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Bildband Essays

Barbara Lesak (Hg.) – Von der Pose zum Ausdruck. Theaterfotografie 1900–1930

CN: Es werden rassistische, antifeministische und homophobe Einstellungen der Epoche 1900–1930 thematisiert.


Ende November letzten Jahres besuchte ich mit dem Fotografen eine Fotoausstellung in der Galerie Westlicht (Bericht hier unter der Buchbesprechung). Der Fotograf musste sich natürlich auch die vielen Fotobildbände im Shop der Galerie ansehen. Also blätterte ich auch kurz durch die Bücher und dann fiel mir dieses in die Hände. Es handelt sich um einen Begleitband zur Ausstellung „Von der Pose zum Ausdruck. Theaterfotografie von 1900 bis 1930“ des Österreichischen Theatermuseums. Das Buch versammelt also Fotografien, die in dieser Ausstellung zu sehen waren und kombiniert sie mit Texten, die verschiedene Aspekte von Theater und Fotografie behandeln.

Es werden unterschiedliche Entwicklungsstufen der Fotografie behandelt, die mit ihren technischen Gegebenheiten die Möglichkeiten der fotografischen Aufnahmen prägten. Während frühe Theateraufnahmen ausschließlich im Atelier gestellt wurden (die Darsteller:innen durften sich nicht bewegen), konnten mit fortschreitender technologischer Entwicklung (inkl. besserer Beleuchtung der Theaterräume) auch tatsächliche Szenenbilder aufgenommen werden. Dabei fand ich interessant, dass die Fortschritte laut einem Text von Gerald Pfiffl zumeist aus der Riege der leidenschaftlichen Amateurfotograf:innen stammten:

Technische und bildmäßige Innovationen gingen immer von Amateuren und ihren Vereinen aus, denen vor allem der technische Fortschritt wichtig war. […] Das Gros der Berufsfotografen war dem konstant guten Bildergebnis verpflichtet. Sie konnten es sich nicht leisten, sich auf Experimente mit neuen Methoden einzulassen.

Im selben Text thematisiert Gerald Pfiffl auch eine Kontroverse bezüglich der Gestaltung von Theateraufnahmen aus dem Jahr 1926. Während der Amateurfotograf Hans Böhm sein System der Aufnahme von Szenenbildern mit Authentizität verteidigte, wurde er von Maximilian Kartitschnigg intensiv kritisiert. Kartitschnigg vertrat eine Position, die dem Fotografen einen wesentlichen gestalterischen Anteil an einer Fotografie zusprach. Er wollte das Licht für eine Aufnahme neu einrichten und überflüssige oder störende Elemente aus der Komposition entfernen. Ohne diese persönliche Einflussnahme wären die entstandenen Fotografien rein „technisch“ und nicht „künstlerisch“.

In dieser Phase der umfassenden Orientierungslosigkeit, geprägt von der Krise nach dem Zusammenbruch des Habsburgerreichs, die gleichermaßen alte Werte und Wertesysteme ungültig macht, werden zugleich Möglichkeiten und Räume eröffnet, in Frage gestellt und Alternativen geschaffen.

Sehr interessant fand ich einen Textbeitrag von Julia Danielczyk, in dem es um „Problemstücke der zwanziger Jahre“ geht. Als problematische Themen werden hier unter anderem Homosexualität, Schwangerschaftsabbruch, die sich verändernde Rolle der Frau und die Nutzung so genannter Schauobjekte angesprochen. Als Schauobjekte versteht die Autorin hier schwarze Statist:innen, während die weiße Hauptdarstellerin schwarz angemalt wird, um als – in der damaligen Diktion – „Halbblut-Negerin“ aufzutreten.

An diesem Text gefällt mir auch sehr gut, wie die Autorin aus den Bildern herausliest. Aus der Pose zweier Darsteller:innen liest sie zum Beispiel einen eindeutigen „Verweis auf eine außergewöhnlich gefährliche Macht dieser Unbekannten, inszeniert eine dämonische Stimmung“. Diese Art der Bildbeschreibung versuche ich selbst in meinem Alternativtexten umzusetzen und auch in Bilderzählungen, wenn ich etwas aus Urheberrechtsgründen nicht zeigen darf.

Julia Danielczyk thematisiert in ihrem Text auch die weiter oben beschriebene Unterscheidung zwischen Kunst und Technik und schlägt sich dabei auf die Seite von Maximilian Kartitschnigg. Für sie ist es ein besonderer Wert, wenn Fotos nicht nur als Dokumente der tatsächlich stattgefunden habenden Vorstellung dienen:

Das bedeutet die Reflexion der Wirkung des Bildes bei der Konzeption, so dass das Arrangement der Personen nicht dem zufälligen Moment eines Theaterabends unterlag, sondern gezielt für den Augenblick der Aufnahme eingerichtet wurde. Und genau hier tritt eine Duplizierung ein: Ziel ist die Inszenierung des Ausdrucks, die Zurschaustellung der großen, theatralischen Geste, die Abbildung, das Festhalten eines Zeitgefühls. Die Bilder verfügen über eine eigenständige Aussagekraft, über die Dokumentation einer Inszenierung hinaus. Sie stellen selbst gezielt inszenierte Posen dar.

