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English Jugend Roman

Rachel Cohn & David Levithan – Sam and Ilsa’s Last Hurrah

CN dieses Buch: Alkohol, Panikattacke, Selbstverletzung
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Mit einem Besuch im Mumok, den ihr weiter unten lesen könnt.

How do you leave? You tell yourself you can go home whenever you need to. You tell yourself you’re trying something out. And you find something you love to take with you. You give yourself a chance to be someone else, but you don’t turn against the person you were. You give yourself room to breathe, and then you breathe.

Die Jugendbücher vom Autor:innenteam Rachel Cohn & David Levithan glänzen zumeist mit kreativen Persönlichkeiten, absurden Situationen und spannenden Schauplätzen. Das ist auch in dieser Geschichte so, in der die Zwillinge Sam und Ilsa eine letzte gemeinsame Dinnerparty in der Wohnung ihrer Großmutter feiern, bevor diese Wohnung verkauft werden soll. Zwischen den geladenen Gästen (von denen einer sich als Bauchredner mit Sockenpuppe entpuppt) entwickeln sich Ressentiments und Anzüglichkeiten, Themen aus der Vergangenheit werden aufgerollt und schließlich tiefgreifende Fragen gestellt. Eine Teil-Antwort auf eine wesentliche Frage (How do you leave?) gibt das obige Zitat.

Interessant fand ich auch eine Passage, in der die Klimakrise mit dem Untergang der Titanic verglichen wird. Es geht spezifisch darum, dass New York bei steigendem Meeresspiegel überflutet werden könnte. Mit dem Schluss, dass es eigentlich nicht mehr darum geht, die Katastrophe zu verhindern. Es geht darum, Maßnahmen zu ergreifen, um so viele Menschen wie möglich zu retten.

What I’m saying is – there comes a time, long before the accident, when you decide how many lifeboats the Titanic should have. That’s what we need to do – in many ways it’s the only thing we can do. Make sure we have plenty of lifeboats.


Ausgenutzt habe ich meine Bundesmuseen-Card nicht. Ziemlich überrascht stellte ich in der vorletzten August-Woche fest, dass ich nur noch fünf Tage Zeit hatte. Immerhin ein Museumsbesuch ging sich in der Zeit noch aus. So verbrachte ich drei Stunden eines brütend-heißen Sommertags in den klimatisierten Hallen des Mumok. Während des Museumsbesuchs machte ich nicht nur Fotos sondern auch Notizen auf meinem Telefon, was dazu führt, dass ich ich mich jetzt deutlich besser an die Ausstellungen erinnern kann. Das sollte ich beibehalten.

Ausstellungsräumlichkeiten im Mumok, in Pastellfarben gestrichene Wände mit runden Abschlüssen bilden Räume, an den Wänden sind jeweils einige Collagen aufgehängt, rechts vorne ist eine Collage mit pinken und violetten Elementen zu sehen, die ein geometrisches System zeigt mit einem Element, das möglicherweise eine Rakete darstellt
Ausstellungsansicht, Mumok, Elisabeth Wild, Fantasiefabrik

Ich begann meine Tour im obersten Stockwerk, um mich dann nach unten vor zu arbeiten. Dort sind aktuell unter dem Titel „Fantasiefabrik“ Collagen der Künstlerin Elisabeth Wild ausgestellt. Ihre Collagen bestehen aus Elementen aus Magazinen,
sie enthalten kaum menschliche Elemente sondern hauptsächlich Formen in verschiedenen Farben, die zu neuen Formen kombiniert werden. Teilweise sind architektonische Elemente erkennbar, oft ist aber auch nicht ersichtlich, was die einzelnen Teile ursprünglich waren. Ungenauigkeiten wie schräge Schnittkanten, Blitzer, Haare die mit eingeklebt sind, versehentliche Klebespuren oder  durchscheinender Text von der anderen Seite des Papiers sind deutlich sichtbar.

