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Rachel Cohn & David Levithan – Sam and Ilsa’s Last Hurrah

CN dieses Buch: Alkohol, Panikattacke, Selbstverletzung
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Mit einem Besuch im Mumok, den ihr weiter unten lesen könnt.

How do you leave? You tell yourself you can go home whenever you need to. You tell yourself you’re trying something out. And you find something you love to take with you. You give yourself a chance to be someone else, but you don’t turn against the person you were. You give yourself room to breathe, and then you breathe.

Die Jugendbücher vom Autor:innenteam Rachel Cohn & David Levithan glänzen zumeist mit kreativen Persönlichkeiten, absurden Situationen und spannenden Schauplätzen. Das ist auch in dieser Geschichte so, in der die Zwillinge Sam und Ilsa eine letzte gemeinsame Dinnerparty in der Wohnung ihrer Großmutter feiern, bevor diese Wohnung verkauft werden soll. Zwischen den geladenen Gästen (von denen einer sich als Bauchredner mit Sockenpuppe entpuppt) entwickeln sich Ressentiments und Anzüglichkeiten, Themen aus der Vergangenheit werden aufgerollt und schließlich tiefgreifende Fragen gestellt. Eine Teil-Antwort auf eine wesentliche Frage (How do you leave?) gibt das obige Zitat.

Interessant fand ich auch eine Passage, in der die Klimakrise mit dem Untergang der Titanic verglichen wird. Es geht spezifisch darum, dass New York bei steigendem Meeresspiegel überflutet werden könnte. Mit dem Schluss, dass es eigentlich nicht mehr darum geht, die Katastrophe zu verhindern. Es geht darum, Maßnahmen zu ergreifen, um so viele Menschen wie möglich zu retten.

What I’m saying is – there comes a time, long before the accident, when you decide how many lifeboats the Titanic should have. That’s what we need to do – in many ways it’s the only thing we can do. Make sure we have plenty of lifeboats.


Ausgenutzt habe ich meine Bundesmuseen-Card nicht. Ziemlich überrascht stellte ich in der vorletzten August-Woche fest, dass ich nur noch fünf Tage Zeit hatte. Immerhin ein Museumsbesuch ging sich in der Zeit noch aus. So verbrachte ich drei Stunden eines brütend-heißen Sommertags in den klimatisierten Hallen des Mumok. Während des Museumsbesuchs machte ich nicht nur Fotos sondern auch Notizen auf meinem Telefon, was dazu führt, dass ich ich mich jetzt deutlich besser an die Ausstellungen erinnern kann. Das sollte ich beibehalten.

Ausstellungsräumlichkeiten im Mumok, in Pastellfarben gestrichene Wände mit runden Abschlüssen bilden Räume, an den Wänden sind jeweils einige Collagen aufgehängt, rechts vorne ist eine Collage mit pinken und violetten Elementen zu sehen, die ein geometrisches System zeigt mit einem Element, das möglicherweise eine Rakete darstellt
Ausstellungsansicht, Mumok, Elisabeth Wild, Fantasiefabrik

Ich begann meine Tour im obersten Stockwerk, um mich dann nach unten vor zu arbeiten. Dort sind aktuell unter dem Titel „Fantasiefabrik“ Collagen der Künstlerin Elisabeth Wild ausgestellt. Ihre Collagen bestehen aus Elementen aus Magazinen,
sie enthalten kaum menschliche Elemente sondern hauptsächlich Formen in verschiedenen Farben, die zu neuen Formen kombiniert werden. Teilweise sind architektonische Elemente erkennbar, oft ist aber auch nicht ersichtlich, was die einzelnen Teile ursprünglich waren. Ungenauigkeiten wie schräge Schnittkanten, Blitzer, Haare die mit eingeklebt sind, versehentliche Klebespuren oder  durchscheinender Text von der anderen Seite des Papiers sind deutlich sichtbar.

nebeneinander drei hochformatige rechteckige Collagen. Links: geometrische Kombination aus versch. rechteckigen Elementen, Farbwelt hier gelb, braun, Grautöne. Mitte: prominent ist ein goldener Ring, der sich von den Hintergrundelementen abhebt, Farbwelt gold, braun, rötlich. Rechts: zwei Geländer, die von den Ecken links und rechts oben in die Mitte ragen, geben der Collage Tiefe und lenken den Blick auf die Mitte, wo quadratische Elemente eine Art Fliesenmuster bilden, Farbwelt hier türkis, grau, braun.
3 Collagen aus der Ausstellung Elisabeth Wild. Fantasiefabrik

