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Erfahrungsbericht Reise Sachbuch

Maria Kapeller – Lovely Planet

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„Jene aber, die so gereist werden, fahren nur an vielem Neuen vorbei und nicht ins Neue hinein, alles Sonderbare und Persönliche eines Landes muss ihnen notwendig entgehen, solange sie geführt werden und nicht der wahre Gott der Wanderer, der Zufall, ihre Schritte lenkt.“ (Stefan Zweig)

Die Journalistin und Autorin Maria Kapeller versammelt in diesem Buch Recherchen zu verschiedenen Reisethemen. Sie ruft zu einem langsameren Reisen auf, leitet her, warum es so wichtig ist, Flüge zu vermeiden („Die An- und Abreise […] bilden mit rund 80 Prozent den größten Brocken an CO2-Ausstoß während einer Reise“) und untersucht den Reisetrieb der Menschen; also, was uns überhaupt dazu treibt, unbekannte Orte erkunden zu wollen.

Ich hätte viele Leben haben können, aber dankenswerterweise habe ich dieses meine. Es ist nicht selbstverständlich, eine Krankenversicherung, ein Dach über dem Kopf und sauberes Trinkwasser zu haben. Auch die Erkenntnis, dass Menschen trotz materiellem Mangel zufrieden und lebensfroh sein können, haben viele Reisende schon gemacht. Wer die Fähigkeit hat, dankbar zu sein, führt ein glücklicheres Leben.

Reisen, das nicht nur auf möglichst Social-Media-taugliche Fotos ausgerichtet ist, kann dazu führen, dass sowohl die Reisenden als auch deren Umfeld und die bereisten Gebiete von den Effekten des Reisens profitieren. Maria Kapeller führt aus, wie das In-Kontakt-Kommen mit fremden Menschen und Kulturen die Wahrnehmung der Reisenden von der Welt verändern können. Allerdings nur wenn diese das auch zulassen und sich nicht von rein gewinnorientierten Pauschalreisenanbieter:innen durch exotische Gebiete karren lassen. Ein langsameres Reisen, das sich nicht am Abhaken einer Bucket List orientiert, sondern ein tatsächliches In-Kontakt-Kommen ermöglicht, kann dazu führen, dass sich unser Weltbild verändert und wir mit neuen Ideen und neuer Energie zum Verbesssern der Welt nach Hause kommen.

Die These hinter diesem Gedankenspiel: Wer genauer hinschaut, wird demnach automatisch Teil eines Veränderungsprozesses auf dieser Welt, weil das Hinschauen zum Umdenken und Handeln führt.

Die Autorin lässt aber auch nicht unhinterfragt, ob es nicht möglich wäre, die erwünschten Effekte auch ohne oder mit verträglicheren Formen des Reisens zu erreichen. Oft ist es nur das temporäre Aussteigen aus dem eigenen Alltag, das erlebe ich bei mir selbst immer wieder. Weg aus dem eigenen Umfeld zu sein, die Kleinigkeiten im eigenen Leben, die endlich mal Aufmerksamkeit benötigten, zurücktreten zu lassen und mehr in der Gegenwart zu leben und den Augenblick zu genießen. Das ginge jedoch genauso gut im Waldviertel wie in einem weit entfernten Ausland.

Der springende Punkt dabei ist aber nicht das Reisen an sich. Man muss nicht zwingend in ein Flugzeug steigen oder weit wegfahren, um sich zu erholen. Ausschlaggebend ist, sich aus dem Alltag und seinem Umfeld herauszunehmen.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass mich die Bekehrung der Autorin von einer reiselustigen Flugmeilensammlerin zu einer Aktivistin für langsamen und nachhaltigen Tourismus mit einem etwas seltsamen Beigeschmack zurück gelassen hat. Es fühlt sich widersprüchlich an, wenn gerade ein Mensch, der in seinem Leben nach den eigenen im Buch angegebenen Maßstäben schon viel mehr CO2 verursacht hat, als in einem Leben zur Verfügung stünde, dann dazu aufruft, sein eigenes Flugverhalten zu hinterfragen. Natürlich ist niemand perfekt und wir können nicht nur, sondern wir müssen sogar unsere Meinungen und Einstellungen ändern, um die Klimakatastrophe noch irgendwie abmildern zu können. Nur scheint mir auch dieser Aufruf wieder an die Menschen gerichtet, die weniger ausrichten können. Das Flugverhalten von einzelnen Bürger:innen wird die Klimakatastrophe nicht verhindern, wenn reiche Menschen weiterhin mit Privatflugzeugen durch die Gegend jetten und dafür nichtmal entsprechende Steuern zahlen müssen.