nebeneinander drei hochformatige rechteckige Collagen. Links: geometrische Kombination aus versch. rechteckigen Elementen, Farbwelt hier gelb, braun, Grautöne. Mitte: prominent ist ein goldener Ring, der sich von den Hintergrundelementen abhebt, Farbwelt gold, braun, rötlich. Rechts: zwei Geländer, die von den Ecken links und rechts oben in die Mitte ragen, geben der Collage Tiefe und lenken den Blick auf die Mitte, wo quadratische Elemente eine Art Fliesenmuster bilden, Farbwelt hier türkis, grau, braun.
3 Collagen aus der Ausstellung Elisabeth Wild. Fantasiefabrik

Wiederkehrende Elemente sind Fenster, Türen oder Treppen, die in eine andere Welt zu führen scheinen, auch Uhren in verschiedenen Formen kommen häufiger vor. Die Collagen scheinen eine Tiefe zu haben, sie existieren auf verschiedenen Ebenen, ohne das konkret durch die Reihenfolge des Aufklebens zu demonstrieren. Die Tiefe wird mehr durch die Richtung schräger Elemente erzeugt. Manche Collagen sind geometrisch, andere bilden eine Art Fantasiewelt, in die die Betrachterin hinein gezogen wird. In dieser Fantasiewelt lässt sich manchmal ein Spiel mit Elementen, wo die Größenverhältnisse vertauscht sind, erkennen zum Beispiel das Bild eines Hauses als Lampenschirm.

Besonders gefallen hat mir, dass jede Collage eine eigene Farbwelt hat, sie sind nicht nur bunt, die Farben passen auch zueinander. Jede Collage könnte Grundlage für eine Farbpalette sein, wie ich sie mir sehr gerne auf Colorpalettes.net ansehe.

Auf dem Papier organisierte Wild die Ausschnitte in Darstellungen, die in ihrer traumhaften, abstrakt-futuristischen Erscheinungsart überraschen. Die geschlossenen Kompositionen rufen mit ihren maskenhaften, architektonischen, naturhaften und abstrakten Mustern bei den Betrachter*innen eine Fülle von Assoziationen wach. (aus der Ausstellungsbroschüre)

Auf der anderen Ebene dieser Ausstellung befand sich ein Kartonraum mit Stoffmustern, Gemälden, Fotos, Inseraten vom Antiquitätengeschäft, das die Künstlerin geführt hat. Diesen Teil der Ausstellung musste ich mir erklären lassen, die Ebene soll ihr Haus bzw. ihren Arbeits- und Lebensraum nachempfinden, daher sind die Wände außerhalb des Kartonhauses auch mit Dschungeltapete beklebt. Die Künstlerin verbrachte ihre „letzten zwei Lebensdekaden“ (Zitat aus der Broschüre, so geschwollen würde ich nie schreiben) in Guatemala.

Ausstellungsansicht im Mumok, links eine schwarze Wand an der drei hochformatige Gemälde hängen, rechts eine schwarze Wand mit einem großformatigen Gemälde, auf dem in unterschiedlichen Schattierungen von schwarz und weiß immer wieder die Worte WE ARE NOT zu lesen sind. Dazwischen ist auf einer weißen Wand dahinter eine Gruppe von hochformatigen Bildern zu sehen, die hauptsächlich Formen wie Kreise, Ovale oder Dreiecke auf unterschiedliche Weise miteinander kombinieren
Ausstellungsansicht, Mumok, Adam Pendleton. Blackness, White, and Light

Ein ziemliches Kontrastprogramm zur oben beschriebenen Ausstellung bildet Adam Pendleton. Blackness, White, and Light. Hier werden Reihen von Bildern mit denselben Formen gezeigt, fast ausschließlich schwarz und weiß, teilweise sind Farbtropfen sichtbar, die nach unten rinnen und mich auf den Gedanken bringen, dass es interessant wäre, diese Bilder umgedreht zu hängen, sodass die Tropfen der Schwerkraft entgegen rinnen. Durch die übereinander liegenden Schichten und die Tropfen, die nach unten rinnen, wirken manche Bilder wie Regenwetter, als würde die Betrachter:in die Welt durch einen Regenschleier sehen. Buchstaben sind auch oft Teil der Gestaltungen, teilweise als Worte oder sogar Sätze (we are not), manchmal aber auch nur als Gestaltungselemente.

