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Roman

Tony Parsons – Als wir unsterblich waren

Rock(c)Friedrich Hillenbrand/PIXELIO

„Ja, schon gut“, sagte sie. „Aber hey, es wäre so wie in On the Road. Sal Paradise und Dean Moriarty, du weißt schon.“ Sie dachte, dass ihn das überzeugen würde. Sie wusste, wie sehr er dieses Buch liebte.

Tony Parsons entpuppt sich überraschenderweise als Multitalent. Hier entfaltet sich ein Punk Rock Epos, das die Geschichte dreier Freunde erzählt, deren Leben sich in einer Nacht vollkommen verändert. Als die Nacht (des 16. August 1977, die Nachricht von Elvis Tod verbreitet sich wie ein Lauffeuer) beginnt, arbeiten alle drei bei The Paper und haben mit ihrem Leben weiter nichts vor, als von Party zu Party zu ziehen und den rivalisierenden Jugendgruppen aus dem Weg zu gehen, die hinter ihnen her sind, um sie zu verprügeln. Trotz allem kennen diese Musikkritiker nicht nur die neue Musik, sondern können sich (auf Speed) sogar für eine Puccini-Arie begeistern.

Aber irgendwas in dem über die Ruinen wehenden Puccini sagte Terry, dass er sie wollte und nur sie die eine war und er nur diese eine wollte. Er stand auf und gesellte sich zu seinen Freunden am Fenster. „Es ist die Arie aus Madame Butterfly“, sagte Leon. „Es geht um dieses japanische Mädchen und wie sie sich in diesen Amerikaner verliebt, einen Kapitän oder so – keine Ahnung. Er fährt dann zurück in seine Heimat und heiratet eine andere. Aber sie liebt ihn noch. Und sie sagt, dass ihre Liebe eines schönen Tages zurückkommen wird.“

Drogenverherrlichung findet natürlich in gewisser Weise statt, es entspricht dem Zeitgeist, eine solche Geschichte kann ohne Drogen schwerlich auskommen. Auf unaufdringliche Weise gelingt es Parsons jedoch auch, zu zeigen, dass Drogen unweigerlich zum Absturz führen und man sich an einem Punkt entscheiden muss, sein Leben zu ändern. Dies zeigt sich eindrucksvoll an den drei Protagonisten Ray, Terry und Leon, die sich letztendlich für neue Wege entscheiden.

Doch als er über die Kampfzonen blickte, die sich rund um die Dogs auftaten, und er all die Tage und Nächte ohne Schlaf auf sich lasten spürte, war es unmöglich, etwas anderes zu empfinden als eine Art erschöpfter Melancholie.

Während Terry und Leon dem jeweiligen perfekten Mädchen hinterherjagen, steht Ray vor der Aufgabe, noch in dieser Nacht John Lennon zu interviewen oder sein bisheriges Leben als Journalist bei The Paper geht den Bach runter. Das Happy End lässt sich im Gefühl zwar bereits frühzeitig erahnen, wie es sich jedoch letztendlich ergibt und dass Terry in dieser Angelegenheit zum Deus ex machina wird, der nicht nur seine eigenen Probleme in neue Bahnen lenkt sondern damit auch Ray zum großen Erfolg verhilft, ist eine schöne Wendung, die den Leser zu frieden zurücklässt. Auch Leon landet am Ende bei Jack Kerouac (der obige Absatz bezog sich auf Terry, der sich letztendlich zu einem neuen Leben gezwungen sieht). Leon erkennt auf die scheinbar schwerste und doch auch einfachste Weise, dass sein Leben so nicht weitergehen kann und es Zeit wird, zu neuen Ufern aufzubrechen.

Es waren die letzten Tage des Trampens. Lastwagenfahrer und Vertreter, die noch nie von Jack Kerouac oder On the Road gehört hatten, nahmen einen jungen Mann ohne Geld und mit rausgestrecktem Daumen schon mal mit, uns sei’s nur, um ein wenig Gesellschaft zu haben oder um etwas Gutes zu tun in einer schlechten Welt.

Ein wehmütiges und doch hoffnungsvolles Portrait des Erwachsenwerdens.

