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Blog Kurzgeschichten

Austrofred – Ich rechne noch in Schilling

Rotor, Parque des Atracciones, Madrid

Letzte Woche haben sie in Wien einen neuen Möbel Lutz aufgesperrt, und zwar mit einer absolut lässigen Aktion, nämlich einem Schnitzel um 95 Cent. Das finde ich umso lobenswerter, als viele andere Firmen bei solchen Anlässen mittlerweile ja fast nur mehr Handys oder „iPods“ verschenken. Nur: Handy braucht man nur eines, aber ein Schnitzel braucht man jeden Tag!

Da drückte mir der Waldläufer dieses Büchlein mit dem seltsamen Mann auf dem Cover in die Hand, ich nahm es mit nach Madrid, wo es mir als Verbindung in die zurückgelassene Heimat diente. Und diesen Zweck hat es gut erfüllt. Grundsätzlich bin ich ja kein Fan davon, Blogbeiträge gesammelt in Buchform zu veröffentlichen, es widerspricht in meinem Verständnis dem Sinn und Zweck des Blogs, nämlich, aktuelle Themen zeitnah zu behandeln (Anwesende offenbar ausgenommen). Aber auch rückblickend macht es Spaß, den Schnitzel- und Bühnenexzessen des „Champions“ beizuwohnen, der mir bisher mehr von seiner Mitarbeit beim FM4 Frequency ABC bekannt war. Ich bin ja nicht mehr up to date …

Jedenfalls liefert der Austrofred in seinem Blog/Buch Geschichten und Anekdoten aus der Musikwelt sowie allgemeine Betrachtungen zum Wiener Schnitzel. Ich war ja selbst zu etwa dieser Zeit auch häufiger Gast bei der Hermi auf ein Schnitzel, kann mich also bestens identifizieren. Als Queen-Fan beschäftigt sich der Autor auch mit dem damals gerade angekündigten Queen-Musical „We will rock you“, von dem ich sehr gerne wüsste, ob es den hohen Ansprüchen gerecht werden konnte:

Was mir Hoffnung macht: Letzte Woche hat mir ein Radio Wien-Mitarbeiter erzählt, dass er das Musical in London schon gesehen hat und dass es, rein von der Musik her, enorm geschoben hat. Hoffentlich haben sie im Raimundtheater eine gescheite Endstufe stehen.

Bei einem aktuellen (Oktober 2011) Check musste ich leider feststellen, dass das Tagebuch/Blog nicht mehr so aktuell ist (letzter Eintrag im Moment vom 29. August 2011) und noch dazu kein RSS-Feed zur Verfügung steht. Das mag aus dem Wissen, dass das Tagebuch 2004 gestartet wurde, in Ordnung sein, aber ohne RSS-Feed geht’s halt heutzutage in meinem Verständnis einfach nicht mehr. Wer eine Reflexion auf die Jahre 2004 bis 2006 mit unterhaltsamen Analysen aus der österreichischen Musikwelt sucht und sich am amüsanten, sympathischen Stil erfreuen kann, macht hier sicher keinen Fehler.

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Roman

Tony Parsons – Als wir unsterblich waren

Rock(c)Friedrich Hillenbrand/PIXELIO

„Ja, schon gut“, sagte sie. „Aber hey, es wäre so wie in On the Road. Sal Paradise und Dean Moriarty, du weißt schon.“ Sie dachte, dass ihn das überzeugen würde. Sie wusste, wie sehr er dieses Buch liebte.

Tony Parsons entpuppt sich überraschenderweise als Multitalent. Hier entfaltet sich ein Punk Rock Epos, das die Geschichte dreier Freunde erzählt, deren Leben sich in einer Nacht vollkommen verändert. Als die Nacht (des 16. August 1977, die Nachricht von Elvis Tod verbreitet sich wie ein Lauffeuer) beginnt, arbeiten alle drei bei The Paper und haben mit ihrem Leben weiter nichts vor, als von Party zu Party zu ziehen und den rivalisierenden Jugendgruppen aus dem Weg zu gehen, die hinter ihnen her sind, um sie zu verprügeln. Trotz allem kennen diese Musikkritiker nicht nur die neue Musik, sondern können sich (auf Speed) sogar für eine Puccini-Arie begeistern.