Pendleton erforscht Blackness als eine Farbe, eine Identität, eine Methode und ein politisches Subjekt – kurz: als Vielfalt. Er stellt dringliche, doch offene Fragen nach dem Vermächtnis der Moderne in der Gegenwart und reaktiviert dazu quer durch die Medien und Zeiträume Ideen historischer Avantgarden. (aus der Ausstellungsbroschüre)

Wieder einmal stelle ich fest, dass ich mit Videokunst einfach nichts anfangen kann. Die Videoräume sind so abgeschlossen, dass du in einer anderen Welt bist, audiotechnisch ist das eigentlich sehr gut gemacht, du spürst den Bass, das Knarzen der Schuhe auf dem Boden scheint von unten zu kommen, die Musik und der Raumklang von überall. Trotzdem kann ich mich darauf nicht so wirklich einlassen. Vielleicht braucht es einen sanften Einstieg in die Videokunst?

Weiters ist im Mumok noch bis 8. Oktober die Ausstellung Agnes Fuchs. Her Eyes Were Green zu sehen. Hier musste ich wirklich zur Ausstellungsbroschüre greifen, weil mir die ausgestellten Exponate so gar nichts sagten. Die technisch-grafischen Elemente, die auf Wänden und Boden eine Struktur anzeigen, konnte ich zuordnen, aber im Ganzen ergaben die Bilder und Installationen für mich einfach keinen Sinn.

Ausstellungen sind für Künstler*innen und ihre Werke ganz allgemein Bühnen der öffentlichen Präsenz und Existenz. Die Ausstellung ON STAGE zeigt Arbeiten seit etwa 1960, die vorwiegend aus der mumok Sammlung stammen und in denen explizit Darstellungen des Bühnenhaften und des Rollenspiels zu sehen sind. (Text aus der Ausstellung)

Ein buntes Potpourri bildet die Ausstellung ON STAGE – Kunst als Bühne, kuratiert von Rainer Fuchs. Für diese Ausstellung alleine hätte ich mir mehrere Stunden Zeit nehmen können, sie beinhaltet so viele Facetten des Künstlerischen und ich war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr richtig konzentrationsfähig. Neben  Werken der Aktionskunst zum Beispiel von Herrmann Nitsch, Marina Abramovic oder Valie Export, wo das Manipulieren des Körpers (des eigenen oder eines anderen) zum Ausdruck der künstlerischen Vision wird, sind Skulpturen, Fotodokumentationen von Aktionen oder Auftritten, Videokunst zu sehen – insgesamt eine bunte Mischung von Werken, die sich irgendwie mit dem Thema Bühne in Verbindung bringen lassen.

Dabei wird auch tiefgründige Kritik nicht ausgespart, etwa thematisiert die Gruppe MATHILDA unter dem Titel „Kunst als Vorwand“ Gewalthandlungen, die in der Mühl-Kommune als Bühnenspektakel inszeniert wurden.

Meinen Besuch im Mumok habe ich nicht nur deshalb sehr genossen, weil ich bei draußen 35 Grad, knapp drei Stunden in den klimatisierten Hallen verbringen durfte. Es war interessant, selbst zu versuchen, die Kunst einzuordnen und dies dann mit den Ausstellungsbroschüren zu vergleichen. Natürlich maße ich mir nicht an, wirklich zu verstehen, was die Künstler:innen aussagen wollen, dazu fehlt mir einfach das Einordnungswissen. Jedoch allein der Kontrast zwischen den beiden Ausstellungen von Elisabeth Wild und Adam Pendleton zeigt deutlich, dass die Möglichkeiten menschlichen künstlerischen Ausdrucks nahezu endlos sind.

