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Krimi Roman Thriller

Bernhard Aichner – Totenrausch

CN dieses Buch: Mord, Prostitution, Folter, Brandmal, Gewalt, Pornografie, Masturbation, Drogenmissbrauch, Vergewaltigung, Kindesentführung
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In meinem Post zum vorherigen Roman der Blum-Reihe (Totenhaus) sah ich einen neuen Aspekt in der Persönlichkeit der Protagonistin Blum. Aus dem zentralen Motiv Rache war Notwehr geworden. So geht es auch in diesem dritten Teil weiter. Auf der Flucht gerät Blum in ein Abhängigkeitsverhältnis mit einem Rotlichtmagnaten und das kann natürlich nicht gut ausgehen. Der Roman spart nicht an brutalen Details und lässt Blum auch ordentlich leiden. Prägend ist wiederum ihr Mutterinstinkt. Als der Rotlichtboss ihre Kinder entführt, sieht Blum endgültig rot.

Ansonsten behält Bernhard Aichner seinen Schreibstil und das rasende Tempo der Geschichte bei. Der Schauplatz ist Hamburg, könnte aber genauso gut in jeder anderen größeren Stadt sein. Aber natürlich passt die Reeperbahn gut als Kulisse für die Verbindungen ins Rotlichtmilieu als Kontrast zum beschaulichen Leben in Blankenese. Wer die ersten beiden Teile gelesen hat, weiß, was sie/er zu erwarten hat.

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English Erfahrungsbericht Memoir

Jan Grue – I Live a Life Like Yours

CN dieses Buch: Krankheit
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At some point or another I stopped thinking about myself as someone who needed repairing.

In diesem extrem persönlichen Memoir erzählt der Autor aus seinem Leben mit einer körperlichen Behinderung. In seiner Kindheit wurde er mit einer Art Myopathie diagnostiziert, eine progressive Erkrankung, die ihm kein normales Leben ermöglichen soll. Entgegen der Erwartungen der Ärzt:innen entwickelt er sich gut und wird von seinen Eltern in jeder Hinsicht gefördert. Die Teile, in denen er vom Kampf seiner Eltern mit dem Sozialamt um Unterstützungsleistungen berichtet, zeigen deutlich, dass selbst in einem reichen und fortschrittlichen Land wie Norwegen die Bürokratie oft über die Menschlichkeit siegt.

It required more hours of hard work, more effort, than I could have anticipated, but I continued banging my head against the wall until the wall finally gave way. On the inside was another wall. This is how labyrinths are built, after all.

Weiters erinnerte mich seine Beschreibung von den ausführlichen Planungen für eine Reise mit einem Rollstuhl daran, wie ich einmal am Berliner Hauptbahnhof etwa 20 Minuten eine Tür blockierte, damit der Zug nicht abfahren konnte, bis für die Dame im Elektrorollstuhl der (vorab bestellte) Rollstuhllift herangeschafft wurde. Sie hatte das sehr gelassen hingenommen. Obwohl sie ihre Reisepläne im Voraus bekannt geben müsse, passiere sowas häufig. Da ich ja selbst gerne möglichst detailliert plane, macht mich allein die Vorstellung, ich hätte alles im Voraus geplant und dann würden sich die Verkehrsbetriebe einfach nicht kümmern, ziemlich wütend.

We don’t notice it until we are made aware of it, but then shame enters the picture. Shame over not being like the others. The shame of standing out, the shame of being a nuisance.

Richtig schmerzhaft wird seine Geschichte, wenn er von den überraschten Gesichtern erzählt, die er erntet, wenn er von seinem Job, seiner Frau, seinem Kind spricht. Dass Menschen nicht mal in Betracht ziehen, dass er ein derart normales Leben führen könnte. Als Mensch, der aufgrund einer Muskelschwäche nur wenige Schritte gehen kann und daher einen Rollstuhl benötigt. Dass die Menschen automatisch davon ausgehen, sein Leben müsste durch seine Behinderung so eingeschränkt sein, dass ein Job und eine Familie außerhalb des Möglichen liegen.

But it’s good to say it, to say to yourself, I don’t have to do this, I don’t have to try to push in where there’s no way in, to try carving out a space where there is none.

Seine Reflexionen reichen vom Schamgefühl, anders zu sein, selbst eine Behinderung für andere Menschen darzustellen, Unterstützung zu brauchen, bis zur Erkenntnis, dass es sich nicht immer lohnt, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Wenn du bereits als Kind lernst, dass deine Eltern ständig kämpfen müssen, um dir ein normales Leben zu ermöglichen, dann willst du dich auch selbst nicht einschränken lassen. Alles muss möglich gemacht werden. Bei manchen Hürden lohnt sich der Kampf aber einfach nicht. Letztendlich muss sich jede:r von uns selbst entscheiden, wofür wir kämpfen wollen. Manche müssen mehr kämpfen als andere.

