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English Fantasy Roman

Terry Pratchett – Small Gods

CN: Inquisition, Folter, Gewalt, Krieg


Belief, he says. Belief shifts. People start out believing in the god and end up believing in the structure.

Vielleicht der beste Scheibenwelt-Roman, den ich je gelesen habe. Wie sich Sir Terry gleichzeitig über Philosophie, Religion, Wissenschaft und Politik lustig macht und in jedem dieser Bereiche genau die Schwächen herauspickt, ist einfach großartig. Ein einst großer Gott, den es aus einem unbekannten Grund in den Körper einer Schildkröte verschlagen hat. Ein streng gläubiger junger Mönch, der als Einziger noch tatsächlich an den Gott glaubt, der nun als Schildkröte zu ihm spricht. Wie sich dieser junge Mönch durch seine Erfahrungen von der Kirche (der im obigen Zitat benannten Struktur) emanzipiert und seine eigenen Moralvorstellungen verfolgt.

Angesichts der aktuellen politischen Ereignisse ist es vielleicht nicht ganz der Eskapismus gewesen, den ich mir üblicherweise von Fantasy (und spezifisch von der Scheibenwelt) verspreche. Nichtsdestotrotz eine große Empfehlung von mir, ich musste immer wieder laut lachen. Ein Meisterwerk.

‘He’s muffed it,’ said Simony. ‘He could have done anything with them. And he just told them a lot of facts. You can’t inspire people with facts. They need a cause. They need a symbol.’

#12in2025: 3/12

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Roman

Paulus Hochgatterer – Caretta Caretta

Sunflower - noch nicht erblüht

„Bist du nervös?“ fragte ich, weil mir nichts Besseres einfiel. Sie fuhr in ihrem Summen fort und nickte. „Denk an die Schildkröte“, sagte ich. „Meinst du, sollen wir den anderen einen Zettel schreiben?“ Sie zuckte mit den Schultern. Üblicherweise schreibe ich keine Zettel, wenn ich weggehe, doch diesmal hatte ich die Neue dabei, und überhaupt hatte ich das Gefühl, dass das etwas anderes war als sonst.

Zu Beginn kriegt man schnell das Gefühl, man befände sich in einer österreichischen Parallelwelt zu Clockwork Orange. Bereits auf den ersten Seiten wird einem Schlafwagenschaffner die Nase gebrochen, der jugendliche Protagonist klaut anschließend einem Gangsterpärchen die Pistole und springt nach einer selbst ausgelösten Notbremsung aus dem Zug. Nach dem Rückweg (per geklautem Moped und LKW-Mitfahrgelegenheit) nach Wien stockt er seine Drogenvorräte auf und wird in seiner betreuten WG Zeuge, wie einem anderen Bewohner (s)ein Baseballschläger übergezogen wird.

Bei all dieser Brutalität bleiben die schlechten Verhältnisse, aus denen der Protagonist stammt (der Klappentext nennt ihn Dominik, ich kann mich nicht erinnern, dass der Name im Buch oft vorkam), nebenbei präsent. Toter Vater, überforderte Mutter, brutaler Stiefvater, und so weiter. Trotzdem kann man nicht recht Mitleid empfinden für Dominik, der sich in dieser Parallelwelt offenbar so problemlos zurechtfindet und durchs Leben schlägt.

Interessant wird die Situation, als einer von Dominiks „Bekannten“ an Krebs zu sterben droht und seine letzten zwei Wochen mit ausreichend Schmerzmitteln und Dominik auf Urlaub verbringen will. In der neuen Mitbewohnerin, die sich für wenig mehr als ihr Schildkrötenbuch und die darin abgebildete titelgebende Caretta Caretta interessiert, sieht Dominik eine Art Schwesterersatz, und nimmt sie mit auf diese skurrile Urlaubsreise. Dass sie die Schildkröte letztendlich nur tot finden (der Schildkrötenstrand ist wegen Vandalismus von Soldaten bewacht), schweißt die beiden einsamen Jugendlichen letztendlich trotzdem noch fester zusammen. Eine Erzählung vom Leben und Sterben in einer einsamen Welt.