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Krimi Roman

Henning Mankell – Die Brandmauer

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„Ich glaube nichts. Aber wir müssen uns Klarheit darüber verschaffen, was Falk eigentlich trieb. Wer war er? Heute kommt es mir so vor, als bekämen Menschen allmählich elektronische Identitäten.“

Johanna Rachinger trifft es in ihrer Buchkolumne „Die besten 100 Bücher der letzten 100 Jahre“ auf den Punkt: „Viele Krimis – abgesehen von den ganz Großen – altern schlecht und verlieren schon bald ihren Reiz.“ „Die Brandmauer“ erschien erstmals 1998, in Computerzeitrechnung ist das natürlich Jahrhunderte her. Im Vergleich dazu erschien jedoch Stieg Larssons erster Teil der Millennium-Trilogie (dt. Verblendung) bereits 2005. Seine Romane haben deutlich weniger Staub angesetzt als die Abenteuer des computerscheuen Wallander.

Und doch ist dieser Wallander deutlich anders als seine Vorgänger. Erst auf Seite 228 (in der deutschen Übersetzung) lässt Mankell uns diesmal einen Blick in die Gedanken des Täters werfen. Er weicht damit von seiner üblichen Linie ab, was dem komplexen Fall ein weiteres erfrischendes Spannungsmoment verleiht.

Es war unwahrscheinlich, dass jetzt noch jemand kommen würde. Vorsichtig trat er aus dem Schatten und überquerte die Straße. Er schloss die Haustür auf und stieg mit lautlosen Schritten die Treppen bis zum Dachgeschoss hinauf. Er trug Handschuhe, als er aufschloss.

Am Ende lässt Mankell seinen Wallander ein bitteres Resümee ziehen – nicht nur über die schwedische Gesellschaft oder den Polizeiapparat, sondern über den Gesamtzustand der Welt.

Daneben ereignete sich eine andere Revolution. Die Revolution der Verwundbarkeit, in der immer mächtigere, doch gleichzeitig immer anfälligere elektronische Knotenpunkte zu Schaltstellen der Gesellschaft wurden. Die Effektivität wuchs um den Preis dessen, dass man sich wehrlos machte gegenüber Kräften, die Sabotage und Terror betrieben.

Damit gewährt Mankell auch seinem Kommissar einen Blick auf die Welt, die über den Kriminalroman hinausgeht. Selbst, wenn man nicht wüsste, dass es sich hier um ein (zumindest vorläufiges) Ende der Wallander-Reihe handelte, spürte man deutlich, dass hier etwas zu Ende geht.

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Roman Unterhaltung

Heinz G. Konsalik – Der Wüstendoktor

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In den Straßen tobten bereits die Kämpfe, Panzer sperrten die Zufahrten ab – als der Konvoi näher kam, hörte man deutlich das Knattern der Maschinengewehre und die Abschüsse von Granatwerfern und kleinen Kanonen. Dann war die Nacht da – schnell, wie wenn man einen Vorhang vorzieht, und mit dem Untergang der Sonne verflog auch die Wärme.

Wer Konsalik unbesehen als Schnulzenautor abtut, liegt nicht vollkommen richtig. Bereits 1981 erschien dieser Roman, indem erwartungsgemäß ein attraktiver Mann zwischen zwei nicht minder großartig geschilderten Frauen steht. Aber das ist nicht alles. Kulisse für die Geschichte von Dr. Ralf Vandura ist eine Revolution in Jordanien, die zwar nicht wie im Buch beschrieben, stattgefunden hat, aber jederzeit heute noch stattfinden könnte. Die Zeiten entführter Flugzeuge voll mit „unschuldigen“ Touristen mögen momentan vorbei sein, aber an den Ereignissen in Ägypten und Syrien in den vergangenen Monaten lässt sich deutlich ablesen, dass Revolutionen nahe jederzeit und überall ausbrechen können.

