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Roman

Bernard Cornwell – Der Herr der Schlacht

CN dieses Buch: Krieg, Gewalt, Sterben, Tod, Verletzungen
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Ich hasste keinen der beiden, traute keinem und wollte an ihrem Krieg keinen Anteil haben. Nur dass es auch mein Krieg war. Was auch immer geschah, würde über das Schicksal Northumbriens entscheiden, und ich bin Northumbrier.

Viel zu schnell war ich durch mit diesem letzten Roman der Uthred-Reihe. Ohne zu spoilern lässt sich absolut nichts sagen, ich kann nicht mehr als andeuten, dass ich finde, der Autor hätte es sich ein bißchen zu leicht gemacht. So wie der alte Kriegsherr Uthred der Schlachten müde ist, scheint es auch seinem Erfinder zu gehen. Es scheint also bereits Zeit für das Ende gewesen zu sein.

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Roman

Jean Rhys – Die weite Sargassosee

CN dieses Buch: Rassismus
CN dieser Post: Rassismus


«Es war ein Lied über eine weiße Kakerlake. Damit bin ich gemeint. So nennen sie alle von uns, die hier waren, bevor ihre eigenen Leute in Afrika sie an die Sklavenhändler verkauften. Und ich habe selbst gehört, wie die englischen Frauen uns als weiße Nigger bezeichnen. Und wenn ich das alles höre, frage ich mich, wer ich bin und wo mein Land ist und wo ich hingehöre und wieso ich überhaupt geboren wurde. […] »

Leider habe ich dieses Buch über die letzten Wochen so fragmentiert gelesen, dass ich die Geschichte kaum zusammenhängend beschreiben kann. Und eine Einordnung traue ich mir schon gar nicht zu. Notiert habe ich mir zu diesem Buch leider nur dieses Zitat ohne entsprechende Quelle: „Wide Sargasso Sea imagines the secret life of Jane Eyre’s mad wife in the attic.“ 

… Wenn ich für die Hölle bestimmt war, dann sollte es eben die Hölle sein. Keine falschen Himmel mehr. Keine Magie mehr. Du hasst mich und ich hasse dich. Wir werden sehen, wer am besten hasst. Aber zuerst, zuerst werde ich deinen Hass zerstören. Jetzt. Mein Hass ist kälter, stärker, und du wirst keinen Hass haben, um dich daran zu wärmen. Du wirst nichts haben.

Die Geschichte wird in drei Teilen erzählt, in jedem Teil aus der Sicht einer anderen Person. Durch die unterschiedlichen Perspektiven wird ein detailreiches Bild ermöglicht von Zeit und Ort, von einer Epoche, die von Sklaverei, Rassismus, Heimatlosigkeit und immer wieder Hass geprägt ist.


Herr Rau schrieb über seine Schullektüre und ich wurde durch Beiträge von anderen Blogger*innen auf dieses Thema aufmerksam. Normalerweise interessieren mich solche Stöckchen ja nicht, aber nachdem es hier um Bücher geht, möchte ich auch etwas beitragen. An folgende Klassenlektüren kann ich mich spontan erinnern:

Felix Mitterer: Superhenne Hanna

Vermutlich das erste Buch, das wir als Klasse verordnet bekamen. In meiner Erinnerung geht es um Hühner, die unter der Führung der Titelheldin aus einer Käfigfarm ausbrechen. Eine Mischung aus „alles ist möglich, wenn wir zusammenhalten“ und „Aufstand gegen eine ungerechte Diktatur“.

Karl Bruckner: Sadako will leben

Der Fall der Atombombe auf Hiroshima. Das Buch erzählt die Geschichte von Sadako und ihrer Familie, wie sie in der Kriegszeit vor der Bombe leben und wie sich ihre Welt durch die Bombe verändert. Sadako glaubt bis zum Schluss daran, von der Strahlenkrankheit genesen zu können, wenn es ihr gelingt, 1.000 Origamikraniche zu falten. Ein Anti-Kriegs-Roman.

J. D. Salinger: Der Fänger im Roggen

Damit konnte ich damals überhaupt nichts anfangen. Mir erschien Holden Caulfield als sich selbst bemitleidend und abgehoben.

