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English Krimi Roman

Laura Lippman – Lady in the Lake

CN: Gewalt, Mord, sexuelle Handlungen, Drogenmissbrauch, Erwähnung von Schwangerschaftsabbruch und Fehlgeburt


Nach der heutigen Buchbesprechung folgt ein Bericht über meinen Besuch im Modellpark Berlin-Brandenburg.

The world kept telling her to look away, to pay no attention to an age-old system, in which men thrived and inconvenient women disappeared.

Ein Roman, der wie für eine Serienumsetzung geschrieben scheint (kein Wunder, dass AppleTV+ das schon gemacht hat). Das Setting in den 1960er-Jahren im US-amerikanischen Baltimore erlaubt ein Eintauchen in eine andere Zeit, sowohl modisch als auch mit dem Set-Design. Nachdem ich mir den Trailer angesehen habe, bin ich mir aber nicht mehr sicher, wieviel die Serie mit der Romanvorlage tatsächlich gemeinsam hat …

Das Buch beginnt mit der jüdischen Hausfrau Madeline Schwartz, die nach einem von vielen weiteren Abendessen, das sie für ihren Ehemann und spontan geladene Gäste ausrichtet, beschließt, ihren Ehemann zu verlassen. Im Buch wirkt das völlig gefühllos, wobei das auch zur Identität von Madeline (Maddie) zu passen scheint, die generell eher kalt und berechnend wirkt.

Als sie zufällig zur Zeugin in einem Mordfall wird, nutzt sie die Gelegenheit, um sich mit mehr oder weniger sauberen Winkelzügen in die Zeitungsredaktion des Star einzuschleusen. Dafür nutzt sie den guten Willen des Mordverdächtigen, der ihre Briefe beantwortet, die sie dann später nutzt, um daraus in der Zeitung Kapital zu schlagen.

In vieler Hinsicht wirkt Maddie wie eine hilflose Möchtegern-Ermittlerin, die Spuren nachläuft, um sich interessant, beliebt und wertgeschätzt zu machen. Dabei dreht sie sich die Situationen auch so hin, dass es für sie moralisch passt, auch dann, wenn sie dabei offensichtlich anderen schadet. Das macht sie zu einer wenig sympathischen Person, die die erhoffte Karriere über alles stellt.

Die Erzählstruktur des Buchs ist zu Anfang so, dass sich Kapitel aus der Perspektive von Maddie abwechseln mit Kapiteln, die aus der Perspektive von anderen Menschen geschrieben sind, die jeweils gerade mit Maddie Kontakt hatten. Dazwischen gestreut sind die Statements der titelgebenden Lady in the Lake: Eine schwarze junge Frau namens Cleo Sherwood, die zu Beginn als vermisst gilt und später zum Ziel Maddies weiterer Ermittlungen wird. Dabei scheucht Maddie nicht nur Cleos Familie und frühere Bekannte auf, sie bringt sich auch selbst in gefährliche Situationen.

Mich verwundert gerade sehr, wie massiv die nicht mal drei Minuten Trailer meinen Blick auf die Geschichte, die ich gerade gelesen habe, verändert haben. Natürlich ist so eine verdichtete Darstellung in einem Trailer nicht zu vergleichen mit der tatsächlichen Mini-Serie (oder der Buchvorlage), es scheint aber doch ein wesentlich größerer Fokus auf Cleo gelegt zu werden, die im Buch zwar zur Sprache kommt, im Trailer aber deutlich mehr Präsenz einnimmt. Dass das eBook jetzt mit dem Cover der Serie in der OverDrive eLibrary steht, gefällt mir auch nicht so wirklich. Ich hätte lieber das Original-Cover des Buchs dort gesehen.


Bei meinem letzten Berlin-Besuch kam es endlich dazu, dass wir den Modellpark Berlin-Brandenburg besichtigten. Entdeckt hatten wir den Park schon im August 2020, als wir die Feldbahn im FEZ besuchten. Dann hatte ich das Tab ewig lange offen, bis es irgendwann einem Crash zum Opfer fiel. Als ich nun erfreut feststellte, dass wir den Modellpark auch mit Hund besuchen können, gab es kein Halten mehr.