Dazu bietet auch ein Text von Herausgeberin Barbara Lesak noch eine Verbindung an. Hier befasst sie sich mit Theaterexpressionismus und magischem Realismus in Berlin, einer Epoche, die nur von 1917 bis etwa 1924 dauerte, für die Theaterfotografie jedoch einen bedeutenden Fortschritt darstellte:

Die fotografische Abbildung und das Bildhafte der expressionistischen Szene standen in engster Beziehung zueinander. Fast schien es, als wäre die expressionistische Bildsprache nur dafür entworfen, um speziell ins fotografische Medium umgesetzt zu werden. In kongenialer Weise bedingten sie einander: Der Fotograf war konfrontiert mit einer ganz und gar künstlichen Welt, wie sie außerhalb der Theatermauern nicht vorzufinden war, und konnte daher exklusive und ungewöhnliche Bilder machen, während im Gegenzug dazu die expressionistische Scheinwelt in der fotografischen Abbildung an Realität und Glaubwürdigkeit gewann.

Trotz der Tatsache, dass ich mit dieser Epoche des Theaters bisher nur wenig Berührungspunkte hatte, fand ich auch einige für mich interessante Fakten:

  • Zwei Fotos aus einem Schauspiel namens „Chicago“ von M. Watkins, das tatsächlich die Grundlage für das spätere Musical ist. Sie wurden 1928 in den Wiener Kammerspielen aufgenommen und erinnerten mich sofort an das Musical. Auf dem ersten Foto ist eine der Protagonistinnen zu sehen, sie steht erhöht inmitten einer Gruppe von Männern in Anzügen, die ihr allesamt Geldscheine entgegen strecken. Darunter ein Foto aus dem Zellenblock, auf dem fünf Frauen in unterschiedlichen Positionen zu sehen sind.
  • Ein Text von Dagmar Saval beschäftigt sich mit Aspekten der Revue oder Revue-Operette. Diese in den 1920er-Jahren sehr beliebte Unterhaltungsgattung zeichnet sich unter anderem durch kreative Kostüme aus, weshalb dieser Text mit sehr interessanten Bildern illustriert ist. Darsteller:innen sind hier zum Beispiel als Parfumflakon und Lippenstift kostümiert. Spektakulär finde ich ein Bild einer Darstellerin, die als Stephansdom verkleidet ist (aus der Revue Alles aus Liebe von Karl Farkas und Ernst Marischka, Stadttheater, Wien 1927). Auf dem Kopf trägt sie den überdimensionalen Südturm des Stephansdoms, links und rechts ihrer Hüften erstreckt sich das Kirchenschiff mit dem charakteristischen Zickzack-Dachziegel-Muster. Es erscheint unwahrscheinlich, dass sich diese Darstellerin noch bewegen konnte.
  • Für mich neu war auch, dass Das Weiße Rössl lange vor dem großen Film-Erfolg (1960) eine Revue-Operette (so wird es im Buch genannt) bzw. ein Singspiel (1930, Wikipedia) war und auf einem noch älteren Text (Lustspiel) von Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg basiert. In Wien inszenierte Karl Farkas Das Weiße Rössl und trat in der heute noch bespielten Kabarettbühne Simpl mit seinem Schwarzen Rössl auf.
  • Im letzten Text fiel mir das (mir unbekannte) Wort Kubofuturismus ins Auge. Dazu Wikipedia:

Der Kubofuturismus ist eine Stilrichtung der Bildenden Kunst, die sich in Russland in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte. Dabei wurden Erfahrungen und Elemente des Kubismus und des Futurismus miteinander verschmolzen. Typisch für den Kubofuturismus ist die Zerlegung eines gegenständlichen Motivs in zylindrische Formelemente.

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Bildband

Georg Wagner – Die österreichischen Bundesbahnen

CN: –


Bei meinem letzten Berlin-Besuch habe ich es endlich mal ins Café Tasso geschafft. Beim Vorbeigehen habe ich schon oft in die Bücherkästen draußen geschaut, aber drin war ich bisher noch nie. Diesmal nahm ich mir die Zeit, um die vollen Bücherräume im Untergeschoss des Cafés zu besuchen. Die Ansage „jedes Buch 2,50€“ ließ mich Schlimmes schweres Gepäck auf der Heimreise befürchten. Also entschloss ich mich zu einer systematischen Suche nach den Büchern, die ich schon länger auf irgendwelchen Liste habe und fand von denen dann tatsächlich nur eines (!). Weil ich zumindest 5€ bezahlen wollte, inspizierte ich dann noch das schmale Regal im Durchgang zu den Toiletten und dort ließ ich mir von einer größeren Person Die österreichischen Bundesbahnen – Eisenbahn und Landschaft in 150 Panorama-Aufnahmen aus dem obersten Regal holen.

