle auch an das liebe Wesen, das mir drei Bücher aus seiner Sammlung geliehen hat, von denen nun nur noch zwei auf der „falschen“ Seite des Regals stehen.

Die Geschichte spielt in einer Fantasie-Welt, deren Gesellschaft von einer zunehmenden Spaltung zwischen magischen und nicht-magischen Wesen bestimmt ist. Zu Beginn wird die Protagonistin Aurelia als magisch entlarvt, was ihre Eltern durch Medikamente und Isolation zu verbergen versuchten. Aurelia landet nun im magischen Teil der Gesellschaft, wodurch ihr Weltbild zutiefst in Frage gestellt wird. Dadurch lernt auch die Leser:in mehr über das Wesen dieser Welt, ihre Regeln und Gebräuche, ihre Stärken und Schwächen. Dieses Worldbuilding erfordert Zeit und Raum; die Mordfälle, in die Aurelia als Zeugin verwickelt ist, werden lange Zeit in den Hintergrund gedrängt.

Was mir zuerst zu langsam vonstatten ging, wurde aber mit der Zeit zu einem äußerst angenehmen Gefühl. Aurelia lernt verschiedene Wesen der magiebegabten Welt kennen, darunter finden sich Repräsentationen, die in vielen anderen Romanen kaum vorkommen: Wesen mit Behinderungen (zum Beispiel mit einer Beinprothese aufgrund einer Kriegsverletzung), Wesen, die auf besondere Art kommunizieren (zum Beispiel Gebärdensprache), Wesen, die aufgrund ihrer speziellen Magiebegabung selbst in der Welt der Magie eher an den Rand gedrängt werden. Die Autorin lässt Aurelia in der Begegnung mit dieser unbekannten Welt ihre eigenen Werte und ihre eigenen Persönlichkeitszüge hinterfragen. In dieser Auseinandersetzung wächst sie an sich selbst, was sich am Ende des Buchs ganz deutlich in ihren Entscheidungen zeigt.

Schwäche zu zeigen hatte noch nie zu ihren Stärken gehört, und sie hasste es, dass sie sich nicht besser unter Kontrolle hatte, dass der Lärm und die Leute und die Weite der Stadt sie so verrückt machten, dass sie selbst hier unter anderen Magiebegabten nicht normal sein konnte.

Vermutlich aus aktuellem Anlass hatte ich sehr viel Spaß mit der Idee des magischen Hauses, das sich selbstständig an seine Bewohner:innen anpasst. Diese undefinierbare magische Präsenz mag gruselig erscheinen (Überwachung?), für Aurelia empfindet sie aber offensichtlich freundschaftliche Gefühle und steht ihr helfend zur Seite. Mehr gelesen hätte ich gern vom magischen Skelett-Affen und dem Geist, der in der Schlafzimmeruhr lebt. Diese Ideen wurden für mein Gefühl nur angerissen und hätten durchaus mehr Backstory bzw. eine Rolle in der Auflösung vertragen können.

Im Vergleich zum langsamen Aufbau der Geschichte erschien mir das Ende dann zu abrupt (als wäre der Autorin die Zeit ausgegangen). Dies bleibt jedoch ein verschmerzbarer Wermutstropfen an diesem sonst sehr gelungenen Stück Fantasy-Literatur. Die Idee einer Welt, in der viele Menschen versuchen, das Richtige zu tun, auch wenn es sich manchmal im Einzelnen extrem falsch anfühlt, liegt vielen Geschichten zugrunde, ich persönlich finde sie hier besonders gut umgesetzt.

Randnotiz: In Wien Penzing wird gerade eine genossenschaftlich organisierte Buchhandlung begründet. Es soll auch ein 3. Ort für die Gegend werden. Ich habe das Crowdfunding unterstützt, vielleicht ist das ja auch was für euch.

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Krimi Roman

Ursula Poznanski – Stimmen

CN: Mord, Gewalt, Blut, psychische Krankheit, Krankenhaus, Trauma, sexuelle Handlungen


Dieses Buch hatte ich mir schon lange für den Urlaub aufgehoben, am Strand wollte ich mich nicht konzentrieren, sondern einfach nur in eine Geschichte versinken. Zweiter Vorteil war, dass ich das Buch aus dem Bücherschrank hatte und somit auch einfach an meine Reisebegleitung weiterreichen konnte.

