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Musical Sachbuch

Olaf Jubin – Entertainment in der Kritik

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„Die Erfahrung, dass ein persönlich empfundenes Schicksal mit dem Schicksal anderer Menschen übereinstimmt, hat etwas Tröstliches. Es lindert den Druck, den wir immer dann spüren, wenn wir meinen, mit unseren Erfahrungen ganz allein zu sein. Die kommunizierende Kraft des Theaters hebt das Gefühl, ein isoliertes Schicksal zu erleiden, weitgehend auf.“ (Hans Joachim Schäfer)

1.152 Seiten. Dreieinhalb Jahre. Den Großteil dieser Zeit ist dieses Werk natürlich halb gelesen irgendwo in der Wohnung herumgegammelt, weil mich die Trockenheit dieser Untersuchung teilweise wirklich körperlich niedergeschlagen hat. Als Abendlektüre vor dem Schlafengehen eignet sich eine Studie zum Thema Musicalkritiken natürlich ebensowenig als wie zur Unterhaltung an einem lauen Sommerabend. Daher habe ich wie gesagt seit März 2007 kontinuierlich an diesem Werk gelesen und für den zweiten Teil habe ich nicht mal mehr so lange gebraucht (was möglicherweise an den Tabellen der Auswertung lag, die ich mir nicht alle im Detail angesehen habe).

Olaf Jubin ist mit dem Genre Musical sichtlich innig verbunden. Jedem Kapital stellt er den Titel eines Musicalsongs zur Überschrift. Das klingt jetzt nicht so gigantisch, wenn man sich jedoch vor Augen führt, dass seine Überschriften oft bis zur siebten oder achten Ebene gehen und er in den Quellenangaben akribisch Songtitel, Stück, Komponist und Lyricist aufführt, so kann man da schon mal Anerkennung zollen.

Als ganz großen Kritikpunkt muss ich die übertriebene Wertlegung auf gender-neutrale Berufsbezeichnungen anführen. Nach meiner Meinung kann man sich auch als Frau als Journalist oder Mitarbeiter angesprochen fühlen und die Beeinträchtigung des Leseflusses stört mich hier vielmehr als eine möglicherweise fehlende weibliche Berufsbezeichnung. Die letzten 50 Seiten des Werkes wären möglicherweise weggefallen (was wiederum Papier sparte), hätte man sich solche Orgien erspart:

Wenn er/sie allerdings nicht gerade die Finanzierung eines Stückes in Angriff nimmt, reduziert selbst ein(e) etablierte(r) ProduzentIn weitestgehend seinen/ihren Mitarbeiterstab und zwar auf eine(n) GeschäftsführerIn, eine(n) Assistenten/Assistentin und eine(n) LektorIn, der/die nach potentiellen Stücken Ausschau hält.

Im ersten Band erläutert Olaf Jubin erst das Genre und dann die beiden zu untersuchenden Komponisten. Dabei stellt er allerhand interessante Überlegungen zum Thema an und wirft geradezu mit Fachwissen und Recherchen um sich.

Das Genre erzielt also Komplexität durch das Zusammenspiel seiner verschiedenen Bestandteile, von denen jeder für sich genommen – und das gilt besonders für das Buch – diese Eigenschaft nur bedingt aufweisen kann: „Simple characters in a musical book can be full and memorable because they have the richness of music, song, and dance to make them alive in performance.“

Aus meiner Erfahrung war ich eigentlich seit langem der Ansicht, dass ein Musical nicht wirklich gut werden kann, wenn die zugrunde liegende Geschichte nicht passt. Hier wird jedoch die These geäußert, dass die Charaktere erst durch das Zusammenspiel aus Tanz und Gesang Komplexität gewinnen. In weiterer Folge wird auch erläutert, dass Uneinigkeit darüber herrscht, ob Musiknummern die Handlung weitertreiben sollen. Brechen die Charaktere überleitungsfrei in Gesang aus, scheinbar ohne einen Anlass, ist das immer wieder Anlass zur Kritik und ergibt im Allgemeinen einen Bruch der Handlung. Andere Journalisten wiederum erwarten Gesang und Geschichte getrennt. Als Überbegriff wird der Begriff „book trouble“ eingeführt:

Aaron Frankel erläutert, dass darunter in erster Linie ein wie auch immer gearteter Bruch zwischen Dialogstellen und Musiknummern gemeint ist: „,Book trouble’ only means that the elements not put to music fail in craft or in imagination to match those which are. The drop from one energy level to the other shows through.“

In weiterer Folge stellt Olaf Jubin im ersten Band die zu besprechenden Komponisten Stephen Sondheim und Andrew Lloyd Webber vor und wirft einen detaillierten Blick auf deren Karriere bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Werkes (2003, heute also schon etwas angestaubt).

Der zweite Band beschäftigt sich dann mit der intensiven Untersuchung der Kritiken zu Werken von Sondheim und Lloyd Webber. Dabei widmet sich der Autor sehr detailliert den Fragen der Inhalte der Kritiken beispielsweise welche Mitwirkende genannt werden, werden diese bewertet, wie wird das Werk selbst bewertet, welchen Mitwirkenden wird die größte Wichtigkeit beigemessen und vieles mehr. Ins Auge fällt immer wieder, dass Olaf Jubin mit dem Fachwissen der deutschsprachigen Journalisten zum Thema Musical ganz und gar nicht zufrieden ist. Bemerkungen wie diese fallen öfter:

Die wenigen konkreten Gegenüberstellungen beschränken sich zudem auf lediglich vier der insgesamt 19 Sondheim-Musicals im Sample, und diese vier waren alle in Deutschland oder Österreich zu sehen, während Verweise auf Werke des amerikanischen Komponisten, die bislang nur am Broadway und/oder im West End gespielt wurden, völlig unterbleiben. Derartige Verweise würden größeres Fachwissen erfordern, als die meisten deutschsprachigen RezensentInnen mitbringen.

Hier kann ich natürlich nicht umhin, anzumerken, dass Olaf Jubin die Arbeitsbedingungen der deutschsprachigen MusicaljournalistInnen sichtlich nicht bekannt sind. Um Werke von Stephen Sondheim, die in Europa bisher nicht zur Aufführung kamen, zu sehen, bleibt dann wohl nur eine regelmäßige Reise nach New York, was die meisten Arbeitgeber wohl kaum finanzieren werden und vor allem für den freien Journalisten, der seine Reisen selbst finanzieren muss, nicht machbar ist. In den Tageszeitungen gibt es überdies selten Journalisten, die sich nur mit dem Thema Musical beschäftigen. Da diese auch Fachwissen zu anderen Theatergattungen besitzen müssen, kann man ihnen wohl kaum mangelndes Fachwissen in diesem speziellen Bereich zum Vorwurf machen.

Gerade für Journalisten aus diesem Bereich stellt dieses Werk trotzdem eine interessante Betrachtung der eigenen Arbeit dar. Man hinterfragt möglicherweise seine eigenen Strukturen, die sich im Laufe der Jahre der Arbeit von selbst ergeben. Ist dem Komponisten mehr Bedeutung einzuräumen als dem Textdichter? Gerade im deutschsprachigen Raum hat man es außerdem oft mit Übersetzungen zu tun, wo man sich vielleicht öfter die Mühe machen sollte, das Originallibretto intensiver mit dem deutschen Text zu vergleichen. Aus Zeitgründen ist dies leider allzu oft nicht möglich. In jedem Fall muss der Leser auf 1.152 Seiten irgend etwas finden, was ihm zur Fortbildung gereicht, man sollte sich jedoch darauf gefasst machen, bisweilen etwas Flüssigkeit zum Begießen vorrätig zu halten, damit die Trockenheit nicht allzu sehr staubt.