Die tatsächliche Liebesgeschichte entfaltet sich jedoch irgendwie frustrierend. Der Held Vandura verliebt sich in Katja Hellersen, die von ihrem Mann misshandelt wird. Sie stiftet ihn an, ihren Mann zu töten, Vandura weigert sich. Bruno Hellersen stirbt trotzdem, Vandura gerät unter Verdacht und ergreift die Flucht. In Beirut wird er vom Rebellenführer Karabasch aufgegriffen und landet als Arzt in deren Lager. Dort verliebt er sich in die Wüstenschönheit Laila, die ihn seine unglückliche Liebe zu Katja jedoch nicht vollständig vergessen lassen kann. Laila schreckt vor nichts zurück und ist dem Töten von Menschen noch weniger abgeneigt. Beide Frauen tragen Persönlichkeitsaspekte, die einem dem Leben verpflichteten Arzt, wie Dr. Vandura geschildert wird, eigentlich unangenehm sein müssten. Der Held heiratet am Schluss die Frau, die ihn bereits im ersten Buchdrittel angestiftet hat, ihren Mann zu töten. Die Revolutionärin Laila mag auch keine sehr angenehme Frau sein, aber Katja Hellersen, die ihrem Mann den Tod wünscht anstatt zur Polizei zu gehen, zeigt ebenfalls äußerst fragliche Charakterzüge. Von „happy end“ und heiler Welt kann hier also keine Rede sein.

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Klassiker Roman

Anette von Droste-Hülshoff – Die Judenbuche

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Diese Verwahrlosung ist umso mehr zu beklagen, da es auch dem letzten nicht leicht an Talenten und geistigen Mitteln gebricht und seine schlaue Gewandtheit, sein Mut, seine tiefen unbändigen Leidenschaften und vor allem seine reine Nationalität, verbunden mit dem markierten Äußern, ihn zu einem allerdings würdigen Gegenstand der Aufmerksamkeit machen.

„Die Judenbuche“ gehört im österreichischen Literatur-Unterricht zu den Standwerken, mit denen sich die Schüler langweilen müssen. In diesem Werk findet sich tatsächlich wenig Spannendes für die „heutige Jugend“. Ein Sittenbild der damaligen Gesellschaft in einer deutschen, ländlichen Gegend, wo das Urteil der Dorfbewohner mehr zählt als das Gesetz.

In den weiteren Erzählungen in diesem Band beschreibt die Autorin ländliche Bräuche wie sie etwa bei Hochzeiten damals geübt wurden. Oft ist es spannend, sich solche Werke in ihrem Kontext anzusehen, um zu erfahren, wie sie sich in die damalige Zeit einfügen. Wie das Werk ursprünglich aufgenommen wurde, geht allerdings weder aus der Wikipedia, als aus anderen Artikeln zum Werk hervor. Auch im Anhang des Buches findet sich dazu nur eine kurze Notiz:

Im Sommer 1844 gelang es jedoch Guido Görres, die Dichterin zu einer anonymen Veröffentlichung der Skizzen in den von ihm geleiteten „Historisch-politischen Blättern“ zu bewegen, wo sie in Band 16 (1845) unter dem Titel „Westfälische Schilderungen aus einer westfälischen Feder“ erschienen. Sie riefen in Westfalen heftige Kritik hervor, die im einzelnen nicht immer unberechtigt war, im ganzen jedoch die Absicht der Dichterin verkannte.

Über die „Absicht der Dichterin“ schweigt sich der Anhang leider aus. Welche Motivation steckte hinter dem Werk? Wollte Droste-Hülshoff Missstände aufzeigen, die mangelnde Moral oder die Selbstjustiz auf dem Lande anprangern? Fragen, die sich Generationen von Schülern Jahr für Jahr stellen müssen. Zum Glück muss ich sie nicht erschöpfend beantworten, sondern kann mich übergangslos angenehmeren Werken zuwenden.