Der Kriminalfall, den Bea Kaspary und ihre Kollegen (sie ist die einzige Frau im Team und meint ständig, sich behaupten zu müssen) zu lösen haben, erweist sich als komplex und interessant gestaltet, hier sehe ich deutlich die Stärken von Autorin Ursula Poznanski (auch bereits in Saeculum). Genervt hat mich hingegen die eingewobene Romanze mit einem der bereits erwähnten Teamkollegen. Der Verlauf dieser Beziehung war dermaßen vorhersehbar inklusive des Endlich-Miteinander-Ins-Bett-Fallens als kathartischer Augenblick nach einem tätlichen Angriff auf Bea. Nicht zu vergessen die Verletzung an der Hüfte, die ihr zwar beim Anziehen einer Jeans Schmerzen bereitet, aber dann wie durch Zauberhand bei der Bettakrobatik nicht stört.

Meine Reisebegleitung beklagte außerdem, dass viele Erzählstränge unaufgelöst bleiben, sie hätte sich gewünscht, auch über die weiteren Geschichten der Nebenfiguren zu lesen. Dass es sich bei diesem Buch um den dritten Band einer Serie handelt, habe ich erst im Nachhinein herausgefunden. Gut für mich, jetzt muss ich mich gar nicht erst bemühen, mit dem ersten Band anzufangen … Da müsste schon ein entsprechender Geocache daher kommen, den ich aber aktuell aus Gründen nicht extra suchen werde.

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Krimi Roman

Volker Kutscher – Rath

CN: Nationalsozialismus, Gewalt, Folter, Konzentrationslager, Mord, Novemberprogrome, Antisemitismus, Ableismus, Zwangssterilisation


Deutschlands innere Feinde geben keine Ruhe, und auch der äußere Feind hebt immer wieder drohend sein Haupt und mahnt uns, wachsam zu sein. 

Lange Monate habe ich auf den letzten Roman der Rath-Reihe gewartet. Und ich kann nur sagen, dass Volker Kutscher einen großartigen Abschluss seiner Reihe abgeliefert hat. Bei diesem historischen Hintergrund kann es natürlich kein Happy End geben (wer die anderen Bücher kennt, wird hier kaum einen Spoiler sehen). Und doch bringt gerade das allerletzte Kapitel einen Handlungsstrang zwar nicht mit Gerechtigkeit zum Abschluss, aber zumindest mit Vergeltung.

Volker Kutscher lässt seine Protagonist:innen immer wieder fassungslos beobachten (oder erleben), wie im neuen Deutschland plötzlich keine Gesetze mehr zu gelten scheinen. Das beginnt bei Fritze, der nicht mitmachen will, als seine HJ-Schar einen jüdischen Fußballverein aufmischen soll.

Nicht gegen Wehrlose, nicht gegen Menschen, die überhaupt nichts verbrochen hatten. Gegen den inneren Feind gehe es, hatte Scharführer Kramer gesagt, aber wie konnte ein jüdischer Fußballverein, der sich an alle Gesetze hielt, der innere Feind sein?

Das betrifft aber auch Charly, die nach dem Verrat eines Kollegen in einem Straflager landet, wo sie anstatt eines Anwalts einen Peitschenhieb ins Gesicht erhält. Von höchster Stelle wird sie nach einigen Wochen nicht nur aus der Lagerhaft befreit sondern auch wieder als Kommissarin in der Weiblichen Kriminalpolizei beschäftigt. Eine sehr unerwartete Wendung.

Ja, er wollte zurück nach Hoboken, dort mit Marion und seinem Bruder endlich wieder leben, in einem freien Land mit Rede- und Pressefreiheit. In einem Land, wo niemand die Wahrheit als Lügenhetze oder Greuelpropaganda bezeichnete.

Gereons Bruder Severin ist ebenfalls wieder in Deutschland, um dem sterbenden Vater die letzte Ehre zu erweisen. Er wird aufgrund seiner Ähnlichkeit mit Gereon nach dem Begräbnis verhaftet, was jedoch erst aufgedeckt wird, als der einarmige Erzfeind Tornow Rath verhören will und sofort feststellt, dass es nicht der gesuchte Rath ist. Auch Severin ist fassungslos angesichts der Behandlung, die ihm als unbescholtenem, amerikanischem Staatsbürger zuteil wird. Seine Empörung wird ihm zum Verhängnis. Dass Severin sich nach den USA zurücksehnt, wo Rede- und Pressefreiheit gilt, hat angesichts der heutigen politischen Lage einen besonders bitteren Beigeschmack.

Auf der Uhlandstraße herrschte eine seltsame Stimmung. Die Geräuschkulisse war anders als sonst, und sie fragte sich, was da so anders war. Aus der Ferne Gejohle, scheppernde, klirrende Geräusche. Brandgeruch in der Luft. Die Stimmung, gerade noch lebensfroh in der Bar, hatte plötzlich etwas Apokalyptisches.