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Biografie Sachbuch

Meryl Secrest – Stephen Sondheim: A Life

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One of Sondheim’s first acts on joining the Hammerstein househould was to teach Ockie how to play chess. He said, “The first time we played, I taught him the rules and of course I beat him. The second time I beat hime, but not as easily as the first time. The third time I set up something like a two- or three-move-trap, which was as far as I could go, and he started to move a piece, and in chess the rule is you haven’t completed the move until you have actually taken your finger off the piece. He moved a piece forward, and thought about it, and looked at me, and took it back. And then he moved another piece. I said, ‘Gosh, you’re getting good. You saw what I was setting up,’ and he said, ‘No, I heard your heart beating.'”

This book seems more like a piece of fiction than the story of a real American. It seems Meryle Secrest must have spent years doing interviews with people who knew and know him. She did lots of interviews with Sondheim himself. The personal view of the author gives distinction to the story of the famous composer.

A footnote to that is that about ten years ago, when I was in London for some purpose, I had a call from P. L. Travers, who said, ‘Mr. Sondheim, I would like you to adapt Mary Poppins for the stage,’ and I said, ‘Funny you should call, because when I was nineteen years old this is exactly what I did’. She was astonished; I was flattered and astonished.

The small anecdotes – like the one above about Mary Poppins – show a very differentiated character. Meryle Secrest has done a terrific job in combining the episodes to a picture of a very creative but also very insecure man who is questioning himself and his work again and again.

What I’m doing when I’m writing is acting. That’s whay the best playwrights, with the exception of Chekhov and a couple of others, have been actors. And so I’m able to infuse myself. So when I’m writing the sond ‘Finishing the hat’ [from Sunday in the park with George], half of it is writing about what I, Steve, feel, and the other is what Seurat feels. And I’m aware of both going on at the same time. … I think all writers get attracted to stories that resonate in them.

Deutsche Zusammenfassung: Diese Biographie liest sich mehr wie ein Roman als wie die Geschichte eines lebendigen Amerikaners. Meryle Secrest scheint Jahre damit verbracht zu haben, Menschen zu interviewen, die Stephen Sondheim kannten und kennen. Viele Interviews mit Stephen Sondheim selbst geben der Geschichte des Komponisten eine klare Richtung. Die Autorin kombiniert die Episoden zu einem komplizierten Bilder eines kreativen, aber auch unsicheren Mannes, der sich selbst immer wieder hinterfragt.

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Sachbuch

Martin Geck – Wenn der Buckelwal in die Oper geht

Man kann solche und ähnliche Gags nicht ständig wiederholen; doch Haydn liebt es, sie als sein Markenzeichen immer wieder einmal anzubringen: Sie sind Ausdruck eines Humors, von dem noch der Romantiker Jean Paul schwärmte. Dieser lebte in einer Zeit, als unkonventionelle Anfänge bereits das A und O aller Literatur waren. Ein Dichter tut sich damit freilich auch leichter als ein Komponist.

Wenn ein Professor der Musikwissenschaft sich hinsetzt, um ein Buch zu schreiben, erwartet man zweifellos eine trockene Abhandlung über Musiktheorie oder die langgezogene Biographie eines Komponisten. Martin Geck hat zwar auch eine Mozart-Biographie verfasst, wenn er diese aber in dem gleichen liebevoll ironischen Ton verfasst hat, wie seine „Variationen über die Wunder klassischer Musik“, kann es sich dabei nur um ein ausgesprochen amüsantes Werk handeln.

Viele professionelle Musikkritiker machen es freilich nicht besser: Während man anlässlich einer Kunstausstellung über die Bilder berichtet, interessieren an einer Opernpremiere vor allem Sänger und Regiekonzept.

Dabei balanciert Geck stets zwischen der Bewunderung der unterschiedlichen Techniken der Komponisten sowie der ironischen Betrachtung deren Eigenheiten. Dabei vergisst er jedoch nicht auf pointierte Analysen der behandelten Genres (exemplarisch sei hier die Variation „Nachtwandlerinnen der Liebe – Boudoir und Bordell in der Oper“ genannt). Dass es ihm gleichzeitig auch noch gelingt, die Musikkritiker und deren lückenhafte Analyse der Werke auf die Schippe zu nehmen, ohne dabei vom Weg abzukommen, gleicht einem Drahtseilakt.