Detailaufnahme eines Modells, erkennbar an der gigantischen Pflanze, im Vordergrund sitzen Personen auf Bänken, sie schauen auf einen Teich, im Hintergrund sind zwei weiße Türme eines Schlosses auf einer Insel zu sehen
Modell von Schloss Pfaueninsel

Laut Webseite sind im Modellpark über 80 Modelle zu sehen, der aktuelle Lageplan enthält 66 Objekte, von denen manche aus mehreren einzelnen Modellen bestehen. Vor Ort konnten wir leider nicht alle sehen. Wo laut Lageplan ein Modell sein sollte, war teilweise nur eine Form im Rasen erahnbar, wo das Modell wohl zuvor gestanden hat (zum Beispiel das Zeiss Grossplanetarium). Da die Modelle alle der Witterung ausgesetzt sind, ist es logisch, dass viel Wartung nötig ist, das zeigt sich auch deutlich an manchen der vorhandenen Modelle. Oft sind Regenrinnen abgebrochen oder Teile des Dachs fehlen (ersichtlich zum Beispiel auf dem untenstehenden Foto des Modells der Zitadelle Spandau). Die Versuchung, Kleinteile als Souvenir mitzunehmen, war bei mir groß, ich konnte gerade noch widerstehen.

Detailaufnahme eines Modells, Haupteingang zu einem Gebäude aus Ziegeln in unterschiedlichen Rot- und Brauntönen, der Eingang hat eine Ziehbrücke und einen Weg dorthin, rundherum symbolisiert Schotter vermutlich eine Wasserfläche, über dem Eingang ein schmaler Balkon mit einem großen dekorativen Relief
Modell der Zitadelle Spandau

Die Modelle sind allesamt Gebäude, Wahrzeichen und Sehenswürdigkeiten aus Berlin und dem umliegenden Land Brandenburg. Den meisten Berlin-Besucher:innen dürften die Siegessäule, das Brandenburger Tor und die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ein Begriff sein. Spannender für uns war als Foto Opportunity allerdings das Modell des Frankfurter Tors bzw. der Karl-Marx-Allee, da der Fotograf in der Gegend wohnt. Dem Fotografen fiel außerdem auf, was nicht im Modellpark zu sehen war: ein Modell des Fernsehturms am Alexanderplatz.

Modell des Frankfurter Tors, zwei Gebäude mit Türmen im Vordergrund, in der Mitte zwischen den Türmen steht eine Person, die Türme überragen gerade die Person, neben der Person sitzt ein schwarzbrauner Hund, der Hund schaut hinauf zur Person, die Person hat das Gesicht dem Hund zugewandt und die Hände vor den Hüften verschränkt
Modell des Frankfurter Tors
Überblick über eine Modellanlage, im Vordergrund ein Teich mit rosa blühenden Seerosen, im Hintergrund ein Schloss umgeben von einem Park
Modell von Schloss Rheinsberg

Viele (eigentlich alle?) der Modelle aus dem Land Brandenburg waren mir allerdings komplett unbekannt. Dabei sind einige Schlösser wie zum Beispiel das Schloss Rheinsberg, neben dessen Modell ein Teich mit Seerosen angelegt ist oder das Schloss Oranienburg mit Orangerie. Hier sind Rosenbüsche neben den Gebäuden gepflanzt, zentral ist das Eingangsportal zum Schlossgarten, das ich gleich aus mehreren Perspektiven fotografiert habe, wie auf den nächsten beiden Fotos zu sehen ist.

Detailaufnahme eines Modells, Haupteingang zum Schlosspark, ein Metalltor zwischen zwei Säulen, die ausschweifend dekoriert und von zwei weiblich anmutenden Statuen gekrönt sind, hinter dem Tor ist ein blühender Rosenbusch und ein weißes Gebäude mit Ziegeldach zu erahnen, im Vordergrund zeigen hohe Gräser, dass es sich eben um ein Modell handelt, sonst wäre beinahe eine Verwechslung möglich
Modell Schloss Oranienburg, Haupteingang zum Schlosspark
Detailaufnahme eines Modells, Haupteingang zum Schlosspark, ein Metalltor zwischen zwei Säulen, hinter dem Tor steht ein schwarzbrauner Hund, seine Zunge hängt heraus und er schaut aufmerksam in die Kamera, der Hund wirkt gigantisch im Vergleich zum Modell, es sieht aus, als würde der Hund das Tor überragen
Modell Schloss Oranienburg, Haupteingang zum Schlosspark

Als Modellbahn-begeisterte Person hatte ich natürlich besondere Freude mit den bewegten Modellen im Park. Ein ICE durchfährt eine Landschaft mit mehreren Modellen, ein älteres Zugmodell ist zwischen Modellen aus der Gegend Zehdenick, Dannenwalde und Fürstenberg, Bredereiche unterwegs. Leider konnte ich von den einzelnen Modellen in diesen Bereichen keine Beschreibungen finden, im Lageplan sind sie nur als Gruppe verzeichnet. Vor Ort waren neben den Modellen Beschreibungstafeln angebracht (die meisten davon durch die Sonne sehr ausgebleicht und oft nicht eindeutig den Modellen zuzuordnen), leider hab ich mich darauf verlassen, das alles nachträglich recherchieren zu können, was leider nicht funktioniert.