Madeleine L’Engle: Die Zeitfalte

Hätte damals ein Comfort Read sein sollen und speziell die weibliche Hauptfigur war definitiv eine Ausnahme innerhalb unserer Schullektüre. Leider war mir der Stil komplett unsympathisch.

Gernot Wolfgruber: Herrenjahre

Da habe ich mich durchgequält. Erschien mir damals sterbenslangweilig und bis heute ist mir nicht klar, was der Sinn und Zweck dieses Buches gewesen sein soll.

Ulrich Plenzdorf: Die neuen Leiden des jungen W.

Auch damit wusste ich nichts anzufangen. Das Konzept von Mord oder Selbstmord aus Liebe wollte mir sowieso niemals einleuchten. Beim Überfliegen des Wikipedia-Artikels stieß mir die Formulierung „verkanntes Genie“ ins Auge. Mit diesem Menschentypus komme ich bis heute nicht gut klar.

Das waren natürlich nur einige Bücher aus dieser ganzen Zeit, an die ich mich erinnere. Natürlich haben wir auch klassische Dramen (Antigone, die Version von Jean Anouilh, habe ich damals überhaupt nicht verstanden, warum es für sie so wichtig war, ihren Bruder zu begraben) gelesen oder teilweise als Schauspiel besucht (ich erinnere mich an Wer hat Angst vor Virginia Woolf? im Burgtheater (?), wobei das könnte auch im Rahmen des Theater der Jugend gewesen sein).

Bei vielen dieser Texte hatte ich das Gefühl, dass ich die Inhalte zwischen den Zeilen einfach nicht verstanden hatte, weil sie aus einer anderen Welt stammten. Aus einer Welt, deren Regeln ich als Kind in den 1980ern und Jugendliche in den 1990ern nicht kannte. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, war das vielleicht sogar der Sinn des Ganzen. Uns unbedarften Seelen zu zeigen, dass unsere Welt nicht immer so war und wir an den Errungenschaften festhalten sollten, die uns die vergangenen Generationen erkämpft haben.

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Roman

Bernard Cornwell – Das Königsschwert

Der große Herr Uthred! Eine gewaltige Last senkte sich auf mein Herz, als ich diese Worte hörte. Ansehen! Wir streben danach, wir schätzen es hoch, und dann wendet es sich gegen uns wie ein in die Enge getriebener Wolf.

Wieder überlebt Uthred einen König, genau genommen sogar mehrere. Der Autor lässt in diesem Roman Uthred mehr an sich zweifeln als sonst. Auch eine harsche Demütigung muss er einstecken. Und das nur, weil er wieder mal versucht, seinen Eid zu halten … Versteckt kämpfen sich Uthred und seine Begleiter*innen (tatsächlich!) durch die vom Feind besetzte Stadt. Irgendwann fliegt die Verkleidung natürlich auf. Und wieder warten wir auf ein Wunder, das den Helden aus seiner misslichen Lage rettet … vielleicht habe ich mich nur etwas gelangweilt, weil ich davor die ersten elf Bände der Reihe erneut gelesen habe. Da sind die Parallelen zwischen den einzelnen Schlachten und Situationen dann deutlicher zu sehen, als wenn jedes Buch für sich mit Abstand zu den anderen gelesen wird.

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Roman

Jenny Colgan – The Bookshop on the Corner

Because life is like that, isn’t it? If you thought of all the tiny things that divert your path one way or another, some good, some bad, you’d never do anything ever again.