Wenngleich das alles mit einem Kulturbetrieb zusammenhängt, der sich auf Weiteres nicht verändern lässt, schreibe ich unbeirrt dagegen an – und dies in der Überzeugung, dass mehr von Musik hat, wer sie nicht nur selbst macht oder hört, sondern sich mit ihr auch gedanklich auseinandersetzt.

Aber über all der Kritik, die Geck sowohl Komponisten als auch allen anderen an musikalischen Werken Beteiligten angedeihen lässt, bleibt das alles beherrschende Gefühl stets die Liebe zur Musik, wie aus dem letzten Zitat deutlich hervorgeht. In der letzten Variation bezeichnet er die Musik unter anderem als Sprache der Engel und führt aus, was sie aus Menschen machen kann, wenn man ihr nicht nur mit offenem Ohr, sondern auch mit offenem Herzen lauscht. Und so ist dieses Werk auch nicht nur für Musiktheoretiker zu empfehlen, sondern jedem, der sich an der intelligenten Auseinandersetzung mit Musik ebenso erfreuen kann wie an der Musik selbst.

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Roman Unterhaltung

Rocko Schamoni – Dorfpunks

Wir waren auf dem Weg zur anderen Seite. Fort von den geraden Pfaden, Schule, Sportverein, Tanzstunde, hin zu dem Gefühl, anders zu sein als die meisten anderen. Warum wir so waren, fragten wir uns nicht. In uns klafften wachsende Löcher, eine bodenlose Leere breitete sich aus, das Fehlen der kindlichen Geborgenheit, aufkeimende Sexualität und die absolute Ahnungslosigkeit über die eigene Identität erzeugten eine schmerzhafte Säure aus Langeweile, Angst und Ablehnung, die durch unsere Adern floss.

Mit steigendem Alter erinnert sich jeder gerne in verklärter Weise an seine Jugend. Unangenehme Erinnerungen werden verdrängt oder glorifiziert. Aus einem Konzert vor Freunden und Bekannten, das in einer großen Zerstörung endet, wird in der Erinnerung der glanzvollste Abend der Jugend.

„Dorfpunks“ ist genau das: eine glorifizierende Erinnerung. Der Leser darf sich bei den amüsanten Teenagergeschichten an seine eigene Jugend erinnern. An die eigenen Fehler, an wilde Partys, bunte Haare und Stylingdesaster. An Konzerte in Bruchbuden, die ersten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht und schließlich das Gefühl, dass die Jugend langsam vorbei geht.

Mit alldem machten wir uns lustig über die Erwachsenenwelt, Musikantenstadl, Hitparade, Schlager, Mainstream, Starverehrung. Wir waren keine Stars, wir waren gute Freunde mit neuen Ideen füreinander. Wir äfften die hässliche Welt nach, wir waren Müllsammler und recycelten die Splitter ihrer geborstenen Oberfläche.

Über all diesen Geschichten aus einer Jugend auf dem Dorf in Norddeutschland schwebt stets das Wissen, dass dieses Jugendleben ein Ablaufdatum hat. Lange bevor in den letzten Kapiteln schließlich die Freunde sesshaft werden und sich paarweise zurückziehen, weiß jeder, der dieses Alter hinter sich hat, dass diese Zeit schneller vorbeigehen wird, als es einem lieb ist. Wie schnell die Jugend vorbei ist, merkt man erst, wenn sie dann vorbei ist. Aber dann bleibt einem immer noch die glorifizierende Erinnerung. Manche packen sie in ein Fotoalbum, andere in einen Roman, der nicht nur Punk sondern auch die Erinnerung an sich glorifiziert.

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Roman

Nick Hornby – Juliet, Naked

CD (c) Günter Havlena/PIXELIO

„Du ziehst aus“, sagte Annie. „Oh. Hoppla. Wow. Nein, nein, nein, davon habe ich nicht gesprochen“, protestierte Duncan. „Du vielleicht nicht. Aber ich spreche davon. Ich habe mein halbes Leben an dich vergeudet, Duncan. Oder zumindest das, was von meiner Jugend noch übrig geblieben war. Ich werde keinen weiteren Tag vergeuden.“ Sie ging zu ihrer Tasche, zog eine Zehnpfundnote hervor, warf sie auf den Tisch und ging hinaus.