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Erfahrungsbericht

Svenja Beller, Roman Pawlowski – Einfach loslaufen

Mit so vielen unterschiedlichen Lebensentwürfen kontrontiert zu sein eröffnet einem positiv ausgedrückt eine Menge Perspektiven, negativ ausgedrückt kann es auch ganz schön verunsichern. Leben wir überhaupt so, wie wir leben wollen? Warum nicht auf einer Insel aus Eis? Oder in einer Surfschule? Oder auf einem Segelschiff? Wer wollen wir eigentlich sein? Und können wir uns das überhaupt aussuchen?

Irgendwann im vergangenen Jahr bin ich auf das Travel Blog von Kristin Addis Be My Travel Muse gestoßen. Daraus wurde dann eine umfassendere Beschäftigung mit dem Thema, Inspirationen hole ich mir unter anderem auch bei Carolines Pack The Suitcases oder Elizabeths A Suitcase Full of Books (sie verbindet das Thema Lesen und Reisen, eine Idee, mit der ich selbst vor ein paar Jahren gespielt hatte).

Reisen ist leider im Hinblick auf den Klimawandel eines der größten Probleme. Durch den Siegeszug der Billigfluglinien haben mehr Menschen die Möglichkeit, andere Kulturen kennenzulernen und ihren Horizont zu erweitern. Da ich selbst noch in diesem Jahr eine größere Reise unternehmen werde, liegt es mir fern, Einzelpersonen wegen ihres Flugverhaltens zu verurteilen. Auch in diesem Bereich liegt es an der Politik, Regelungen zu treffen, die Steuern so verteilen, dass beispielsweise Bahnfahrten durch Steuern auf Flüge günstiger gemacht werden können. So lange beispielsweise Flüge zwischen Berlin und Wien um mehr als die Hälfte billiger sind als Bahnfahrten, können wir Einzelpersonen nicht dafür verurteilen, dass sie nicht gleichzeitig mehr Zeit UND Geld in eine Reise investieren wollen oder können.

Die Journalistin Svenja Beller und der Fotograf Roman Pawlowski haben für ihre Reise einen radikal anderen Ansatz gewählt. Sie haben große Rucksäcke gepackt und sind von der Haustür einfach losmarschiert. Keine Hotels, Pensionen, Hostels, keine öffentlichen Verkehrsmittel (ausgenommen Fähren), keine Campingplätze, kein Plan außer der Himmelsrichtung: nach Norden. Sogar die Smartphones haben sie durch einfache Mobiltelefone ohne Internet ersetzt. Das führt dazu, dass sie zwangsläufig mit unterschiedlichsten Menschen in Kontakt kommen. Sie reisen per Anhalter (PKWs, Wohnmobile und sogar ein Segelschiff), zelten in Gärten (natürlich nur mit Erlaubnis der Anwohner) und besuchen in Kopenhagen die autonome Gemeinde Christiania. Zwischen Schweden und Norwegen hin und her pendelnd gelangen sie schließlich an den nördlichsten Punkt ihrer Reise: die norwegische Stadt Tromsø.

Für mich selbst kann ich mir eine solche Reise nicht vorstellen. Ein Versuch des (teilweise) ungeplanten Reisens endete vor 2 Jahren aufgrund widriger Umstände (und meiner Ungeduld) in einer großen Hotelkette. Die Freiheit, die Svenja Beller im Buch mehrmals beschreibt, das Nichts-Müssen, das empfinde ich selbst eher (oder nur), wenn ich weiß, wo ich am Abend meinen Kopf niederlegen kann. Trotzdem habe ich diesen alternativen Reisebericht mit Freude gelesen. Reisen per Buch und Landkarte schadet auch dem Klima nicht.

Mehr zum Thema:

Dieser Text von Svenja Beller hat mich ursprünglich auf das Buch aufmerksam gemacht.

Der Autor Jaroslav Rudiš ist mit dem Zug von Berlin nach Prag gereist und erzählt davon.

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Roman

Jo Nesbo – Die Larve

Sie blieben stehen. Harry ließ sich von ihr mustern, gestattete ihr, sein drei Jahre älteres Gesicht mit der neuen Narbe zu studieren. „Harry“, wiederholte sie, legte den Kopf zur Seite und lachte. Die erste Träne hängte sich zitternd an ihre Wimpern und ließ los.

