Categories
Krimi Thriller

Gillian Flynn – Gone Girl

Am Ende der Lektüre war meine Meinung zu diesem Buch derart gespalten, dass ich es erst mal liegen lassen musste, weil ich einfach nicht wusste, was ich darüber schreiben soll.

Die ersten 200 (!) Seiten fand ich langweilig, ich begann ernsthaft, mich zu fragen, warum dieser Roman so gehyped wurde, bereits 2004 wurde auch ein Film dazu gedreht. Wäre das Ende nicht so massiv verstörend, wäre es interessant, zu vergleichen, ob es im Film gelingt, die lahmen Passagen zu kürzen oder interessanter zu gestalten.

Faszinierend ist die Tatsache, dass keine der beiden Hauptpersonen beim Leser sympathisch erscheinen. Einzig in den Nebenfiguren finden sich Persönlichkeiten, mit deren Entscheidungen sich der Leser auch identifizieren kann, die man auch mögen kann. Mit zunehmender Entwicklung der Geschichte zeigen die Hauptfiguren dermaßen schlechte Seiten von sich, dass man sich beim Lesen schaudernd abwendet.

Ja, die Geschichte ist extrem gut aufgebaut, jedes Detail hat im späteren Verlauf eine Bedeutung, jede Geste ist minutiös durchgeplant, um im weiteren Verlauf einen bestimmten Effekt zu erzielen. Doch am Ende legte ich das Buch dann doch weg mit dem Gefühl, gerade einer ganz dunklen Macht entronnen zu sein. Ich mag mir nicht mal vorstellen, dass es Menschen gibt, die sich solche Geschichten auch nur ausdenken. Hardcore-Psycho-Thriller mit Längen.

Categories
Krimi Roman

Bernhard Aichner – Totenfrau

Ganz ohne Spoiler wird es in diesem Fall nicht gehen, jedoch wird dies das Lesevergnügen nicht trüben. Viele Entwicklungen erwiesen sich im Nachhinein als vorhersehbar, wenn man sich mit dem Genre schon etwas länger beschäftigt.

Die Protagonistin dieses Romans ist eine Selbstjustiz übende Psychopathin, eine Frau, die die Verbrecher tötet, von denen es zuerst scheint, dass man ihnen nichts nachweisen, sie nicht vor Gericht bringen kann. Als großer Fan von Criminal Minds schaue ich nicht zum ersten Mal durch die Augen einer Serienmörderin, doch die Art, wie diese Geschichte erzählt wird, ist mir neu. Wie sie ihre Kinder beschützt und gleichzeitig tiefer und tiefer in den Rachefantasien versinkt, wird mit zunehmender Leichenzahl beklemmender. Pate gestanden hat offenbar die Serie Dexter, die immerhin sogar im Buch erwähnt wird. Eine andere Perspektive im Bereich der Krimis und Thriller, für Fans dieses Genres durchaus empfehlenswert.

Categories
Roman

Jo Nesbo – Die Larve

Sie blieben stehen. Harry ließ sich von ihr mustern, gestattete ihr, sein drei Jahre älteres Gesicht mit der neuen Narbe zu studieren. „Harry“, wiederholte sie, legte den Kopf zur Seite und lachte. Die erste Träne hängte sich zitternd an ihre Wimpern und ließ los.

Nach dem anstrengenden Juni mit dem Ausblick auf die kommenden anstrengenden Juliwochen hatte ich keinen Tau mehr, mich noch mit den anstehenden Leseaufgaben für die Reading Challenge 2015 auseinanderzusetzen. Auch im nochmaligen Durchchecken der Liste konnte ich keinen Punkt finden, unter dem ich diesen weiteren Harry-Hole-Roman unterbringen kann.

Zeitverschwendung war es trotzdem nicht, weil ich in diesen Tagen wohl kaum so viele Seiten von einer weniger unterhaltsamen Lektüre geschafft hätte. Auch wenn seit der letzten Begegnung des Lesers mit Harry Hole ein paar Jahre vergangen sind, hat sich am Feeling nichts geändert. Harry ist trocken und kommt aus Hongkong nach Oslo zurück, weil Oleg, für den Harry in früheren Jahren eine Vaterfigur war, des Mordes verdächtigt wird. Obwohl der Polizeichef Harry das Ermitteln offiziell untersagt, fördert Harry natürlich schneller Ergebnisse zutage und bleibt auch dann an den Ermittlungen dran, als die Beweise eine einfache Lösung suggerieren. Die dicht miteinander verknüpften Fäden dieser Geschichte zu entwirren, gelingt dem Autor meisterhaft. Noch der kleinste Hinweis führt im Verlauf der Geschichte zu einer neuen Wendung. Noch besser als erwartet.