Mit diesem Roman kehrt Nick Hornby wieder zu seinen musikalischen Wurzeln zurück. Im Zentrum steht ein Rocksänger, der zuerst nur aus dem Blickwinkel seines Fans Duncan und dessen Freundin Annie in Erscheinung tritt. Deren Beziehung gerät ins Wanken durch unterschiedliche Meinung über das neue Album des Rocksängers Tucker Crowe, den Duncan wie einen Gott verehrt. Annie zweifelt an den vergangenen 15 Jahren ihres Lebens und sucht nach neuen Wegen.

„Nun, viele Menschen, die ich kenne, führen eine unglückliche oder frustrierende Ehe. Oder eine langweilige.“ – „Und?“ – „Sie sind trotzdem eigentlich ganz zufrieden.“ – „Sie sind glücklich in ihrem Elend.“ – „Sie haben sich damit arrangiert, ja.“

Haiauge, Herzinfarkt und Farmer John begleiten Annie, Tucker und Duncan auf ihrer gemeinsamen Suche nach einem neuen Leben. Und natürlich die Musik. Bei Duncan kann man zwar den Lerneffekt nicht so eindeutig feststellen, aber zumindest Annie und Tucker haben am Ende des Buches dazugelernt und können von nun an hoffentlich mehr aus ihrem Leben machen.

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Sachbuch

Douglas R. Hofstadter – Gödel, Escher, Bach

Fraktal (c) Eva Kaliwoda/PIXELIO

Vielleicht versuchen Kunstwerke mehr als irgend etwas sonst, ihren Stil zu erkennen zu geben. Wenn man in diesem Falle jemals einen Stil bis in seine tiefsten Tiefen ergründet hätte, könnte man ohne die Werke in diesem Stil auskommen. „Stil“, „äußere Botschaft“, „Entschlüsselungstechnik“ – alles verschiedene Arten, die gleichen Grundgedanken auszudrücken.

Dieses Buch wurde mir bereits vor Jahren von einem Studienkollegen (an dieser Stelle schöne Grüße an Rüdiger in Berlin) empfohlen, der mir von der spannenden Verknüpfung der unterschiedlichen Fachgebiete vorgeschwärmt hat, die Douglas Hofstadter in seinem Buch miteinander verknüpft. Wie man anhand der vergangenen Blogposts sehen kann, hab ich nicht nur lange gebraucht, bis ich überhaupt damit angefangen habe, sondern auch das Lesen hat sehr lange gedauert, da man schon einige Konzentration aufwenden muss, um Hofstadters Argumentation zu verfolgen.

Jedes Kapitel wird mit einem Dialog eingeleitet, der den Inhalt des folgenden Kapitels auf amüsante Weise vorwegnimmt. Im letzten dieser Dialoge tritt sogar der Autor selbst auf und erklärt, dass jeder dieser Dialoge an einer Fuge von Bach angelehnt ist. In den Dialogen werden wie in den Kapiteln die Disziplinen der titelgebenden Persönlichkeiten Kurt Gödel, M.C. Escher und Johann Sebastian Bach auf spannende Weise miteinander verknüpft. Es ist immer wieder überraschend, wie Hofstadter eine Zeichnung von Escher in einem Musikstück von Bach wieder erkennt. Als übergreifendes Element werden die Zahlentheorien des großen Mathematikers Gödel benutzt. Allein schon der Aufbau des Buches kann als geniales Meisterstück gelten.

Bei den zahlentheoretischen Beispielen bin ich nicht immer vollständig mitgekommen, hätte ich mich damit intensiver beschäftigt, hätte es wohl noch ein weiteres Jahr gedauert, das Buch zu Ende zu lesen. Besonders beeindruckt hat mich jedoch ein Kapitel im letzten Drittel des Buchs, in dem Hofstadter den Versuch beschreibt, einem Programm das Bilden von Sätzen und sogar Haikus einzuprogrammieren.