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Klassiker Roman

Alexandre Dumas – Die Kameliendame

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Gewiß, was mag kühn erscheinen, aus dem geringfügigen Gegenstand, den ich behandle, so große Folgerungen abzuleiten, allein ich rechne mich zu jenen, die überzeugt sind, dass in wenigem alles enthalten sei. Das Kind ist klein und doch steckt schon der Mann in ihm, der Schädel ist eng und doch enthält er den Gedanken in sich, das Auge ist nur ein Punkt und doch vermag es Meilenweites zu erfassen.

Ein klassisches Liebesdrama, wie es im sprichwörtlichen Buche steht. Eine Kurtisane, eine „ausgehaltene Frau“, wie Dumas es so geschmackvoll formuliert, verliebt sich in einen jungen Mann, dieser verfällt ihr natürlich gleichfalls. Obwohl sie sich gegenseitig lieben, erlauben die Umstände nicht, dass die Beziehung lange funktioniert. Noch dazu ist Marguerite bereits krank, als sie Armand kennenlernt. Von Anfang an tickt die Uhr.

„Wenn ich mich schone, sterbe ich erst recht. Was mich hält, ist gerade, dass ich wie im Fieber drauflos lebe. Schonung mag gut für die vornehmen Damen sein, die eine Familie und Freunde haben; wir dagegen sind verlassen, sobald wir der Eitelkeit oder der Begierde unserer Liebhaber nicht mehr genügen, und lange Abende stellen sich ein nach langen Tagen.“

Sowohl Armand als auch Marguerite stürzen sich in die Liebe, die ihnen beiden neu und anders erscheint. Armand verschleudert sein Geld, er spielt, um Marguerites Launen zu bezahlen und seine Eifersucht im Zaum zu halten. Da Marguerite eine bekannte und beliebte Frau ist, bleibt die Affäre nicht lange geheim. Schließlich erfährt auch Armands Vater davon, der weit von Paris lebt. Armand vernachlässigt auch seine Familie. Das ganze Ausmaß der Einmischung von Armands Vater entfaltet sich erst auf den letzten Seiten und bringt Klarheit in das bittere Ende der Beziehung von Armand und Marguerite.

Dann aber begegnetest du mir, jung, feurig, anziehend, und ich versuchte aus dir den Mann zu machen, den ich in meiner lärmerfüllten Einsamkeit ersehnt hatte. Ich liebte in dir nicht den, der du warst, sondern den, der du werden solltest.

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Roman

Florian Illies – Generation Golf zwei

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Wir waren so skeptisch geworden, dass wir es am Ende sogar für möglich hielten, dass die Osama-Bin-Laden-Berghöhlenvideos vor den Steinen in Bad Segeberg gedreht wurden, dort, wo die Karl-May-Spiele stattfinden, und die letzten Saddam-Videos mit jubelnden Menschen vor staubigen Fassaden in der Goldgräberstadt aus Winnetou II.

Während der erste Teil der Generation Golf sich mehr mit Stil und grundsätzlicher Lebenseinstellung einer Zwischengeneration auseinandersetzte, zeigt sich hier schon zu Beginn ein deutlicher politischer Bezug. Hier wird eine Epoche charakterisiert anstatt einer Generation. Oder hat sich die Generation verändert und interessiert sich jetzt mehr und anders für Politik und das Weltgeschehen als zuvor?

Kein Wunder, dass Die fabelhafte Welt der Amélie zum Film der Stunde wurde. Alle sehnten sich gerade so sehr nach einem Vorbild, das in die Getreidesäcke greift, die Körner einzeln durch die Finger rinnen lässt und sich an den Wolken freut, weil sie so sinnlich sind.

Auch zu diesem Thema stellt sich die Frage, ob nicht einfach das Älterwerden den Blick auf die Welt verändert. Interessierten wir uns (höchstens) bis zum Alter von 25 hauptsächlich für das Wochenende, durchtanzten die Nächte und verschliefen die Tage, so wuchs der Wunsch nach wirklicher Erholung von der Arbeit im selben Maße wie die Anzahl der Thermen und Kuschelhotels im Burgenland.