Categories
Krimi Roman

Donna Leon – Beweise, dass es böse ist

Vor ewigen Zeiten hatte ich mir mal diese Zeilen aus einem Interview mit Donna Leon notiert, das ich in einer Zeitung gelesen hatte. Es passt an dieser Stelle recht gut, weil gerade bei diesem Buch es genau so wirkt: als hätte sie sich vorher nicht überlegt, wer die böse Nachbarschaftshexe ermordet haben könnte.

Sie sagen, dass Sie beim Schreiben nie wissen, wie ein Fall ausgehen wird …
Ich denke nicht darüber nach, das kommt von selbst.

Was gibt Ihnen diese Sicherheit?
Ich verlasse mich darauf, dass ich als Studentin Hunderte solcher Werke gelesen habe. Es ist wie mit einer Haydn-Sinfonie: Wenn Sie 103 gehört haben und die 104. erklingt, wird Sie nichts überraschen, Sie wissen blind, wohin Sie welcher Ton führt.

Roter Faden sind die sieben Todsünden, die in den Gesprächen zwischen Brunetti und seiner Frau immer wieder gestreift werden. Leider muss ich sagen, dass dies für mich wirklich der langweiligste Brunetti-Roman ever ist. Zwei (geerbte) Bände stehen immer noch auf dem Regal der ungelesenen Bücher. Vielleicht packe ich sie gleich in einen Karton …

Reading Challenge 2015: A book you own but have never read

Categories
Roman

Lilian Faschinger – Stadt der Verlierer

Ich imitierte die Gesten der Gläubigen, so wie ich sie als Kind imitiert hatte, wenn ich mit den Adoptiveltern und Silvia am Sonntag den Gottesdienst besuchte. Vielleicht würde ich hier etwas fühlen.

Gekauft hatte ich mir dieses Buch ursprünglich, weil ich es als Teil des Literaturcaches AL024 – LF vermutete. Literatur und Geocaching, das hätte eigentlich die perfekte Kombination für mich sein müssen, dachte ich. Inzwischen habe ich die Literaturcaches aufgegeben, weil ich befürchte, dass die langwierige Recherche dazu führt, dass mir die Caches vor der Nase weg archiviert werden.

Diesen in Wien spielenden Roman kann ich dennoch empfehlen. Zu Beginn konnte ich nicht recht reinkommen, ich hatte das Buch sogar für Monate weg gelegt, weil mir die Hauptfigur Matthias Karner so unsympathisch war. Unsympathisch zu recht. Es stellt sich Stück für Stück heraus, dass dieser Matthias Karner nicht nur ein Taugenichts ist, er spielt mit allen Menschen in seiner Umgebung und nutzt sie aus, sobald er irgendeine Möglichkeit dafür sieht. Als Nebenfigur fungiert die Detektivin Emma. Matthias Mutter beauftragt sie, ihren Sohn, den sie als Baby zur Adoption freigeben musste, zu finden. Emma erfüllt ihren Auftrag und lebt ihre eigenen Probleme. Doch Matthias Konfrontation mit seiner leiblichen Mutter stürzt Matthias in eine Krise. Als er von seinem Zwillingsbruder erfährt, den seine Mutter behalten und aufgezogen hat, wirft ihn dies endgültig aus der Bahn. Er dringt in das Leben seines Bruders ein und wirft alle familiären Gefühle über Bord.

Immer wieder schön sind die Beschreibungen des Wiener Lebensgefühls, ein Kleinod, das man in modernen Roman selten so findet. Die Morbidität, die Verlorenheit der Figuren, die unausweichliche Katastrophe, gepaart mit vielen bekannten Wiener Locations wie etwa dem Heurigen Zawodsky – all das charakterisiert die Stadt und sorgt für ein grandioses Lesevergnügen – sobald man es über die ersten Kapitel geschafft hat.

Categories
Krimi Roman

Jo Nesbo – Schneemann

Er lauschte ihren ermüdenden Lügen und versuchte einen Sinn darin zu finden, Leute einzusperren, die sich schon längst selbst eingesperrt hatten. In einem Gefängnis aus Hass und Selbstverachtung, dass er selbst nur allzu gut kannte.