Eine andere Frage bei der Repräsentierung von Wissen ist die nach der Modularität. Wie leicht ist es, neues Wissen einzugeben? Wie leicht ist es, altes Wissen zu revidieren? Wie „modular“ sind Bücher? Es kommt ganz darauf an. … Die Methode, die ich anwandte, war die, jedes Wort – Hauptwort, Verbum, Präposition usw. – verschiedenen „semantischen Dimensionen“ zuzuordnen. So war jedes Wort ein Element der verschiedenen Klassen; dann gab es auch Superklassen – Klassen von Klassen (man erinnere sich an den Ausspruch Ulams). … Die Auswahl von Wörtern war nunmehr semantisch beschränkt, weil verlangt wurde, dass die verschiedenen Teile des zu konstruierenden Satzes übereinstimmen sollten.

Mit dieser semantischen Ordnung von Wörtern gelang es, dass das Programm Sätze ausspuckte, die in einer Gruppe von anderen Sätzen nicht als Computerwerke erkennbar waren. In diesem Fall hat also das Programm den Turing-Test bestanden, wenn auch die Ergebnisse teilweise etwas seltsam waren. Anhand dieser Grammatik untersucht Hofstadter auch die Grammatik der Musik, etwas das zuerst als Widerspruch anmuten mag, von ihm aber schlüssig erklärt wird.

Wer sich darüber traut, wird mit einer spannenden Melange aus den unterschiedlichsten Themengebieten belohnt, unterhaltsam und lehrreich. Dieser Empfehlung hätte ich früher folgen sollen.

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Roman

Ake Edwardson – Der Jukebox-Mann

Einige der schönsten Bücher habe ich aus der Mängelexemplare-Wühlkiste gekramt. „Der Jukebox-Mann“ ist auch so ein Mängelexemplar. Dass es tatsächlich auch ein schöner Roman mit einem überraschend guten Ende ist, erschließt sich aber erst, wenn man sich in die Geschichte eingelesen hat. (Wiederhole ich mich?)

Die Frau im Kiosk hatte ein Gesicht, an das er sich erinnern würde, wenn er sie einmal wiedersähe. Es war gleichzeitig blass und dunkel. Sie war eine Fremde für ihn, und er dachte, sie müsste aus einem anderen Land im Süden kommen. Jetzt verkaufte sie hier Würstchen. Auf dem Marktplatz waren keine Autos und vor dem Kiosk keine Kunden. Deswegen wirkte es sonderbar, dass sie noch geöffnet hatte. Wenn sie überhaupt geöffnet hatte. Vielleicht hatte sie geschlossen und war nur noch nicht gegangen. Aber die Glasluke war offen.

Johnny lebt in seiner eigenen Welt, sein Beruf ist das Aufstellen und Warten von Jukeboxen. Er kommt viel herum und kennt viele Leute, kann jedoch keine näheren Beziehungen zulassen. Erst nach und nach besiegt er die Dämonen seiner Vergangenheit. Als er endlich den richtigen Schritt auf der Suche nach seinem Bruder und damit in seine eigene Zukunft macht, kann er sich auch eingestehen, welche Menschen ihm wirklich wichtig sind.

Weniger halte ich das Buch für ein „Road-Movie“, wie auf dem Klappendeckel angekündigt (möglicherweise hat das meine Entscheidung für den Kauf des Buches beeinflusst, da ich Road-Movies mag) sondern mehr für einen Entwicklungsroman im modernen Umfeld.

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Sachbuch

Herrmann Matzke – Musikgeschichte der Welt

Äußerst sperrig beginnt diese Betrachtung der Musikgeschichte, erschienen bereits im Jahr 1960. Doch gerade dieser Umstand hat es zu spannendem Lesestoff gemacht. (Ich hätte damit noch bis 2010 warten sollen, dann wären es genau 50 Jahre gewesen.)

Die Fähigkeit des Autors, sich in Musik hineinzufühlen, scheint gewaltig zu sein, in blühenden Farben beschreibt er die Werke mancher Künstler, andere reißen ihn weniger zu derartigen Begeisterungsstürmen hin.