Nach dem anstrengenden Juni mit dem Ausblick auf die kommenden anstrengenden Juliwochen hatte ich keinen Tau mehr, mich noch mit den anstehenden Leseaufgaben für die Reading Challenge 2015 auseinanderzusetzen. Auch im nochmaligen Durchchecken der Liste konnte ich keinen Punkt finden, unter dem ich diesen weiteren Harry-Hole-Roman unterbringen kann.

Zeitverschwendung war es trotzdem nicht, weil ich in diesen Tagen wohl kaum so viele Seiten von einer weniger unterhaltsamen Lektüre geschafft hätte. Auch wenn seit der letzten Begegnung des Lesers mit Harry Hole ein paar Jahre vergangen sind, hat sich am Feeling nichts geändert. Harry ist trocken und kommt aus Hongkong nach Oslo zurück, weil Oleg, für den Harry in früheren Jahren eine Vaterfigur war, des Mordes verdächtigt wird. Obwohl der Polizeichef Harry das Ermitteln offiziell untersagt, fördert Harry natürlich schneller Ergebnisse zutage und bleibt auch dann an den Ermittlungen dran, als die Beweise eine einfache Lösung suggerieren. Die dicht miteinander verknüpften Fäden dieser Geschichte zu entwirren, gelingt dem Autor meisterhaft. Noch der kleinste Hinweis führt im Verlauf der Geschichte zu einer neuen Wendung. Noch besser als erwartet.

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Krimi Roman

Jo Nesbo – Schneemann

Er lauschte ihren ermüdenden Lügen und versuchte einen Sinn darin zu finden, Leute einzusperren, die sich schon längst selbst eingesperrt hatten. In einem Gefängnis aus Hass und Selbstverachtung, dass er selbst nur allzu gut kannte.

Der Ton ist von Beginn an düster, kalt und antriebslos. In den ersten Romanen um Harry Hole, war dieser stets ein Getriebener. Getrieben von dem von ihm verursachten Unfall, der einen Kollegen in den Rollstuhl brachte. Getrieben von der Suche nach dem Prinzen, den er als Mörder seiner Kollegin Ellen sah. Getrieben von er eigenen Sucht, die ihm ständig wie ein Stein im Weg liegt.

In diesem Roman hatte ich ein völlig anderes Gefühl. Obwohl Harrys Beziehung zu Rakel ein weiteres Revival erfährt, ist klar, dass dieser Lebensabschnitt vorbei ist. Nur ein einziger Absturz passiert Harry im Rahmen dieser komplizierten Ermittlung, in der mehrmals ein falscher Verdächtiger zum vermeintlichen Serienmörder gekürt wird. Den Nachfolgeroman Leopard bereits gelesen habe, weiß ich bereits, dass die Geschichte in eine andere Richtung weitergehen wird. Der Autor gibt Harry eine Chance, zu einem geordneten Leben zu finden und reißt ihm dieses dann unter den Füßen weg, um ihn so richtig ins Chaos zu stürzen. Das Hin-und-Her und Auf-und-Ab des Lebens ist die Waffe des Krimiautors. Zugespitzt auf Drama, versteht sich.

RANDNOTIZ: Bei einer berufsbedingten Bildrecherche fiel mir auf Fotolia dieses Bild ins Auge, das mich zwischen zwei Ebenen hin und her reißt:

Tree of Knowledge - Book Storage, books are stored on a tree

Design, das sich mit der Lagerung von Büchern beschäftigt, interessiert mich immer, speziell jetzt, wo ich für eine neue Wohnung zu planen habe. Auf dieser Ebene spricht mich dieser Tree of Knowledge durchaus an, jedoch die Unordnung, mit der die Bücher hier zusammengeworfen aussehen, erzeugt in mir das Gefühl, die Bücher sofort herausnehmen und ordentlich stapeln zu wollen. Es wird also wieder ein klassisches geordnetes Bücherregal werden müssen, wenn ich meine Zeit nicht ausschließlich mit dem Umsortieren von Büchern verbringen will.

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Krimi Roman

Jo Nesbo – Der Erlöser

„…Sie hatten diesen Ruf, weil sie als vollkommen furchtlos galten. Er engagierte kroatische Söldner. Wussten Sie, dass das Wort „Krawatte“ ursprünglich Kroate bedeutet und damit die furchtlosen Krieger gemeint waren?“
Harry schüttelte den Kopf.