Als ich dieses Buch vor vier Tagen ausgeliehen habe, dachte ich noch, ich würde auf Urlaub fliegen. Das war angesichts der Entwicklungen der letzten Wochen vermutlich etwas naiv, aber da ich mich auf diese Auszeit schon einige Monate lang freue, wollte ich bis zum letzten Moment nicht die Hoffnung aufgeben. Der letzte Moment war dann die allgemeine Reisewarnung, die am Freitag vom Außenministerium verkündet wurde. Nicht nur die Enttäuschung über die abgesagte Reise war groß, nach hektischen Maßnahmen, um den finanziellen Schaden zu minimieren (die Kurzfassung: zwei unserer gebuchten Hotels waren bereits außerhalb der Gratis-Storno-Phase, erließen uns aber binnen weniger Stunden die Stornogebühren, die Fluglinie war störrisch, ermöglichte aber zumindest ein kostenloses Verschieben des Flugs) und Einkäufen (wenn ich auf Urlaub fahren will, habe ich natürlich keinerlei frische Lebensmittel mehr im Haus), stellte sich die Sorge ein, wie das wohl alles weitergehen soll. Den Samstag verbrachte ich daher nahezu durchgehend lesend im Bett. Seit heute Vormittag gelten auch Ausgangsbeschränkungen.

Letztes Jahr hatte ich mich mit Little Beach Street Bakery von Jenny Colgan recht gut unterhalten gefühlt. The Bookshop on the Corner wäre auch eine echt gute Urlaubslektüre gewesen. Auch wenn die Protagonistin Nina so mancher Leserin etwas zu perfekt sein mag (sie wird als schüchtern und unauffällig hingestellt, erweist sich aber im Verlauf des Buches als warmherzige und hilfsbereite Kämpferin), glänzt die Geschichte mit absurden Einfällen wie dem Bücherbaum und der poetischen Romanze zwischen Nina und Marek. Die Flauschigkeit der Geschichte eignet sich nicht nur als Urlaubslektüre sondern auch als Ablenkung von einer „freiwilligen Beschränkung der Sozialkontakte“.

Just do something. You might make a mistake, then you can fix it. But if you do nothing, you can’t fix anything. And your life might turn out to be full of regrets.

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Roman

Jeanette Winterson – Why Be Happy When You Could Be Normal?

It’s like reading a book with the first few pages missing. It’s like arriving after curtain up. The feeling that something is missing never, ever leaves you – and it can’t, and it shouldn’t, because something is missing.

Spontankauf bei Books & Bagels in Berlin vor etwas weniger als einem Jahr. Pro Tipp: Zuerst die Bücher kaufen. Wir haben Kaffee getrunken und einen ausgezeichneten Bagel gegessen und dann habe ich so viele Bücher gekauft, dass mir ein Gratis-Getränk angeboten wurde.

Die Autorin reflektiert in diesem Werk über verschiedene Aspekte ihrer eigenen Lebensgeschichte. Das obige Zitat bezieht sich auf ihre Adoption. Ihre Kindheit war geprägt von dem Wissen, dass ihre Mutter nicht ihre biologische Mutter ist. Dem Wissen, dass sie anders ist und der Überzeugung, von ihrer biologischen Mutter nicht gewollt worden zu sein. Dieses Thema zieht sich durch das komplette Buch. Es verweist auf das fundamentale Bedürfnis des Menschen nach Gesellschaft, nach dem Gefühl, nicht nur gebraucht sondern auch gewollt zu werden, genau so wie der jeweilige Mensch bereits ist und nicht irgendwie anders.

When I was born I became the visible corner of a folded map. The map has more than one route. More than one destination. The map that is the unfolding self is not exactly leading anywhere. The arrow that says YOU ARE HERE is your first coordinate. There is a lot that you can’t change when you are a kid. But you can pack for the journey …

Ein großer Teil des Buches befasst sich mit dem Aufwachsen als Jugendliche in einer nordenglischen Kleinstadt, die wenig Raum für Individualität bietet. Das Gefühl, anders zu sein, nicht dazu zu passen, anderes zu wollen, als nur sich einzuordnen in den Alltagstrott aus Arbeit, Kirche, Küche, zieht sich durch viele Entwicklungsjahre. Das titelgebende Konzept der Normalität wird hinterfragt und auf den Kopf gestellt. Die von der Autorin beschriebene Familienkonstellation ist keinesfalls als normal (im Sinne von in der Gesellschaft weit verbreitet) zu betrachten. Für Jeanettes Adoptivmutter (im Buch distanziert als Mrs. Winterson bezeichnet) stellt jedoch ihr eigenes Normalitätsideal ein unüberwindbares Bollwerk dar, das von der ausbrechenden Adoptivtochter schließlich ins Wanken gebracht wird. Ihre Erwartungen werden enttäuscht.

