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English Roman Science Fiction

Ernest Cline – Ready Player One

CN: Tod, Mord


Ewig lange hatte ich dieses Buch schon auf meiner Liste, dann verschwand es irgendwann aus dem Angebot meiner lokalen Bücherei in der Overdrive eLibrary. Im Rahmen der Listenpflege stellte ich dann fest, dass es auf englisch in der Hauptbücherei als Paperback verfügbar war und nahm es für meine Weihnachtsurlaubslektüre mit.

Der Anfang zieht sich etwas, ich hatte es dem Fotografen ungefähr so beschrieben: was im Film ungefähr drei Minuten dauern würde – nämlich die Erklärung der Welt, in der diese Geschichte spielt – dauert hier über 100 Seiten. Und auch im Verlauf der Geschichte gibt es immer wieder erläuternde Passagen, die erklären, warum etwas so geworden ist, wie es ist oder die sich rein auf die (erfundene) Technik beziehen.

Als die Suche nach dem Gral Osterei schließlich in die entscheidende Phase geht, wird es jedoch zunehmend spannend. Kapitalismuskritik ist ein großes Thema und gerade in der entscheidenden (virtuellen) Schlacht um (das virtuelle) Castle Anorak wird klar, dass hier die Crowd gegen die Corporation kämpft.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich die vielen kulturellen Referenzen auf Computerspiele, Musik und Filme des vergangenen Jahrhunderts. Da dürfte für jede:n Retro Nerd etwas dabei sein. Für mich zum Beispiel:

Art3mis played a note-perfect Columbia, and I had the honor of playing her undead love interest, Eddie. I altered my avatar’s appearance so that I looked exactly like Meat Loaf did in the role, but my performance and lip-syncing still kinda sucked. Luckily, the audience cut me a lot of slack, because I was the famous gunter Parzival, and I was clearly having a blast.


Jahresrückblick 2023.

  • 29 Geocaching Blog Posts. 528 Geocaches gefunden. Besonders in Erinnerung geblieben (in umgekehrt chronologischer Reihenfolge):
  • 54 Bücher gelesen. Habe kurz versucht, Favoriten auszuwählen, aber es waren dieses Jahr einfach sehr viele ausgezeichnete Bücher dabei. Für mich überraschend: ich habe dieses Jahr deutlich mehr Bücher von Frauen gelesen als von Männern. (Als dritte Kategorie habe ich „divers / unbekannt / mehrere Autor:innen“ zusammengefasst, das waren vier Bücher.)
  • Größter Erfolg: Zusammenschluss mit Kolleg:innen zum Zwecke der Verbesserung der Honorarverhandlungsbasis.
  • Zweitgrößter Erfolg: ein neues Projekt gestartet. Hacktours by C3W und Metalab. Der erste Termin wird im Jänner stattfinden. Mit ÖGS-Dolmetschung. Danach schauen wir weiter. Das Interesse war überraschend groß.
  • Reisen: Spanien, Schweiz, Deutschland, Frankreich, Belgien, Großbritannien, Griechenland.
  • Bestes Konzert: The 1975 in der Wiener Stadthalle. Leider konnte ich aus Gründen nicht zu Fall Out Boy in Berlin.
  • Größte Veränderung: Neuestes Mitglied in unserem großen Familien- und Freundeskreis: Lupo.

Blick durch den offenen Kofferraum in das Auto, auf der Lehne des Rücksitzes schaut ein schwarz-brauner-Hund interessiert zur Seite

  • Fazit: Für mich persönlich ist das vergangene Jahr eigentlich ziemlich gut verlaufen, für die Welt mache ich mir jedoch große Sorgen. Wir haben nicht weniger Krieg sondern mehr, nicht weniger leidende Menschen, sondern mehr. Hinsichtlich der Klimakrise wurde nichts Wesentliches unternommen, die Entscheidungsträger:innen tun noch immer so, als wäre alles nicht so schlimm.
  • Ausblick: Was wünsche ich mir für 2024? Dass die Welt zur Ruhe kommt. Dass Entscheidungsträger:innen einsehen, dass wir JETZT etwas tun müssen, um die Erderwärmung zu verlangsamen. Dass meine geliebten Menschen mit den Herausforderungen, die ihnen das Leben 2024 hinwirft, gut klarkommen und daran wachsen können. Für mich selbst: weiter auf dem Pfad der Entschleunigung. Mit dem Klimaticket durch Österreich. Kleine Erfolge am Wegesrand des Lebenspfads.
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Sachbuch

Christian Stöcker – Nerd Attack

Senningbach im Winter

Endlich ein Buch für die Nerdgesellschaft. Wenn man selbst einigermaßen Zeit mit der Lektüre bzw. dem Hörgenuss von mehr oder weniger technikaffinen Blogs und Podcasts verbringt, lässt sich der Eindruck nicht ganz verdrängen, dass das Lesen von Büchern in dieser internetaffinen Gesellschaft zusehends zum Sonderfall wird. Ob man die Bücher nun auf einem eBook-Reader konsumiert macht in meinen Augen keinen Unterschied, ob man seine Informationen jedoch nur aus dem Internet bezieht, schon. Ich halte es für ähnlich ungesund, wie wenn jemand seine Information nur aus der Kronen Zeitung bezieht. Was könnte also wohl die selbst ernannte Nerdgesellschaft besser zum Lesen verführen als ein Buch über die Nerdgesellschaft selbst.

Die Konsumenten dagegen mussten mit einem zigarrenkistenkleinen Kasten mit ein paar Knöpfen vorliebnehmen, “nur Tasten für ja, nein und kaufen”, wie ein CCC-Mitglied das später spöttisch formulierte. Der neue Dienst war ein Konsumwerkzeug, ein System, dessen technische Struktur nicht vorsah, dass Normalbürger sich produktiv damit auseinandersetzten, ein Affront gegen die Hacker-Ethik.