Der Ton ist von Beginn an düster, kalt und antriebslos. In den ersten Romanen um Harry Hole, war dieser stets ein Getriebener. Getrieben von dem von ihm verursachten Unfall, der einen Kollegen in den Rollstuhl brachte. Getrieben von der Suche nach dem Prinzen, den er als Mörder seiner Kollegin Ellen sah. Getrieben von er eigenen Sucht, die ihm ständig wie ein Stein im Weg liegt.

In diesem Roman hatte ich ein völlig anderes Gefühl. Obwohl Harrys Beziehung zu Rakel ein weiteres Revival erfährt, ist klar, dass dieser Lebensabschnitt vorbei ist. Nur ein einziger Absturz passiert Harry im Rahmen dieser komplizierten Ermittlung, in der mehrmals ein falscher Verdächtiger zum vermeintlichen Serienmörder gekürt wird. Den Nachfolgeroman Leopard bereits gelesen habe, weiß ich bereits, dass die Geschichte in eine andere Richtung weitergehen wird. Der Autor gibt Harry eine Chance, zu einem geordneten Leben zu finden und reißt ihm dieses dann unter den Füßen weg, um ihn so richtig ins Chaos zu stürzen. Das Hin-und-Her und Auf-und-Ab des Lebens ist die Waffe des Krimiautors. Zugespitzt auf Drama, versteht sich.

RANDNOTIZ: Bei einer berufsbedingten Bildrecherche fiel mir auf Fotolia dieses Bild ins Auge, das mich zwischen zwei Ebenen hin und her reißt:

Tree of Knowledge - Book Storage, books are stored on a tree

Design, das sich mit der Lagerung von Büchern beschäftigt, interessiert mich immer, speziell jetzt, wo ich für eine neue Wohnung zu planen habe. Auf dieser Ebene spricht mich dieser Tree of Knowledge durchaus an, jedoch die Unordnung, mit der die Bücher hier zusammengeworfen aussehen, erzeugt in mir das Gefühl, die Bücher sofort herausnehmen und ordentlich stapeln zu wollen. Es wird also wieder ein klassisches geordnetes Bücherregal werden müssen, wenn ich meine Zeit nicht ausschließlich mit dem Umsortieren von Büchern verbringen will.

Categories
Krimi Roman

Jo Nesbo – Der Erlöser

„…Sie hatten diesen Ruf, weil sie als vollkommen furchtlos galten. Er engagierte kroatische Söldner. Wussten Sie, dass das Wort „Krawatte“ ursprünglich Kroate bedeutet und damit die furchtlosen Krieger gemeint waren?“
Harry schüttelte den Kopf.

Anstatt der inneren Hunde, die üblicherweise von innen an Harry zerren, bekommt er es diesmal mit einem äußerst realen Hund zu tun, Harry zu Beginn verletzt und zum Schluss im Magen des Erlösers endet. Die Wege in diesem Kriminalroman sind verschlungen. Zum Glück weiß Harry gar nicht von allen Gelegenheiten, wo er dem Mörder ganz nahe ist, ohne ihn zu erwischen. Bereits die Momente, wo er mitbekommt, dass er ganz knapp davor war, sind in höchstem Maße frustrierend. Auch die Geschichte um die korrupten Kollegen, die mit dem Tod von Tom Waaler im vorhergegangenen Roman ein Ende finden hätte können, wird zwischen den Zeilen fortgeführt. Es wird gefühlt dunkler. Da passt das Ende nahezu perfekt.

Categories
Roman Theaterstück

Michel Houellebecq – Karte und Gebiet

Noch nie hatte er etwas so Herrliches gesehen, das so reich an Emotionen und Sinn war wie diese Michelin-Karte der Departements Creuse und Haute-Vienne im Maßstab 1:150.000. Die Quintessenz der Moderne, der wissenschaftlichen und technischen Erfassung der Welt, war hier mit der Quintessenz animalischen Lebens verschmolzen. Die grafische Darstellung war komplex und schön, von absoluter Klarheit, und verwendete nur eine begrenzte Palette von Farben.

Im Jänner dieses Jahres war ich mit Freunden in der Garage X im Theaterstück „Karte und Gebiet“, das auf diesem Roman beruht. Der Vorschlag kam von Freundin K. Eigentlich hatte ich im Anschluss zeitnah das Buch lesen wollen, natürlich dauerte es dann doch wieder einige Monate. Einerseits kam immer wieder irgendein anderes Buch dazwischen, andererseits habe ich dann auch mehrere Wochen gebraucht, bis ich mit diesem Monumentalwerk durch war.