Die Fotografien in diesem Bildband stammen aus den Jahren 1979 bis 1983. Die blauen 4020-Züge, die heute nur noch selten auf meiner Stammstrecke zu sehen sind, waren damals gerade neu. Die Aufnahmen sind überaus vielfältig, der Autor Georg Wagner und der zweite Fotograf Bernd Eisenschink haben sich große Mühe gegeben, nicht nur Lokomotiven und Waggons abzufotografieren sondern die jeweiligen Züge in der Landschaft eingebettet abzubilden. Die Bildtexte dazu geben sehr genau an, um welche Lokomotivtypen es sich handelt, wann und wo genau das jeweilige Bild aufgenommen wurde und auch, ob es sich um eine spezielle Zugkombination handelt. Das Vorwort des Vorstands der Österreichischen Bundesbahnen deutet schon darauf hin, dass hier eine Zusammenarbeit stattgefunden hat. Dass dieser Vorstand nicht namentlich genannt ist, ordnet das Buch wiederum in seine Epoche ein. Heutzutage würden da Namen und Portraitfotos abgebildet werden.

Die vielen interessanten Aufnahmen haben mich außerdem zu dem einen oder anderen Ausflug inspiriert. Ich liste meine Ideen hier auf und werde (hoffentlich) die jeweiligen Bilder dieser Ausflüge ergänzen, wenn sie stattgefunden haben.

  • Auf den Seiten 8 und 9 ist eine bekannte Wiener Stadtansicht zu sehen, die Donaukanal-Brücke zwischen Wien Mitte und Wien Nord. Dort komme ich regelmäßig vorbei und möchte mir ansehen, ob ich die Fotos nachstellen kann, wobei ich aufgrund der Perspektive annehme, dass sie aus einem Haus gemacht wurden.
  • Die Schneeberg-Bahn (Seite 12/13) steht schon aus anderen Gründen auf meiner Liste. Leider ist die Fahrt mit der Salamander-Bahn unfassbar kostspielig und am besten mit einer Niederösterreich-Card zu kombinieren.
  • Bei der Abbildung auf Seite 23 dachte ich kurz, ich hätte meine Heimatstadt erkannt, der Kirchturm von Unterretzbach hat auf den ersten Blick Ähnlichkeit mit dem von Stockerau. Hier halte ich die Chancen für gut, die Perspektive auf dieses Gleis mit der Kirche im Hintergrund zu finden.
  • Die Schafberg-Bahn habe ich seit der Ausstellung zur Eisenbahn-Architektur vorgemerkt. In diesem Buch ist auf Seite 73 ein Foto der schräg auf den Schienen sitzenden schwarzen Dampflokomotive zu sehen, die heute im Eingangsbereich des neuen Bahnhofs der Schafberg-Bahn steht.

Ein Highlight aus den Bildtexten (S. 66) möchte ich auch verewigen:

Wie viele Eisenbahn-Fotografen haben sich nicht schon über die unvermeidliche Wolke vor der Sonne geärgert, die im „rechten“ Moment das schönste Foto zunichte machen kann. Doch manchmal verhilft der Zufall auch zu einer „Theaterbeleuchtung“, die hier am 5.5.1979 bei Traunkirchen den R 3341 (Bad Aussee – Attnang-Puchheim) mit seiner 1141.23 in Szene setzt.

Auf dem Bild zu sehen ist eine rot-orange-farbene Lok, die zwei dunkelgrüne Personenwagen hinter sich zieht, im Hintergrund eine leicht angezuckerte Bergkette. Ein Großteil der Landschaft liegt im Schatten; aber dort, wo die Lokomotive gerade unten zentral durchs Bild fährt, scheint die Sonne.

Der Autor spart auch nicht mit Detailinfos wie zum Beispiel dem „neuen“ Farbkonzept der ÖBB, laut dem die Loks in RAL 2002 „Blutorange“ lackiert wurden. So heben sich die rot-orange-farbenen Loks deutlich von den damals grünen Personenwagen und braunen Güterwaggons ab.

Ein spannender Bildband aus einer vergangenen Zeit.

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Bildband Reise Sachbuch

Adolf Stiller (Hrsg.) – Bahnhöfe. Stationen in Europa.