Aber irgendwas in dem über die Ruinen wehenden Puccini sagte Terry, dass er sie wollte und nur sie die eine war und er nur diese eine wollte. Er stand auf und gesellte sich zu seinen Freunden am Fenster. „Es ist die Arie aus Madame Butterfly“, sagte Leon. „Es geht um dieses japanische Mädchen und wie sie sich in diesen Amerikaner verliebt, einen Kapitän oder so – keine Ahnung. Er fährt dann zurück in seine Heimat und heiratet eine andere. Aber sie liebt ihn noch. Und sie sagt, dass ihre Liebe eines schönen Tages zurückkommen wird.“

Drogenverherrlichung findet natürlich in gewisser Weise statt, es entspricht dem Zeitgeist, eine solche Geschichte kann ohne Drogen schwerlich auskommen. Auf unaufdringliche Weise gelingt es Parsons jedoch auch, zu zeigen, dass Drogen unweigerlich zum Absturz führen und man sich an einem Punkt entscheiden muss, sein Leben zu ändern. Dies zeigt sich eindrucksvoll an den drei Protagonisten Ray, Terry und Leon, die sich letztendlich für neue Wege entscheiden.

Doch als er über die Kampfzonen blickte, die sich rund um die Dogs auftaten, und er all die Tage und Nächte ohne Schlaf auf sich lasten spürte, war es unmöglich, etwas anderes zu empfinden als eine Art erschöpfter Melancholie.

Während Terry und Leon dem jeweiligen perfekten Mädchen hinterherjagen, steht Ray vor der Aufgabe, noch in dieser Nacht John Lennon zu interviewen oder sein bisheriges Leben als Journalist bei The Paper geht den Bach runter. Das Happy End lässt sich im Gefühl zwar bereits frühzeitig erahnen, wie es sich jedoch letztendlich ergibt und dass Terry in dieser Angelegenheit zum Deus ex machina wird, der nicht nur seine eigenen Probleme in neue Bahnen lenkt sondern damit auch Ray zum großen Erfolg verhilft, ist eine schöne Wendung, die den Leser zu frieden zurücklässt. Auch Leon landet am Ende bei Jack Kerouac (der obige Absatz bezog sich auf Terry, der sich letztendlich zu einem neuen Leben gezwungen sieht). Leon erkennt auf die scheinbar schwerste und doch auch einfachste Weise, dass sein Leben so nicht weitergehen kann und es Zeit wird, zu neuen Ufern aufzubrechen.

Es waren die letzten Tage des Trampens. Lastwagenfahrer und Vertreter, die noch nie von Jack Kerouac oder On the Road gehört hatten, nahmen einen jungen Mann ohne Geld und mit rausgestrecktem Daumen schon mal mit, uns sei’s nur, um ein wenig Gesellschaft zu haben oder um etwas Gutes zu tun in einer schlechten Welt.

Ein wehmütiges und doch hoffnungsvolles Portrait des Erwachsenwerdens.

Fußnote: Der englische Titel „Stories we could tell“ trifft es meines Erachtens viel besser

Weitere Informationen: Tony Parsons Kolumne beim Daily MirrorRezension der Süddeutsche Zeitung

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Sachbuch

John Robb – Punk Rock

Gitarre(c)OliverHaja/PIXELIO

Unsere Generation war glücklich: Wir sahen die Welt so, wie sie war. Das öffnete uns die Augen. Wir sangen über das Bedürfnis, da rauszukommen, frei von Unterdrückung zu sein. Wir waren in der Lage, uns selbst auszudrücken und nahmen uns von überall Isnpiration – alles, was sich zu der Zeit abspielte, war miteinander verbunden.

Obwohl ich die Generation Punk Rock selbst bei weitem verpasst habe, fand ich diese Chronik des Punk Rock, die John Robb mit viel Gefühl fürs Wesentliche zusammengestellt hat, sowohl interessant als auch inspirierend. Er hat sich die Mühe gemacht, mit allen Protagonisten des Genres zu sprechen, die noch am Leben sind und die er ausfindig machen konnte. Und das sind ziemlich viele.