Der Kontrast war frappierend: Während auf dem Satellitenfoto nur eine Suppe aus mit verschwommenen bläulichen Flecken übersäten, mehr oder weniger einheitlichen Grüntönen zu erkennen war, zeigte die Karte ein faszinierendes Netz von Landstraßen, landschaftlich schönen Strecken, Aussichtspunkten, Wäldern, Seen und Pässen. Über den beiden Fotos stand in schwarzen Lettern der Titel der Ausstellung: „Die Karte ist interessanter als das Gebiet.“

Der Roman beschreibt das Leben des Künstlers Jed Martin. Für seinen Ausstellungskatalog braucht er ein Vorwort und sein Galerist schlägt den Autor Michel Houellebecq vor. Der Autor lässt sich also in seinem eigenen Buch auftreten. Man darf spekulieren, dass es sich um eine Kunstfigur handelt, die allgemein den Typus eines gealterten, desillusionierten Autors darstellt. Oder man versteht es als eine Persiflage der Autorenschaft im Allgemeinen.

„Jed Martin hat zwischen der mystischen Vereinigung mit der Welt und der rationalen Theologie seine Wahl getroffen. Er hat vielleicht als Erster in der westlichen Kunst seit den großen Malern der Renaissance den nächtlichen Versuchungen der Hildegard von Bingen die schwierigen, aber klaren Lehren des ,stummen Ochsen’, wie Thomas von Aquin von seinen Mitschülern an der Kölner Klosterschule genannt wurde, vorgezogen. Auch wenn diese Wahl natürlich anfechtbar ist, steht die hohe Gesinnung, die sie impliziert, außer Zweifel.…“

Das obige Zitat aus einem von Jeds Ausstellungskatalogen gibt gut wieder, wieso der Roman streckenweise schwer zu lesen ist. Seitenlang ergeht sich der reale Autor in Detailbeschreibungen von Architektur (Jeds Vater war als Architekt tätig, sein Erfolg in jungen Jahren mündete jedoch in den Bau von Standard-Ferienwohnanlagen und ein vereinsamtes Ende in einem Euthanasieressort in der Schweiz), Kunst und Schriftstellertum. Jeds Werke unterschiedlicher Gattung werden ausführlich beschrieben, gerade die Verbindung der unterschiedlichen Medien bei den Michelin-Karten oder auch bei Jeds Spätwerken wird zu einer künstlerischen Höchstleistung stilisiert.

„Auch wir sind Produkte“, fuhr er fort, „kulturelle Produkte. Auch wir sind eines Tages überholt. Dieser Prozess spielt sich auf die gleiche Weise an – nur mit dem Unterschied, dass es bei uns im Allgemeinen keine eindeutige technische oder funktionale Verbesserung gibt; nur die Forderung nach Neuheit bleibt, und zwar im Reinbestand.

Zu Beginn hat mich der Roman schon an das im Theater Erlebte erinnert, der Besuch lag inzwischen schon einige Zeit zurück, aber Jeds Entwicklung – vor allem seine Beziehung zu Olga – und das gespaltene Verhältnis zu seinem Vater waren mir in Erinnerung geblieben. Die Geschichte fühlte sich wie ein alter Freund an.

Ein Menschenleben ist im Allgemeinen nur eine Kleinigkeit, es lässt sich in wenigen Ereignissen zusammenfassen, und diesmal hatte Jed die Verbitterung und die verlorenen Jahre, den Krebs und den Stress und auch den Selbstmord seiner Mutter wirklich begriffen.

Und doch ist mir ein Rätsel, wie ein Regisseur glauben konnte, diesen Roman auf die Bühne bringen zu können. Gerade der letzte Teil, in dem der fiktive Autor Houellebecq von einem Mörder bizarr niedergemetzelt wird, wurde auf der Bühne sehr abgehoben dargestellt. Wofür im Roman nicht mit Worten gespart wurde, musste auf der Bühne zwangsweise verkürzt präsentiert werden.

Vielleicht macht sich der reale Autor Houellebecq einfach über das ganze Kunst-Business lustig. Jed steht zwischen seinem kapitalistischen Vater und dem fiktiven Autor Houellebecq, der die Kunst (und deren Verfall) symbolisiert. Und mit dem teuren Verkauf seiner Bilder verbindet Jed schließlich beides. Und gerät deshalb in eine Identitätskrise? Im letzten Teil des Buches wird Jed zum Einsiedler, wie es der fiktive Autor in seiner Zeit in Irland ebenso war. Bleibt dem Künstler nur die Einsamkeit, um wirklich herausragende Kunst schaffen zu können? Das Bild „Damien Hirst und Jeff Koons teilen den Kunstmarkt unter sich auf“, an dem Jed scheitert und daraufhin mit dem Porträt des fiktiven Autors seine Porträtserie beendet, kann ebenso als Persiflage des „kulturellen Produkts“ an sich verstanden werden.