Fußnote: Der englische Titel „Stories we could tell“ trifft es meines Erachtens viel besser

Weitere Informationen: Tony Parsons Kolumne beim Daily MirrorRezension der Süddeutsche Zeitung

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Klassiker Roman

Daniel Defoe – Robinson Crusoe

Insel (c) Daniel Stricker/PIXELIO

Sobald ich nur eine Möglichkeit des Überlebens sah und nicht verhungern und umkommen musste, verging das Gefühl der Niedergeschlagenheit, sogar dann, als ich nach gebührendem Nachdenken erkannte, dass ich an diesen furchtbaren Ort verschlagen war, unerreichbar weit von allen Menschen, ohne jede Hoffnung auf Befreiung und ohne jede Aussicht auf Erlösung.

Zumindest grob kennt jeder die Geschichte des Robinson Crusoe, der auf einer einsamen Insel strandet und dort viele Jahre verlebt. Es ist interessant, mit welch stoischem Gehabe Robinson die Einsamkeit auf der Insel hinnimmt. Ohne sich lange mit Ärger und Gejammer aufzuhalten, baut er sich auf der Insel in mühsamer Kleinstarbeit eine Existenz auf. Natürlich macht er dabei Fehler, aber dies stellt kaum ein Problem dar, denn Zeit hat er ja im Überfluss. Lange Jahre lebt Robinson alleine und hat nur Tiere zur Gesellschaft und doch kommt ihm lange kein Gedanke an das Fortkommen von der Insel, außer der Möglichkeit, es könnte ein Schiff vorbeikommen.

Erst die Errettung des „Wilden“ Freitag zeigt Robinson, wie sehr im Gesellschaft gefehlt hat. Nach den langen Jahren scheint es ein Wunder, dass sich Robinson noch in der Lage sieht, seinen neuen Gefährten in Religion zu unterrichten und mit diesem theologischen Fragen nachzugehen.

Dies befriedigte Freitag nicht, sondern er entgegnete mir, indem er meine Worte wiederholte: „Schließlich vorgesehen? Ich nicht verstehen – aber warum nicht Teufel jetzt töten, viel vorher töten?“
„Ebensogut könntest du mich fragen“, sagte ich, „warum Gott nicht dich und mich tötet, wenn wir hier sündhafte Dinge tun, die ihn beleidigen; er verschont uns, damit wir bereuen und damit uns vergeben wird.“

Allzuviel Zeit bleibt ihnen für diese Gespräche ohnehin nicht. Die Ankunft Freitags setzt den Wunsch in Brand, die Insel zu verlassen. Da Robinson nun durch die Ankunft der Wilden weiß, dass das Festland in Reichweite liegt, setzt er alles daran, dieses auch zu erreichen. Als sich die Möglichkeit bietet, ein Schiff zu kapern, gelingt dies nach Robinsons Plan. Auch seine Rückkehr wird erzählt, was in kaum einer Rezension erwähnt wird. Meist konzentriert man sich einzig auf sein einsames Leben auf der Insel, das auch in Filmen (auch moderne Versionen wie beispielsweise Cast Away mit Tom Hanks) thematisiert wird. Auch Sechs Tage, sieben Nächte mit Harrison Ford und Anne Heche bedient sich des Motivs der einsamen Insel. Im Vergleich zu den filmischen Umsetzungen bleibt die Erzählung von Daniel Defoe wie oben bereits erwähnt, erstaunlich emotionslos, kaum eine Gemütsbewegung kann die Stimmung des wackeren Robinson trüben. Im Großen und Ganzen scheint es ihm nicht so schlecht bekommen zu sein, einen Großteil seines Lebens auf der Insel zu verleben.

Weitere Informationen: WikipediaCandlelight Stories Audio Podcastwriters blog

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English Sachbuch

Twyla Tharp – The Creative Habit

Ballett(c)binababy12/SXC

Most people can’t recall much more than three notes in any context. Think about the last lecture you heard or business meeting you attended or book you had to read. How many of the important take-away points could you recall if you didn’t memoralize them in writing?

Twyla Tharp is a well-known choreographer in America, one of her recent works „Movin’ out“ (a dance evening based on songs by Billy Joel) was a veritable success on Broadway. Choreography might not be a discipline many of us have experience with but Twyla Tharps creativity tips work throughout all possible disciplines.

