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Roman

Gertraud Klemm – Aberland

Warum wir nicht Papas Geld nehmen? Schon das Kindergartenkind hat ein Gespür für die Heilsversprechen konservativer Familienpolitik, […]

Dieses Buch erzählt abwechselnd aus den Leben von Franziska und Elisabeth, (es folgt ein kleiner Spoiler), wie sich Stück für Stück herausstellt, ist Elisabeth Franziskas Mutter. Beide reflektieren über ihr Leben, mit ihren Kindern, mit ihren Ehepartnern, über die Rollen von Frauen, die sich zwischen den Generationen leider nur sehr marginal verändert haben.

[…] sie hat kein schlechtes Gewissen mehr, immerhin ist sie Mutter, sie wird sicher bald schwanger und dann hat sie noch neun Monate, streng genommen ist sie in der Endphase ihrer Doktorarbeit, Mutter, und Veganerin ist sie jetzt auch noch, und burnoutgefährdet; irgendwo muss man Abstriche machen.

Franziska ringt mit ihrem Leben. Dem Sohn zuliebe hat sie ihre Dissertation unterbrochen; die Frage, warum Mama überhaupt arbeiten muss, wo doch Papa ohnehin Geld hat, ist einem Dreijährigen kaum zu erklären. Franziskas Ehemann wünscht sich (mindestens) ein zweites Kind, während Franziska nur aufatmet, dass Manuel endlich „aus dem Gröbsten raus ist“.

Franziska, das Gegenteil. Immer schon eine kleine Erwachsene, mit ihrer schlechten Laune und dem Verantwortungsgefühl für die ganze Welt. Als Kind schon mit der Furche zwischen den Augenbrauen, mit den strengen Gesetzen, die zu befolgen sie sich zwang.

Franziska fühlt sich offensichtlich von den unzähligen an sie gerichteten Erwartungen unterdrückt, Elisabeth hingegen urteilt, dass Franziska sich immer schon an von ihr selbst aufgelegte Regeln hielt. Vielleicht kann beides nebeneinander Richtigkeit haben, denn auch der Widerstand gegen gesellschaftlich auferlegte Normen kostet Kraft. Aus einer sicheren Position heraus ist es oft einfacher, sich den Normen anzupassen, als gegen sie zu kämpfen.

Etwas von ihr musste übrig bleiben, für die Zeit danach, wenn Manuel groß ist, dann ist sie Mitte fünfzig, was ist dann, welche Bedeutung hat sie dann, […]

Zwischen ihrer Dissertation, dem Haushalt, der Ehe, dem Kind sucht Franziska nach dem, was von ihr selbst eigentlich übrig bleibt. Der ständige Vergleich mit den anderen scheinbar perfekten Müttern tut sein Übriges, um das Wohlbefinden zu beeinträchtigen. 

[…] wie machen die das, die beruflich erfolgreichen Mütter, die ihr Recht auf Bildung eingelöst und sich trotzdem nicht der Fortpflanzung verweigert haben, wie sieht es bei denen zu Hause aus, stapeln sich da der Dreck und die Rechnungen?

Diese Aufzählung von weiblichen Klischees könnte lustig sein, wenn sie nicht so viel Wahrheit beinhalten würde. Für eine Satire fehlt jedoch der Biss, das Leben der beiden Frauen plätschert zwischen Gesellschaft und Familie dahin. Die Gewöhnlichkeit trieft zwischen den Zeilen durch.

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Sachbuch

Andreas Salcher – Erkenne dich selbst … und erschrick nicht

Andreas Salcher war mir aus den Medien aufgrund seiner Beiträge in den Bildungsdebatten der vergangenen Jahre ein Begriff. Dieses Buch stach mir in der Auslage einer geschlossenen Buchhandlung ins Auge und traf in diesem Moment einen Nerv bei mir. Sich selbst erkennen und dann mit sich selbst leben können, das wäre doch mal wirklich eine angenehme Entwicklung. Der Klappentext verspricht Auseinandersetzungen zu den Themen Wie man seine Freunde auswählt oder dem Dilemma zwischen Gefühl und Verstand. Schon die Einleitung holte mich dann auf den Boden der Tatsachen zurück. Der Autor beschäftigt sich hier mit dem Werk des Jesuitenprofessors Balthasar Gracián, das bereits 1653 veröffentlicht wurde. In diesem Handorakel und Kunst der Weltklugheit sammelte Gracián 300 Regeln, die sich mit den Themen Macht, Herrschaft, Gesellschaft und Disziplin beschäftigen. Andreas Salcher hat nun diese Regeln auf ihren heutigen Gehalt untersucht und dabei Erstaunliches festgestellt: viele von Graciáns Regeln sind auch heute noch sinnvoll und anwendbar.