Alt-Text für Video: Bild aus der Bodenperspektive, links und rechts ein Gebäude, dazwischen schlängelt sich eine rote Modellbahn durchs Bild, sie besteht aus einer Lokomotive, einem Frachtwaggon und einem Waggon, in dem blau gekleidete Personen sitzen

Exkurs: Ich versuche noch, die Videos ordentlich mit Alt-Text einzubinden, auf die Schnelle habe ich das gerade leider nicht geschafft.

Alt-Text für Video: Modell einer U-Bahn-Strecke mit zwei Gleisen, zuerst fährt auf dem rechten Gleis ein Wagen aus einem Tunnel auf die Kamera zu, kurz darauf auf dem linken Gleis wiederum ein einzelner Wagen, dieser auf dem linken Gleis scheint sich gefährlich zur Seite zu neigen, das Gleis fällt auf einer Seite etwas ab.

Als wir beim Frühstück den Tagesablauf planten, meinte der Fotograf noch, wir würden wohl eh nicht so lange im Modellpark sein. Da hat er sich natürlich getäuscht, wir haben sicher über drei Stunden dort verbracht, obwohl alle Modelle in der Sonne liegen und es trotz der moderaten Temperaturen in der Sonne ganz schön heiß war. Gegen Ende unseres Rundgangs waren wir alle drei schön durch erhitzt.

vor dem Modell eines Rathauses, ein Ziegelbau mit vielen dekorierten Fenster inkl. einem Rosettenglasfenster und einem spitzen Turm darauf (es wirkt beinahe wie eine Kirche) liegt ein schwarzbrauner Hund, die Ohren reichen bis zum ersten Stock hinaus, die Zunge hängt aus dem Mund, der Hund liegt im Schatten des Modells, von rechts oben scheint deutlich sichtbar die Sonne ins Bild
Modell des Rathauses Berlin Lichtenberg
Modell eines Ziegelgebäudes mit hohen runden Fenstern und einem Türmchen, links dahinter ein Teich mit darin wachsendem Schilf
Modell „Altes Wasserwerk Friedrichshagen“
Überblicksaufnahme eines Modells, das eine Kathedrale darstellt, die Kirche wird von seitlich hinten betrachtet, also der Altarraum mit einem eigenen Glockenturm steht im Vordergrund, das Haupteingangsportal ist von der Position des Fotos aus nicht zu sehen, die Kirche besteht aus einem gigantischen Mittelschiff mit einer seitlichen 8-eckigen Kapelle, dem Altarraum und dem großen Glockenturm über dem Eingangsportal
Modell der Klosterkirche Neuzelle

Der Modellpark ist liebevoll gestaltet und betreut, es gibt Spielmöglichkeiten für Kinder, viele – auch schattige – Sitzgelegenheiten, einen Miet-Trolley (um kleinere Kinder durch den Park zu transportieren), einen Souvenir-Shop und auch fürs leibliche Wohl wird gesorgt. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass es für die Besucher:innen nur eine öffentliche Toilette außerhalb des Modellparks gibt. Für die sind 50 Cent Gebühr fällig. Besucher:innen des Modellparks können einen Chip bekommen, um die Toilette gratis zu nutzen, das ist jedoch nicht sehr transparent kommuniziert. Da wäre es schön, wenn es im Modellpark wenigstens ein Öklo oder sowas gäbe. Die Eintrittspreise sind sehr moderat (aktuell Erwachsene: 5,50€, Kinder bis 6 Jahre frei, Kinder von 7 bis 18 Jahre: 2,50€, es gibt noch weitere Ermäßigungen für bestimmte Personengruppen). Die Anreise kann sich je nachdem, von wo in Berlin ihr herkommen wollt, etwas mühsam gestalten, ist es aber in meinen Augen auf jeden Fall wert. Wenn ihr euch irgendwie für Modellbau interessiert (oder einfach nur ein paar lustige Fotos machen wollt), kann ich den Modellpark wärmstens empfehlen.