All I know for sure is that they are trapped in a the box. But do so with the faith that nothing is lost, that you haven’t put it in all this effort for naught. Everything you’ve done is in the box. You can always come back to it.

This box system might not be usable for all of us, we don’t have enough space to store lots of boxes for all projects. Also many of us will store a lot of the material digitally. We are trying to get rid of pyhsical media like CDs or DVDs and it’s just not possible to put everything in a box. The good thing with that is, that you don’t need a lot of space for digital boxes, you might also store your notes for every project in a Yojimbo folder (or any other program of your choice). And you can always access your material for later reference, which is even easier, if you’ve named and archived it digitally.

Without passion, all the skill in the world won’t lift you above craft. Without skill, all the passion in the world will leave you eager but floundering. Combining the two is the essence of the creative life.

All of us sometimes get stuck in our projects, you can’t go forward with constant speed all the time. Your passion and a good system will help you get out of your blockades. Twyla Tharp knows her stuff and is giving practical tips for everybody in the creative business. Creativity is not only talent, it’s also a habit you can learn and use every day of your life.

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Krimi Roman

Ian Rankin – Die Tore der Finsternis

Beer(c)StefanG81/SXC

„Wie hieß noch gleich dieser Song von The Clash?“
„Career Opportunities.“
„Genau. Ich hatte immer das Gefühl, dass es sich für jemand wie mich nicht gehört, The Clash zu mögen: zu alt und unpolitisch.“

Nach einem mehr oder weniger gezielten Teebecherwurf wird Inspektor Rebus ins Ausbildungscamp geschickt, wo er sich mit anderen Kollegen, die sich ebenfalls schlecht benommen haben. Gemeinsam werden sie auf einen ungelösten Fall angesetzt, es stellt sich heraus, dass Rebus bereits mit den mutmaßlichen Beteiligten zu tun hatte. Es entspinnt sich schließlich eine Verbindung zur Mordermittlung, die Rebus im Hauptquartier zurückgebliebene Kollegin Siobhan beschäftigt. Der Maler Edward Marber wurde ermordet und dahinter steckt weit mehr als zu Anfang ersichtlich ist.

Viele gerechtfertigte und ungerechtfertigte Verdächtigungen werden ausgesprochen, die Puzzleteile, aus denen sich das Bild letztendlich zusammensetzt sind äußerst klein und passen erst auf den letzten Seiten zueinander. Wie so oft sind die offensichtlich Unschuldigen letztendlich nicht so unschuldig, wie man denkt.

„Ich dachte, um Sie zu beruhigen, fahre ich mit Ihnen zu Cafferty.“
„Jetzt sofort?“
„Mit ein bisschen Glück erwischen wir ihn zu Hause. Aber ich möchte vorher noch in der Arden Street vorbeifahren, um etwas zu holen. Ach ja, und wir müssen mit Miss Meikle sprechen. Schauen Sie doch bitte nach, ob sie im Telefonbuch steht.
„Jawohl, Boss“, sagte Siobhan, die Bad und Fernsehen in weite Ferne rücken sah.

Foto: Stefan Gustafsson

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Krimi Roman Thriller

Simon Beckett – Flammenbrut

Feuer(c)Niko-Korte/PIXELIO

Mit einem lauten Wusch! schoss eine helle Flamme empor. Sie schraken vor der plötzlichen Hitze zurück. Jack versuchte ein paarmal mit spitzen Fingern nach dem Grillrost zu schnappen und ihn hochzuheben, bevor das Feuer ihn ganz verschlang, aber nach ein paar sekunden gab er es auf und blies auf seine verbrannten Finger.

Feuer übt seit jeher eine besondere Faszination auf Menschen aus. In diesem Thriller wird das Feuer zu einem wiederkehrenden Element, das die Protagonistin Kate bereits begleitet, lange bevor sie offensichtlich sehenden Auges ins Unglück rennt. Es ist eine dieser Geschichten, wo man beim Lesen geradezu schreien möchte „nein, tu es nicht“. Um noch ein Quäntchen an Überraschung in der Geschichte zu lassen (viel ist ohnehin nicht vorhanden) wage ich nichts von der Handlung zu verraten. Einzig dieser Hinweis sei gestattet: Die beste Freundin sieht in heiklen Angelegenheiten oft klarer als man selbst. Das mag sie aber nicht davor schützen, selbst in den Flammen unterzugehen.