Das Kapitel Über den Umgang mit Feinden beschäftigt sich zum Beispiel mit dem Thema, dass man seine Gegner und Schlachten klug auswählen soll. Nicht jede Nichtigkeit ist einen Kampf wert und unsere Energien müssen wir uns einteilen und für die wirklich wichtigen Dinge einsetzen.

Es ist sehr verkehrt, wenn man sich zu Herzen nimmt, was man in den Wind schlagen sollte. Viele Sachen, die wirklich etwas waren, wurden zu nichts, weil man sie ruhen ließ: und aus anderen, die eigentlich nichts waren, wurde viel, weil man sich ihrer annahm. Anfangs lässt sich alles leicht beseitigen, späterhin nicht. Oft bringt die Arznei die Krankheit hervor. Und nicht die schlechteste Lebensregel ist: ruhen lassen. (Originalzitat Gracián)

Ein für mich sehr interessanter Teil des Buches beschäftigt sich mit der Frage, wie man kluge Entscheidungen trifft. Die darin beschriebenen Modelle (etwa das jesuitische Entscheidungsmodell von Ignatius von Loyola) sehe ich für mich zwar nicht in Frage kommen, jedoch ein Zitat aus dem Fazit sollte sich jeder vergegenwärtigen, der irgendwann so etwas wie Seelenfrieden finden will:

Wir müssen uns damit abfinden, dass wir zwar nach allen Regeln der Kunst klug entscheiden können, aber trotzdem keine Garantie für den guten Ausgang erhalten werden. (Andreas Salcher)

Alles in allem bin ich nach der Lektüre dieses Buches mit meiner Selbsterkenntnis nicht besonders weiter gekommen (man könnte auch sagen, ich wäre zu faul für die nötige Erkenntnisarbeit …) aber immerhin habe ich jetzt ein neues Buch zum Thema Entscheidungen auf der Leseliste.

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Roman

Kristín Marja Baldursdóttir – Hinter fremden Türen

In Island gibt es keine Eisenbahnen.

Wenn man so will, könnte man dieses Buch als modernen Entwicklungsroman bezeichnen. Die Protagonistin Kolfinna treibt ziellos durchs Leben. Kürzlich hat sie ihren Job verloren und sich von ihrem Partner getrennt, wohnt nun wieder bei ihrer Mutter und übernimmt als Freundschaftsdienst für ihre schwangere Freundin Mathilda deren Putzkunden. Daraus ergibt sich so manche Verwicklung, die Kolfinna Stück für Stück aufzeigen, was in ihrem Leben alles schief läuft. Unerfreulicherweise wird der Knalleffekt zum Schluss nur mangelhaft aufgelöst. Die Idee ist gut und hat mich wirklich überrascht, aber welche Auswirkungen das auf Kolfinnas weiteres Leben haben wird, bleibt komplett offen. Viele Möglichkeiten wurden im Laufe der Geschichte angedeutet, da hätte ich mir doch eine Entscheidung der Autorin erwartet, wie es der Protagonistin nun ergehen soll.

Reading Challenge: A book at the bottom of your to-read list

NOTE: Da ich beim Umzug im vergangenen Sommer das Bücherregal komplett durcheinandergeworfen habe, konnte ich nicht mehr rekonstruieren, welches Buch tatsächlich schon am längsten im Regal steht. Aber dieses hat dort jedenfalls schon sehr lange gewohnt.

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Sachbuch

Robert Betz – Willst du normal sein oder glücklich?

Es ist mir nach wie vor schleierhaft, in welcher Gemütsstimmung ich mich befunden haben muss, als ich dieses Buch aus dem Regal des Buchgeschäfts nahm und es nach der Lektüre des Klappentexts nicht zurückstellte sondern stattdessen zur Kasse trug. Hätte ich mir die Zeit genommen, vor dem Kauf wenigstens die erste Seite zu lesen, wäre dieser Blog Post nicht passiert …

Zu meiner Verteidigung kann ich sagen, dass mich die Frage, was denn eigentlich „normal“ ist, ständig begleitet und immer wieder beschäftigt. Wer in irgendeiner Form nicht „normal“ ist, fällt auf. Auffallen kann positiv oder negativ sein. Wer auffällt, erntet Reaktionen, diese können je nach Person und Situation positiv oder negativ ausfallen. Wer „normal“ ist, fällt nicht auf, gliedert sich in die jeweilige aktuelle Gesellschaft ein und „passt dazu“.