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Bildband Sachbuch

Maria-Andrea Riedler – Das alte Stockerau

CN: –


Kürzlich habe ich selbst einen Geocache versteckt und veröffentlicht, es soll der Start einer neuen Reihe werden. Im Zuge dessen kommt es hier erstmals zu einer umgekehrten Verknüpfung meiner beiden Hobbies Lesen und Geocaching: Ich habe mir Bücher ausgeliehen, um für zukünftige Geocaches meiner Reihe zu recherchieren. Dabei verschlug es mich in eine Abteilung der Hauptbücherei, deren Existenz mir nicht mal bewusst war: es gibt Abteilungen mit Büchern zu allen Bundesländern Österreichs und in der Abteilung zu Niederösterreich fand ich neben vielen Büchern über die Wachau und andere bekannte Gegenden tatsächlich auch zwei Bücher über meine Heimatstadt Stockerau. Mit dem ersten befassen wir uns in diesem Post.

das Konvikt in Stockerau, ein gelbes Haus mit weißen Verzierungen, rechts halten zwei Hände ein Buch ins Bild, auf dem dasselbe Gebäude zu sehen ist
Das Konvikt in Stockerau, zwischen 1894 und 1896 als Schülerheim errichtet, heute als Internatsgebäude für die Berufsschule für KFZ-Technik genutzt.

Das Buch besteht hauptsächlich aus alten Stadtansichten, die damals als Ansichtskarten produziert wurden. Jedes Bild ist mit einem kurzen Text versehen, am Anfang des Buchs befindet sich ein Geleitwort des zum Zeitpunkt der Erscheinung (2016) amtierenden Bürgermeisters Helmut Laab und eine Chronik mit wichtigen Daten der Stadt. Das Geleitwort möchte ich deshalb erwähnen, weil ich durch weiterführende Recherche eine bei mir seit ewig falsch abgespeicherte Information korrigieren konnte: Der Stockerauer Kirchturm ist tatsächlich der höchste von Niederösterreich (Platz 9 in der Liste der höchsten Sakralgebäude Österreichs, ich hatte immer gedacht, es wäre der Zweithöchste) und Mariazell liegt in der Steiermark.

Stadtansicht von Stockerau mit zwei Kirchtürmen und einem markanten Gebäude mit Kuppel am rechten Bildrand, im Vordergrund ein Buch, das eine alte Ansicht desselben Orts zeigt, auf dem diese drei Gebäude erkennbar sind
Stockerau, Kreuzung von Hauptstraße, Stögergasse und Grafendorferstraße, heute geregelt als Kreisverkehr mit einem Brunnen in der Mitte

Der Kirchturm ist tatsächlich ein weithin sichtbares Gebäude, das viele Stadtpanoramen entscheidend prägt (damals wie heute). Die Ansicht von der Eduard-Rösch-Straße aus mit den beiden Kirchtürmen und dem markanten Gebäude, das in meiner Jugend noch das Café Wimmer war und heute einen Optikfachbetrieb beherbergt, ist heute wieder etwas näher an die Ansicht von damals gerückt. Seit 2020 regelt hier ein Kreisverkehr statt einer Ampel den Verkehr, was unter anderem deshalb interessant ist, weil es sich um die „älteste Ampelregelung Niederösterreichs“ gehandelt haben soll (eindeutige Belege dafür konnte ich nicht auftreiben).

Es gibt aber auch viele andere Gebäude, die schon mehr als 100 Jahre bestehen. Zusammen mit dem Fotografen habe ich bereits einige dieser Gebäude besucht und deren heutige Ansicht mit der im Buch dargestellten verglichen. Der Fotograf machte mich außerdem darauf aufmerksam, dass die im Buch abgebildeten Ansichtskarten großteils wohl hand-coloriert sind, also eine Schwarz-Weiß-Fotografie, auf die nachher Farbe aufgemalt wurde. Im Zuge weiterführender Recherche hat der Fotograf dann die Ansichtskarten-Datenbank der Österreichischen Nationalbibliothek gefunden, die auch Material zu Stockerau enthält.