Anstatt der inneren Hunde, die üblicherweise von innen an Harry zerren, bekommt er es diesmal mit einem äußerst realen Hund zu tun, Harry zu Beginn verletzt und zum Schluss im Magen des Erlösers endet. Die Wege in diesem Kriminalroman sind verschlungen. Zum Glück weiß Harry gar nicht von allen Gelegenheiten, wo er dem Mörder ganz nahe ist, ohne ihn zu erwischen. Bereits die Momente, wo er mitbekommt, dass er ganz knapp davor war, sind in höchstem Maße frustrierend. Auch die Geschichte um die korrupten Kollegen, die mit dem Tod von Tom Waaler im vorhergegangenen Roman ein Ende finden hätte können, wird zwischen den Zeilen fortgeführt. Es wird gefühlt dunkler. Da passt das Ende nahezu perfekt.

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Krimi Roman

Jo Nesbo – Das fünfte Zeichen

Da brach der Mann in ein grausiges Geheul aus. Das Geräusch war schneidend wie ein Sägeblatt. Er wandte sich wieder der Tür zu und begann mit einer Wildheit, die Marit noch nie zuvor gesehen hatte, mit den Fäusten auf die weiße, solide Tür einzuschlagen. Er heulte dabei wie ein Wolf.

Glückliche Umstände haben mir schnell den nächsten Harry Hole in die Hände gespielt. Und schnell hatte ich ihn auch wieder weggelesen. Drei Tage und dann war ich schon wieder durch.

Der dunkle Unterton am Ende des letzten Romans hat sich in eine handfeste Krise verwandelt. Der Mann aus dem obigen Zitat ist Harry selbst. Eine intensive, beklemmende Szene zeigt, wie komplett fremde Menschen den im Suff wütenden Harry erleben. Dass Harry den Mörder seiner Kollegin Ellen noch immer nicht stellen hat können, treibt ihn zur Verzweiflung und in die Arme von Jack und Jim. Auch die Beziehung zu Rakel hat keine gute Entwicklung genommen. Doch ihr Sohn Oleg gibt nicht auf und will Harry nicht verlieren. Was ihn schließlich selbst in Gefahr bringt.

Nacherzählungen sind sinnlos. Man muss sich einfach selbst in die Geschichte stürzen. Hier hat mich das Ende richtig überzeugt und überrascht. Die Andeutung der Verschwörung, die sich im Rahmen der Polizei abspielt, bereitet schon den Boden für weitere dramatische Szenen. Wir wissen natürlich bereits, dass Harrys potentielle Karriere als Taxifahrer entweder niemals beginnen oder nicht lange dauern wird. Ein gleichzeitig düsteres und hoffnungsvolles Ende. Das viel sagt und trotzdem alles offen lässt. Dieses Kunststück beherrschen nicht viele Autoren.

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Krimi Roman

Jo Nesbo – Die Fährte

Frauen haben nicht diese Eitelkeit, was Macht angeht. Sie brauchen nicht die sichtbare Macht, sie brauchen nur so viel Macht, um zu bekommen, was sie wollen.

Bei diesem Harry Hole-Roman habe ich mir intensiv gewünscht, ich hätte die Reihe in der richtigen Reihenfolge gelesen. Vorsicht, es folgt ein Spoiler. Da ich mit Leopard begonnen habe, weiß ich bereits, wie die Beziehung zwischen Ravel und Harry sich entwickeln wird, ich weiß, welches düstere Schicksal Harry bevorsteht. Das lässt die Ereignisse in einem anderen Licht erscheinen. Und nimmt einen Teil der Spannung weg. Wobei man natürlich durch dieses Wissen den Verlauf der Geschichte und vor allem die clever gesetzte Schlussnote ganz anders interpretieren kann.

Die Wendungen folgen so rasch aufeinander, dass man sich kaum ein paar Seiten auf eine eigene Interpretation der Geschehnisse verlassen kann. Im einen Moment denkt man, der müsste der Mörder sein und drei Seiten später ist klar, diese Person kann es nicht gewesen sein. Und die tatsächliche Auflösung setzt dem Ganzen dann wahrlich eine Krone auf. Darauf kommt bestimmt kein Leser … da muss man schon das wirre Gehirn eines Krimiautors haben. Als Leser kann man diese Situation natürlich schön genießen. Wer Krimis liest, sollte an Harry Hole nicht vorbeigehen.

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Krimi Roman Thriller

Jo Nesbo – Rotkehlchen

Gollinger Wasserfall

Er wachte von seinem eigenen keuchenden Atem auf und musste sich im Bett umdrehen, um sich zu vergewissern, dass er allein war. Anschließend vermischte sich alles zu einem Mahlstrom aus Donner, Schlaf und Träumen. Er wachte erneut auf, diesmal von dem Regen, der gegen sein Fenster prasselte, erhob sich und schaute auf die Straßen hinunter, auf denen das Wasser über die Bordsteinkante spülte und einen einsamen, herrenlosen Hut mit sich riss.