… die Welt war alles andere als ein Gegenstand künstlerischer Emotionen, die Welt stellte sich eindeutig als ein rationaler Bezugsrahmen ohne jede Magie und ohne besonderes Interesse dar.

Categories
Krimi Roman Thriller

Vincent Kliesch – Die Reinheit des Todes

Da ich mir das Kaufen neuer Bücher untersagt habe, solange ich nicht einen großen Teil des Bestandes weggelesen habe (diese Regel werde ich demnächst brechen, um die neue Fortsetzung der Uthred-Saga von Bernard Cornwell zu kaufen, allerdings bestelle ich sie im lokalen Buchgeschäft, was genau der Grund ist, warum es noch nicht passiert ist), kann ich an keinem Bücherschrank vorbeigehen. Ist ja nicht gekauft. Zumeist stehen eh nur alte Schmöker drin, die niemand haben will. Aber dann auch mal ein interessant aussehender Krimi, der sich als Gustostückerl entpuppt.

Auf den ersten Seiten dachte ich, es wäre schon wieder eine Fortsetzung, da ständig auf den fehlgeschlagenen Fall des Kommissars Julius Kern vor wenigen Monaten verwiesen wird. Es entspinnt sich jedoch eine interessante Geschichte, in der der Autor es versteht, beide Kriminalfälle – den vergangenen sowie den aktuellen – aufzulösen und sogar zusammenzuführen zu einem furiosen Finale. Ein Glücksgriff aus dem Bücherschrank.

Randnotiz: Bei der Suche nach einem Link stellte ich fest, dass der Bücherschrank Josefstädter Straße / Albertgasse gar kein Verein der Initiative Offener Bücherschrank ist, sondern von der Bezirksvorstehung Josefstadt ins Leben gerufen wurde. Jedenfalls eine gute Sache, bitte mehr davon.

Categories
Roman

Angela S. Choi – Hello Kitty muss sterben

Wenn Stöckelschuhe nicht so wehtäten, würde ich sie niemals tragen. Ja, ich mag, wofür die Schmerzen stehen. Die Körperlichkeit des Lebens. Das Gefühl, dass dieser Hülle aus Fleisch und Knochen eine echte Seele innewohnt.

Dieses Werk stammt aus der Hello-Kitty-Phase des Waldläufers. Im ersten Kapitel philosophiert die Ich-Erzählerin Fiona Yu, Amerikanerin mit chinesischen Wurzeln, über den Verlust bzw. das Fehlen ihres Jungfernhäutchens. Kurzfristig fühlte ich mich an Charlotte Roches Feuchtgebiete erinnert. Aber tatsächlich entpuppt sich diese Geschichte schnell als eine psychologische Tour-de-force. Die Suche nach dem Jungfernhäutchen führt Fiona zu einem ehemaligen Schulkollegen, der sich recht bald als psychopathischer Serienmörder entpuppt. Stück für Stück enthüllt Fiona seine Vorgeschichte. Als Schüler landete er im Jugendknast, nachdem er eine Highschool-Beauty angezündet hatte. Nach dem Jugendknast machte er eine Karriere als Schönheitschirurg, was ihn schließlich wieder mit Fiona zusammenführt. Sean lässt Fiona seine Opfer aussuchen und nimmt sie mit zum Segeln, wo er seine Opfer stückchenweise entsorgt. Fiona selbst wird von ihren traditionsbewussten Eltern zu Dates geschickt und soll schließlich gegen ihren ausdrücklichen Willen einen Mann heiraten, mit dem sie nichts verbindet. Hier hören die Absurditäten aber noch lange nicht auf …

Irgendwie konnte ich lange keinen rechten Bezug zur Geschichte finden und tatsächlich hat mich erst das recht überraschend eintretende Ende zu einer diesbezüglichen Erkenntnis gebracht. Als Zwischendurch-Unterhaltung nach langen Arbeitswochen hatte ich eigentlich dazu gegriffen, das hat nicht so funktioniert, wie ich mir das erwartet hatte. Fehlt einem die anarchische Herangehensweise, muss man sich immer wieder fragen, warum Fiona sich all diese Absurditäten bieten lässt und nicht die Initiative ergreift. Bis sie dann die Initiative ergreift und plötzlich das Buch zünde ist. Der Knalleffekt funktioniert, aber so richtig befriedigend fand ich die Geschichte dann doch nicht.