Dann wird Harry ein bisschen traurig, es war schon aufregend damals, sagte er, als man abends im Mauerprak saß, schaukelte, Rotkäppchensekt trank und die Sonne glühend untergehen sah – und dabei noch keine Angst haben musste, vom Spiegel Fotografen für die nächste Geschichte über die „Boomtown Berlin“ fotografiert zu werden.

Der Mauerpark scheint diese Generation mühelos überlebt zu haben, denn dort ist die Zeit stehengeblieben, wie ich im vergangenen Juni selbst erleben durfte. Rotkäppchensekt war dabei zwar nicht im Spiel, aber die untergehende Sonne hinter den Rauchschwaden der Grillfeuer entfaltete ihre Wirkung wie eh und je.

Florian Illies betrachtet die Welt mit offenen Augen und es wäre spannend, zu erfahren, wie er die Welt heute sieht und wie sich seine Generation weiter entwickelt hat. Vielleicht gibt das Nachfolgewerk: Anleitung zum Unschuldigsein
einen Einblick in dieses Thema. Vielleicht war es die letzte Generation, die sich noch auf einen halbwegs gemeinsamen Nenner bringen ließ. Die Vielfalt der Jugendkulturen scheint im neuen Jahrtausend explodiert zu sein, so sieht es zumindest vom Standpunkt der Älteren aus. Wer erklärt heute den Älteren und Älterwerdenden die Jugend?

Weitere Informationen: Florian Illies bei Zeit Online

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Klassiker Roman

Gustave Flaubert – Salambo

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Das Durcheinander der Waffen war nicht geringer als das der Kleidungsstücke und der Völkerschaften. Es fehlte keine todbringende Erfindung – angefangen von den Dolchen aus Holz, den steinernen Äxten und den Dreizacken aus Elfenbein bis zu den langen, schmalen Säbeln, deren biegsame Kupferklingen wie Sägen gezähnt waren.

Flaubert beschreibt in diesem Kriegsepos um Karthago alle Scheußlichkeiten, die der Krieg so mit sich bringt. Die Titelhelding Salambo gerät durch eine Affäre mit dem Kriegsherrn Matho zwischen die Fronten, doch diese seltsame Liebesgeschichte bleibt stets an der Oberfläche. Den Großteil des Buches nimmt das Schlachtengetümmel ein, lang und breit beschreibt Flaubert die Waffen der unterschiedlichen afrikanischen Völker, die sich hier in Söldnerkriegen niedermetzeln. Nicht mal vor der detaillierten Beschreibung von Kannibalismus schreckt Flaubert zurück.

Zwei Tage später klarte es wieder auf, und der Hunger befiel sie aufs Neue. Bisweilen schien es ihnen, als risse man ihnen den Magen mit Zangen heraus. Dann wälzten sie sich, von Krämpfen geschüttelt, warfen sich Hände voll Erde in den Mund, bissen sie in die Arme und brachen in wahnsinniges Gelächter aus.

Damals erregten laut Wikipedia vor allem die exotischen Schilderungen des unbekannten Afrika Aufmerksamkeit, was zu vielen Dramatisierungen führte. Eine tiefere Bedeutung ist jedoch weder in der deutschen noch in der englischen Wikipedia vermerkt. Scheint zeitgenössische Literatur damals gewesen zu sein, die jedoch kaum ihre Zeit überlebt hätte ohne den vorhergehenden Erfolg von Madame Bovary.

Weitere Informationen:
Salambo – Projekt Gutenberg

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Roman Unterhaltung

Terry Pratchett – Heiße Hüpfer

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Zum Beispiel behauptete der Dozent für kreative Ungewissheit auf eine recht selbstgefällige Weise, er sei gleichzeitig zugegen und abwesend, bis jemand an seine Tür klopfte und dadurch das Kraftfeld seiner besonderen Zustandsform zusammenbrechen ließ. Er wies auf die Unmöglichkeit hin, vor einem solchen Ereignis eindeutige Feststellungen treffen zu können. Logik ist eine wundervolle Sache, aber manchmal sind gewöhnliche Überlegungen noch viel bessser.

