Categories
Roman

Paolo Bacigalupi – Versunkene Städte

CN: Krieg, Gewalt, Tod, Waffen, Klimakatastrophe
(leider sind meine Notizen verloren gegangen, kann daher keine vollständigen CN-Angaben machen)


Wieder mal habe ich versagt, was die Pflege meiner Notizen angeht, ich weiß nicht mehr, wo der Tipp zu diesem Buch bzw. dem Autor hergekommen ist. Und dann hab ich auch noch den Post verschleppt, das Leben hat sich wieder mal dazwischen gedrängt. Das eBook wurde automatisch retourniert und in der Onleihe bleiben die gesetzten Bookmarks und Markierungen leider nicht erhalten (in OverDrive/Libby geht das erfreulicherweise, bei einem erneuten Download sind die Notizen wieder da).

Die Geschichte spielt in einer von der Klimakatastrophe gezeichneten Welt, deren dystopischer Charakter die Entscheidungen der Protagonist:innen dominiert. Eine deutliche Trennung besteht zwischen der reichen, besser gestellten Gesellschaft, die sich im Norden hinter Mauern verschanzt und die leidende Bevölkerung im Süden sich selbst überlässt. Hier herrscht das Recht der Stärkeren, die versunkenen Städte werden von mehreren verfeindeten Armeen umkämpft.

Hier kämpfen auch Mahlia und Mouse, nämlich ums Überleben. Doktor Mahfouz hat die beiden jugendlichen „Kriegsmaden“ (so werden durch den Krieg verwaiste Kinder bezeichnet) gegen den Widerstand der Dorfbewohner:innen bei sich aufgenommen und bildet Mahlia als seine Assistentin aus. Mahlia wurde als Tochter eines Friedenswächters (bei diesem Begriff verspürte ich starke Anleihen an Panem) geboren und gilt damit mehreren Kriegsparteien als Verräterin. Ihr wurde ein Arm abgeschlagen, was sie zusätzlich als Ausgestoßene kennzeichnet.

Als Soldaten auf der Jagd nach dem Halbmenschen Tool das Dorf heimsuchen, bricht die fragile Lebensgemeinschaft auseinander. Tool wurde als Kreuzung zwischen Mensch und Hund erschaffen und zur Kriegsmaschine ausgebildet, hat sich aber nun von seinem Herrn losgesagt und ist auf der Flucht. Nach einem Kampf mit einem Alligator ist er dem Tod nahe und wird von Mahlia gegen den Widerstand von Mouse gerettet. Bereits hier zeigt sich der Loyalitätskonflikt, der den weiteren Verlauf der Geschichte prägen wird: Soll Mahlia die knappen Medikamente für die Rettung des Halbmenschen verwenden („verschwenden“ wäre Mouse’s Bezeichnung dafür)? Fühlen sich Mahlia und Mouse der Dorfgemeinschaft verbunden oder sollen sie das Dorf den marodierenden Soldaten überlassen, um ihr eigenes Leben zu retten?

Mahlia flüchtet gemeinsam mit Tool, Mouse wird von den Soldaten rekrutiert. Zwei Kapitel später wird er nur noch Ghost genannt, ein deutliches Zeichen dafür, wie ihn die erzwungene Gemeinschaft mit den anderen Soldaten vereinnahmt. Doch nun spürt Mahlia Gewissensbisse und macht sich auf, um Mouse aus den Fängen der Armee zu befreien. Auch Tool fechtet Solidaritätskonflikte mit sich selbst aus: Ist er Mahlia etwas schuldig, weil sie ihm mit Medikamenten das Leben gerettet hat? Kann er ihr überhaupt vertrauen nach all den negativen Erfahrungen, die er mit Menschen bereits gemacht hat?

Immer wieder stehen Mahlia, Mouse und Tool vor der Frage, ob jetzt jede:r nur für sich selbst kämpft oder ob es besser ist, beim Versuch, die Freundin/den Freund zu retten, selbst umzukommen. Wie können wir weiterleben, wenn wir, um zu überleben, unsere Lieben im Stich lassen müssen? Ein nachdenklich machender Blick in eine düstere Zukunft; die Verweise auf die Klimakatastrophe, die diese Welt entstehen hat lassen, sollten ein deutlicher Aufruf sein, dass es niemals zu spät sein darf, endlich etwas zu ändern.

Categories
English Roman

Kim Stanley Robinson – New York 2140

CN dieses Buch: Tod durch Unfall, sexuelle Handlungen
CN dieser Post: –


And I began to see it in a new way, as something like this: it had to mean something. Finance, or even just life: it had to mean something. And meaning had no price. It was some kind of alternative form of value.

Dieser Roman hat alles, was mir an Romanen gefällt:

  • einen interessanten Schauplatz: New York im Jahr 2140, zu großen Teilen überflutet (lower manhattan), eine utopische Großstadt, in der immer noch mehr Menschen wohnen wollen, als die Stadt ernähren und beherbergen kann.
  • eine einerseits realistische, aber andererseits auch utopische Welt: Alle möglichen technischen Neuerungen werden durch idealisierte wissenschaftliche Entwicklungen erklärt. Es gibt spezielle Baumaterialien, die den Schutz vor Wasser ermöglichen, gleichzeitig stürzen jedoch ältere Gebäude ein, die noch aus der Zeit vor den Fluten stammen. Reichere Menschen leben in so genannten sky villages, die sich selbst nachhaltig mit Energie und Nahrungsmitteln versorgen. Einer der Protagonisten holt sich ein float-by Reuben Sandwich, float-by dabei die New York 2140 Variante von drive-in.
  • idealistische und diverse Protagonistinnen. Der Finanzhai, der sich schließlich selbst bekehrt, um wirklichen Wert zu schaffen, anstatt nur mit Optionen zu spekulieren. Die Inspektorin (a big black woman), die an der Ungerechtigkeit der Welt beinahe verzweifelt, aber trotzdem weiter versucht, durch ihre Arbeit das Leben ihrer Mitmenschen zu verbessern. Der Hausverwalter mit serbokroatischen Wurzeln, von seiner Exfrau entfremdet durch den Tod des gemeinsamen Kindes (im Angesicht der Katastrophe eines Hurricanes finden die beiden schließlich eine neue gemeinsame Existenz). Die Influencerin, die sich für den Erhalt von gefährdeten Tierarten einsetzt, und, um Aufmerksamkeit für ihre Projekte zu generieren, auch mal die Hüllen fallen lässt. Und das sind nur einige Beispiele …
  • Referenzen auf bekannte Anker wie etwa Hermann Melvilles Moby Dick oder Hurricane Katrina (2005 in New Orleans). Diese Bezugnahme auf bekannte Ereignisse verbindet diese Utopie mit der Realität, die wir heute kennen, und lässt dadurch die Leser*innen näher heranrücken an diese erfundene – aber vielleicht doch später mögliche – Welt.
  • eine eindeutige Botschaft zwischen den Zeilen: Wir können überhaupt nicht abschätzen, was uns in Zukunft erwarten wird, wenn wir nicht sofort etwas gegen die Klimakrise unternehmen.

But okay, you can’t really imagine a catastrophe will hit you until it does. People just don’t have that kind of mental capacity. If you did you would be stricken paralytic with fear at all times, […] so evolution has kindly given you a strategically located mental blind spot, an inability to imagine future desasters in any way you can really believe, so that you can continue to function, as pointless as that may be.