Wiederkehrende Elemente sind Fenster, Türen oder Treppen, die in eine andere Welt zu führen scheinen, auch Uhren in verschiedenen Formen kommen häufiger vor. Die Collagen scheinen eine Tiefe zu haben, sie existieren auf verschiedenen Ebenen, ohne das konkret durch die Reihenfolge des Aufklebens zu demonstrieren. Die Tiefe wird mehr durch die Richtung schräger Elemente erzeugt. Manche Collagen sind geometrisch, andere bilden eine Art Fantasiewelt, in die die Betrachterin hinein gezogen wird. In dieser Fantasiewelt lässt sich manchmal ein Spiel mit Elementen, wo die Größenverhältnisse vertauscht sind, erkennen zum Beispiel das Bild eines Hauses als Lampenschirm.

Besonders gefallen hat mir, dass jede Collage eine eigene Farbwelt hat, sie sind nicht nur bunt, die Farben passen auch zueinander. Jede Collage könnte Grundlage für eine Farbpalette sein, wie ich sie mir sehr gerne auf Colorpalettes.net ansehe.

Auf dem Papier organisierte Wild die Ausschnitte in Darstellungen, die in ihrer traumhaften, abstrakt-futuristischen Erscheinungsart überraschen. Die geschlossenen Kompositionen rufen mit ihren maskenhaften, architektonischen, naturhaften und abstrakten Mustern bei den Betrachter*innen eine Fülle von Assoziationen wach. (aus der Ausstellungsbroschüre)

Auf der anderen Ebene dieser Ausstellung befand sich ein Kartonraum mit Stoffmustern, Gemälden, Fotos, Inseraten vom Antiquitätengeschäft, das die Künstlerin geführt hat. Diesen Teil der Ausstellung musste ich mir erklären lassen, die Ebene soll ihr Haus bzw. ihren Arbeits- und Lebensraum nachempfinden, daher sind die Wände außerhalb des Kartonhauses auch mit Dschungeltapete beklebt. Die Künstlerin verbrachte ihre „letzten zwei Lebensdekaden“ (Zitat aus der Broschüre, so geschwollen würde ich nie schreiben) in Guatemala.

Ausstellungsansicht im Mumok, links eine schwarze Wand an der drei hochformatige Gemälde hängen, rechts eine schwarze Wand mit einem großformatigen Gemälde, auf dem in unterschiedlichen Schattierungen von schwarz und weiß immer wieder die Worte WE ARE NOT zu lesen sind. Dazwischen ist auf einer weißen Wand dahinter eine Gruppe von hochformatigen Bildern zu sehen, die hauptsächlich Formen wie Kreise, Ovale oder Dreiecke auf unterschiedliche Weise miteinander kombinieren
Ausstellungsansicht, Mumok, Adam Pendleton. Blackness, White, and Light

Ein ziemliches Kontrastprogramm zur oben beschriebenen Ausstellung bildet Adam Pendleton. Blackness, White, and Light. Hier werden Reihen von Bildern mit denselben Formen gezeigt, fast ausschließlich schwarz und weiß, teilweise sind Farbtropfen sichtbar, die nach unten rinnen und mich auf den Gedanken bringen, dass es interessant wäre, diese Bilder umgedreht zu hängen, sodass die Tropfen der Schwerkraft entgegen rinnen. Durch die übereinander liegenden Schichten und die Tropfen, die nach unten rinnen, wirken manche Bilder wie Regenwetter, als würde die Betrachter:in die Welt durch einen Regenschleier sehen. Buchstaben sind auch oft Teil der Gestaltungen, teilweise als Worte oder sogar Sätze (we are not), manchmal aber auch nur als Gestaltungselemente.

Pendleton erforscht Blackness als eine Farbe, eine Identität, eine Methode und ein politisches Subjekt – kurz: als Vielfalt. Er stellt dringliche, doch offene Fragen nach dem Vermächtnis der Moderne in der Gegenwart und reaktiviert dazu quer durch die Medien und Zeiträume Ideen historischer Avantgarden. (aus der Ausstellungsbroschüre)

Wieder einmal stelle ich fest, dass ich mit Videokunst einfach nichts anfangen kann. Die Videoräume sind so abgeschlossen, dass du in einer anderen Welt bist, audiotechnisch ist das eigentlich sehr gut gemacht, du spürst den Bass, das Knarzen der Schuhe auf dem Boden scheint von unten zu kommen, die Musik und der Raumklang von überall. Trotzdem kann ich mich darauf nicht so wirklich einlassen. Vielleicht braucht es einen sanften Einstieg in die Videokunst?