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Roman

Nicolas Fargues – Nicht so schlimm

Tiger(c)streuner/PIXELIO

Ich bin nicht für die Vernunftliebe gemacht, ich ertrage keine Halbherzigkeiten, kein Mittelmaß, keine Vorsicht. Ehrlich gesagt, ertrage ich es nicht, keine Leidenschaft auszulösen, Egosache wohl. Ich bin für Beziehungen totaler Intimität gemacht, alles oder nichts, ohne Zurückhhaltung. Und dafür muss man eben einen Preis zahlen. Ich mache jedes Mal denselben Fehler, und ich stehe dazu, nichts zu machen. Ist das wirklich so schlimm? Kann man das nicht auch Liebe nennen?

Die vertrauliche Atmosphäre, in der der Ich-Erzähler von seiner Beziehung zu seiner Frau und der „anderen Frau“ erzählt, lässt das Ganze teilweise wie ein Gespräch unter Freunden wirken. Und wie bei einem guten Freund will man einschreiten, weil man den Erzähler mit offenen Augen ins Verderben laufen sieht. Es handelt sich um eine dieser Beziehungen, wo jeder andere sich denkt, warum bleibt dieser Mensch? Seine Frau Alexandrine schlägt ihn, demütigt ihn, dominiert beider Leben und lässt ihn doch nicht an sich heran. Für den nüchternen Zuschauer scheint eine Trennung die einzige Möglichkeit, beider Leben langfristig zu verbessern. Bis der Ich-Erzähler zum selben Schluss kommt, dauert es noch Monate.

Die Beziehung als Kampf, sage ich dir, bis ins Schlafzimmer. Ich glaube, dass das Ende unserer Geschichte vielleicht auch das Ergebnis eines lange verborgenen interkulturellen Konfliktes ist. Alex selbst hat mir das eines Abends mal gesagt: „Deine Geschichte mit Alice ist umso schmerzhafter für mich, als ich mir sage, dass ihr euch perfekt verstanden habt, weil ihr beide Weiße seid.“

In Italien lernt er schließlich die „andere Frau“ kennen, eine Frau, mit der er sich scheinbar blind versteht, trotz Sprachbarriere, aber mit der gleichen Hautfarbe. Der potentielle Rassenkonflikt wird nur kurz angeschnitten (siehe obiges Zitat), dieser Aspekt scheint etwas halbherzig eingeworfen, ohne dann weiter darauf einzugehen. Es würde auch nicht passen, denn der Fokus liegt in dieser Geschichte eindeutig auf den Beziehungen zwischen Männern und Frauen.

Warum lassen sich Menschen in Beziehungen auf so viel Leid ein? Warum lässt sich Alice auf die Beziehung mit einem verheirateten Mann ein? Warum bleibt sie dabei, obwohl sie aus seinen Erzählungen die Probleme mit seiner Frau kennt und sehen muss, dass er nicht fähig ist, sie zu verlassen? Warum bleibt er selbst? Unser Ich-Erzähler bezeichnet sich immer wieder selbst als Feigling, man kann ihm bis zur schlussendlichen Wende nur zustimmen, wenn sich auch wider Erwarten schließlich das Happy End einstellt. Ein packendes Beziehungsportrait, das die Leidensfähigkeit der Menschen thematisiert und zeigt, dass oft eine Trennung und ein Neuanfang dem weiteren Festhalten an Beziehungen vorzuziehen ist.

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Klassiker Roman

Miguel de Cervantes – Don Quijote von der Mancha

Windmuehle(c)Andreas-Zöllick/PIXELIO

Kurz, er versenkte sich so tief in seine Bücher, dass ihm die Nächte vom Zwielicht bis zum Zwielicht, und die Tage von der Dämmerung bis zur Dämmerung über dem Lesen hingingen; und so trocknete ihm vom wenigen Schlafen und vom vielen Lesen das Hirn so aus, dass er zuletzt den Verstand verlor.

Was für ein Glück, dass dieses Beispiel nicht Schule gemacht hat, ich wäre ansonsten wohl auch schon ein geschminkter Zwerg in High Heels in der Scheibenwelt. Und wie man am Ende dieser langen Geschichte ersehen kann, bekommt das Ritter-Dasein auch dem Helden nicht gut.