Die Krönung von Händels Instrumentalmusik aber bedeuten, die nur mit Bachs „Brandenburgischen Konzerten“ vergleichbaren zwölf „Concerti grossi“, in Groß- und Kleingruppen freizügig und doch formgeballt konzertierende monumentale Charakterwerke, die in alter Form den Geist einer neuen individuellen Welt in kantabel strahlender Streichersprache verkünden.

Leuchtend auch der Text über Ludwig van Beethoven:
Wie Prometheus einst den antiken Göttern das Feuer vom Himmel raubte, so verknüpfte Beethoven das menschliche Erlebnis und den musikalischen Einfall mit den Grundfragen des menschlichen Daseins.

Franz Schubert wird hingegen ein Schaffen von tropischer Fruchtbarkeit attestiert. Weiters liegt dem Autor Richard Wagner besonders am Herzen. Dazu zitiert er aus Theodor Adornos „Versuch über Wagner“ (1952):
„Kein Verfallsmoment in Wagners Werk, dem nicht die Produktivkraft Momente des Werdenden hätte abzuzwingen versucht.“

Der Widerspruch liegt eigentlich bereits im Titel, denn „Musikgeschichte der Welt“ sollte eigentlich mehr sein, als eine Geschichte der klassischen Musik (neuere Strömungen wie etwa Jazz werden in genau einem Absatz angerissen). Ein umfassendes Werk wird jedoch auch niemand erwarten, der dieses Bändchen in Händen hält. Jedoch fragt man sich unwillkürlich, was man wohl in 50 Jahren über die Musik unserer heutigen Zeit schreiben wird. Und wie wir das heute Geschriebene in 50 Jahren beurteilen werden. Eine Zeitreise.

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Klassiker

Eduard Mörike – Mozart auf der Reise nach Prag

Zwischendurch mal ein bißchen kurzweilige ältere Literatur. 1855 von Eduard Mörike anlässlich des 100. Geburtstags des Komponisten geschrieben. Eine Künstlernovelle, die von einer frei erfundenen Begebenheit im Rahmen einer tatsächlich stattgefundenen Reise Mozarts erzählt. Kurzweilig geschrieben, tatsächlich als Novelle eher kurz, Unterhaltsames für zwischendurch.

 

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Sachbuch

Tom Reynolds – I Hate Myself And Want To Die

Ist «Hold My Hand» für die meisten Musikfans eine Art sündige Schlemmerei, als würde man im vegetarischen Restaurant einen Big Mac bestellen, stürzten bei den meisten Leuten die Serotoninwerte in den Keller wie abgeschossene Tontauben, als «Let Her Cry» ins Radio kam und das protzige Musikvideo dazu bei MTV lief (damals, als bei MTV noch Musikvideos liefen).
Let Her Cry – Hootie & the Blowfisch

Meine Theorie: Frauen fühlen sich betrogen oder klagen, während Männer einfach nur so schnell wie möglich Schluss machen wollen. Frauen weben zarte Netze poetischer Leidenschaft, mit der sie das Publikum in den Bann zu schlagen hoffen, während Männer sich auf einfache Urteile verlassen, die sogar ihr Hund verstehen würde.
Brick – Ben Folds Five

Eigentlich ist dem kaum etwas hinzuzufügen. Eine Sammlung tatsächlich deprimierender Songs, wobei ich auch zugeben muss, dass ich nur die wenigsten kannte, weil die meisten davon lange vor meiner Geburt veröffentlicht wurden und möglicherweise in Mitteleuropa überhaupt nie den Bekanntheitsgrad erreicht haben, den sie in Amerika hatten.

Trotzdem handelt es sich bei diesem Werk um ein amüsant geschriebenes Buch, das einen trotz des deprimierenden Themas (:-) durchaus streckenweise durch seine trockene Betrachtungsweise erheitern kann. Man sollte halt nicht in die Luft gehn, wenn einer der eigenen Lieblingssongs in Grund und Boden gestampt wird. Und ich mag halt Evanescence, Nine Inch Nails und Bonnie Tyler!