Weiters ist im Mumok noch bis 8. Oktober die Ausstellung Agnes Fuchs. Her Eyes Were Green zu sehen. Hier musste ich wirklich zur Ausstellungsbroschüre greifen, weil mir die ausgestellten Exponate so gar nichts sagten. Die technisch-grafischen Elemente, die auf Wänden und Boden eine Struktur anzeigen, konnte ich zuordnen, aber im Ganzen ergaben die Bilder und Installationen für mich einfach keinen Sinn.

Ausstellungen sind für Künstler*innen und ihre Werke ganz allgemein Bühnen der öffentlichen Präsenz und Existenz. Die Ausstellung ON STAGE zeigt Arbeiten seit etwa 1960, die vorwiegend aus der mumok Sammlung stammen und in denen explizit Darstellungen des Bühnenhaften und des Rollenspiels zu sehen sind. (Text aus der Ausstellung)

Ein buntes Potpourri bildet die Ausstellung ON STAGE – Kunst als Bühne, kuratiert von Rainer Fuchs. Für diese Ausstellung alleine hätte ich mir mehrere Stunden Zeit nehmen können, sie beinhaltet so viele Facetten des Künstlerischen und ich war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr richtig konzentrationsfähig. Neben  Werken der Aktionskunst zum Beispiel von Herrmann Nitsch, Marina Abramovic oder Valie Export, wo das Manipulieren des Körpers (des eigenen oder eines anderen) zum Ausdruck der künstlerischen Vision wird, sind Skulpturen, Fotodokumentationen von Aktionen oder Auftritten, Videokunst zu sehen – insgesamt eine bunte Mischung von Werken, die sich irgendwie mit dem Thema Bühne in Verbindung bringen lassen.

Dabei wird auch tiefgründige Kritik nicht ausgespart, etwa thematisiert die Gruppe MATHILDA unter dem Titel „Kunst als Vorwand“ Gewalthandlungen, die in der Mühl-Kommune als Bühnenspektakel inszeniert wurden.

Meinen Besuch im Mumok habe ich nicht nur deshalb sehr genossen, weil ich bei draußen 35 Grad, knapp drei Stunden in den klimatisierten Hallen verbringen durfte. Es war interessant, selbst zu versuchen, die Kunst einzuordnen und dies dann mit den Ausstellungsbroschüren zu vergleichen. Natürlich maße ich mir nicht an, wirklich zu verstehen, was die Künstler:innen aussagen wollen, dazu fehlt mir einfach das Einordnungswissen. Jedoch allein der Kontrast zwischen den beiden Ausstellungen von Elisabeth Wild und Adam Pendleton zeigt deutlich, dass die Möglichkeiten menschlichen künstlerischen Ausdrucks nahezu endlos sind.

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Rainbow Rowell – Attachments

CN dieses Buch: Fehlgeburt
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There are moments when you can’t believe something wonderful is happening. And there are moments when your entire consciousness is filled with knowing absolutely that something wonderful is happening.

Rainbow Rowell war mir bislang als YA-Autorin bekannt (Eleanor & Park). Als ich beim Stöbern in den Neuzugängen der OverDrive eLibrary auf dieses Buch stieß, freute ich mich auf eine warmherzige Geschichte, die gleichzeitig witzig sein würde und wurde nicht enttäuscht. Mehr als einmal musste ich beim Lesen schnaubend auflachen, weil die Charaktere so schamlos selbstironisch und trotzdem mitfühlend miteinander umgehen.

Schauplatz der Geschichte ist eine Zeitungsredaktion in Amerika um die Zeit der Jahrhundertwende. Dies ermöglicht den Kniff, dass die Geschichte zum Teil in Form von E-Mails erzählt wird, die zwischen Beth und Jennifer ausgetauscht werden und von der dritten Person, Lincoln, dessen Auftrag das Überprüfen von automatisch markierten E-Mails ist, gelesen werden. Natürlich weiß Lincoln von Anfang an, dass es falsch ist, diese Mails heimlich zu lesen, doch wachsen ihm Jennifer und Beth dermaßen ans Herz, dass er einfach nicht damit aufhören kann.

Obwohl ich denke, dass dieses Buch auf für jüngere Menschen interessant und mitreißend ist, bin ich doch mitten in der Zielgruppe drin. Junge Menschen, die nach dem Jahrhundertwechsel geboren sind, haben wohl kaum Bezug zu den Gegebenheiten der damaligen Zeit, als das Internet noch nicht allumfassend unseren Alltag prägte und kaum jemand wusste, wofür Y2K überhaupt steht. Dieses Setting ist jedoch nur die Grundlage für eine herzerwärmende Geschichte, die zeigt, dass wir uns manchmal zuerst selbst verändern müssen, bevor sich in unserem Leben etwas ändert.