Das Schönste bei der Sache war, dass dem Wirte das Licht verlöschte, und wie sie nun im Dunkeln blieben, schlugen alle aufs Geratewohl so unbarmherzig aufeinander los, dass sie, wo sie nur immer mit der Faust hintrafen, nirgends einen heilen Fleck ließen.

Don Quijote zieht mit seinem Knappen Sancho los, die beiden erleben allerhand spannende Geschichten, beziehen aufgrund der Verrücktheit des Ritters immer wieder Prügel und bleiben nicht selten als Verlierer des Kampfes zurück, den Don Quijote begonnen hat. Nicht nur die Windmühlen gehen als Sieger aus dem Kampf hervor auch so mancher Landjunker und vermeintlicher Ritter vermag den Ritter von der traurigen Gestalt zu besiegen.

Alles dies hörte Sancho und sprach zu sich selber: „Dieser mein Herr pflegt, wenn ich von etwas rede, das Hand und Fuß hat, zu sagen, ich könnte eine Kanzel zur Hand nehmen und in der Welt herumziehen und allerhand Schönes predigen. Ich aber sage von ihm, wenn er anfängt, Weisheitssprüche aneinanderzureihen und Ratschläge zu erteilen, kann er nicht nur eine Kanzel zur Hand nehmen, sondern zwei auf jeden Finger und kann auf den Marktplätzen umher reden gehen, Herz, was begehrst du. Hol dich der Kuckuck, was für ein fahrender Ritter bist du, dass du so vieles weißt und verstehst!

So weise Ratschläge der gute zwischenzeitlich auch Löwenritter genannte Don Quijote auch zu geben vermag, so abseits zeigt sich sein Gebahren, wenn es um die verzauberte Dulcinea geht, die nur durch Sanchos Selbstgeißelung entzaubert werden kann. Dies eine Erfindung des Herzogspaars, das sich auf Kosten von Ritter und Knappe belustigt und dabei nicht nur die Kammerfrau Schmerzensreich einen Bart tragen sondern auch das arme Mädchen Altisidora einen scheinbaren Tod aus Liebe sterben lässt.

„Merke dir, Sancho“, entgegnete Don Quijote, „dass es zweierlei Schönheiten gibt, die der Seele und die des Körpers. Die der Seele waltet und erscheint im Geiste, in der Sittsamkeit, im edlen Benehmen, in der Freigebigkeit, in der feinen Bildung, lauter Eigenschaften, die in einem hässlichen Manne Platz haben und sich vorfinden können. … Ich, Sancho, sehe wohl, dass ich nicht schön bin, aber ich weiß auch, dass ich nicht missgestaltet bin; und für einen braven Mann, wenn er nur die Gaben der Seele besitzt, die ich aufgezählt habe, ist es schon genug, dass er kein Ungeheuer ist, um von Herzen geliebt zu werden.“

Dale Wasserman verarbeitete die weitläufige Geschichte des Ritters zu einem Musical, das mit dem Hit „The impossible Dream“ heute noch begeistert. Dass er seiner Musicalhandlung auch noch eine Rahmenhandlung um den Schriftsteller Cervantes beigab, anstatt sich auf die Reisen Quijotes zu beschränken, die ohnehin genug Stoff hergeben, soll heute nicht mehr angezweifelt werden, mag damals aber als fragwürdige Entscheidung gegolten haben. Mit den vielen Geschichten um Don Quijote und Sancho kann man sich jedenfalls lange unterhalten (auch deutlich daran zu ersehen, wie lang das Buch bei mir im Rad mitlief). Ausreichend Durchhaltevermögen und Sitzfleisch ist dafür allerdings erforderlich.

Don Quijote und Sancho sandten ihre Blicke nach allen Seiten aus. Sie sahen das Meer, das von ihnen noch nie erschaut worden, und es schien ihnen von großem, weitem Umfang zu sein, weit mehr als die Teiche der Ruidera, die sie in der Mancha gesehen hatten.

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Fantasy Roman

Terry Pratchett – Hohle Köpfe

Spuren(c)Margot-Kessler/PIXELIO

Behutsam zog er den Zettel aus Dorfls Fingern. „Ich schätze, es könnte klappen“, sagte er. „Es ist nicht besonders taktvoll, aber immerhin kommt es in erster Linie auf die Worte an …“ Karotte öffnete die Klappe von Dorfls Schädel und legte den Zettel hinein.