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English Krimi Roman

Colin Cotterill – Der Tote im Eisfach

CN: Sorry, ich habe keine Notizen gemacht, war meine Urlaubslektüre. Es kommt ein Mord vor und auch andere Leichen, aber im Prinzip ist es ein eher unblutiger Krimi.


Während meines Strand-Pool-Familien-Urlaubs hab ich auf meinem eBookReader diesen Krimi aus der Geschichte um den Pathologen Dr. Siri und seine neugierigen Spießgesellen gelesen. Hat mich sehr gut unterhalten, obwohl die Auflösung des Kriminalfalls, an der Dr. Siri diesmal gar nicht beteiligt ist (weil er anderswo zum Austreiben von Geistern benötigt wird), einen Deus-Ex-Machina-Charakter hat. Kurzweilige Geschichte ohne großes Nachdenkpotential, hat für mich für den Urlaub gut gepasst.

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Roman

Kathleen Tessaro – The Debutante

CN dieses Buch: sexuelle Handlungen, Tod eines Elternteils, Tod einer Ehefrau
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  • Bei der Auflösung eines Herrenhauses an der englischen Küste wird ein Schuhkarton entdeckt, der scheinbar unzusammenhängende Erinnerungsstücke enthält: ein paar silberne Schuhe, das Foto eines Matrosen, ein teures Armband. Die Zusammenhänge werden erst zum Schluss vollständig klar.
  • Jede Beziehung in diesem Buch ist irgendwie um das Element Betrug gebaut. Jede Person betrügt entweder oder wurde betrogen. So viele verschiedene Formen von Betrug zu sammeln, ist auch schon mal eine Leistung.
  • Die Erzählweise mit den zwischen gestellten Briefen aus der früheren Zeitetappe ist clever gelöst, manchmal weiß die Leserin so mehr als die suchenden Protagonist*innen, manches ergibt aber auch erst später Sinn.
  • Das Buch hab ich vor Jahren aus einem Bücher-Geocache genommen, inzwischen stand es ganz am Ende des Regals der ungelesenen Bücher. Eigentlich schade, dass ich es solang dort behalten habe, es hat mich gut unterhalten.
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English Roman

Kate Mosse – The Burning Chambers

CN dieses Buch: Dieses Buch spielt im Mittelalter, der Titel ist eine direkte Referenz auf die Folterkammern der Inquisition. Entsprechend der Epoche enthält das Buch rassistische und anti-feministische Elemente sowie Gewalt, Gefangenschaft und Folter. Wenn eins dieser Themen für euch schwierig ist, rate ich euch von diesem Buch ab.


Aus Zeitgründen nur ein paar Stichworte:

  • Religionskrieg. Die Protestanten wollen sich von den Katholiken nicht mehr weiter unterdrücken lassen. Die Katholiken wiederum bestehen auf der Deutungshoheit der Heiligen Schrift und setzen diese auch mit Waffengewalt gegen alle Widerstände durch. Wozu ein fanatischer Glaube Menschen treiben kann, wird hier deutlich.
  • Intrigen ohne Ende.
  • Starke Vibes von Les Misérables: Die Barrikaden in der Stadt, auf denen die aufgeklärten Studenten sich den katholischen Truppen entgegen stellen. Der tapfere junge Mann, der eigentlich nur die Frau, die er liebt, in Sicherheit bringen will, aber trotzdem treu an der Seite seiner Kameraden steht. Das ist jetzt irgendwie auch nichts Neues.
  • Eine Familiengeschichte im Hintergrund, ein Erbe, von dem die erbende Person gar nichts weiß, das jedoch sie und ihre Familie allen möglichen und unmöglichen Gefahren aussetzt.
  • Schön gesponnen und hat mich ein paar Tage lang unterhalten. Und natürlich ein Happy End.
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English Krimi Roman

Louise Penny – The Madness of Crowds

CN dieses Buch: Mord, Erwähnung von Sklaverei, Vergewaltigung und Folter, Euthanasie, Eugenik, Suizid, Demenz, Pandemie
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This case was triggering all sorts of strong emotions, in them all. Including himself.

