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English Graphic Novel

Emil Ferris – My Favorite Thing is Monsters

CN dieses Buch: Mord, visuelle Darstellung sexueller Handlungen, Mobbing, Tod, Sterben, lebensbedrohliche Krankheit, Depression, Alkoholismus
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This is just another reason why being a human girl stinks compared to being a monster. When I’m a monster I won’t have to keep my mouth shut. No, I’ll open my mouth and use my rows of long sharp teeth to rip up guys like Jerry.

Mir sind ja Buchstaben eigentlich schon lieber als Bilder (bewegt oder unbewegt). Aber manchmal ist die Kombination aus beidem auch sehr reizvoll. Bisher habe ich nur zwei Graphic Novels gelesen, beide von Alison Bechdel (Fun Home, Are You My Mother?). Die Empfehlung für Emil Ferris stammt aus diesem Lithub-Listicle über 2017 erschienene Bücher, die nicht ausreichend Aufmerksamkeit erhielten. Und jetzt bin ich gerade erstaunt, dass ich offenbar schon so lange Lithub lese … die Zeit vergeht echt, ohne dass wir es merken.

Das Buch behandelt unzählige schwierige Themen durch die Augen der Protagonistin Karen.

  • Ihr sehnlichster Wunsch: von einem Werwolf gebissen zu werden, um selbst ein Werwolf zu werden. Dieser Wunsch verstärkt sich noch angesichts der Krebserkrankung ihrer Mutter. Als Werwolf könnten nämlich beide unsterblich sein …
  • Karens frühere Freundin Missy hat sich äußerlich den normalen Mädchen angepasst: Sie entsagt den Horror Comics und Gruselfilmen und beschäftigt sich stattdessen mit Kleidung und Haarstyling. Und schlägt sich auf die Seite der Mädchen, die Karen schon lange mobben.
  • Zeitlich verortet sich das Buch im Jahr 1968, der Mord an Martin Luther King Jr. (4. April 1968) dient als kalendarischer Anker. Zwischen den vielen schwarz-weißen oder nur mit wenigen Farbklecksen versehenen Schilderungen von Karens Alltag finden sich immer wieder Comicbuch-Cover in schreienden Farben, die mit ihren Datumsangaben den Verlauf der Zeit nachzeichnen. An dieser Stelle möchte ich auch die Notizbuch-Optik erwähnen: Die gezeichneten Szenen scheinen auf einem linierten Collegeblock entstanden zu sein, die Lochungen werden immer wieder in die Zeichnungen eingebaut. Eine Bildersuche auf eurer bevorzugten Suchmaschine liefert zahlreiche Beispiele aus dem Buch.
  • Die Nachbarin Anka, mit der sich Karen gut versteht, wird ermordet aufgefunden. Ihr mordverdächtiger Ehemann trauert durch die Flasche um seine Ehefrau und lässt Karen schließlich teilhaben an einer Audiokassette, auf der Anka von ihrer Kindheit und Jugend in Berlin erzählt. Diese Geschichte innerhalb der Geschichte wird leider bis zum Schluss nicht aufgelöst (wie vieles andere), nur Stück für Stück erfährt die Leserin von Ankas Aufwachsen im Bordell und ihrer späteren Deportation ins Konzentrationslager.
  • Im Verlauf der Geschichte wird Karen erkennen, dass sie ihre Freundin Missy nicht nur auf platonische Art gern hat. Sie erzählt ihrem Bruder davon, der erstmal ausflippt und ihr deutlich zu verstehen gibt, dass sie die kranke Mutter mit diesem queer talk gefälligst nicht zu belästigen hat. Ein äußerst schmerzhaftes Coming-out.
  • Der Wunsch, ein Monster zu sein, hat für Karen unterschiedliche Bedeutungen. Wie oben bereits erwähnt, stellt sie sich vor, ihre Mutter vor dem Tod retten zu können, indem Karen als Monster auch ihre Mutter in ein unsterbliches Monster verwandelt. Gleichzeitig müsste sie sich als Monster nicht so viel gefallen lassen, sie könnte sich wehren, sich verteidigen. Auch ihren Bruder könnte sie beschützen vor der schlechten Gesellschaft, in der dieser sich verstrickt hat. Die Vorstellung der eigenen Monsterhaftigkeit hat jedoch auch die Funktion, das Anderssein zu verdeutlichen. Und die Schwierigkeiten des Andersseins.

Einen zweiten Teil scheint es zu geben, allerdings scheint der aktuell vergriffen zu sein. Hoffe sehr, dass mir der irgendwann noch über den Weg läuft.

Sometimes a thing happens that’s so bad that it feels like things should be made to look on the outside, the way they feel on the inside.

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English Erfahrungsbericht Memoir

Lane Moore – How to Be Alone

CN dieses Buch: Erwähnung von Missbrauch, Vergewaltigung, Pädophilie, Trauma, Suizid, Übergriff
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Now, I think of my tired, overdosed little-kid self, who only wanted someone to love her, […] lying there on the floor alone in a little ball, waiting for anyone to care about her, and all I want to do is pick her up and kiss her forehead and tell her I’m so sorry I couldn’t protect her.

