Categories
Roman

Julya Rabinowich – Krötenliebe

Exkurs: Inhaltswarnungen 

Kürzlich hat sich mir im Rahmen der PrivacyWeek das Thema Inhaltswarnungen (Content Notice = CN oder Content Warning = CW) aufgedrängt. Es passierte während der Q&A zum Vortrag „Corona und sein Schatten – Stalking, häusliche Gewalt und ein Rollback der Geschlechter“ von Sandra Cegla. Aus dem anonymen Frageformular kam sinngemäß die Frage nach den schlimmsten Stalkingfällen, die Sandra Cegla aus ihrer Laufbahn kennt, diese Frage wurde vom Signal Angel unredigiert an die Vortragende weitergereicht. Sie beantwortete ausführlich, was einige Beschwerden wegen Trigger nach sich zog.

In der abendlichen Teamsitzung stellten wir uns die Frage, wie wir hinkünftig mit ähnlichen Situationen umgehen sollen. Manche meinten, es wäre doch klar, dass in einem Vortrag, in dessen Titel bereits Stalking und häusliche Gewalt vorkommt, mit solchen Beschreibungen zu rechnen wäre. Was ich nicht zwingend so sehe, das Thema kann durchaus abstrakt bzw. auf einer wissenschaftlichen Ebene behandelt werden, ohne extrem bildhafte Beschreibungen von Stalkingfällen im Detail zu verwenden. 

Daran zeigt sich jedoch ein Problem, mit dem ich mich auch selbst erst auseinandersetzen musste: Wovor soll ich überhaupt warnen? Wie kann ich wissen, welche Themen andere Menschen triggern können, wenn ich selbst nicht (direkt) betroffen bin? Wie ich nun seit Längerem weiß, bedeutet die Tatsache, dass mich ein Problem nicht persönlich betrifft, nicht, dass ich mich nicht damit beschäftigen muss. Und gerade in diesem Fall finde ich es nicht angemessen, die Aufgabe des Umgangs mit Triggern den Menschen zuzuschieben, die ohnehin schon mit Schwierigkeiten bezüglich ihrer mentalen Gesundheit zu kämpfen haben.

Lange Rede, kurzer Sinn, ich möchte mich bemühen, ab nun Inhaltswarnungen sowohl für das gelesene Buch, als auch für den Blog Post in jedem Post zu nennen. Als Ausgangspunkt, welche Themen zu nennen sind, benutze ich die Liste aus diesem Blog Post von Amalia Zeichnerin. Ihr Post greift auch einige Gegenargumente auf und widerlegt diese bzw. bietet einen Überblick über das Thema und warum das überhaupt wichtig ist. 


CN dieses Buch: Suizid, sexuelle Handlungen
CN dieser Post: –


Sie war dazu da, fremde Begabung wie mit einem Vergrößerungsglas hervorzuheben. Sie wünschte sich plötzlich, nicht bloß Lupe zu sein, sondern eine Lupe, die das Betrachtete mit einem sengenden Strahl in Brand setzt.

Von Julya Rabinowich hatte ich  2013 Die Erdfresserin gelesen und dabei Folgendes notiert: „Sowas sollte man nicht lesen, wenn man selbst in einer mittleren Sinnkrise steckt.“ Dieses Gefühl verband ich innerlich irgendwie mit dieser Autorin, weshalb ihr neueres Werk Krötenliebe auch so lange auf meiner Liste Staub ansetzte. Zum Glück fand ich es dann nicht ganz so traurig, obwohl es auch jede Menge traurige Momente enthält.

Es mangelte nicht an Wagemutigen, die sich in dieses Labyrinth der Manipulation hineinwagten, um sich früher oder später dem verletzlichen wie machtvollen Monster darin zu stellen.

Hauptthema sind die Beziehungen von Alma Mahler (später Alma Mahler-Werfel) zum Maler Oskar Kokoschka und dem Biologen Paul Kammerer. Alma wird dabei als knallhart berechnende Frau portraitiert, die Männer nur so lange an sich heranlässt, wie sie ihr nützlich sind. Thematisiert wird aber auch die Beziehung zu ihrem Vater, dem sie bewundernd bei seinen kreativen Tätigkeiten beisitzt und so die Rolle der inspirierenden Muse für sich entdeckt. Alle drei Protagonist*innen werden mit ihren Fehlern, Sehnsüchten und Leidenschaften so deutlich beschrieben, dass sie eigentlich sympathisch sein müssten, es mir jedoch nicht waren.