Der Autor Christian Stöcker zählt sich natürlich selbst zur Zielgruppe seines Buches. Anhang seiner eigenen Evolution im Umgang mit dem Computer beschreibt er die unterschiedlichsten Phänomene, die sich im und um dem Computer Stück für Stück entwickelt haben. Eines der bedeutendsten dieser Phänomene ist in meinen Augen, dass schon in frühester Zeit den Hackern ein Dorn im Auge war, wenn sie mit wenigen Kontrollmöglichkeiten wie zum Beispiel Knöpfen (im obigen Beispielzitat) abgespeist werden. Der Entdeckergeist, herauszufinden, was man mit der Maschine alles machen kann, prägt noch heute das Leben vieler Interessierter auf diesem Gebiet und unterscheidet sie von jenen, die hilflos vor dem Gerät sitzen, anstatt Google solange mit Suchbegriffen zu bewerfen, bis sich eine Lösung auftut.

Hätte die Musikbranche sich rechtzeitig und ohne fremde Hilfe geeinigt, sie könnte ohne Zwischenhändler ungleich höhere Gewinne aus dem Geschäft mit den Dateien einfahren.

Natürlich werden auch Themen wie das gerade wieder sehr präsente Urheberrecht nicht vergessen. Ich vermisse hier – wie auch bei den meisten anderen Diskussionen zu dem Thema unter den Betroffenen der Internetgesellschaft – eine kritische Auseinandersetzung in der Form „wie könnte man es besser machen?“. Das möchte ich jetzt weniger dem Autor zum Vorwurf machen, sondern allgemein zu Bedenken geben. Die Gegner von ACTA (Disclaimer: zu denen ich mich selbst zähle) vergessen leider zumeist, einen Gegenvorschlag zu unterbreiten. Die totale Freiheit zu fordern ist idealistisch, aber keine umsetzbare Alternative. Bei der „Löschen statt sperren“-Diskussion in den vergangenen Jahren war es klar: Löschen ist nicht nur die bessere, sondern die einzige Lösung. Ein so klares Statement können die ACTA-Gegner bis dato nicht nur nicht vorweisen, es wird auch das wichtige Interesse an einem zensurfreien Internet vermischt mit Themen wie Urheberrechtsverletzungen. Die Aussage, dass die „Content-Mafia“ das Problem selbst lösen könnte, wenn sie endlich brauchbare Angebote liefern würde, unterstütze ich zwar, jedoch löst das nicht alle Probleme.

Bedenklich ist außerdem (ich schweife nur noch kurz ab), dass die Verlagsbranche mit den kopiergeschützten eBooks genau denselben Fehler zu machen scheint wie es die Musikindustrie vor einem Jahrzehnt bereits vorgeführt hat. Die Konsumenten werden verwirrt mit unterschiedlichen DRM-Systemen, kein Gerät kann alle Formate anzeigen und bietet somit tatsächliche Wahlfreiheit beim Kauf der Inhalte (am ehesten geht das noch mit dem iPad, jedoch finde ich die Benutzung des Adobe-DRMs durch die meisten Anbieter wenn nicht bedenklich, dann doch zumindest fragwürdig). Durch die unterschiedlichen Formate und Inkompatibilitäten verärgert man potentielle Kunden (keine Annahme, ich habe es selbst in meiner Familie erlebt) und bremst die Entwicklung, anstatt sie zu fördern und den Kunden attraktive Angebote zu bieten. Wie ich inzwischen erfahren habe (Hörensagen), kann man auch eBooks inzwischen hervorragend raubkopieren. Wann bieten Verlage endlich Kombiangebote an? Wann senken Verlage endlich die Preise? Wenn ein eBook die Hälfte eines Paperbacks kosten würde (angesichts der offensichtlichen Ersparnisse in der Produktion im Vergleich mit dem Papierbuch wäre das noch immer teuer), würde möglicherweise der Komfortfaktor das Raubkopieren bereits unnötig machen. Aber vermutlich muss wieder erst Apple den Verlagen zeigen, wie es geht. Oder Amazon übernimmt endgültig die Herrschaft über die Buchwelt.

Zurück zu Nerd Attack! Den Titel finde ich etwas unglücklich gewählt, er erweckt den Eindruck, die Nerds würden sich bewaffnen, um die „normale“ Gesellschaft anzugreifen. Im Buch selbst wird dieser Eindruck nicht bestätigt, aber in meinen Augen könnte der Titel durchaus den einen oder anderen Nerd-Sympathisanten von der näheren Beschäftigung mit dem Thema abhalten.

Abschließend möchte ich betonen, dass sich die Lektüre definitiv lohnt. Der Hardcore-Nerd wird sich zweifellos wiederfinden und bei jeder Erwähnung bekannter Memes mitschmunzeln. Die Nerd-Sympathisanten und Nachwuchs-Nerds gewinnen möglicherweise einen besseren Einblick in die Entstehungsgeschichte so mancher heute bekannter Phänomene. Aber auch dem Milieu vollkommen Fernstehende gewinnen neue Einsichten, wie diese Internetmenschen ticken und wenn sie sich darauf einlassen vielleicht sogar darüber, warum sie ticken, wie sie ticken. Ob es sich als Manifest eignet, bleibt wohl der Netzgemeinde selbst überlassen.

Wer mehr zum Buch lesen will, klickt hier:

Bombasstard’s Ranting Zone

Und hier der Link zur Besprechung der Kaltmamsell: Vorspeisenplatte