Zumindest ein Teil meiner Geburtstagsgäste folgte dem Vorschlag, als Gesetz einfach ein Buch mitzubringen, und dieses war dabei. Ein Harry Hole, yay. Wenn man mit Leopard begonnen hat, fällt als Erstes die vermeintliche Normalität auf. Leopard beginnt mit einem völlig abgestürzten, desolaten Harry Hole, während Rotkehlchen mit einem zwar leicht suchtgefährdeten, aber im Großen und Ganzen normalen Kommissar beginnt. Was bei mir eine nahezu unerträgliche Spannung ausgelöst hat, wie wohl der Weg von Rotkehlchen zu Leopard weitergehen mag. Hier lernt er die Frau und das Kind, die er in Leopard bereits verloren hat, gerade erst kennen. Wie geht’s weiter? Wieder mal eine Bestätigung für mich, dass man aufeinander folgende Bücher in der richtigen Reihenfolge lesen sollte. Allerdings hätte ich ohne den Amazon-Gratis-Leopard vielleicht gar nicht damit angefangen … wie das Leben so spielt.

Der zu lösende Fall ist ein grandios ausgeklügeltes Rachesystem. In Rückblenden wird die Geschichte von mehreren norwegischen Soldaten erzählt, die für die Deutschen gegen die Russen kämpften und nach dem Krieg als Landesverräter verurteilt wurden. Nicht alle haben überlebt. Manche aber doch. Andere auf unterschiedliche Art. Nicht nur Harry erlebt eine Liebesgeschichte, auch eine Rückblende auf einen Soldaten und eine Krankenschwester im zerbombten Wien bringt vorübergehend Licht ins Dunkel. Doch zuviel braucht nicht verraten zu werden, ich rate jedem, mit dem ersten Harry Hole anzufangen. Demnächst.

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Krimi Roman Thriller

Jo Nesbo – Leopard

Eis am Senningbach

Volltreffer. Natürlich. So banal war der Mensch. Wir glauben, weil wir glauben wollen. An Götter, weil uns das die Angst vor dem Tod nimmt. An die Liebe, weil sie das Leben schöner macht. An das, was verheiratete Männer sagen, weil es das ist, was verheiratete Männer sagen.

Jo Nesbo wurde mir von den Krimispezialisten schon lange ans Herz gelegt, allerdings habe ich sowieso eine ziemlich hohe Krimi-Quote in meiner Buchzusammenstellung, daher wollte ich vorerst mal in eine andere Richtung gehen. Amazon machte dann mit seiner Gratis-Kindle-Buch-Aktion zu Weihnachten diesem Vorsatz ein Ende. Darunter war unter anderem „Leopard“ – wie ich erst nach der Lektüre mitbekam, bereits Harry Holes achter Fall und „der härteste Nesbo“. Eigentlich kein Einsteigermaterial.

Wie zu erwarten (wegen der Empfehlung der Krimispezialisten, die Donna Leon und ihren Brunetti wegen der Weichspülermentalität verachten) ist der Protagonist eine kaputte Existenz, geplagt von Süchten und Dämonen. Nur sein kranker Vater bewegt Harry dazu, aus seinem Exil zurückzukehren. Den Fall will er eigentlich gar nicht bearbeiten, erst verschiedenste Umstände reißen das Ruder mehrmals herum.

Der Leopoldsapfel, eine von Jo Nesbo selbst erfundene Folterwaffe, ist bei weitem nicht das Grausamste an diesem Roman. Harry Hole selbst fügt sich im Kampf um sein Leben unfassbare Schmerzen zu, die Beschreibung seiner Verletzungen jagt mehr als nur eine Gänsehaut über den Rücken. Dagegen ist der Wahn des Mörders eine Kleinigkeit. Um den Spaß nicht zu verderben, möchte ich über den Inhalt Schweigen walten lassen. Wer sich mit diesem düsteren Weltbild anfreunden kann, wo Polizisten wie Verbrecher gleichsam hauptsächlich schlechte Eigenschaften haben, der wird an Jo Nesbo sicher seine Freude haben. Es ist ein brillant geschriebener Krimi, packend erzählt, mir fällt nichts ein, was einen Vergleich rechtfertigen würde. Trotzdem brauche ich jetzt zum Ausgleich eine Runde Scheibenwelt.