Jeder Leser dieses Buches wird erkennen, warum er in seinem Leben dort steht, wo er gerade steht, und auf welche Weise seine Mangelzustände, sein Leiden, sein Gefühl der Unfreiheit und Begrenzung entstanden sind.

Laut dem Autor leiden wir also allesamt an Zwängen, fühlen uns eingesperrt ins Korsett des „normalen“ Lebens. Unsere Unfreiheit macht uns unglücklich. Schuld daran? Natürlich unsere grausame Kindheit. Die Lösung: Erkenntnis, Verstehen und Vergeben. Wir haben es selbst in der Hand. Du hattest eine unglückliche Kindheit? Hey, chillax deine Base, lass es hinter dir, schließe ab und sofort wirst du glücklich! [Ironie Ende]

Jede Zurückweisung, jedes Verlassenwerden und Alleinsein, jeder Moment der Enttäuschung, als du nicht geliebt, sondern kritisiert oder gar geschlagen wurdest, ist mit all deinen Gefühlen und deinen Gedanken wie auf einer großen Festplatte in dir gespeichert und abrufbar.

In weiteren (kurzen) Kapiteln ergeht sich der Autor unter anderem darüber, dass wir in der Kindheit verinnerlicht hätten, uns selbst nicht zu lieben, uns „nicht so wichtig zu nehmen“. Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Autor jemals selbst an Kindererziehung mitgewirkt hat. In meinen eigenen Erfahrungen mit Kindern geht es bei dem Hinweis zumeist darum, den Kindern bewusst zu machen, dass es nicht möglich ist, ihren eigenen Willen ohne Rücksicht auf andere durchzusetzen. Wer nicht als Einsiedler im Wald leben will, wird lernen müssen, dass die eigenen Bedürfnisse wichtig sind, aber nicht immer im Vordergrund stehen können.

Endgültig absurd wird es, als der Autor die mangelnde Selbstliebe des Menschen als Auslöser für alle möglichen Krankheiten identifiziert. Wenn man seinen Körper nicht liebe, reagiere dieser mit Verstimmung und lasse beispielsweise das Zahnfleisch zurück gehen, wenn der Mensch nicht in der Lage sei, Zähne zu zeigen. Auf der nächsten Doppelseite preist er dann seine Meditations-CDs an, mit dem man seinem Körper etwas Gutes tun kann (soll!). Im Prinzip wird in jedem Kapitel zumindest einmal auf eine Mediations-CD des Autors verwiesen. Sammle sie alle und du wirst nie mehr unglücklich sein!

Um nicht ungerecht zu sein, muss ich zugeben, dass im dritten Teil (praktische Übungen) dann doch einige Anregungen waren, die ich zwar in dieser oder einer anderen Form schon mal gehört oder gelesen hatte, woran man aber immer wieder erinnert werden muss. Daran, dass das Leben jetzt ist und nicht in der Zukunft oder der Vergangenheit statt findet, darf man sich gern immer wieder mal erinnern (lassen). Dass man sich selbst vergeben soll, dass (vermeintliche) Fehler oft gar nicht so tragisch sind, dass man sein Leben selbst in der Hand hat. Ein kleiner, wahrer Kern zwischen der Werbung für Meditations-CDs.

Reading Challenge: A book by an author you’ve never read before
(and will never read again …)

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Roman

Sonia Laredo – Das Glück der Worte

Denn um aus meinem Leben ein Kunstwerk zu machen, muss ich meine Fehler bewusst korrigieren und aus ihnen lernen. Obwohl ich manchmal denke, dass es ganz angenehm sein kann, auch mal den Mut zu verlieren.

Wieder ein Buch, das zu großen Teilen in einer Buchhandlung spielt (zuletzt Mr. Penumbra’s 24-hour book store) mit einer Protagonistin, die (zu Beginn) nur ihre Bücher liebt. Außerdem spielt das Buch in Spanien, also insgesamt keine allzu schlechte Ausgangsposition. Trotzdem driftete mir das Buch teilweise zu sehr ins unrealistisch Märchenhafte ab. Der blumige Schreibstil spricht mich an und macht mich dann teilweise sprachlos ob der kompletten Abgehobenheit von der Realität.

