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English Jugend Roman

Genzaburo Yoshino – How Do You Live?

CN dieses Buch: Tod eines Elternteils, Mobbing, Armut
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We have the power to decide on our own who we will be. Therefore, we will make mistakes. However –
We have the power to decide on our own who we will be. Therefore, we can also recover from mistakes.

Der Fotograf hatte ein Lokal für das Mittagessen vorgeschlagen, drei Türen weiter befand sich der English Book Store Love Story of Berlin, den Rest könnt ihr euch dazu denken, oder? Schweren Herzens habe ich mich entschlossen, nur ein Buch zu kaufen (ja, ok, das andere, das in der engeren Auswahl war, hab ich dann woanders gekauft, dazu später mehr …). Dieses war in einer Ecke in Szene gesetzt und mit einer speziellen Empfehlung des Personals versehen. Dazu noch der Titel und das wunderschöne Cover und ich konnte nur zugreifen.

Buchgeschäft, Schild mit dem Namen „Love Story of Berlin – English Book Store“, neben der Tür ein Schild mit dem Text „The answers you get from literature depend on the questions you pose“, im Vordergrund ein Buch mit dem Titel „How do you live?“ von Genzaburo Yoshino

Das Buch erzählt aus der Perspektive eines männlichen Teenagers, der sich mit philosophischen Fragen um das Funktionieren der Gesellschaft und ihrer (Un-)Gerechtigkeiten auseinandersetzt. Im Austausch mit seinem Onkel zeigt Copper stets eine erstaunliche Weitsicht für sein Alter, er scheitert jedoch immer wieder an der Umsetzung seiner Ideale in seinem Alltagsleben.

Copper had an odd feeling. The watching self, the self being watched, and furthermore the self becoming conscious of all this, the self observing itself by itself, from afar, all those various selves overlapped in his heart, and suddenly he began to feel dizzy.

Die Distanziertheit der japanischen Gesellschaft ist mir auch in diesem Buch wieder sehr deutlich bewusst geworden (zuvor zB auch in Strange Weather in Tokyo). Copper und seine aufgeklärten Freund:innen fühlen sich nicht wie reale Jugendliche an, das gelingt nur bei den antagonistischen Bully-Figuren, die wirken sehr überzeugend. Das sagt uns vermutlich, dass sich die Bully-Figuren in den Jahrzehnten (!), die seit der Veröffentlichung dieses Buchs vergangen sind, nicht wesentlich verändert haben. Bruno Navasky, der das Buch ins Englische übersetzt hat, erklärt in seinem Nachwort auch den Hintergrund, vor dem diese Geschichte entstanden ist. Erstmals veröffentlicht 1937 in einem autoritären Umfeld, in dem Kritik an der japanischen Regierung per Gesetz verboten wurde, enthält das Buch deutliche Aufrufe, selbst zu denken und sich für seine Mitmenschen einzusetzen:

[…] it also contains many lessons, and a quiet but powerful message on the value of thinking for oneself and standing up for others during troubled times.

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Roman

Lily King – Writers & Lovers

Auf der Oberfläche geht im Leben der Protagonistin zuerst alles schief (Schwierigkeiten beim Schreiben des Romans, Suche nach einer neuen Unterkunft, zuerst Stress in der Arbeit, dann wird sie gefeuert und dazu noch die Sorge, an Krebs erkrankt zu sein). Dann löst sich im letzten Drittel alles Schritt für Schritt auf (der Roman ist fertig und schließlich findet sich auch eine Agentin, ein neuer Job als Lehrkraft an der High School, der Krebsverdacht erhärtet sich nicht).

Auf der mittleren Ebene ist Casey hin- und hergerissen zwischen zwei Männern, die Interesse bekunden. Einer ist erfolgreich, verwitwet mit zwei Kindern und 15 Jahre älter als sie, der andere in ihrem Alter und genau wie sie auf der Suche nach einem Weg zum Erfolg und unsicher, wo das Leben ihn hinführen soll.

Zwischen den Zeilen, sozusagen in den unteren Schichten geht es aber um Kreativität, um das Bedürfnis, sich auszudrücken, aber auch, mit dem eigenen Werk Erfolg zu haben und Anerkennung bei anderen zu finden. Eine Szene beschreibt eindrucksvoll den Zweifel daran, überhaupt etwas zu sagen zu haben. Können zwei Menschen, die sich im selben Bereich kreativ betätigen, überhaupt ein glückliches Paar sein? Was, wenn die eine oder der andere (mehr) Erfolg hat? Das Zusammenspiel oder die (Möglichkeit einer) Balance von Selbstverwirklichung und Beziehung ist das eigentliche Thema dieser Geschichte.

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Sachbuch

Stefan Wachtel – Schreiben fürs Hören

Schreiben fürs Hören behandelt die Frage, wie man Texte aufbereitet, die nicht gelesen, sondern gehört werden. Dabei geht es nicht nur um Beiträge oder Nachrichten im Radio, sondern genauso ums Fernsehen, denn die Moderationen von Nachrichtenbeiträgen werden trotz des dazugehörigen Bildes des Sprechers in erster Linie über das Hören wahrgenommen. Auch für das neue Medium Podcast können diese Informationen von Vorteil sein, oft genug muss man seine Texte vorformulieren und zumindest Stichworte vorbereiten.

Dabei sind viele Faktoren zu beachten, viele davon sind nicht intuitiv, bei so manchem denkt man sich, ja, eigentlich eh klar, aber beim Überprüfen vergangener eigener Texte merkt man, dass man sich an gerade diese Dinge selten hält.

Wichtig beim Überprüfen eigener Texte sind vor allem die folgenden Fragen:
1. Ist der Stil insgesamt dem Genre angemessen?
2. Wird der Text der voraussichtlichen Hörsituation gerecht? (Sendeplatz, Programm)
3. Ist der Text anschaulich genug für das Hören?
4. An welchen Stellen gibt es Verstehensprobleme?
5. Ist der Text sprechbar?
6. Führt er anschaulich in das Thema ein?
7. Bindet er am Anfang an die Zuhörer- oder Zuschauererwartungen an (außer Nachrichten und evtl. Kurzberichte)?
8. Ist der evtl. Originalton rhetorisch sinnvoll oder nur formal eingesetzt?

Für alle, die sich mit dem Schreiben von Texten für Radio, Fernsehen oder Podcast beschäftigen, kann dieses Buch eine große Hilfestellung sein und auf häufig begangene Fehler aufmerksam machen.