CN: –

(Gefahr der Ansteckung mit Reisefieber ;-)


Im Ringturm in Wien war bis vor Kurzem eine Architekturausstellung zum Thema Bahnhöfe zu sehen. Anlass war die Eröffnung der ersten Eisenbahnlinie in England, die vor „ziemlich genau 200 Jahren“ (lt. Klappentext) stattfand (und damit das „Geburtsjahr“ mit dem sponsornden Versicherungsunternehmen teilt). Zur Ausstellung gibt es einen Katalog in Buchform, ich wollte alles nochmal genau nachlesen und konnte nicht widerstehen …

Blick in den Ausstellungsraum, der Eingangsbereich ist von einer Holzkonstruktion überspannt, die wie ein Tunnel wirkt, weiter hinten im Raum hängen Tafeln von der Decke, an einer Wand hängt eine alte Eisenbahnkarte
Eingangsbereich der Ausstellung im Erdgeschoss des Ringturms

Glaskasten mit drei aufgeschlagenen Büchern und einem gelben Buchumschlag, in den Büchern sind großformatige Architekturfotos zu sehen
Schaukasten mit Büchern zum Thema Bahnhöfe

Das Buch zeigt dem Untertitel gemäß „Stationen in Europa“. Ein großer Schwerpunkt widmet sich etwa der Metropole Paris, die gleich mit sechs Bahnhöfen vertreten ist (von denen einer heute als Museum genutzt wird – das Musée d’Orsay). Den Weg zwischen den nahegelegenen Bahnhöfen Gare du Nord (hier fahren etwa die Eurostar-Züge Richtung Norden ab) und Gare de l’Est (wo unter anderem die Nachtzüge von und nach Wien ankommen und abfahren) habe ich selbst schon mehr als einmal zurückgelegt.

im Inneren der Bahnhofshalle des Pariser Bahnhofs Gare de l'Est, die Bogenkonstruktion des Hallendachs dominiert den oberen Teil des Bilds, von der Decke hängen zwei Bilder, darunter sind drei Anzeigetafeln für Ankunft und Abfahrt von Zügen zu sehen
Gare de l’Est: „[Die] große querliegende Halle am Kopfende der Bahnsteige [wurde] weithin als Beispiel für die funktionelle Anlage von Bahnhöfen kopiert.“

die Eingangshalle des Pariser Bahnhofs Gare de l'Est, drei geöffnete Türen zwischen Säulen, hinter dem Bahnhofsgebäude leuchten Wolken im Morgenlicht
Gare de l’Est: Der orangefarbene Riesen-Blumentopf ist auch auf der Abbildung im Buch zu sehen, meine beiden Fotos hier wurden im Mai 2023 aufgenommen.

Aber nicht nur die Pariser Bahnhöfe haben in mir Erinnerungen geweckt. Ich war beim Besuch der Ausstellung überrascht, dass ich einige der erwähnten Bahnhöfe quer durch Europa sofort zuordnen konnte.

Ausstellungsansicht, ein Transparent zeigt drei Fotos des Bahnhofs Gent-Sint-Pieters, oben ragt über einem Glasvordach ein altmodischer Turm auf, auf den beiden unteren Bildern Innenansichten der Bahnhofshalle
Gent-Sint-Pieters: Das historische Bahnhofsgebäude mit dem markanten Turm steht unter Denkmalschutz und wird seit 1996 umfassend renoviert.

Bahnsteig, eine Metallstütze hält das Dach über dem Bahnsteig, die Seitenflächen sind verglast, Teile der Glasflächen sind pink, die Bahnsteigbeschriftung ebenfalls in pink
Gent-Sint-Pieters: Bei meinem Besuch im Mai 2023 waren die Bahnsteige bereits mit modernen, bunten Glaskonstruktionen ausgestattet, die zu den Bahnsteigen führende Halle darunter war eine unübersichtliche Baustelle.

Bahnhof London St. Pancras, durch das verglaste Dach scheint die Abendsonne, am Ende des Kopfbahnhofs hängt eine große Uhr, darunter ein Schrift rosafarbener Neonschriftzug, der für das Musical „Dirty Dancing“ wirbt, Text: „I want the time of my life“
London St. Pancras (Mai 2023): „Mit seiner 74,15 Meter frei gespannten, 210 Meter langen und 31 Meter hohen, in gotisierender Spitzbogenform gestalteten Halle stellt dieser Bahnhof heute noch alle europäischen Bahnhöfe in den Schatten.“

Bahnhofsvorplatz in Venedig, im Vordergrund eine dreiarmige Laterne mit zwei Mülleimern daneben, dahinter die Marmorfassade des Bahnhofs
Venezia Santa Luzia (August 2022): „Die lang gestreckte, weit offene Fassade mit dem charakteristischen Vordach zeichnet sich durch die sensible Verwendung verschiedenfarbiger Marmorarten aus, deren Oberflächen die hohe Kunst der venezianischen Steinbearbeitung zeigen.“

Ein Fokus der Ausstellung (und des Buchs) liegt auf den Bahnhöfen der ehemaligen Donaumonarchie. Es ist auch eine große Übersichtskarte über „Österreich-Ungarn’s Eisenbahnen“ zu sehen. Die Karte stammt aus dem Jahr 1910 und war damals bereits in der 79. Auflage erschienen.