Das Buch endet mit der Reichskristallnacht den Novemberpogromen. (Ich lese gerade auf Wikipedia, dass der Begriff Reichskristallnacht als euphemistisch kritisiert wird, ich habe es in der Schule noch so gelernt.) In vielen kurzen Kapiteln wird beschrieben wie die Protagonist:innen, aber auch viele Nebenfiguren, die in diesem Buch eine Rolle spielten, diese dramatische Wendung der Weltgeschichte erleben. Hier wird noch ein anderer Aspekt deutlich, der sich ebenfalls in die Fassungslosigkeit angesichts des Erlebten einreiht: Die gleichgültige Reaktion der arischen Nachbarn angesichts der Gewalt gegen ihre jüdischen Mitbürger. („Die Lehmanns haben nicht aufgemacht.“)

Andreas Preusse hat in seinem Schreibgewitter ebenfalls eine Rezension zum Buch geschrieben, die ich erst jetzt gelesen habe. Seiner Bewertung und Argumentation stimme ich zu, er benennt viele Einzelheiten, die ich selbst besonders gelungen finde.

Die Tötung ist keine reine Rache-Szene á la Italo-Western, sondern ein Sinnbild der fortschreitenden Enthemmung, die von den Nazis auf gewöhnliche Bürger ausstrahlt.
(Andreas Preusse, Schreibgewitter)

Nicht zustimmen kann ich jedoch seinem Kritikpunkt, dass Gereon Rath in den letzten beiden Büchern in den Hintergrund getreten sei. Für mich war Charly schon seit dem Beginn der Reihe als Persönlichkeit gleich wichtig wie Gereon. Zuerst hat sie hauptsächlich sein Privatleben beeinflusst, aber in den späteren Romanen auch immer mehr in den Kriminalfällen mitgemischt. Da Gereon in die USA geflohen ist und für tot erklärt wurde, ist es nur folgerichtig, dass er sich nicht mehr offen in das Geschehen einmischen kann. Gereon hat sich lange gleichgültig gegenüber dem neuen Regime verhalten, während Charly von Anfang an dagegen war. Für mich war es total logisch, dass sie nicht aufgibt und bis zum Ende für die Menschlichkeit und gegen die unmenschliche Gewalt des Nationalsozialismus kämpft.

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Krimi Roman

Maria Masella – Blumen für die Toten

CN: Mord, Gewalt, Prostitution (vielleicht noch anderes, ich erinnere mich nicht mehr genau, sorry)


Ihr Blick durchbohrt mich. Sie hasst Leute, die ihre Machtstellung ausnutzen. Genau wie meine Mutter ist sie im Grunde ihres Herzens Anarchistin.

Der Start einer Krimi-Reihe angesiedelt in Genua, auf die ich im Zuge meiner Geocaching-Recherchen für die nächste Reise gestoßen bin. Für mich wird es aber auch das letzte Buch der Reihe sein, es hat mir leider nicht besonders gefallen. Verweise wie die Nutzung von Disketten verorten das Buch in einer anderen Zeit (die italienische Originalausgabe erschien 2005), mir haben die unkommentierte und unwidersprochene Wiedergabe von Alltagsrassismus und der chauvinistische Einschlag des Kommissars den letzten Rest an Interesse verdorben. Der Kriminalfall ist eine Anhäufung von Elementen (zB Pakete mit Hinweisen an den Ermittler, Nutzung der Blumensprache), die anderswo bereits interessanter eingesetzt worden sind. Das Ende kommt plötzlich, ohne wirklich etwas aufzulösen. Nicht meins.

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English Roman

Kate Mosse – The Taxidermist’s Daughter

CN: Unfall, Krankheit, Gedächtnisverlust, Konservieren toter Tiere, Mord


The belief that in death, beauty could be found. The belief that through the act of preservation, a new kind of life was promised. Immortal, perfect, brillant, in the face of the shifting and decaying world.

Nach meiner Meinung ist das nicht ihr bestes Werk, also genau genommen ziemlich schwach im Vergleich zu den anderen, die ich bisher gelesen habe. Mit Connie Gifford gibt es wieder eine starke weibliche Hauptfigur, die sich nicht von den im damaligen Großbritannien für Frauen geltenden ungeschriebenen Regeln aufhalten lässt. Trotz ihres Gedächtnisverlusts aufgrund eines Unfalls, den sie als Kind erlitten hat, kümmert sie sich um ihren Vater, hält dessen Werkstatt und Geschäft aufrecht und führt natürlich auch den Haushalt, wie es sich für eine Dame in ihrer Stellung gehört. Über der Bergung einer Leiche verliebt sie sich Hals über Kopf in Harry, der ihr bei dieser schweren Aufgabe zufällig zur Seite steht.