Jahn-Turnhalle, erbaut 1884, davor halten zwei Hände ein Buch ins Bild, auf dem dasselbe Gebäude zu sehen ist
Automobilmuseum Stockerau, erbaut 1884 als Jahn-Turnhalle

Andere interessante Erkenntnisse:

alte Ansichtskarte mit einem Stadtpanorama von Stockerau mit dem Turm der Stadtpfarrkirche, im Vordergrund die Häuserzeile der Pampichlerstraße
Panorama mit Pfarrkirche, Stockerau, 275m Seehöhe, N.-O e., Pampichlerstraße Quelle: Österreichische Nationalbibliothek http://data.onb.ac.at/AKON/AK046_248
  • Stockerau hat eine Vergangenheit als Industriestadt, die Maschinenfabrik Heid war mir schon in meiner Kindheit ein Begriff. Einen Überblick über diese Industrievergangenheit bietet unter anderem der Adventure Lab Cache Industriestadt Stockerau.
  • Die heutige evangelische Pfarrkirche war zu Beginn eine Synagoge. „1938 wurde die Synagoge der evangelischen Gemeinde zur Religionsausübung zugewiesen, entsprechend umgestaltet und in Lutherkirche umbenannt.“
eckiges Kirchengebäude mit Turm in der Mitte, über dem Haupteingang ein großes Holzkreuz, links vor der Kirche steht ein Straßenschild mit dem Namen „Friedensplatz“ in mehreren Sprachen
Lutherkirche in Stockerau, erbaut ursprünglich als Synagoge
  • Auf allen Bildern von Straßen und Plätzen in der Stadt fällt eines deutlich ins Auge: keine Autos! Auf einem Bild des Sparkassaplatzes gehen kreuz und quer Menschen spazieren, eine Aufteilung in Straße/Parkplätze/Fußgänger:innenwege gibt es nicht. Dasselbe gilt für die Aufnahmen vom Rathausplatz (der heute hauptsächlich als Parkplatz genutzt wird). Nur einzelne Pferdefuhrwerke sind auf den Bildern zu sehen.
alte Postkartenansicht, Rathautplatz in Stockerau mit Dreifaltigkeitssäule, heute ist dieser Platz ein Parkplatz, damals kein einziges Auto zu sehen
Rathaus mit Dreifaltigkeitssäule, Stockerau, N.-Oe. Quelle: Österreichische Nationalbibliothek http://data.onb.ac.at/AKON/AK021_121
  • Auf einem Bild ist deutlich ersichtlich, dass Stockerau 1913 einen schiffbaren Donauarm hatte. Es gab in Stockerau einen Donauhafen direkt neben dem heutigen Bahnhof! Ein Bild aus dem Jahr 1930 zeigt die heute an den Eisenbahngleisen endende Brücke (die Gleise dürften damals nicht über Stockerau hinaus geführt haben) mit einem Mauthäuschen.

Brücke mit Bögen links und rechts, die Brücke endet an Eisenbahngleisen, im Hintergrund ist der Kirchturm von Stockerau zu sehen, vorne hält eine Hand ein Buch in das Bild, in dem zwei alte Ansichten der Brücke zu sehen sind

Das zweite Buch zu Stockerau beschäftigt sich mit dem Zeitraum 1930–1960. Bin schon gespannt, ob es mich auch so lange beschäftigt wie dieses.

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Roman

Rosa Liksom – Abteil Nr. 6

CN: Alkoholmissbrauch, sexuelle Belästigung, Rassismus, Prostitution


Letzte Woche ergab sich eine Gelegenheit zu einem kurzen Abstecher in die Hauptbücherei. Mangels Vorbereitung suchte ich in meiner Liste an Literaturgeocaches so lange, bis ich zwei Bücher gefunden hatte, die aktuell in der Hauptbücherei verfügbar waren.

Dieses Buch las ich gleich am nächsten Abend in einem Rutsch zu Ende. In einem Zug der transsibirischen Eisenbahn teilen sich eine namenlose junge Frau und ein namenloser Mann ein Zugabteil. Während der Mann immer wieder mehr oder weniger unangenehme Geschichten aus seinem Leben erzählt, erfährt die Leser:in über die junge Frau beinahe nichts. Nur schemenhafte Rückblenden geben Einblicke in ihr Leben in der Zeit vor der Abfahrt des Zuges.