Eine ganz großartig unterhaltsame Geschichte aus Ankh-Morpork. Mit dem langsam kombinierenden Kommandeur Mumm, der immer wieder von einer langsam weiblicher werdenden Zwergenfrau abgelenkt wird. Was soll man auch davon halten, wenn ein Zwerg plötzlich Lippenstift trägt und sich sogar die Frechheit erlaubt, Bein zu zeigen? Rasant springt die Geschichte von einem Schauplatz zum anderen, wäre dies ein Theaterstück, die Anzahl der Statisten wäre enorm.

Auf den Spuren des Mörders stoßen Hauptmann Karotte und Obergefreite Angua auf Gnome, Vampire und vermeintliche Nachfolger des Präsidenten Vetinari. Wappen, Kerzen und Ratten pflastern die Spur des Mörders. Verarbeitet hat Pratchett in diesem Roman das Motiv des Golems. Laut der jüdischen Legende werden Golems aus Lehm gebrannt und können nicht sprechen. In Pratchetts Geschichte führt der willenlose Arbeiter Aufträge aus und erhält letztlich nicht nur eine Stimme sondern auch einen freien Willen. Vorher ermordet jedoch ein Frankenstein-Golem seine Mitwisser. Es muss einiges Wasser den Ankh hinunterfließen, bevor die tapferen Mannen der Stadtwache diesen Fall aufklären. Ein spannender und kurzweiliger Krimi aus der Scheibenwelt.

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Roman

Anna Gavalda – Alles Glück kommt nie

Sprung ins kalte Wasser (c) Daniel Stricker / PIXELIO

Glück ist platt, abgeschmackt, boring, und immer auch anstrengend. Glück langweilt den Leser. Ist ein Liebestöter.

Der Griff zum Anna Gavalda-Roman hat sich bisher noch immer als Glücksgriff erwiesen. Und dieses Werk macht hier keine Ausnahme. Ich empfehle es sogar ausdrücklich als Anti-Stress-Therapie. Der spontane Effekt der Erleichterung beim Lesen auch nur weniger Seiten stellt sich zwar erst in der zweiten Hälfte der Geschichte ein, aber auch der erste Teil ist notwendig und kanns uns daran erinnern, dass unser eigenes Leben vielleicht nicht so schlecht ist, wie es uns manchmal erscheint. Gleichzeitig scheut sich die Autorin nicht, auch sich selbst auf die Schaufel zu nehmen, wie man im obigen Zitat erkennen kann. Sie erlaubt ihrem Protagonisten Charles Balanda, eine Art von Glück zu finden, zeigt aber auch deutlich, dass Glück im Alltag nicht so ist, wie es uns die Filme und Romane normalerweise zeigen.

Und sie. Sie. Sie sprach unentwegt vom Tod. Unentwegt. Um ihm zu trotzen, das Miststück fertigzumachen. Weil sie wusste, dass wir alle dran glauben müssen … Ihr Leben bestand darin, dies zu wissen, und darum musste man sich berühren, sich lieben, trinken, beißen, genießen und alles vergessen.

Wir sehen Charles Balanda hingebungsvoll scheitern. Der Tod von Anouk, einer Frau mit ganz besonderer Bedeutung für Charles wirft ihn gründlich aus der Bahn, wenn er auch äußerlich weiter zu funktionieren scheint. Ihr Tod wirft Fragen wieder auf, die Charles bisher unbeantwortet gelassen hat. Was ist aus der Freundschaft zu Alexis Le Men geworden? Warum überbringt er ihm die Todesnachricht auf diese unpersönliche Weise? Aber bevor sich Charles endlich mit der Beantwortung dieser Fragen auseinandersetzt, muss er erst in ein handfestes Burnout-Syndrom hineinfallen und vor einen Bus laufen.

Wer war diese Frau, die über eine Welt voller Phantome und Kinder herrschte, die sehr schöne Hände hatte und bei Einbruch der Dunkelheit glasklare Verse aufsagte?