Der Plot um das lange zurückliegende Verbrechen, das zu Connies Unfall geführt hat, ist in weiten Teilen gut ausgeführt, weist aber in anderen Teilen deutliche Schwächen auf. Die dramatischen Wetterverhältnisse im letzten Teil der Geschichte dienen als eine Art Deus ex machina, um Täter:innen, Opfer und Bewesie verschwinden zu lassen, was wiederum den verbleibenden Mitwisser:innen ermöglicht, ihr Leben in einem Epilog glücklich weiterzuführen.

Ich empfehle Das verlorene Labyrinth.

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Krimi Roman

Fritz Lehner – Seestadt

CN: Mord, Gewalt, Geschwurbel


Ein wegen Totschlags verurteilter Mörder (ja, genau so meine ich das) wird mit Fußfessel auf Bewährung entlassen und fristet nun ein neues geregeltes Leben als „Aura-Chirurg“ im neuen Wiener Stadtviertel Seestadt. Kundschaft für seine Aura-Chirurgie findet er genug in der Bevölkerung des neuen Stadtteils, der sich angeblich über einem früheren Kriegsschauplatz befindet. Das Herumschneiden in der Aura seiner Patient:innen ist ihm jedoch bald nicht mehr genug. Der Fund eines Bajonetts kombiniert mit einer Idee für das perfekte Alibi gibt den Ausschlag zur neuen Mordserie, die die Seestadt erschüttern wird …

Viel Lokalkolorit, von dem ich sicher nach nur wenigen Besuchen (zB 2015) in der Seestadt nicht alles verstanden habe. Die Erzählung aus der Perspektive des Mörders lässt unter anderem die anderen zwielichtigen Gestalten der Geschichte normal wirken, geradeso als wären die Opfer die eigentlichen Fremdkörper in der Seestadt. Ein amüsanter Krimi für Menschen, die sowas mögen.

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English Krimi Roman

Louise Penny – A World of Curiosities

CN: Mord, Gewalt, Drogenmissbrauch, sexueller Missbrauch von Kindern, Prostitution, Vergewaltigung


Vielleicht der Beste aller Romane um Armand Gamache und die anderen Bewohner:innen von Three Pines. Der Titel ist eine Art Spitzname für ein Gemälde, das eigentlich The Paston Treasure heißt und tatsächlich im Norwich Castle Museum ausgestellt ist. In der Geschichte spielt eine Reproduktion des Gemäldes, das jedoch mit Hinweisen versehen ist, die Armand und seine Gefährt:innen erst Stück für Stück entschlüsseln können, eine wesentliche Rolle.

The engineer’s ring, a symbol of what could happen when mistakes were made, was now used to taunt Gamache with his own mistakes. And the deaths that resulted.

Der Bogen, der sich über dieses Buch spannt, könnte auch aus einer Staffel Criminal Minds stammen. Die Spannung, weil ständig unklar ist, wer eigentlich gefährlich ist oder es sein könnte, lässt die Leserin keine einzige Sekunde los. Und trotzdem hab ich den Mörder:die Mörderin erraten, bevor alles enthüllt wurde. Und auch in diesem Buch geht es noch näher an Armand Gamache heran: diesmal schleicht sich der Mörder:die Mörderin gleich direkt in seinen Kopf. Eine umwerfende Fortsetzung der großartigen Serie.

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Krimi Roman

Volker Kutscher – Olympia

CN: Dieser Roman spielt in Berlin in den Jahren 1936/37, zu einer Zeit, als die Macht der Nationalsozialisten ständig wuchs und die Verletzung von Menschenrechten immer mehr zum Alltag wurde. Dieses Buch enthält Erwähnungen und Beschreibungen von damals gängigen Praktiken wie zB rassistischen und ableistischen Beleidigungen, Gewalt gegen Andersdenkende, Folter, Holocaust und Konzentrationslagern. Wenn dieses Thema für euch schwierig ist, rate ich euch von dieser Romanreihe ab und spezifisch auch nochmal von diesem Buch, das für mein Gefühl das Level noch etwas höher schraubt als es in den früheren Büchern der Reihe bereits war.