Obwohl sich der Mann teilweise extremst ekelhaft verhält und die junge Frau auch belästigt, nutzen die beiden die Pausen des Zuges in den größeren Bahnhöfen für gemeinsame Ausflüge. Die junge Frau scheint nicht zu wissen, was sie mit sich allein anfangen soll. Sie lässt sich ziellos treiben, scheinbar ohne eigenen Willen. Bis zum Schluss erfährt die Leser:in nicht, warum sie sich eigentlich auf dieser Reise befindet, die im Buch im mongolischen Ulan-Bator endet (das eigentlich nicht auf der Strecke der transsibirischen Eisenbahn Eisenbahn liegt).

Der Schluss bietet eine Art Ausblick, aber keine Auflösung. Da es sich hier aber irgendwie um ein Road Movie im Zug handelt und die Beschreibungen der abgelegenen Gegenden sehr spannend sind, fühlte ich mich ausgezeichnet unterhalten.

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Roman

Vicki Baum – Vor Rehen wird gewarnt

CN dieses Buch: Tod, Sterben, Krankheit, Feuer, Mordversuch
CN dieser Post: –


[…] Übrigens ist niemand ganz normal, und was heißt das überhaupt: normal sein? Normalität ist ein willkürlicher Begriff, und wir wissen weniger davon als über die Entfernung zwischen den Planeten oder die Abweichung der Lichtstrahlen. Normalität lässt sich nicht abmessen, weil sie nichts Absolutes ist, sondern nur eine Konvention.

Gute Zitate über den (von mir verhassten) Begriff Normalität finden sich an den überraschendsten Stellen. In diesem Zitat sticht für mich hervor, dass Normalität nichts Absolutes ist. Was als normal verstanden wird, hat sich über die Zeit immer wieder verändert. Es geht hier nur darum, was als Mehrheitsmeinung oder Mehrheitshandlung in der Gesellschaft angesehen wird.

Davon lässt sich schon überleiten zu dem, was ich an diesem Roman so erstaunlich finde: Obwohl die Erstveröffentlichung bereits über 70 Jahre zurück liegt (1951), fühlt sich der Roman erstaunlich aktuell an. Obwohl es an Rollenklischees der beschriebenen Epoche nicht mangelt, werden diese nicht ausgeschlachtet, sondern auf einer subtilen Ebene zwischen den Zeilen in Frage gestellt. Schon allein die Hauptfigur Ann Ambros, die vor keiner hinterhältigen Aktion zurückscheut, um ihre persönlichen Ziele zu verfolgen, ist ein sehr spezieller Frauentyp, der mit den Konventionen (der sogenannten Normalität) der damaligen Zeit bricht. Neben ihr stechen auch andere Frauenfiguren deutlich heraus: Stieftochter Joy, die sich schließlich durch einen gewalttätigen Kraftakt aus ihrer verzweifelten Lage zu befreien versucht oder Pianistin Mausi, die ihr Leben der Kunst widmet und sich mit Ann verbündet, um ihrerseits ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Wieder mal ein Buch, das mir über einen Literatur-Geocache zugeflogen ist. (Ausnahmsweise erlaube ich mir hier, den auch zu verlinken, weil der Titel des Geocaches ohnehin schon den Titel des Buches verrät.) Das Final liegt innerhalb des Wiener Zentralfriedhofs, auf dessen Besuch ich mich schon seit Längerem wieder freue.


Blick in die Ausstellung Hot Questions. Cold Storage. Links eine rote Wand, auf der Texte und Bilder zu sehen sind, mittig sind die hinteren Bereiche der Ausstellung in Blautönen zu sehen, rechts ein orangefarbenes Regal mit verschiedenen Architekturmodellen in Glaskästen

Als wir letztens für die Ausstellung Serious Fun. Architektur und Spiele im Architekturzentrum Wien waren, haben wir uns dann auch noch die neue Schausammlung Hot Questions. Cold Storage. angesehen. Die farbliche Gestaltung und die inhaltliche Einteilung in sieben Fragen hat mich sehr an die Aufmachung der Foodprints-Ausstellung im Technischen Museum Wien erinnert. Vielleicht ist das gerade ein Trend in der Ausstellungslandschaft?

Ausstellungsraum, links eine Art Tunnel aus blauen und violetten Wänden, in die Wand ist eine Wasserinstallation mit sichtbaren Blasen eingebaut, rechts Blick in die hinteren Bereiche der Ausstellung

Die „heißen Fragen“ aus dem Titel der Ausstellung bewegen sich in den Bereichen „Wie entsteht Architektur?“, „Wie wollen wir leben?“ und „Wer macht Stadt?“. Diesen Fragen wird nicht „linear und enzyklopädisch, sondern fragmentarisch mit Lücken und Brüchen“ nachgegangen. Die Sammlung will damit Zukunftsszenarien in den Vordergrund rücken und anhand der Fülle von Wissensbeständen im Depot Lösungsansätze aufzeigen.