Das Leben bietet verschiedene Möglichkeiten, völlig unterschiedliche Wege; und der Weg, für den man sich entscheidet, führt einen in einen ganz bestimmten Hafen.

Die Geschichte spielt im Heute. Die Protagonistin Brianda verliert ihren Job als Lektorin in Madrid und bricht ohne groß nachzudenken (!) ihre Zelte ab, um aufs Land zu fahren. Sie landet in einem idyllischen Dorf am Jakobsweg, wo ein Buchhändler, der sich zur Ruhe setzen will, einen Nachfolger für sein Geschäft sucht. Er nimmt Brianda bei sich auf, gibt ihr jedoch die Auflage, dass sie erst den in der Buchhandlung versteckten Schatz (!) finden muss, bevor sie seine Nachfolgerin werden kann. Als Brianda ihren Mietwagen in der nächstgelegenen Stadt zurückgeben möchte, landet sie in einem Sturm und schließlich mit einem fremden Mann in einer Blockhütte. Die spröde Brianda lässt sich verführen (!) und wird natürlich schwanger. Natürlich bleibt es nicht bei dieser Begegnung. Der Fremde lebt in Nuba und ist mit einer Verrückten verheiratet. Verrückt geworden aufgrund des Verlustes des gemeinsamen Sohnes, wie man sich in der Stadt erzählt.

Es gibt Dinge, die nicht in unserer Macht stehen. Wunder können wir nur bei uns selbst bewirken, nicht bei anderen … Manchmal sind die anderen wie der Mond. Auch wenn sie viel näher sind, können wir sie dennoch nicht berühren.

Stück für Stück deckt Brianda die Geschichte auf. Naiv kauft sie das Haus, in dem der Junge ertrunken sein soll. Die Schwangerschaft nimmt sie stoisch zur Kenntnis, obwohl ihr Auskommen in kleinster Weise gesichert ist und das Kind keinen Vater haben wird, obwohl dieser in nächster Umgebung lebt (!). Ihre Schwangerschaft macht Brianda zum Zielobjekt der verrückten Ehefrau. Briandas passive Art lässt sie sehenden Auges ins Unglück laufen.

Nach meinem Empfinden krankt die Geschichte am Konflikt, ein modernes Märchen sein zu wollen. Brianda zweifelt nicht, hinterfragt nicht, so viele Erkenntnisse scheinen vorhersehbar und erst das überraschende Finale zeigt, dass doch etwas mehr hinter der Geschichte steckt. So weit könnte ein ungeduldiger Leser aber vielleicht nie kommen.

Musikalische Randnotiz: Kürzlich flog mir wieder eine erfreuliche Album-Neuveröffentlichung zu. Vertical Horizon hatte ich leidenschaftlich gehört, zum Beispiel finden sich You’re a god und I’m still here auf meinen Favourites-Alben. Das neue Album Echoes from the underground kann nach mehrmaligem Hören mit den Favourites nicht ganz mithalten, macht mir aber trotzdem so große Freude, dass ich aufpassen muss, mit den Podcasts nicht völlig ins Hintertreffen zu geraten. Es wird Zeit für den Frühling. Urlaub wäre auch nicht schlecht.

Reading Challenge: A book by a female author

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Roman

Rocko Schamoni – Tag der geschlossenen Tür

Nach ein paar Metern bleibt die Tüte liegen, also bleibe ich ebenfalls stehen und schaue mich verschämt um. Wie kann man nur so planlos sein? Schuld baut sich in mir auf. Schuld wegen meiner Antriebslosigkeit, meiner Unentschlossenheit, meiner Ausgeliefertsein. Schuld wegen meiner Schwäche.

Antriebslosigkeit. Das trifft es im Prinzip ziemlich gut. In diesem Absatz auf Seite 8 des Buches folgt der Protagonist Michael Sonntag (schon wieder ein Wochentagsnachname, siehe Guy Montag in Fahrenheit 451) einer herumwirbelnden Plastiktüte – American Beauty lässt grüßen.

Ich werde versuchen, niemals so schicksalsergeben zu sein. Lieber kämpfe ich bis zum letzten Augenblick gegen die Vorbestimmung an, um das Leben selbst in der Hand zu behalten. Auch wenn das mein Schicksal sein sollte.