Dieses Buch hat mich sehr herausgefordert und beschäftigt. Es muss irgendwann während der Pandemie auf meiner Liste gelandet sein, damals konnte oder wollte ich mich aber nicht wirklich damit befassen, weil ohnehin alles schon so trist war. Als ich dann des Nachts nicht schlafen konnte (und die mitgenommenen Papierbücher nicht lesen konnte, um die andere Person nicht aufzuwecken), schien mir irgendwie der richtige Moment gekommen. Obwohl es für dieses Buch keinen richtigen Moment gibt. Oder jeder Moment der Richtige sein könnte.

Die Autorin erzählt von einer Art des Allein-Seins, die ich persönlich noch nie erlebt habe, ich kenne jedoch zumindest zwei Personen, die da relativ nahe dran sind. Diese persönliche Verbindung hat mir ihren Bericht auch sehr nahe gebracht. Gleichzeitig habe ich in ihrer Beschreibung von verschiedenen ungünstigen Beziehungsmustern auch Verhaltensweisen von mir selbst gesehen. Die Liste der Zitate, die ich aus diesem Buch aufgeschrieben habe, ist selbst schon fast ein Essayfragment. Damit dieser Post nicht zu persönlich wird, werde ich im Aufzählungsstil ein paar Beispiele anbringen:

  • Wenn wir als Kinder nicht ausreichend geliebt werden, dann werden wir irgendwann denken, dass wir selbst das Problem sind. Wir werden nicht darauf kommen, dass es einfach falsch ist, wie uns andere Menschen behandeln. Wir werden denken, dass wir es nicht Wert sind und daher nicht anders verdient haben. Und dieses Gefühl kann sich dann in alle weiteren persönlichen Beziehungen des Lebens weiterziehen.
  • In einer Passage vergleicht sie den Samstagabend mit einem wöchentlichen Silvester. Gerade an diesem Abend solltest du Spaß haben, eine Party feiern, Freunde haben, …

[…] and when it’s anything less, you just feel like you’re six thousand miles away from your best life, and fun, and normalcy.

  • Nicht vergessen möchte ich die vielen popkulturellen Referenzen, speziell gefreut habe ich mich über die Erwähnung des Films Practical Magic, den ich damals auch sehr gern hatte. (Wollten wir nicht alle irgendwann Hexen sein?)
  • Attachment theory (Bindungstheorie). Irgendwo muss ich das eigentlich schon mal gehört oder gelesen haben, aber in diesem Kontext hat mich dieses Konzept einfach sehr erwischt. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich gerade darüber nachdachte, ob ich mein Fernstudium fortsetzen soll, dass mich diese wissenschaftliche Betrachtung so angesprochen hat. Es wäre doch schön, wenn sich unsere Beziehungsverhaltensmuster durch Wissenschaft erklären ließen? Oder?
  • Menschen, die schlechte Ratschläge erteilen. Ugh.

Telling people who actively want to find love that they should stop wanting to find love so they can find love is like telling a depressed person they can be happy only once they don’t want to be happy. What the shit is that? It makes zero sense. 

  • Was ich in der Vergangenheit viel gemacht habe (und vermutlich immer noch mache): So sein, wie ich glaube, dass ich gut zu einer bestimmten Gruppe dazu passe. Mich anpassen. Die richtige Sprache lernen. Tatsächlich führt das aber nicht dazu, dass uns Menschen so mögen, wie wir tatsächlich sind.

But stop telling people that they need to actively change who they are in order to find love. Because even if you do find love that way, changing yourself to find it means your partner may not have fallen for the real you anyway. 


Ich möchte an dieser Stelle ein Zitat aus einem anderen Buch einschieben, dass ich gerade auf die Liste gesetzt habe, weil es einfach so schön dazu passt:

“Allowing myself to be exactly who I’ve always been, not feigning interest in video games or zombie shows,” Hough writes, “means I end up with the sort of friends I once fantasized of having: people who read books, people who’ve been other places, people who tell the truth, people on the edges who’ve never fit in and were way ahead of me in accepting that, but I never noticed them because I was trying so desperately to be normal.” (Lauren Hough, Leaving Isn’t the Hardest Thing: Essays)


Während des Leseprozesses stellt sich irgendwann die Frage: wird sich die Autorin selbst retten können? Wird sie am Ende aussteigen können aus diesem Teufelskreis, der in ihrer Kindheit begonnen hat? Die Antwort bleibt offen, denn ihr Leben ist noch nicht vorbei. Sie beschreibt jedoch viele Strategien, die ihr selbst weitergeholfen haben. Besonders berührend dabei die Geschichte, wie sehr ihr Hund ihr Leben verändert. (Das müsst ihr selbst lesen, ich kann es nicht zusammenfassen, das würde der Bedeutung nicht gerecht.)

Subconsciously, I thought if I couldn’t find the person I’d been waiting my whole life for, I’d be that person for other people. […] Being alone is not a life sentence. I know it feels like it at the time, but I promise you, you will not be alone for the rest of your life […] Being alone is sometimes incredibly painful. Feel how painful it is, know that feeling will pass, and you’ll feel great again.