So wird das Buch zu einem ziemlichen Wälzer, wenige Schwarz-Weiß-Abbildungen lockern die Collage aus Interviewschnipseln auf. Oft genug verliert der Leser, der nicht alle Beteiligten aus eigener Erfahrung zumindest aus den Medien kennt, etwas den Überblick, zu welcher Band die Befragten gehören, wird nur beim ersten Auftauchen des Namens erwähnt, die Menge an Namen muss man sich mal merken können. Noch dazu wo die Bandmitglieder durchaus auch mal die Band wechseln, neu gründen, neu benennen und / oder sich mit anderen Musikern zusammentun.

Was bleibt, ist eine spannende Collage einer Umbruchsphase, die sowohl im musikalischen Bereich als auch im Style und in der Jugendkultur im Allgemeinen viele neue Impulse hervorbrachte. Gleichzeitig können die damaligen Bands und Stilikonen als Wegbereiter für die heutigen Punk-, Post-Punk- und Alternative-Rock-Bands gelten. Auch die Freiheiten der heutigen Jugend basieren zum Teil auf dem Kampf um Individualität, den die Jugendlichen damals führten.

Speziell für mich interessant war auch die Geschichte vom letzten Konzert der Sex Pistols mit Glen Matlock, das im Paradiso in Amsterdam stattfand. Dort habe ich im September ein großartiges Lifehouse-Konzert besucht und auch die Location ist heute noch ein sehr besonderer Veranstaltungsort für Konzerte, der Punk-Spirit scheint dort noch zu leben, auch wenn die Konzerte heute zweifellos zivilisierter ablaufen als damals. In Amsterdam werden nicht mal die Taschen der Konzertbesucher auf Waffen überprüft, keinerlei Kontrollen (mit Ausnahme des Tickets) sind notwendig.

Und fürs Protokoll – nochmal Jack Kerouac (sichtlich sehr populär in Amerika, auch in der Punk Rock Generation):
Meine Eltern wünschten, ich würde der Leiter von IBM werden; stattdessen bekam ich einen Job, in dem ich Autos hin- und herkutschierte. Keine Ahnung, ob das von Bernies Einfluss herrührte oder ob ich gerade „On the road“ gelesen hatte – aber ich hatte einen Job, wo ich Autos beförderte und parkte. Dabei konnte ich in Lederjacke und mit schwarzer Sonnenbrille rumlaufen und Autos parken wie Neal Cassady. (Tony James)

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Sachbuch

Tom Reynolds – I Hate Myself And Want To Die

Ist «Hold My Hand» für die meisten Musikfans eine Art sündige Schlemmerei, als würde man im vegetarischen Restaurant einen Big Mac bestellen, stürzten bei den meisten Leuten die Serotoninwerte in den Keller wie abgeschossene Tontauben, als «Let Her Cry» ins Radio kam und das protzige Musikvideo dazu bei MTV lief (damals, als bei MTV noch Musikvideos liefen).
Let Her Cry – Hootie & the Blowfisch

Meine Theorie: Frauen fühlen sich betrogen oder klagen, während Männer einfach nur so schnell wie möglich Schluss machen wollen. Frauen weben zarte Netze poetischer Leidenschaft, mit der sie das Publikum in den Bann zu schlagen hoffen, während Männer sich auf einfache Urteile verlassen, die sogar ihr Hund verstehen würde.
Brick – Ben Folds Five

Eigentlich ist dem kaum etwas hinzuzufügen. Eine Sammlung tatsächlich deprimierender Songs, wobei ich auch zugeben muss, dass ich nur die wenigsten kannte, weil die meisten davon lange vor meiner Geburt veröffentlicht wurden und möglicherweise in Mitteleuropa überhaupt nie den Bekanntheitsgrad erreicht haben, den sie in Amerika hatten.

Trotzdem handelt es sich bei diesem Werk um ein amüsant geschriebenes Buch, das einen trotz des deprimierenden Themas (:-) durchaus streckenweise durch seine trockene Betrachtungsweise erheitern kann. Man sollte halt nicht in die Luft gehn, wenn einer der eigenen Lieblingssongs in Grund und Boden gestampt wird. Und ich mag halt Evanescence, Nine Inch Nails und Bonnie Tyler!