Erwartungsgemäß sind viele Architekturmodelle zu sehen. Ein großer Teil stellt Stadtarchitektur dar, also zB Gemeindebauten und Stadtteile, die bewusst umgestaltet wurden, um den Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen. Gefallen haben mir aber auch die aus Lego gebauten Modelle von den Prachtbauten der Wiener Ringstraße (zB Parlament und Staatsoper). Besonderen Spaß hatte ich am Holzmodell einer Sommertheaterbühne, die dicht in einen Stadtteil hinein gebaut ist. Ich hatte sie sofort erkannt als die Bühne des Sommertheaters in Haag.

Besonders interessant fand ich auch den Vergleich von Bodenprofilen von Walter Fitz. In zwei nebeneinander stehenden Glaskästen kann versiegelter Stadtboden mit einem landwirtschaftlichen Bodenprofil verglichen werden, der Unterschied ist enorm. Diese Visualisierung des immer wieder in den Medien zu hörenden Begriffs Bodenversiegelung fand ich sehr einleuchtend. Ausstellungsdisplay in einer Nische mit halbkreisförmigem Fenster darüber, vor einem roten Vorhang ist ein Architekturmodell eines Wiener Gasometers und daneben ein Vergleich von Bodenprofilen zu sehenIm hinteren Bereich der Ausstellung wird von der Vergangenheit in die Zukunft geblickt. Mit einem Rückblick auf die durch das Jahr 1968 eingeleitete Umweltdebatte und die darauf basierend entstandenen Utopien wird übergeleitet zu Innovationen, die uns heute im Bezug auf die Klimakrise beschäftigen. Ein bewegtes Exponat stellt dabei das Objekt Splitterwerk von Mark Blaschitz, Edith Hemmrich und Josef Roschitz dar:

In vertikalen Sonnenkonversionslamellen aus Glas, die mit wässrigem Nährmedium gefüllt sind, entsteht in der SolarLeaf-Lamelle aus CO2 und Sonnenlicht Algen-Biomasse; gleichzeitig wird ein solarthermischer Effekt erzielt, da die Sonnenstrahlung das wässrige Medium erwärmt. Beide Energieträger werden über ein Kreislaufsystem in die Technikzentrale des Gebäudes geleitet und dort über einen Wärmetauscher bzw. einen Algenabscheider entnommen.

Projekt Splitterwerk, Sonnenkonversionslamellen aus Glas, darin eine grün gefärbte Flüssigkeit, in regelmäßigen Abständen steigen aus dem unteren Bereich Luftblasen nach oben aufEin hellblau gestalteter Bereich ganz hinten im Raum beschäftigt sich mit Architektur im Bildungsbereich. Die Anerkennung der Kindheit als autonomer Lebensabschnitt im ausgehenden 18. Jahrhundert erforderte die Entwicklung von spezifischen Räumen in Bautypologien wie Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und Waisenhäusern. In architektonischen Veränderungen drückten sich auch soziale Öffnungsprozesse aus. Gerade in der Gestaltung von öffentlichen Gebäuden wie Schulen wurden immer wieder Innovationsschübe und gesellschaftliche Entwicklungen deutlich. Dies wird in mehreren Displays, die sich mit Schularchitektur beschäftigen, nachvollzogen.

Unten das Modell eines Schulgebäudes, darüber Schwarz-Weiß-Fotos von Schulgebäuden aus unterschiedlichen Epochen an einer hellblau gefärbten Wand

Das Fragmentarische der Ausstellung war mir bereits beim Durchgehen aufgefallen, meine Begleitung und ich waren uns jedoch beide nicht sicher, welche Funktion im Rahmen der Wissensvermittlung diese Ausstellung von einzelnen Aspekten ohne sichtbaren Zusammenhang erfüllen soll. Generell haben mir aber beide Ausstellungen im Architekturzentrum Wien trotz einiger Kritikpunkte gut gefallen. Den Sinn-Hintergrund des Objekts auf dem abschließenden Foto habe ich leider nicht notiert, der Grenzstein hat mir einfach gefallen.