Terry Pratchett entfaltet in dieser Geschichte aus der Zauberer-Reihe eine Zeit/Raum-Vergangenheit/Zukunft-Schleife, die wie eine surreale Mischung aus dem Leben von Schrödingers Katze und Stephen Hawkings Theorie der schwarzen Löcher gewürzt mit einem Schuss Catch 22.

„Weißt du, der Sinn der ganzen Sache liegt in der ganzen Sache“, behauptete der Gott. „Obgleich …“ Er schniefte ein wenig. „Wenn wir den einen oder anderen Käfer hinzufügen können, beklage ich mich nicht.“

Sogar zur Religion bringt Pratchett eine spannende Geschichte auf, in der er nicht nur die Evolution sondern auch noch den Sinn des Lebens erklärt.

„Ist doch ganz klar“, fuhr der Erzkanzler fort. „Wenn ich auf die Ameise trete, so existiere ich nicht. Aber wenn ich nicht existiere, kann ich gar nicht auf die Ameise treten, und deshalb müsste sie am Leben bleiben, oder?“

Logik kanns bei Pratchett nicht geben und doch führen seine Fäden immer wieder zueinander. Held der Geschichte ist ein ums andere Mal der tollpatschige Rincewind, der schließlich nicht nur die Zeiten repariert, sondern auch das Wetter. Verfolgt von einem hartnäckigen Känguru schert er Schafe, trinkt zuviel Bier, kreiert die Pfirsich-Nellie und verliert dabei nie den Hut (der ihn als Zauberer auszeichnet). Der bisher beste, absurdeste, wunderbarste Pratchett, den ich bisher gelesen habe.

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Roman

Paulo Coelho – Brida

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„Wenn jemand seinen Weg gefunden hat, darf er keine Angst haben. Er muss auch den Mut haben, Fehler zu machen. Durch die Enttäuschungen, die Niederlagen, die Mutlosigkeit zeigt Gott uns den Weg. Sie sind seine Werkzeuge.“

Brida sucht nach sich selbst. Sie möchte Magie erlernen und ihre verborgene Gabe finden. Auf ihrem Weg begegnet sie dem Magier aus dem Wald sowie der Hexe Wicca, die Brida schließlich die Sonnentradition lehrt und sie auf ihrem Weg begleitet. Brida lernt nicht nur sich selbst kennen, sondern sogar ihren „Anderen Teil“.

„Schäme dich niemals“, fuhr er fort. „Nimm, was das Leben dir bietet, und versuche aus den Gläsern zu trinken, die vor dir stehen. Alle Weine sollen getrunken werden – von einigen nur ein Schluck. Von anderen die ganze Flasche.

„Brida“ erfüllt alle Vorstellungen, die man sich von einem Coelho-Roman macht, er verpackt wie gewohnt seine Lebensweisheiten in eine Geschichte um Liebe und die Suche nach sich selbst. Ein Gefühl wie der erste Schluck eines perfekten Kaffees an einem sonnigen Morgen.

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Klassiker Roman

Denis Diderot – Jacques, der Fatalist

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JACQUES: „Wenn; wenn das Meer kochen würde, gäb’s viel Kochfisch, sagt man. Verdammt, Herr, eben haben sie geglaubt, ich liefe in große Gefahr, und nichts war daran; jetzt glauben Sie, Sie wären in großer Gefahr, und da ist womöglich noch weniger dran. Wir alle in diesem Haus haben einer vor dem anderen Angst; was nur beweist, dass wir allesamt Dummköpfe sind …“

So spricht der fatalistische Diener Jacques zu seinem Herrn. Jacques glaubt einzig und allein an das Schicksal, indem geschrieben steht, was geschehen wird, weshalb es auch nutzlos ist, sich großartig darum zu bemühen oder zu bekümmern. Jacques und sein Herr sind unterwegs zu einem bis zum Schluss unbekannten Ziel und erzählen sich dabei allerhand Geschichten unterbrochen wiederum durch Begegnungen mit Personen wie etwa der wackeren Wirtin, die selbst eine Geschichte beizusteuern hat.