Books, for me, are a home. Books don’t make a home – they are one, in the sense that just as you do with a door, you open a book, and you go inside. Inside there is a different kind of time and a different kind of space.

Im dritten Teil des Buches lernt die Autorin schließlich ihre Familie kennen. Sie hat sich durch schlimme Lebensphasen gekämpft (und beschreibt diese auch eindrücklich) und ihre eigene Beziehungsfähigkeit hinterfragt und analysiert. Sie beschönigt den Prozess nicht, ihre biologische Familie entspricht nicht ihren Erwartungen.

Das Konzept der Normalität basiert auf Erwartungen, die gesellschaftlich geprägt sind. Auch die Erwartungen, die jeder von uns sich vermeintlich selbst ausdenkt, sind gesellschaftlich geprägt und von Werten durchdrungen, die wir von unseren Bezugspersonen in verschiedenen Lebensphasen übernommen und (hoffentlich) reflektiert haben. Normal zu sein im Sinne von in die Gesellschaft integriert, nicht auffallend, in einem gängigen Lebensmuster lebend kann für viele Menschen der richtige Weg sein. Normal und glücklich zu sein kann genauso funktionieren. Wenn jedoch die Erwartung, normal sein zu müssen oder zu wollen, dem eigenen Glück im Wege steht, dann sollte jede und jeder Einzelne die Normalität lieber über Bord werfen und alternative Wege ausprobieren.

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Roman

Bernard Cornwell – Der leere Thron

Letztens hatte ich mich kurz gefragt, ob der Cornwell eigentlich kürzlich mal wieder was geschrieben hätte, und daraufhin festgestellt, dass seit dem letzten Mal, dass ich mich das gefragt hatte, bereits zwei Jahre vergangen sind und sogar zwei neue Uhtred-Romane inzwischen erschienen sind. Dafür wollte ich die geschenkten Gutschein-Karten des Mainstream-Bookstores einlösen, bekam aber beim ersten Anlauf nur Der leere Thron.

Das Buch beginnt mit einer Episode aus dem Blickwinkel von Uhtreds Sohn, auf einen kurzen Moment der Verwirrung folgte ein Moment der Erleichterung, als mit dem zweiten Kapitel wieder Uhtred selbst das Erzählen übernimmt. Ich kann es nicht erklären, warum mich diese Geschichte auch im achten Band noch fesselt, obwohl Schlachten, Schwerter und Schildwall fester Bestandteil jedes Bandes sind. Bernard Cornwell pflegt einen Erzählstil, der spannend bleibt und obwohl so mancher Ausgang einer Schlacht vorhersehbar ist, gelingt es ihm immer wieder, überraschende Wendungen einzubringen, die trotzdem nicht unglaubwürdig wirken. Nicht nur einmal musste ich beim Lesen auflachen, weil der körperlich angeschlagene, aber schlaue Uhtred seine Gegner gefinkelt hinters Licht führt. Ach, und für die Read Harder Challenge konnte ich es auch verbuchen: Read a book of historical fiction set before 1900.

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Biografie

Malte Prietzel – Jeanne D’Arc

Ursprünglich hatte ich mir dieses Buch als Material für ein potentielles Projekt ausgeliehen. Als es dann vier Wochen unangetastet herumgelegen war, wurde mir klar, dass es für dieses Projekt wohl doch nicht genug Interesse und Energie in mir gibt. Lesen wollte ich es aber trotzdem noch.

Verständlicherweise würde Gott nur zu solchen Menschen sprechen, die seine Gebote befolgten und ein vorbildliches Leben führten. Echte Propheten fluchten also nicht, sie waren fromm und bekannten sich zu ihrem Glauben in Wort und Tat, sie waren sexuell allenfalls mit ihrem Ehepartner aktiv oder, besser noch, sie lebten enthaltsam. All das traf auf Jeanne zu.