Aus Gründen kann ich aktuell nicht so viel schreiben, ist aber bei einem Louise-Penny-Roman auch gar nicht nötig. Die sind immer gut und komplex und werfen Fragen auf, die wir uns alle viel zu selten stellen, weil sie einfach unangenehm sind. Obwohl der Roman post-pandemisch spielt, zieht sich die Pandemie als Thema durch die Geschichte, wie die Autorin auch selbst im Nachwort anmerkt („the experience, the theme of a contagion, reverberates throughout the book“). Der tatsächliche Kriminalfall gerät unter all diesen schwierigen Themen (siehe CN) beinahe in den Hintergrund.

It was frightening. All those people chanting. Supporting her. Supporting killing others so they could be safe. How did it come to this?

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Krimi Roman

Volker Kutscher – Olympia

CN: Dieser Roman spielt in Berlin in den Jahren 1936/37, zu einer Zeit, als die Macht der Nationalsozialisten ständig wuchs und die Verletzung von Menschenrechten immer mehr zum Alltag wurde. Dieses Buch enthält Erwähnungen und Beschreibungen von damals gängigen Praktiken wie zB rassistischen und ableistischen Beleidigungen, Gewalt gegen Andersdenkende, Folter, Holocaust und Konzentrationslagern. Wenn dieses Thema für euch schwierig ist, rate ich euch von dieser Romanreihe ab und spezifisch auch nochmal von diesem Buch, das für mein Gefühl das Level noch etwas höher schraubt als es in den früheren Büchern der Reihe bereits war.


Eine Kriegsfahne in einem Dorf des Friedens – auf solch eine Idee konnte auch nur die Wehrmacht kommen, dachte Rath.

Den historischen Hintergrund dieses Romans bilden die olympischen Spiele in Berlin im Jahr 1936. Während die Nationalsozialisten ihre (öffentlich sichtbaren) Aktivitäten zurückschrauben, um die ausländischen Besucher:innen nicht zu verschrecken, bietet das olympische Dorf für andere die Gelegenheit, sich unliebsamer Mitwisser (ausschließlich Männer) früherer Gewalttaten zu entledigen. Dabei tauchen Figuren aus früheren Büchern wieder auf, Fehler und Geheimnisse werden weiterhin nach Möglichkeit vertuscht und/oder zu erpresserischen Zwecken genutzt. Über all dem schwebt die wachsende Bedrohung durch die nationalsozialistische Ideologie. Wie so viele andere erliegt auch Kommissar Rath momentan dem Trugschluss, dass er als einfacher Befehlsempfänger nichts zu befürchten hätte. Gleichzeitig bieten die Olympischen Spiele für den jugendlichen Fritze die Gelegenheit, die nationalsozialistische Ideologie zu hinterfragen: für den Jungen, der den schwarzen US-Sportlern zujubelt, erschließt sich nicht, warum diese anders behandelt werden als beispielsweise die finnischen Sieger.

Manchmal frage ich mich, warum irgendein Mensch solche Bücher schreiben will, was dann weiter führt zu der Frage, warum so viele Menschen sie lesen. Und dann denke ich, dass es gerade jetzt wieder wichtig ist, aufzuzeigen, wie sich Faschismus langsam in eine Gesellschaft einschleicht. Und viele erst dann merken, dass die Demokratie in Gefahr ist, wenn es bereits zu spät ist.

Niemals vergessen.

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English Jugend Roman

Tamara Ireland Stone – every last word

CN dieses Buch: Mobbing, OCD, Suizid
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Um jegliche Spoiler zu vermeiden, werde ich mich hier kurz halten. Die Protagonistin Sam(antha) steckt in der schwierigsten Situation, die sich ein Teenager auf der Highschool vorstellen kann: sie gehört zur Gruppe der populären Mädchen, lebt jedoch in ständiger Angst davor, dass diese herausfinden könnten, dass Sam eben nicht wie sie ist. Sam leidet an einer Zwangsstörung und kämpft ständig mit negativen Gedanken und Sorgen.