Eine Kriegsfahne in einem Dorf des Friedens – auf solch eine Idee konnte auch nur die Wehrmacht kommen, dachte Rath.

Den historischen Hintergrund dieses Romans bilden die olympischen Spiele in Berlin im Jahr 1936. Während die Nationalsozialisten ihre (öffentlich sichtbaren) Aktivitäten zurückschrauben, um die ausländischen Besucher:innen nicht zu verschrecken, bietet das olympische Dorf für andere die Gelegenheit, sich unliebsamer Mitwisser (ausschließlich Männer) früherer Gewalttaten zu entledigen. Dabei tauchen Figuren aus früheren Büchern wieder auf, Fehler und Geheimnisse werden weiterhin nach Möglichkeit vertuscht und/oder zu erpresserischen Zwecken genutzt. Über all dem schwebt die wachsende Bedrohung durch die nationalsozialistische Ideologie. Wie so viele andere erliegt auch Kommissar Rath momentan dem Trugschluss, dass er als einfacher Befehlsempfänger nichts zu befürchten hätte. Gleichzeitig bieten die Olympischen Spiele für den jugendlichen Fritze die Gelegenheit, die nationalsozialistische Ideologie zu hinterfragen: für den Jungen, der den schwarzen US-Sportlern zujubelt, erschließt sich nicht, warum diese anders behandelt werden als beispielsweise die finnischen Sieger.

Manchmal frage ich mich, warum irgendein Mensch solche Bücher schreiben will, was dann weiter führt zu der Frage, warum so viele Menschen sie lesen. Und dann denke ich, dass es gerade jetzt wieder wichtig ist, aufzuzeigen, wie sich Faschismus langsam in eine Gesellschaft einschleicht. Und viele erst dann merken, dass die Demokratie in Gefahr ist, wenn es bereits zu spät ist.

Niemals vergessen.

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Roman

Martin Prinz – Der Räuber

CN dieses Buch: Mord
CN dieser Post: –


Ein Räuber sitzt umzingelt auf einem Berg. Noch ist ihm sein Platz, der finstere Wald, eine Insel. Kalt ist es in der Nacht und sternenklar. Die Straßen füllen sich langsam mit Transportern und Mannschaftswagen. Es ist eine Art von Krieg. […] Der Räuber lächelt, wenn er seinen Verfolgern aus der Finsternis zusieht. Ein Räuber kämpft immer an der Seite des Mondes. Er sitzt da und lächelt. Das ist auch Krieg. Jetzt sind wieder die anderen am Zug.

Fürs Erste reicht’s mir dann mit den Literatur-Geocaches. Dieses kurze Werk lässt sich zwar flüssig lesen, die Flucht des zum Mörder gewordenen Bankräubers Rettenbacher und seine Gedanken auf dieser Flucht ließen mich jedoch kalt. Das (Davon-)Laufen als Metapher für die Flüchtigkeit der Welt? Die Flucht als Spiel, bei dem sich der einsame Räuber immer wieder im Vorteil gegenüber den Hundertschaften der Polizei sieht, die ihn verfolgen? Hat bei mir nicht gezündet.

Er durfte nicht immer allein deshalb durch die Welt hetzen, damit sie im Stillstehen nicht zusammenbrach. Er wollte ihr zumindest manchmal ganz unbewegt zusehen, wie sie sich vor ihm in ängstlicher Hektik abmühte.

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Roman

Beate Maly – Tod am Semmering

CN dieses Buch: Mord, Gift, Waffe, Krankheit, Suizid, Krieg, Tod eines Kindes, Alkoholmissbrauch
CN dieser Post: –


Wieder mal eine Krimiserie, die mir über einen Geocache zugeflogen ist. Da wollte ich natürlich mit dem ersten Buch der Reihe anfangen und jetzt steht ein Geocaching-Ausflug auf den Semmering an … das hab ich jetzt davon.

Allerdings bin ich noch unsicher, ob ich die Reihe überhaupt weiter lesen möchte. Ja, sie ist total süß, die neugierige Protagonistin Ernestine Kirsch, Lehrerin im Ruhestand, die nicht mehr loslassen kann, wenn sie irgendwo ein Geheimnis auch nur wittert. Ja, ich hatte zwar einen vagen Verdacht, der auch in die richtige Richtung ging, aber ich hatte die Auflösung des Kriminalfalls nicht kommen sehen. Ja, es ist ein absolutes einfaches Lesevergnügen und für meinen Winterurlaub war es ausgezeichnet. Aber ob ich davon mehr lesen möchte, das weiß ich noch nicht. Vielleicht im nächsten Urlaub wieder.