Detailaufnahme der Ecke einer Übersichtskarte, links oben steht: 1910, Prochaska's Neue Ausgabe, Österreich-Ungarn's Eisenbahnen, Neunundsiebzigste Auflage“, darunter eine Legende, die die Zeichen für unterschiedliche Bahngleise und verschieden große Ortschaften erklärt. Der Maßstab der Karte ist mit 1:1.250.000 angegeben.

von der Decke hängende Transparente zeigen die kommunistisch anmutenden Bahnhöfe in der heutigen Republik Tschechien
Tafel mit Informationen und Bildern zu den Bahnhöfen Pardubice, Cheb, Teplice und Klatovy

langgezogenes Bahnhofsgebäude aus rotbraunem Material mit hohen Fensterfronten, links an der Wand hängt eine dekorative Bahnhofsuhr, im Vordergrund die Metallstatue eines Mannes in Militäruniform mit vor der Brust verschränkten Armen
Bahnhof Pardubice mit der Statue von Jan Perner, Juli 2024

zwischen zwei Bahnsteigen sind zwei Gleise zu sehen, auf einem steht ein blauer Zug, zwischen den Bahnsteigdächern blauer, leicht bewölkter Himmel, die Gleise ziehen von rechts unten nach links oben durchs Bild, das Bild wirkt so dynamisch, obwohl nichts wirklich in Bewegung ist
Brno hlavní nádraží, Juni 2023

Spannend fand ich die verschiedenen „Bauformen“, die für die porträtierten Bahnhöfe angegeben wurden. Leider ist die Klassifikation nicht ordentlich abgerenzt. Wikipedia unterscheidet Bahnhöfe nach verschiedenen Kriterien, die im Buch unter dem Überbegriff „Bauform“ miteinander vermischt werden. Die Unterscheidung nach Grundrissform ist vermutlich vielen Leser:innen bekannt:

  • Kopfbahnhof (alle hereinführenden Gleise enden im Bahnhof, die Züge können nur mit einem Fahrtrichtungswechsel den Bahnhof wieder verlassen)
  • Durchgangsbahnhof (die Hauptgleise verlaufen durch den Bahnhof, der Bahnhof kann von beiden Seiten angefahren und wieder verlassen werden)

Im Buch werden unter dem Label „Bauform“ noch folgende andere Begrifflichkeiten verwendet:

Durch die Weitung der Gleisanlagen kommt es gleichsam zu einer Insel, in deren Mitte das Bahnhofsgebäude steht.

Leider sind die Ungenauigkeiten bei den Klassifikationen nicht der einzige Kritikpunkt. Die Bilder sind im Buch durchgehend zu dunkel abgedruckt (in der Fachsprache: die Bilder saufen ab). Auf nahezu allen Bildern, wo Bahnhöfe von innen zu sehen sind, sind  auch bei genauerem Hinsehen keine Details zu erkennen.

Auf der positiven Seite möchte ich die schöne Gestaltung des Umschlags erwähnen, der Titel ist in Goldschrift aufgeprägt, darunter ist die schematische Ansicht einer Bahnhofshalle in dunkler Farbe auf dem anthrazitfarbenen Buchdeckel aufgeprägt. Die unterschiedlichen Materialien geben dem Buch ein sehr wertiges Gefühl.

In den Texten, die hauptsächlich sachlich die architektonischen Highlights oder die historischen Hintergründe der Bahnhöfe erläutern, verstecken sich hier und da augenzwinkernde Bemerkungen wie diese zu fehlenden Einkaufsmöglichkeiten im Bahnhof Ostrava-Vitkovice:

Entsprechend des in den damaligen kommunistischen Ländern gültigen Wirtschaftskonzeptes der 5-Jahrespläne, die privatem Konsum keinen Stellenwert einräumten, waren auch keine Geschäftsflächen vorgesehen, was eine Nüchternheit erzeugte, nach der man sich heute vielerorts sehnt.

Zum Abschluss habe ich auch noch einige architektonische Fachbegriffe mitgenommen:

Da die Ausstellung neben den Tafeln mit den Informationen zu den Bahnhöfen nur wenige Elemente (Schaukästen mit Büchern und Ansichtskarten, einen kurzen Film zu Stuttgart 21) enthielt, stellt das Buch eine ausführliche Dokumentation der Ausstellung dar. Ich fand darin außerdem reichlich Inspiration für zukünftige Reisepläne!

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Bildband Sachbuch

Ernst Lauermann, Wolfgang Maresch – Seinerzeit in Stockerau

CN: Weltkrieg, Holocaust, Antisemitismus


Das zweite Buch über meine Heimatstadt (über das erste habe ich hier geschrieben) ist aus einer Facebook-Gruppe entstanden, die während der Lockdowns in der Corona-Pandemie gegründet worden war. Es beinhaltet Bilder und Geschichten aus den Jahren 1930 bis 1990, eine Zeitspanne, die sich am Ende schon mit meiner Lebenszeit überschneidet. Dementsprechend kann ich mich tatsächlich an manche der erwähnten verblichenen Gaststätten oder Geschäfte noch erinnern (zB an die Spielwarenhandlung Falk, die zu Weihnachten immer eine Modelleisenbahn im Schaufenster hatte, die durch Knopfdruck von außen gestartet werden konnte). Etwas traurig bin ich immer noch, dass die Bäckerei / Greißlerei Schwarz, in der ich als Schulkind oft meine Jause gekauft bekam, nicht erwähnt ist.