Neben der verletzlichen und trotzdem starken Protagonistin profitiert das Buch am meisten von der Poesie, die schließlich die Veränderung in Sams Leben herbeiführt. Worte, Gedanken, Reime, Musik. Dadurch findet Sam einen Weg, die negativen Gedanken aus ihrem Kopf zu bekommen bzw. in sinnvolle Bahnen zu lenken.

Für mich war dieses Buch in mancher Hinsicht eine Erinnerung an meine eigene Teenager-Zeit. An das verzweifelte Verlangen danach, gleichzeitig möglichst normal zu sein, aber eben doch etwas Besonderes und daher bewundernswert, kann ich mich noch lebhaft erinnern. Auch wenn ich den Begriff der Normalität schon seit Längerem hinterfrage und auch versuche, ihn aus meinem Alltagssprachgebrauch zu verbannen, wird diese Zeit immer prägend für mein weiteres Leben bleiben.

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English Erfahrungsbericht Essays

Alain de Botton – Essays in Love

CN dieses Buch: sexuelle Handlungen, Suizidgedanken
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In diesem Essay-Band beschreibt der Autor den Verlauf einer Liebe vom ersten Kennenlernen über das Entstehen der Beziehung bis zum unrühmlichen Ende inkl. der Trauerphase, die beim Autor darauf folgt. Dabei beschreibt er im Detail sowohl die Anfangszeit, in der der frisch geliebte Mensch durch die rosarote Brille gesehen wird und mit allen Mitteln beeindruckt werden will. Im Verlauf der Beziehung stellt sich der Alltag ein; aus Kleinigkeiten, die eigentlich bedeutungslos sind, entwickeln sich Konflikte epischen Ausmaßes.

Diesen gesamten Verlauf untersucht der Autor aus einer philosophischen Perspektive. Er sucht nach den wichtigen Konstanten im Leben seiner Partnerin ([…] the great themes of her life […]), analysiert die Beziehungsdynamiken und sein eigenes Verhältnis zum allgemeinen sowie zum Beziehungsglück.

It is easiest to accept happiness when it is brought about through things that one can control, that one has achieved after much effort and reason. But the happiness I had reached with Chloe had not come as a result of any personal achievement or effort. It was simply the outcome of having, by miracle of divine intervention, found a person whose company was more valuable to me than that of anyone else in the world.

Beim Lesen darf nicht vergessen werden, dass die Originalausgabe 1993 erschienen ist, was dazu führt, dass manche Umgangsweisen oder Ausdrücke heute antiquiert wirken. Und natürlich handelt es sich um eine cis-heterosexuelle seriell-monogame Beziehung, wie sie vor 30 Jahren allgemein verbreitet war und in weiten Teilen der Gesellschaft auch heute noch ist. Was mich auf den Gedanken bringt, dass ich so eine philosophische Abhandlung von Beziehungsthemen gerne mit aktuelleren Konfigurationen (queer, poly, patchwork) lesen würde. Empfehlungen gerne an meinen Mastodon-Account.

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English Krimi Roman

Louise Penny – All The Devils Are Here

CN dieses Buch: Mord, Folter-Erwähnung, Holocaust-Erwähnung
CN dieser Post: Holocaust-Erwähnung


If this was the right thing to do, why did it feel so wrong? But no, it didn’t feel wrong. It felt wretched. Horrific. A nightmare. But somethimes “right” felt like that.

Da ich gerade erst das vorherige Buch der Armand-Gamache-Reihe gelesen hatte, konnte ich hier sehr deutlich sehen, wie sich das im letzten Buch angedeutete Thema in diesem Buch weiter entwickelte: Dort wurde die Frage gestellt, was der Vater Armand Gamache alles bereit wäre zu tun, wenn das sein Leben eines seiner Kinder auf dem Spiel stünde. Wie reagieren Menschen, wenn sie mit der größten Angst ihres Lebens konfrontiert werden?