Wie kann man überhaupt gegen die Vorbestimmung ankämpfen? Egal, was man tut, wenn man an Vorbestimmung glaubt, lässt sich immer argumentieren, was man gemacht hat, wäre vorbestimmt, auch wenn man glaubt, eigentlich das andere gemacht zu haben. Zu philosophisch. Michael Sonntag also lebt offenbar rein von einer Kolumne für ein städtisches Blatt, eine andere ernsthafte Arbeit verrichtet er nicht. Stattdessen lebt er in den Tag hinein, gibt sich als Museumswärter aus, schmachtet eine Verkäuferin an, ärgert sich über dies und das. Er weiß zwar im Großen und Ganzen, was er nicht will, aber sonst eigentlich nichts. (Merkt man, dass er mir unsympathisch ist?)

Ich frage mich, wer von denen, die ich kannte, seinen Träumen nähergekommen ist. Kenne ich jemanden, dessen Vorstellungen von sich selbst wahr geworden sind? Der ein klares Bild von sich und seinen Zielen hatte und dieses Bild auch einlösen konnte?

Die Selbstreflexionen haben mich dann doch immer wieder so reingezogen, dass es mich fast ärgert, das zuzugeben. Antworten? Fehlanzeige. Nur immer neue Fragen, als ob man sich als grüblerisch veranlagter Mensch nicht schon selbst täglich mit genug Fragen herumzuschlagen hätte.

Jede Satire ist überflüssig, die Welt ist so mies, die Menschheit so kaputt, dass dem Ganzen eigentlich nichts mehr hinzuzufügen ist.

Auch die Nebenfiguren, der Nachbar (und später Mitbewohner) Bob, der Freund/Bekannte (?) Novak, die vermeintliche Hure Nora scheinen herumzuflattern wie die oben beschriebene Plastiktüte. Jobs, Beziehungen, Lebensinhalte, alles ist flüchtig.

Auf dem Klappentext jubelt die Berliner Zeitung: „Ein literarisches Gegenstück zur Leistungsgesellschaft.“ So wird es wohl gemeint sein.

RANDNOTIZ: So eine Telefonzelle will ich auch.

ERGÄNZUNG: Gibt es auch in Wien! Sogar mit Geocache!

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Reise Sachbuch

Katrin Zita – Die Kunst, allein zu reisen

In irgendeinem Medium war mir dieses Buch entgegen geflogen und ich erinnere mich noch, dass mich der Titel so angesprochen hat, dass ich es sofort kaufen wollte (ohne auf die Paperback-Ausgabe zu warten). In meiner lokalen Buchhandlung konnte ich es nach ein paar Tagen abholen. Hätte ich den Untertitel nicht nur überflogen, sondern auch interpretiert, wäre mir wahrscheinlich vorher klar gewesen, dass es sich um ein Coaching-Buch handelt. Ich hab’s ja nicht so mit Selbsthilfe-Literatur. Kürzlich hatte ich ein Buch zum Thema Entscheidungen treffen in der Buchhandlung liegen gelassen (aber immerhin fotografiert, um es wieder zu finden).

Sich selbst wahrzunehmen bedeutet, die eigenen Gefühle zu spüren. Es gilt einzuordnen, was uns froh stimmt und erfüllt, und auch was uns ärgert, nervt oder wütend macht. Diese Wahrnehmung führt zu einer weiteren Erkenntnis, nämlich zur Chance der Beobachtung, welche automatisch ablaufenden Denkmuster diese Gefühle in uns auslösen.

Obwohl mich der Schreibstil der Autorin an Schokomousse erinnert, konnte ich dann doch einige Anregungen mitnehmen. Mein Vorurteil gegenüber Coaching und Lebensberatung wurde zwar stückchenweise bestätigt, aber bei einem Buchpreis von ca. 20€ fürs Hardcover habe ich mich zumindest nicht in Unkosten gestürzt. Ob es die richtige Entscheidung für mich war, mein ohnehin grüblerisches Leben auch noch mit Fragen nach dem richtigen Reisen zu belasten, kann ich nachträglich nicht beantworten.

Die Frau darf alles, sogar Erfolg haben, aber sobald sie selbst die wichtigste Person in ihrem Leben ist, werden Missfallen, böse Worte und offener Hass entgegengebracht. Dies ist gespeist aus Neid, Schmerz und Erkenntnis über das aus der Hand gegebene eigene Leben.