Bestätigt fand ich meine Vermutung aus dem ersten Post, dass die Bahnlinie von Wien Richtung Nordwesten lange in Stockerau endete. Wikipedia weiß, dass ab 27. Mai 1979 die Strecke bis Hollabrunn befahren wurde. Davor endete die S3-Strecke in Stockerau.

Köstlich amüsiert habe ich mich schon beim ersten Durchblättern des Buchs über die abgedruckte Speisekarte des Gasthofs „Zum Goldenen Schwan“. Darauf wird zum Beispiel die Speise „Garniertes Ei o.Schinkenrolle“ um 7 Schilling angeboten. Schinkenrolle habe ich als Kind nach dem Hallenbadbesuch im Hallenbadrestaurant gern gegessen. Das teuerste Gericht auf der überschaubaren Karte ist „1/2 Backhuhn m. gem. Salat“ um 30 Schilling. Erstaunt hat mich, dass auf dieser Speisekarte aus den 1970er-Jahren bereits „Thunfisch garniert“ angeboten wird. Neben den Mehlspeisen ist das einzige vegetarische Gericht auf der Karte „Champignons gebacken m. Sauce Tartar“ um 19 Schilling – ganz schön teuer im Vergleich zum „Rindsgulyas“ um 14 Schilling (dabei sind allerdings keine Beilagen verzeichnet).

Mit den Stockerauer Festspielen verbindet mich eine eigene Geschichte. Im Rahmen eines Schulprojekts führte ich gemeinsam mit zwei Freundinnen an einem Abend eine Befragung der Gäste der Stockerauer Festspiele durch. Das war vermutlich das erste Mal in meinem Leben, das ich auf einer Bühne stand und in ein Mikrofon sprechen sollte. Die Ergebnisse der Befragung waren jedoch ein Erfolg und wir wurden auch ausgezeichnet benotet für unseren Einsatz. (In diesem Jahr wurde übrigens „The King & I“ unter der Intendanz von Alfons Haider gespielt.) Aus dem Buch habe ich erfahren, dass die Stockerauer Festspiele 1964 unter Otto Kroneder mit der Aufführung von „Jeanne oder Die Lerche“ erstmals dokumentiert sind.

im Vordergrund ein reich mit Gold verzierter Mann in einem roten Gewand mit kurzen Hosen, im Hintergrund hält eine Dame in einem ausladenden weißen Kleid ein offenes Buch vor sich
Szenenfoto aus „The King & I“, im Vordergrund Alfons Haider als König von Siam, dahinter liest die Darstellerin der Anna aus einem Buch vor

Mehr Trivia:

  • Erwähnt wird im Buch auch ein Auftritt von Drahdiwaberl und Falco am 19. Dezember 1981 in der Diskothek der Familie Gehnal. Auf dem dazugehörigen Plakat wird ein „Super – Show – Spektakel der Gruppe Dradiwaberl mit Falko“ (sic!) angekündigt. Vermerkt ist mit einem Stern außerdem „* Der Kommissar“.
  • Neu war mir auch, dass der Brunnen neben dem Rathaus im Jahr 1953 als Erinnerung an den alten Stockerauer Hafen errichtet wurde. Den Brunnen habe ich mir vorher noch nie genauer angesehen, ich hätte nicht sagen können, was für eine Figur da drauf steht.

Brunnen vor dem Rathaus, auf einem Steinsockel steht eine Person mit Umhang im Bug eines Bootes, der Bug ist von steinernen Wellen umkranzt
Donaubrunnen oder Schifferbrunnen, 1953 zur Erinnerung an den alten Stockerauer Donauhafen errichtet

  • „In Stockerau gibt es 60 registrierte Sportvereine.“
  • Die Texte, die in diesem Buch recht ausführlich sind und auch viele Zeitzeug:innen-Berichte enthalten, zeichnen sich stellenweise durch eine äußerst blumige Sprache aus:

Der Abriss [des alten Bahnhofsgebäudes] und der darauffolgende Neubau können als Werk von Kulturhunnen und Asphaltbarbaren bezeichnet werden.