Grenzstein auf einer Steinplattform mit der Aufschrift „Grenzzone – In Stein gemeißelt“

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Kurzgeschichten Reise

Kristian Detlev Jensen – Von japanischen Brotbüchsen

Kasper lebt in Nyborg. Er hat mir mal die Schule gezeigt, wo Saybia übte, bevor die Band von einem Tag auf den anderen ihren Durchbruch hatte. Ich habe es sofort im Ohr. Dieses Vermissen wie bei einem Abschied auf einem Bahnhof. „I stay to watch you fade away“.

Ich hatte es auch sofort im Ohr. Das vorliegende Buch ist eine Sammlung von Reisereportagen, die der Autor für ein dänisches Zugmagazin geschrieben hat, ich vermute, man kann es mit dem österreichischen VOR-Magazin vergleichen (indem ich jedoch noch nie ähnlich schöne Reportagen gefunden hätte). Ich erinnere mich noch, dass mich der Titel angesprochen hatte, dass ich damals vermutlich gerade Reiselust empfunden habe (wie sie mich oft beim Lesen von Reisereportagen überkommt). Dass dann bereits in der ersten Geschichte eine Band vorkommen würde, die auch in meiner Vergangenheit eine große Rolle spielte, die ich monatelang für mich allein hatte, weil sie nicht mal in der österreichischen Alternative-Szene ankam, konnte ich nicht erwarten. Dazu gibt es eine interessante Geschichte: Saybia (der genannte Song übrigens The Second You Sleep) traten beim Forestglade Festival in Wiesen 2003 auf. Sie waren eine der ersten Bands, die spielten, der bereits anwesende Teil der Besucher war damit beschäftigt, sich für die weiteren Acts mit Bier zu stärken. Ich stand relativ einsam in der ersten Reihe direkt vor der Band. Einer der traurigsten Gigs, die ich je erlebt habe, obwohl sie trotzdem mit Engagement spielten. Atmosphäre ist halt schon wichtig bei so einem Konzert.

Einen Teil der Zuggeschichten habe ich tatsächlich im Zug gelesen (total meta), bin ja selbst öfter auf der Schiene unterwegs, obwohl in dieser Zeit gerade keine Langstreckenfahrt dabei war (meine Langstrecken beschränken sich auch meist auf Wien-Salzburg oder Wien-Klagenfurt). Der Autor schreibt so inspirierend, dass man selbst Lust bekommt, aus dem Fenster zu schauen und zu notieren, was man sieht und denkt, nur könnte man gleichzeitig nicht weiterlesen und das wäre dann auch wieder schade.

Er beschreibt auch Begegnungen im Zug, was mich sofort an die seltsame Frau erinnerte, die mich letztens im Zug nach Salzburg heimsuchte. Ich sitze eigentlich lieber im Großraumwagen, um genau diesen Zwangsgesprächen aus dem Weg zu gehen. Diesmal hatte ich jedoch eine Reservierung für ein Abteil bekommen und erfreute mich gerade an der Positivität, dass der Hund herumlaufen und sich unter der Bank verstecken kann, als diese Frau zustieg und praktisch sofort ihre ganze Lebensgeschichte ausbreitete. Sie war unterwegs zu ihrer kranken Mutter nach Italien, die wegen einer Hüftverletzung operiert werden musste und es dauerte keine 20 Minuten, da breitete sie ihre persönlichen Überlegungen zur Sterbehilfe vor mir aus …

Natürlich trifft auch hier wie bei den meisten Reisereportagen die Tatsache zu, dass die Reise im Allgemeinen beschönigt wird. Bei meiner gerade selbst absolvierten Reise (im Großen und Ganzen recht schön), traten immer wieder kleine Ärgernisse auf, die je nach Größe und Relevanz mehr oder weniger die Stimmung trüben (wir durften in Triest mit unserem Hund inkl. Maulkorb nicht im öffentlichen Bus fahren – WTF?). Solche Episoden kommen niemals in den Reisereportagen vor, es wird immer alles total schön geredet und selbst das nicht ganz so Angenehme wird beschönigt und als „Selbsterfahrung“ verkauft (siehe Klosterfasten … don’t get me started …). Andererseits machen die Reisejournalisten zweifellos nur ihren Job, sie sollen ja Reiselust verkaufen. Also darf man sich wohl nicht so mitreißen lassen. Oder man muss sich ausreichend auf die Reise vorbereiten und einen Assistenten zuhause haben, der einen bei Schwierigkeiten schnell aus der Patsche telefoniert ;-) Eine inspirierende Sammlung von Reisereportagen, die Lust darauf macht, unterwegs zu sein.