Diese Biografie zeichnet ein ausführliches Sittenbild des Frankreich des fünfzehnten Jahrhunderts. Der Autor erklärt verständlich, wie es dazu kommen konnte, dass ein Bauernmädchen als Kriegsherrin und Prophetin verehrt wurde. Entscheidend dafür war die damalige Religionsauffassung. Jeanne hatte Visionen, sie hörte Stimmen, die sie für die Stimmen von Heiligen hielt. Diese befohlen ihr, die Engländer aus dem teilweise eroberten Frankreich zu vertreiben und Karl VII. zur Königsweihe zu führen. Der oben zitierte Absatz erklärt, warum Jeannes Prophezeiungen schließlich Glauben geschenkt wurde. Hätte irgendjemand Zweifel an ihrer Jungfräulichkeit beweisen können, wäre ihr Leben sicherlich anders verlaufen. Sie glaubte unerschütterlich daran, dass sie auserwählt war, auf Erden Gottes Recht durchzusetzen.

An ihrer Rolle bei der Beendigung der Belagerung von Orléans zeigt sich auch, welche Wirkung sie auf die Bevölkerung hatte. Jeanne war keine Kriegerin, sie verstand nichts von taktischer Kriegsführung, jedoch war sie für die Menschen ein Symbol. Sie trug furchtlos ihre Standarte heran und machte damit den Soldaten und der belagerten Bevölkerung Mut.

Es ist durchaus möglich, dass die französischen Truppen die Belagerung auch ohne Jeanne hätten beenden können. … Aber ohne Jeannes Drängen und ihr Vorbild im Kampf wäre Orléans wohl später befreit worden. Womöglich hätten die französischen Hauptleute so lange gezögert, dass die Stadt kapituliert hätte.

Bei einer so lange zurückliegenden Lebensgeschichte widersprechen sich natürlich viele Quellen. Der Autor versäumt es jedoch nicht, die Aussagen der Zeitzeugen auch anhand ihrer eigenen Interessen zu bewerten und einzuordnen.

Nach Jeannes Gefangennahme wird sie von der gegnerischen Partei als Ketzerin angeklagt. Dieser Prozess wird sehr genau beschrieben, die damaligen Rechtsgelehrten scheinen sich große Mühe gegeben haben, Jeanne auf einer angemessenen Rechtsbasis auf den Scheiterhaufen zu bringen (…). Der Rehabilitationsprozess 25 Jahre nach ihrem Tod diente hingegen nur dazu, den inzwischen über ganz Frankreich herrschenden König vom Verdacht freizusprechen, mit einer Ketzerin im Bunde zu sein. Für ihre Gegner und Nutznießer war Jeanne also nur eine Figur auf dem politischen Schachbrett. An ihren eigenen Ziele und Überzeugungen hielt sie jedoch bis zum letzten Moment fest.

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Roman

Bernard Cornwell – Der Heidenfürst

Ich glaube an den christlichen Gott, aber ich glaube nicht, dass er der einzige Gott ist. Er ist ein eifersüchtiges, missmutiges, einsames Wesen, das die anderen Götter hasst und Ränke gegen sie schmiedet.

Man könnte beinahe den Eindruck bekommen, Uthred würde alt und milde. Doch in der Schlacht und mit List gegen seine Feinde ist er noch immer der gefürchtete Krieger. Erstmals nach Jahrzehnten gelangt Uthred wieder nach Bebbanburg, seine Festung, die ihm sein Onkel als Kind streitig gemacht hat.

Obwohl sich die Dänen über die britannische Insel ausbreiten, gewinnt der christliche Glaube die Überhand. Viele Dänen nehmen den „neuen“ Glauben bereitwillig an und auch unter Uthreds Männern sind so viele Christen, dass die Anwesenheit von Priestern auch in der Schlacht unvermeidlich ist. Doch die Kriege werden nicht mehr aus Glaubenskriegen geführt. Es geht um Land, Macht und Einfluss. Zumeist kämpfen Christen gegen Christen und auch die Trennung Sachsen gegen Dänen ist nicht mehr eindeutig abgrenzbar.