  • In eine weitere Runde ging die Recherche zur ersten Ampel in Stockerau. In diesem Buch wird nämlich erzählt, dass am 3. September 1960 die erste Verkehrsampel am „Scharfen Eck“ in Betrieb genommen wurde. Das stellt einen Kontrast dar zu den Informationen, die ich im Rahmen meines Textes zum ersten Stockerau-Buch zum Kreisverkehr am Wimmer-Eck recherchiert hatte. Als dieser nämlich 2020 die dortige Ampel ersetzte, hieß es in vielen Artikeln, das wäre die älteste Ampelregelung Niederösterreichs gewesen. Belege für das eine oder andere konnte ich nach wie vor nicht auftreiben. Vielleicht finde ich in diesem Zuge noch heraus, wie so ein Stadtarchiv funktioniert …
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Bildband Sachbuch

Maria-Andrea Riedler – Das alte Stockerau

CN: –


Kürzlich habe ich selbst einen Geocache versteckt und veröffentlicht, es soll der Start einer neuen Reihe werden. Im Zuge dessen kommt es hier erstmals zu einer umgekehrten Verknüpfung meiner beiden Hobbies Lesen und Geocaching: Ich habe mir Bücher ausgeliehen, um für zukünftige Geocaches meiner Reihe zu recherchieren. Dabei verschlug es mich in eine Abteilung der Hauptbücherei, deren Existenz mir nicht mal bewusst war: es gibt Abteilungen mit Büchern zu allen Bundesländern Österreichs und in der Abteilung zu Niederösterreich fand ich neben vielen Büchern über die Wachau und andere bekannte Gegenden tatsächlich auch zwei Bücher über meine Heimatstadt Stockerau. Mit dem ersten befassen wir uns in diesem Post.

das Konvikt in Stockerau, ein gelbes Haus mit weißen Verzierungen, rechts halten zwei Hände ein Buch ins Bild, auf dem dasselbe Gebäude zu sehen ist
Das Konvikt in Stockerau, zwischen 1894 und 1896 als Schülerheim errichtet, heute als Internatsgebäude für die Berufsschule für KFZ-Technik genutzt.

Das Buch besteht hauptsächlich aus alten Stadtansichten, die damals als Ansichtskarten produziert wurden. Jedes Bild ist mit einem kurzen Text versehen, am Anfang des Buchs befindet sich ein Geleitwort des zum Zeitpunkt der Erscheinung (2016) amtierenden Bürgermeisters Helmut Laab und eine Chronik mit wichtigen Daten der Stadt. Das Geleitwort möchte ich deshalb erwähnen, weil ich durch weiterführende Recherche eine bei mir seit ewig falsch abgespeicherte Information korrigieren konnte: Der Stockerauer Kirchturm ist tatsächlich der höchste von Niederösterreich (Platz 9 in der Liste der höchsten Sakralgebäude Österreichs, ich hatte immer gedacht, es wäre der Zweithöchste) und Mariazell liegt in der Steiermark.

Stadtansicht von Stockerau mit zwei Kirchtürmen und einem markanten Gebäude mit Kuppel am rechten Bildrand, im Vordergrund ein Buch, das eine alte Ansicht desselben Orts zeigt, auf dem diese drei Gebäude erkennbar sind
Stockerau, Kreuzung von Hauptstraße, Stögergasse und Grafendorferstraße, heute geregelt als Kreisverkehr mit einem Brunnen in der Mitte

Der Kirchturm ist tatsächlich ein weithin sichtbares Gebäude, das viele Stadtpanoramen entscheidend prägt (damals wie heute). Die Ansicht von der Eduard-Rösch-Straße aus mit den beiden Kirchtürmen und dem markanten Gebäude, das in meiner Jugend noch das Café Wimmer war und heute einen Optikfachbetrieb beherbergt, ist heute wieder etwas näher an die Ansicht von damals gerückt. Seit 2020 regelt hier ein Kreisverkehr statt einer Ampel den Verkehr, was unter anderem deshalb interessant ist, weil es sich um die „älteste Ampelregelung Niederösterreichs“ gehandelt haben soll (eindeutige Belege dafür konnte ich nicht auftreiben).

Es gibt aber auch viele andere Gebäude, die schon mehr als 100 Jahre bestehen. Zusammen mit dem Fotografen habe ich bereits einige dieser Gebäude besucht und deren heutige Ansicht mit der im Buch dargestellten verglichen. Der Fotograf machte mich außerdem darauf aufmerksam, dass die im Buch abgebildeten Ansichtskarten großteils wohl hand-coloriert sind, also eine Schwarz-Weiß-Fotografie, auf die nachher Farbe aufgemalt wurde. Im Zuge weiterführender Recherche hat der Fotograf dann die Ansichtskarten-Datenbank der Österreichischen Nationalbibliothek gefunden, die auch Material zu Stockerau enthält.

Jahn-Turnhalle, erbaut 1884, davor halten zwei Hände ein Buch ins Bild, auf dem dasselbe Gebäude zu sehen ist
Automobilmuseum Stockerau, erbaut 1884 als Jahn-Turnhalle

Andere interessante Erkenntnisse:

alte Ansichtskarte mit einem Stadtpanorama von Stockerau mit dem Turm der Stadtpfarrkirche, im Vordergrund die Häuserzeile der Pampichlerstraße
Panorama mit Pfarrkirche, Stockerau, 275m Seehöhe, N.-O e., Pampichlerstraße Quelle: Österreichische Nationalbibliothek http://data.onb.ac.at/AKON/AK046_248

