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Roman

Valerie Springer – Ein paar Tage in einer fremden Stadt

CN: sexueller Missbrauch und Gewalt in der Familie, Unfalltod einer geliebten Person, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Sexismus


Er sah sein Leben, seine bisher verbrachten Jahrzehnte, plötzlich wie auf einem Computerbildschirm, aufgespalten in herunterfallende Tetris-Blöcke, die er verzweifelt und unter immer größerem Zeitdruck ineinander verschachteln musste. Wenn er es nicht schaffte, würde er verlieren. Würde er sich selbst verlieren, vollständig. Game over.

Wieder mal ein Buch aus der Kategorie Literatur-Geocache, irgendwie funktioniert meine Organisation da gerade am Besten. Das Buch erzählt auf zwei Zeitebenen vom Leben des Protagonisten Hubertus, dessen hervorstechende Eigenschaft ein absoluter Geruchssinn ist. Die Leser:in erfährt vom jugendlichen Hubertus, vom Vater gegängelt und unterdrückt, Hubertus unfähig, sich aufzulehnen, die ältere Schwester Sophia selbst Opfer des Vaters, die Mutter passiv und hauptsächlich darauf bedacht, die Fassade zu wahren („Man bewahrte Stillschweigen über die Abgründe der anderen.“). Erst die Liebe zum Lehrmädchen Lucy lässt Hubertus aufwachen und seine Haltung zum Leben hinterfragen.

Arbeit war seine Methode, um durchzuhalten. Es war dies die Methode vieler, vielleicht der meisten Menschen. Es war keine schlechte Methode, aber es gäbe auch andere.

20 Jahre später gibt Hubertus einem spontanen Impuls nach und fährt zu einem Vortrag nach Florenz. Dort lernt er Kalliope kennen, deren Geruch Hubertus an seine frühere Liebe Lucy erinnert. In Rückblenden erfährt die Leser:in von Lucys Schicksal und erlebt mit, wie Hubertus an seinen Lebensentscheidungen zu zweifeln beginnt. Er ist Geruchsforscher geworden, hat aber entschieden, im Privaten seinen Geruchsempfindungen nicht zu folgen und diese auszublenden oder sogar gezielt zu übertünchen. Dadurch hat er sich von der Welt quasi abgegrenzt, ohne dies überhaupt zu bemerken.

Die Begegnung mit Kalliope wühlt Hubertus auf und lässt ihn hinterfragen, ob er seine Kindheit und Jugend wirklich hinter sich gelassen hat. Ein Versuch, die Puzzleteile eines Lebens neu zusammenzusetzen, damit sie ein anderes Bild ergeben.

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Roman

Jostein Gaarder – Vita brevis: Das Leben ist kurz

Schmetterlinge (c)Martin Ostheimer / PIXELIO

Denn du hast mir Leib und Seele gegeben, so, wie ich dir Leib und Seele verpfändet habe. Wo du warst, da war ich, und wo ich war, da wolltest auch du sein.

Die Rahmenhandlung bestreitet in diesem Roman Jostein Gaarder selbst: Er erzählt, wie er in einem Antiquariat eine Kassette findet, die ein scheinbar altes Schriftstück enthält. Geschrieben wurde es von Floria an Aurel Augustin, Bischof von Hippo. Schrieb Sie diesen Brief an den Bischof als Antwort auf seine Bekenntnisse, in denen er um das Jahr 400 seine endgültige Abkehr vom weltlichen Leben und seine vollständige Hinwendung zur Religion begründet.

Laut diesem Brief war Floria jahrelang Aurels Geliebte, die beiden hatten auch einen gemeinsamen Sohn, der bereits in jungen Jahren einer Krankheit zum Opfer fiel. Auch Aurels Mutter Monika steht zwischen ihnen, denn sie möchte den Sohn angemessen verheiraten. Floria schreibt sich hier ihren Ärger über Aurel von der Seele. Aus ihrer Sicht hat er nicht nur sie, sondern auch ihre Liebe und den gemeinsamen Sohn verraten.

Ich glaube, damals hast du wirklich angefangen, nach einer Wahrheit zu suchen, die deine Seele vor der Vergänglichkeit retten konnte. Ich sagte: Nimm mich in den Arm. Das Leben ist so kurz, und es steht nicht fest, ob es für unsere schwachen Seelen eine Ewigkeit gibt. Aber das wolltest du mir nicht glauben, Aurel. Du wolltest nichts unversucht lassen, eine Ewigkeit für deine Seele zu finden. Es schien dir wichtiger zu sein, deine Seele vor der Verdammnis zu retten als meine.

Noch immer leidet Floria unter dem Verlust des Geliebten, der sie aus ihrer Sicht durch seine Bekenntnisse auch verleugnet. Immer wieder führt sie seine Argumentation aus den Bekenntnissen ad absurdum. Gerade die Unsterblichkeit der Seelen, auf die Augustin nun durch den vollkommenen Verzicht auf alle leiblichen Genüsse zu erreichen hofft, erscheint ihr das falsche Ziel. Immer wieder bezieht sie sich auf die gemeinsamen Erinnerungen. Ihr Brief ist ein Befreiungsschlag und gleichzeitig ein Hohelied auf die Liebe.

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Roman Unterhaltung

Marc Levy – Bis ich dich wiedersehe

Louvre Pyramide 

„Ich liebe dich und werde nie aufhören können, dich zu lieben, ich weiß nicht, wie und warum. Ich liebe dich so, weil ich keine andere Art kenne. Wo du nicht bist, kann ich auch nicht sein.“ Jonathan drückte seine Lippen auf Claras Mund, und zum letzten Mal in seinem Leben begann sich alles um ihn herum zu drehen.

Marc Levy ist Spezialist für Liebe zwischen Zeiten und Welten und da macht auch „Bis ich dich wiedersehe“ keine Ausnahme. Jonathan und Clara meinen beide von der ersten Begegnung an, sich bereits zu kennen. Die Liebe zum russischen Maler Wladimir Radskin verbindet sie. Sein mutmaßliches letztes Bild blieb jedoch unsigniert und um seinem Freund Peter, der das Bild versteigern soll, zu helfen, versuchen die beiden, die Urheberschaft des Bildes zu beweisen. Als sich ihre Hände zum ersten Mal berühren, haben beide Visionen aus der Vergangenheit.

Langsam entrollt sich die Geschichte des Malers und damit auch die Geschichte von Clara und Jonathan sowie Jonathans Verlobter Anna und deren Familie. Eine Geschichte über mehrere Generationen hinweg.

Seinem Stil bleibt Marc Levy auch in diesem Roman treu, die Rückblenden bleiben etwas kurz und nur langsam zeigen sich die Anzeichen der hintergründigen Familiengeschichte. Dann kommt die Auflösung beinahe zu schnell. 

Ein Liebesroman, an dem man sich in dunklen einsamen Nächten das Herz wärmen kann.

 

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Roman

Jürgen & Marita Alberts – Cappuccino zu dritt

Ein “Roman aus der Toskana” und genau darum geht es auch. Die Geschichte ist weder spannend noch interessant, ein Paar lernt sich kennen aufgrund eines Autodiebstahls (das Auto wird wiedergefunden ohne dass jemand zu Schaden kommt), ein ehemaliger Liebhaber taucht auf, was zu einem Streit führt, der allerdings auch gleich wieder aufgelöst wird.

Das Schöne ist die Beschreibung der besuchten Sehenswürdigkeiten und der kulinarischen Besonderheiten der Toskana, die Lust auf einen Besuch machen. Schöner kann man kaum reisen.