Während des Lesens musste ich mich fragen, ob die Welt überhaupt Kriegsfiktion wie diese braucht und warum mich Uthreds Geschichte überhaupt so mitreißt. Ja, Cornwell schreibt locker und die Buchstaben rinnen einem nur so durchs Gehirn. Aber im siebten Band wird dann doch klar, dass sich das Schlachtengeheul wiederholt. Auch wenn sich der Autor immer wieder neue Feinde und neue Listen einfallen lässt, sehen wir Band für Band wie Uthred in irgendwelche schwierigen Situationen gerät und dann zumeist von einem wenig bis gar nicht erwarteten Deus ex machina gerettet wird. Und dann denke ich mir, warum nicht, wenn es doch Spaß macht, warum nicht im Sommer mal was Entspannendes lesen … man muss auch nicht immer alles bis zum bitteren Ende analysieren. Draußen scheint übrigens die Sonne.

Die Christen reden von einer Seele, auch wenn ich so etwas wie eine Seele nie gesehen, gerochen, geschmeckt oder gespürt habe, aber vielleicht ist die Seele der Geist eines Mannes, und in der Schlacht steigt dieser Geist in die Lüfte empor wie ein Falke.

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Roman

Javier Marias – Alle Seelen

Der Herzog von Cervantes Pequeña (dies war sein Titel) begleitete seinen exilierten König, der sein Reich niemals kennen gelernt hatte, sah zu, wie er den Wagen mit neuen Flaschen füllte, und nachdem er mit ihm eine Flasche auf das Gedanken an Browne oder Marlowe oder irgendeines anderen Klassikers geleert hatte, der an diesem Tag gerade Geburtstag hatte, sah er ihn mit ruhigen Schritten in der Dunkelheit verschwinden, seinen alkoholischen Kinderwagen vor sich her schiebend, vielleicht genau wie ich jetzt bisweilen den meinen schiebe, wenn die Nacht über dem Retiro-Park hereinbricht, nur dass darin mein Kind – dieses neue Kind – liegt, das ich noch nicht gut kenne und das uns überleben wird.

Javier Marías wurde mir in einem Zeitungsartikel angepriesen, natürlich habe ich diese Referenz wieder mal nicht abgespeichert. Ich meine mich zu erinnern, dass es um ein aktuelleres Werk ging, außerdem wurde die Trilogie „Dein Gesicht morgen“ angepriesen. Davon ist jedoch auf Papier nur die gebundene Ausgabe zu haben und auch die (inzwischen verfügbare) Kindle Edition ist mit 19,99 (pro Teil der Trilogie) deutlich teuer. Tatsächlich habe ich jetzt also dieses autobiografisch angehauchte Frühwerk gelesen, das mich eher ratlos zurückließ.

Der Ich-Erzähler beschreibt sein Leben als Dozent in Oxford, seine schrägen Kollegen und seine Affäre mit Clare, die bereits lange vor seiner Abreise durch die Erkrankung von Clares Sohn ein jähes Ende findet. Die meisten dieser Geschichten werden nicht mal als echt verkauft, sondern sind die Interpretation eines gelangweilten Geistes, der in Begegnungen mit Menschen Geschichten hineinfantasiert. Etwa die grotesk überzeichnete Beschreibung des College-Banketts oder die aus Gerüchten komponierte Story über den Spion, der russische Sportler verhört. Wenn man das Prinzip mal kapiert hat, kann man sich durchaus gut unterhalten, aber bei mir sprang der Funke nicht ganz über.

Nur einmal sah ich das Kind oder den Sohn Eric, zu einem Zeitpunkt, da bereits die letzten Tage seines unvorhergesehenen Aufenthalts in der Stadt Oxford zu Ende gingen und mein seelisches Ungleichgewicht am größten war (denn das unmittelbar bevorstehende Ende einer Entbehrung lässt sich nicht gegen die noch andauernde Entbehrung abwägen, wenn diese schon eine Zeitlang gedauert hat oder – unabhängig von ihrer wirklichen Dauer – als dauerhaft oder vielleicht als unbegrenzt empfunden wurde; ich meine, es lässt sich nicht so stark dagegen abwägen, dass man als beendet zu betrachten vermag, was kurz vor seinem Ende steht, aber noch nicht abgeschlossen ist, und was vorherrscht, ist die Furcht, irgendein Zufall – Pech, Umkehrung des Vorweggenommenen – könne diese angehäufte erlittene Gegenwart verlängern: Man spürt keine Erleichterung, sondern noch größere Angst und misstraut der Zukunft nur).