  • Stockerau hat eine Vergangenheit als Industriestadt, die Maschinenfabrik Heid war mir schon in meiner Kindheit ein Begriff. Einen Überblick über diese Industrievergangenheit bietet unter anderem der Adventure Lab Cache Industriestadt Stockerau.
  • Die heutige evangelische Pfarrkirche war zu Beginn eine Synagoge. „1938 wurde die Synagoge der evangelischen Gemeinde zur Religionsausübung zugewiesen, entsprechend umgestaltet und in Lutherkirche umbenannt.“

eckiges Kirchengebäude mit Turm in der Mitte, über dem Haupteingang ein großes Holzkreuz, links vor der Kirche steht ein Straßenschild mit dem Namen „Friedensplatz“ in mehreren Sprachen
Lutherkirche in Stockerau, erbaut ursprünglich als Synagoge

  • Auf allen Bildern von Straßen und Plätzen in der Stadt fällt eines deutlich ins Auge: keine Autos! Auf einem Bild des Sparkassaplatzes gehen kreuz und quer Menschen spazieren, eine Aufteilung in Straße/Parkplätze/Fußgänger:innenwege gibt es nicht. Dasselbe gilt für die Aufnahmen vom Rathausplatz (der heute hauptsächlich als Parkplatz genutzt wird). Nur einzelne Pferdefuhrwerke sind auf den Bildern zu sehen.

alte Postkartenansicht, Rathautplatz in Stockerau mit Dreifaltigkeitssäule, heute ist dieser Platz ein Parkplatz, damals kein einziges Auto zu sehen
Rathaus mit Dreifaltigkeitssäule, Stockerau, N.-Oe. Quelle: Österreichische Nationalbibliothek http://data.onb.ac.at/AKON/AK021_121

  • Auf einem Bild ist deutlich ersichtlich, dass Stockerau 1913 einen schiffbaren Donauarm hatte. Es gab in Stockerau einen Donauhafen direkt neben dem heutigen Bahnhof! Ein Bild aus dem Jahr 1930 zeigt die heute an den Eisenbahngleisen endende Brücke (die Gleise dürften damals nicht über Stockerau hinaus geführt haben) mit einem Mauthäuschen.

Brücke mit Bögen links und rechts, die Brücke endet an Eisenbahngleisen, im Hintergrund ist der Kirchturm von Stockerau zu sehen, vorne hält eine Hand ein Buch in das Bild, in dem zwei alte Ansichten der Brücke zu sehen sind

Das zweite Buch zu Stockerau beschäftigt sich mit dem Zeitraum 1930–1960. Bin schon gespannt, ob es mich auch so lange beschäftigt wie dieses.

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Bildband

Agnes Husslein-Arco und Alexander Klee (Hrsg.) – Klimt und die Ringstraße

CN dieses Buch: –
CN dieser Post: –


Der Augensinn musste folglich den Tastsinn ersetzen, womit dem Auge verstärkt die Rolle eines Vermittlers von Sinnlichkeit zukam. „Alles ansehen, nichts anfassen!“, so beschreibt Walter Benjamin die Präsentationen der Weltausstellungen, darunter auch die in Wien 1873.

Hin und wieder stelle ich nicht nur was in den offenen Bücherschrank hinein, sondern nehme auch etwas heraus. Dieser Bildband zu einer Ausstellung des Belvedere über die Malerei und andere künstlerische Schöpfungen der Ringstraßenzeit weckte in mir wieder mal dieses latente Annäherungsinteresse an die Kunst. Außerdem erschien es mir quasi wie ein Museumsbesuch von zuhause. Und vielleicht ist die Konsumation von Kunst in Form von Buchstaben und Bildern in einem Buch von zuhause aus sowieso das Richtige für mich.

Essays von verschiedenen Autor*innen befassen sich mit unterschiedlichen Aspekten dieser Zeit (etwa 1850 bis zum ersten Weltkrieg), wie zum Beispiel den Dekorationen von Palais, den Skulpturen und Gebäuden an der Wiener Ringstraße oder dem Aufstieg der Gebrüder Thonet, deren Sessel Nr. 14 weltweite Bekanntheit erreicht hat. Der Essay über die Gebrüder Thonat wurde von Gert Selle verfasst, der es sich nicht verkneifen konnte, jede Erwähnung des Wortes Sessel unter Anführungszeichen zu setzen, selbst nachdem er darauf hingewiesen hatte, dass dies die österreichische Bezeichnung für einen Stuhl wäre. Beispiele aus privaten Sammlungen wie zum Beispiel der Porzellansammlung von Karl Mayer oder die Silbersammlung von Bloch-Bauer/Pick runden die Ausstellung ab. Für mich war dieser Ausflug auf jeden Fall eine interessante Abwechslung.

Das einzige andere Buch dieser Art, das ich besitze, ist ein Bildband über die Architektur Antoni Gaudis, die ich über das Musical, das heute leider vollständig in der Versenkung verschwunden ist, kennengelernt habe. Die österreichische Erstaufführung 2014 in Linz habe ich damals besucht, leider war die Produktion eine absolute Katastrophe.