DER HERR: „Herr Jacques, lassen Sie sich hängen, da das Schicksal es so will und Ihr Pferd es sagt; aber werden Sie nicht unverschämt: hören Sie mit Ihren dreisten Vermutungen auf und liefern Sie mir rasch die Geschichte Ihres Hauptmanns.

Nicht nur Jacques, dessen Liebesgeschichte dem geneigten Leser bis zum Schluss vorenthalten wird, hat einiges aus seinem Leben zu berichten. Als Jacques schließlich durch einen hartnäckigen Husten am Erzählen gehindert wird, kommt auch der Herr dazu, seine Geschichte zu erzählen, was letztendlich zum Ziel der Reise führt. Der Autor wendet sich immer wieder direkt an den Leser.

„Jacques“ hingegen ist ein albernes Gespinst von Begebenheiten, manche wahr, manche erfunden, anmutlos aufgeschrieben und unordentlich verstreut. – Um so besser, meinen „Jacques“ wird man desto weniger lesen. Wie Sie’s auch drehen und wenden, Sie sind im Unrecht.

Mit allerhand Referenzen auf seine Zeitgenossen amüsiert sich der Autor Diderot und führt den Leser absichtlich auf abwegige Pfade, man muss schon mitdenken, um zwischen all den verstreuten Geschichten den Anschluss zu bewahren und stets zu wissen, wer gerade die Hauptperson der aktuellen Geschichte darstellt. So bleibt die Geschichte immerhin spannend, denn der rote Faden wechselt ständig und das Schicksal zeigt den Reisenden ständig neue Wege. Ein kurzweiliger Klassiker mit hohem Dialoganteil.

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English Roman Science Fiction Thriller

Charles Stross – Accelerando

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„Your drink.“ The barman holds out an improbable-looking goblet full of blue liquid with a cap of melting foam and a felching straw stuck out at some crazy angle. Manfred takes it and heads for the back of the split-level bar, up the steps to a table where some guy with greasy dreadlocks is talking to a suit from Paris.

The story starts in an already advanced world where implants are getting widespread throughout the population. Manfred Macx is a political activist fighting for the rights of lobsters and uploaded kittens.

„But they’re only uploads.“ Pamela stares at him. „Software, right? You could reinstantiate them on another hardware platform, like, say, your Aineko. So the argument about killing them doesn’t really apply, does it?“

Manfred and Pamela somehow get a daughter – Amber – who escapes the imprisonment of her mother and takes the robot cat Aineko with her. Her adventures take her to a faraway router. She reigns over a planet, and leaves a backup behind. While the „real“ Amber is away, her backup is getting married and having a baby with Sadeq. She returns to find her son Sirhan, whom she never met before. Sirhan has had several childhoods and is very interested in the complicated history of his family. His grandmother Pamela (aged in a time where aging is avoidable) has returned to answer at least some of his questions.

Pamela raises her cane and points out into the billowing methane thunderclouds, her expression puzzled. „I’ll swear I saw a lobster out there …“

Interesting aspects of the family story are the thought that politics will stay with us although technology evolves constantly. The robot cat Aineko accompanies the family throughout the centuries, until the last pages nobody has noticed that what has startet as a software-driven robot has achieved consciousness and is silently controlling all the persons in its range.

Did we really split up because Aineko made us? It’s hard to believe: Manfred is too much of a realist to trust the cat to tell the truth except when it serves to further his interests. But this –

I’m not that into Science Fiction literature which I had to see once more while I worked through this complicated book with all its technical details and absurd hops through time and space. But I guess it gave me an interesting insight into the genre of Cyberpunk. I’ll give myself a little break with Terry Pratchett until I take the attempt to read „Halting state“ which is still living on the shelf of unread books.

Weitere Informationen: Accelerando – Charles Stross’s blogPhantastik-Couch.deCyberpunk @ feedbooks.com