In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass ich kein guter Reisegefährte bin. Ich will alles nach meinem Willen haben, möchte aber nach Möglichkeit, dass meine Reisebegleitung das für mich möglich macht. Schließlich will ich mich im Urlaub entspannen. Das hat natürlich meistens nicht besonders gut geklappt. Dazu kommen dann oft noch die unterschiedlichen Wünsche des jeweiligen Reisegefährten und fertig ist die Katastrophe (und dazu kam es tatsächlich mehrmals mit unterschiedlichen Reisebegleitern). Wenn ich alleine unterwegs bin, hab ich zwar das Problem, alle Entscheidungen selbst treffen und auch ausbaden zu müssen, aber immerhin kann ich dann die Teile, die ich beeinflussen kann, so haben, wie ich es möchte. Von Reisen außerhalb Europas habe ich mich allerdings aus diesem Grund verabschiedet (und mir auch gleich als Ersatz für den abgelaufenen Pass nur einen Personalausweis ausstellen lassen).

Wer klug handelt, reist um die Welt und bereist dabei sich selbst. Denn man lernt mit dem Älterwerden immer besser, mit den eigenen Gefühlen umzugehen. Die Weiterführung dieser Fähigkeit zeigt sich im Austausch mit anderen: Wer bei sich selbst ein gutes Gefühlsmanagement geschaffen hat, ist weitaus klarer und einfühlsamer im Umgang mit anderen.

Je fremder die Umgebung, umso größer werden die Unannehmlichkeiten, mit denen man möglicherweise konfrontiert wird. Für viele Annehmlichkeiten fehlt dann oft das Budget. Erst kürzlich habe ich mir überlegt, ob vielleicht eine Lebenskrise in meinem Leben bisher gefehlt hat und mir daher entsprechende Bewältigungsmechanismen fehlen. Was wiederum der Grund dafür sein könnte, dass mich Kleinigkeiten in einer schlechten Mondphase schon mal aus der Bahn werfen können. Andererseits kann sich niemand auf eine Lebenskrise vorbereiten, weil man nie weiß, wann sie einen erwischt und auf welche Art und Weise das eigene Leben auf den Kopf gestellt wird.

Vielleicht hätte ich das Buch doch besser digital gekauft, um es auf Reisen wieder lesen zu können. Eine Empfehlung kann ich nicht aussprechen, ich glaube, man muss schon eine Affinität für genau dieses Thema oder diese Literatur haben. Für mich war es nicht ganz erwartungsgemäß, aber trotzdem interessant. Und es fühlt sich etwas wie eine Hausübung an. Einige Punkt konnte ich bereits abhaken, andere sind noch offen.

RANDNOTIZ: Während ich das schreibe, höre ich endlich das neue Yellowcard-Album Lift A Sail. Monatelang wurde der Countdown auf den 7. Oktober als Release-Termin runtergezählt. Als ich dann zur Mittagszeit des 7. Oktober das Album laden wollte: Im österreichischen iTunes-Store erst am 10. Oktober verfügbar. Was soll das? Ich hatte vor Wochen vorbestellt, ich kann mir keinen Grund vorstellen, weshalb die Band oder die Plattenfirma einen gleichzeitigen Release auf der ganzen Welt nicht wollen sollten (weniger treue Gemüter hätten wohl längst anderswo runtergeladen). Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass es Apple nicht möglich ist, ein Album auf der ganzen Welt gleichzeitig (von mir aus über 24 Stunden / Zeitzonen verteilt) zur Verfügung zu stellen. Auf meinen diesbezüglichen Frustrations-Tweet bekam ich leider keine Reaktion.

Abgesehen von dieser Vorgeschichte: das Album ist großartig. Southern Air kam für mich nicht an die Großartigkeit von When you’re through thinking, say yes heran, obwohl Here I Am Alive, Always Summer und Telescope absolute Highlights sind. Transmission Home ist eine wunderbare Gänsehaut-Nummer und passte aus anderen Gründen (dazu mehr in einem späteren Post) gerade gut in meine Stimmungslage.

Da die Frühlingstournee Yellowcard zwar nach Europa, aber nicht nach Österreich führt, steht wohl eine Konzertreise an. Diese werde ich höchstwahrscheinlich allein absolvieren. Kopenhagen klingt echt gut.