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Klassiker Roman

Charles Dickens – David Copperfield

And now I fell into a state of neglect, which I cannot look back upon without compassion. I fell at once into a solitary condition,– apart from all friendly notice, apart from the society of all other boys of my own age, apart from all companionship but my own spiritless thoughts,– which seems to cast its gloom upon this paper as I write.

Charles Dickens also. Nachdem ich hiermit endlich durch bin, kann ich wohl sagen, er ist einfach nichts für mich. Weltliteratur – ja, vielleicht. So viele Vorleser können schließlich nicht irren. Und retrospektiv betrachtet, verstehe ich jetzt auch, warum John Irving in Gottes Werk und Teufels Beitrag seinen Dr. Larch den Waisenbuben daraus vorlesen lässt (der aktuelle Anlass für mich, diesen Wälzer endlich aus dem Regal zu nehmen). Aber für mich scheint der einfach nicht zu passen. Charles Dickens als Autor, meine ich. Das zeigte sich schon mit Große Erwartungen. Vor langer Zeit gelesen, Film gesehen, Theaterstück gesehen (im Renessaincetheater, erinnere mich nicht mehr genau, wann) und doch mit der Geschichte niemals warm geworden. Ähnlich ging es mir mit Oliver Twist.

But the agony of the mind, the remorse, and shame I felt, when I became conscious next day! My horror of having committed a thousand offenses I had forgotten, and which nothing could ever expiate – my recollection of that indelible look which Agnes had given me – the torturing impossibility of communicating with her, not knowing, beast that I was, how she came to be in London, or where she stayed – my disgust of the very sight of the room where the revel had been held – my racking head – the smell of smoke, the sight of glasses, the impossibility of going out, or even getting up! Oh, what a day it was!

Aber nun zu David Copperfield. Schon als Junge lernt er die Härten des Lebens kennen, sein Vater verstorben, seine Mutter erliegt einem Tyrannen, der sie psychisch schließlich bis in den Tod foltert und den jungen David dann schnellstmöglich los wird. So landet er auf sich selbst gestellt in London und arbeitet sich Stück für Stück hoch zum bekannten Autor. Dabei kann er immer wieder auf die Hilfe des bis zuletzt glücklosen Mr. Micawber zählen. Sein ehemaliger Schulkollege Steerforth führt David auf Abwege und entführt schließlich das Mädchen Emily, die David wie eine Schwester nahesteht. Der Schrecken seiner Jugend, Uriah Heep, verfolgt Copperfield lange Zeit, doch letztendlich findet er seine gerechte Strafe. Seine Jugendfreundin Agnes steht ihm stets zur Seite, auch, als er sich in Dora verliebt, ein pink aufgerüscheltes, dummes Blondchen, das sich nach der Heirat als äußerst unfähige Hausfrau erweist.

I had always felt my weakness, in comparison with her constancy and fortitude; and now I felt it more and more. Whatever I might have been to her, or she to me, if I had been more worthy of her long ago, I was not now, and she was not. The time was past. I had let it go by, and had deservedly lost her.

Was ich gerade so kurz zusammenfasse, zieht sich über viele 100 Seiten, oft steht die altmodische englische Sprache einem einfachen Verständnis des Geschehens im Weg (jaja, mein eigenes Problem, ich weiß), oft bringen auch die altmodischen Gesellschaftsdiktate der damaligen Zeit durcheinander. Ich will mich nicht aufschwingen, zu behaupten, Dickens wäre nicht mehr zeitgeistig, aber für mich war es das mit ihm. Die Plage, diese 716 Seiten im englischen Original zu lesen, war lang und oft wollte ich es bleiben lassen. So sollte Lesen eigentlich nicht sein, daher wende ich mich in nächster Zeit erfreulicherer Literatur zu. Mein Kindle-Archiv ist bis Auf 1Q84 leer und daher müssen dringend Bücher gekauft werden. Und der Büchereiausweis verlängert … für mehr Lesespaß 2013!