Auf der Suche nach der Wahrheit über Alexis und Anouk trifft Charles auf Kate. Dann beschäftigt sich der Roman lange nur mit Kates Geschichte und ihrem Leben und hier fängt das Buch an, eine warme und aufmunternde Atmosphäre zu verbreiten, die mir nach so manchem Tag auf der Heimfahrt den Stress vergessen hat lassen. Daher der Verweis auf die Tauglichkeit als Anti-Stress-Therapie. Der vielbeschäftigte Architekt Charles lässt alles stehen und liegen, um für ein Wochenende in Kates Welt einzutauchen. Und zu bleiben.

Zu viel zu verraten, würde den Genuss verderben, und diesen Genuss kann ich nur jedem allerherzlichst empfehlen. Wer angesichts dieser Lektüre nicht glücklich oder zumindest zeitweise zufrieden auf sein eigenes Leben blicken kann, der kann sich immerhin Charles Balanda als Beispiel nehmen und erkennen, dass uns das Leben immer mehr als nur eine Chance gibt. Wir müssen sie nur erkennen und ergreifen.

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Sachbuch

John Robb – Punk Rock

Gitarre(c)OliverHaja/PIXELIO

Unsere Generation war glücklich: Wir sahen die Welt so, wie sie war. Das öffnete uns die Augen. Wir sangen über das Bedürfnis, da rauszukommen, frei von Unterdrückung zu sein. Wir waren in der Lage, uns selbst auszudrücken und nahmen uns von überall Isnpiration – alles, was sich zu der Zeit abspielte, war miteinander verbunden.

Obwohl ich die Generation Punk Rock selbst bei weitem verpasst habe, fand ich diese Chronik des Punk Rock, die John Robb mit viel Gefühl fürs Wesentliche zusammengestellt hat, sowohl interessant als auch inspirierend. Er hat sich die Mühe gemacht, mit allen Protagonisten des Genres zu sprechen, die noch am Leben sind und die er ausfindig machen konnte. Und das sind ziemlich viele.

So wird das Buch zu einem ziemlichen Wälzer, wenige Schwarz-Weiß-Abbildungen lockern die Collage aus Interviewschnipseln auf. Oft genug verliert der Leser, der nicht alle Beteiligten aus eigener Erfahrung zumindest aus den Medien kennt, etwas den Überblick, zu welcher Band die Befragten gehören, wird nur beim ersten Auftauchen des Namens erwähnt, die Menge an Namen muss man sich mal merken können. Noch dazu wo die Bandmitglieder durchaus auch mal die Band wechseln, neu gründen, neu benennen und / oder sich mit anderen Musikern zusammentun.

Was bleibt, ist eine spannende Collage einer Umbruchsphase, die sowohl im musikalischen Bereich als auch im Style und in der Jugendkultur im Allgemeinen viele neue Impulse hervorbrachte. Gleichzeitig können die damaligen Bands und Stilikonen als Wegbereiter für die heutigen Punk-, Post-Punk- und Alternative-Rock-Bands gelten. Auch die Freiheiten der heutigen Jugend basieren zum Teil auf dem Kampf um Individualität, den die Jugendlichen damals führten.

Speziell für mich interessant war auch die Geschichte vom letzten Konzert der Sex Pistols mit Glen Matlock, das im Paradiso in Amsterdam stattfand. Dort habe ich im September ein großartiges Lifehouse-Konzert besucht und auch die Location ist heute noch ein sehr besonderer Veranstaltungsort für Konzerte, der Punk-Spirit scheint dort noch zu leben, auch wenn die Konzerte heute zweifellos zivilisierter ablaufen als damals. In Amsterdam werden nicht mal die Taschen der Konzertbesucher auf Waffen überprüft, keinerlei Kontrollen (mit Ausnahme des Tickets) sind notwendig.

Und fürs Protokoll – nochmal Jack Kerouac (sichtlich sehr populär in Amerika, auch in der Punk Rock Generation):
Meine Eltern wünschten, ich würde der Leiter von IBM werden; stattdessen bekam ich einen Job, in dem ich Autos hin- und herkutschierte. Keine Ahnung, ob das von Bernies Einfluss herrührte oder ob ich gerade „On the road“ gelesen hatte – aber ich hatte einen Job, wo ich Autos beförderte und parkte. Dabei konnte ich in Lederjacke und mit schwarzer Sonnenbrille rumlaufen und Autos parken wie Neal Cassady. (Tony James)