In diesem Buch wird diese Frage Realität, denn nun ist die Gamache-Familie gleich auf mehrere Arten in den aktuellen Mordfall verwickelt. Das Aufwachsen von Armand Gamache wird thematisiert: mit seiner Großmutter Zora (auf deren Verurteilung der Mörder*innen der Nazizeit er seine Entscheidung für die Arbeit bei der Sûreté zurück führt) und seinem Onkel Stephen, der nun nach einer Attacke auf offener Straße im Krankenhaus um sein Leben kämpft. Diese Einblicke in das Leben des jungen Armand tragen dazu bei, den Charakter weiter zu vertiefen und seine Handlungsmotivationen zu verstehen.

If there was one thing the senior police officer [Gamache] understood, it was that everyone had strengths. And weaknesses. The important thing was to recognize them. And not expect something from someone who didn’t have it to give.

Weiters wird die Beziehung zwischen Armand und seinem Sohn Daniel intensiv beleuchtet. Der Graben, der die beiden schon seit einigen Büchern trennt, wird nun zuerst größer und dann im Rahmen der dramatischen Ereignisse schließlich überbrückt. Diese Emotionen klingen in der Beschreibung so logisch, so klar und deutlich und doch waren sie für mich als Leserin absolut nicht absehbar. Das Rätsel dieser komplexen Vater-Sohn-Beziehung ist beinahe so spannend und verwirrend wie der eigentliche (Mord-)Fall, bei dem letztendlich ein finanzielles Motiv aufgedeckt wird.

Eine ausgezeichnete Fortsetzung der Serie. Einziger Wermutstropfen: die sympathischen Charaktere aus Three Pines kommen nur in wenigen Andeutungen vor. Stattdessen gibt es Paris.

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Erfahrungsbericht Memoir Reise

Peter Mayle – Mein Jahr in der Provence

CN dieses Buch: Gewalt gegen Tiere (Jagd, Entweidung, Stopfleber), Alkoholmissbrauch
CN dieser Post: Erwähnung von Alkohol


Auf meiner letzten Reise fischte ich dieses äußerlich deutlich gealterte Buch aus einem offenen Bücherschrank. Heute würde es in die Kategorie Travel Memoir fallen, ob das damals wohl schon ein Genre war? Der britische Autor Peter Mayle beschreibt den Verlauf eines Jahres in der französischen Provence, wo er sich als Zugezogener mit seiner Frau mit den Eigenheiten der lokalen Bevölkerung und der Tourist:innen auseinandersetzt.

Man kann diese Sommerprovenzalen nicht übersehen. Sie haben saubere Schuhe und die Haut von Menschen, die selten an der frischen Luft sind; sie haben grellbunte, neue Einkaufstaschen und makellose Autos. Durch die Straßen von Lacoste und Ménerbes und Bonnieux treiben sie in der Trance von Menschen auf Besichtigungstour und beäugen die Dorfbewohner, als wären die ebenfalls rare rustikale Sehenswürdigkeiten.

Es wird viel und gut gegessen, Wein und Pastis fließen in Strömen. Handwerker kommen dann, wenn es ihnen passt und werden nie zeitgerecht mit der Arbeit fertig. Besonders lustig fand ich den Abschnitt, der ein Ziegenrennen in einer nahe gelegenen Ortschaft beschreibt. Dabei stellt sich schnell heraus, dass Ziegen ihren eigenen Kopf haben und sich nicht gern vor einen Karren spannen lassen, den sie zur Belustigung der Menge möglichst schnell ins Ziel bringen sollen.

Das Buch hat mich auf meiner Reise bis nach Hause begleitet, ich hatte einfach kaum Zeit zum Lesen. Jetzt werde ich es in den nächsten Bücherschrank stellen und wieder auf die Reise schicken.