Alle Steuerbegünstigungen für Flüge / Flugzeuge / Flughäfen müssen umgehend aufgehoben werden und stattdessen in die Bahninfrastruktur investiert werden. So lange ein Flug einfacher zu buchen und billiger ist als eine Zugverbindung, werden die Menschen sich nicht für die Eisenbahn entscheiden. Flüge müssen entsprechend ihrer Umweltschädlichkeit bepreist und im Gegenzug der öffentliche Verkehr gefördert werden. Das mag (und soll ja auch!) dazu führen, dass sich Menschen weniger Flüge leisten können. Es führt aber auch dazu, dass Menschen in ihrem Alltag eine bessere Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln erhalten und ihren täglichen (!) Verkehrsmittelmix hin zu einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Situation verändern können. Denn was wir täglich tun, hat mehr Bedeutungs- und Veränderungskraft als das, was wir hin und wieder mal tun.

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Roman

Maeve Binchy – Ein Cottage am Meer

Ausblick auf die Türme der Sagrada Familia, Barcelona

Die Aufgabe, ein Buch zu finden, das an einem Ort spielt, den ich immer schon mal besuchen wollte, war gar nicht so einfach. Mein Sehnsuchtsort war immer Barcelona gewesen, seit dem Musical Gaudi faszinierte mich diese Stadt und der Architekt, der für so viele bekannte Bauten dort verantwortlich ist, unter anderem die bis heute unvollendete Sagrada Familia. Im August 2010 war ich dort. Ein Stück weit wurden meine Vorstellungen erfüllt, aber auch der Zauber verflog zu einem guten Teil. Doch schließlich fiel mir Irland ein. Eine gute Freundin hat vor vielen Jahren ein paar schöne Monate dort verbracht und wir hatten auch mal gemeinsam Pläne geschmiedet, einen Urlaub dort zu verbringen, zur Umsetzung kam es jedoch nie. Jetzt plane ich eine Reise nach Dublin. Und hoffe, dass es klappt.

ein Vorsprung an der Fassade der Sagrada Familia, dort liegt ein verlassener Teddy

Nach dem arbeitsbedingt anstrengenden Juni und den großteils schwierigen und traurigen Büchern der letzten Zeit wollte ich etwas Entspannendes lesen und mich einfach nur unterhalten lassen. Auf Goodreads suchte ich dann nach einem Buch, das in Irland spielt und Maeve Binchy ist wohl eine der bekanntesten irischen Autorinnen. Meine Hoffnung, eines ihrer Werke in der Bücherei verfügbar zu finden, wurde schnell bestätigt.

Am Anfang plätscherte mir die Geschichte noch zu sehr dahin. Erzählt wird zuerst aus der Perspektive der Auswandererin Chicky Starr, die mit einem jungen Amerikaner ihre Heimat an der Westküste Irlands verlässt. Nach nur wenigen Monaten ist die junge Liebe verflogen und Chicky steht allein da. Vor ihrer Familie schämt sie sich jedoch so sehr, dass sie ihnen Lügen über Lügen auftischt. Erst nach vielen Jahren lässt sie den vermeintlichen Ehemann Walter bei einem tragischen Autounfall versterben und kehrt in ihr Heimatdorf zurück, um dort ein Hotel zu eröffnen.

In weiterer Folge wechselt die Perspektive, wir lernen Chickys Familie kennen und schließlich alle Gäste, die Stone House in der ersten Woche beehren. Jeder von ihnen hat seine eigenen Dämonen, seine eigene Vergangenheit, seine eigene Geschichte mit nach Stoney Bridge gebracht. Bis auf eine einzige Ausnahme können sie von ihrer Zeit in Stone House profitieren und schlagen teilweise sogar neue Kapitel in ihrem Leben auf. Entspannende Sommerlektüre für zwischendurch.

Reading Challenge: A book set somewhere you always wanted to visit