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Anna Gavalda – Nur wer fällt lernt fliegen

Gibt es in Galaxien Springfluten wie im Meer oder sah nur ich sie? Tanzte die Milchstraße durch die Nacht? Eine riesige Raveparty guter Feen, die mir massenhaft Goldstaub auf den Kopf streuten, um meine Batterien wieder aufzuladen?

Wieder mal die Quelle nicht notiert … in irgendeinem Mainstream-Medium (könnte aber auch Twitter gewesen sein) hatte ich Kritisches über Anna Gavaldas neuestes Werk gelesen. Gleich in der Onlinebücherei reserviert und auch recht bald erhalten. Die Kritik kann ich teilen und dann auch wieder nicht.

Billie und Franhck liegen nach einem Sturz verletzt in einer Felsspalte. Es wird Nacht, doch Billie verzweifelt an sich selbst und beginnt, einem Stern (und damit dem Leser) ihrer beider Lebensgeschichte zu erzählen. Mich hat streckenweise schockiert, wie kalt mich Billies traurige Lebensgeschichte gelassen hat: von der Mutter verlassen, bei den Stiefeltern im Wohnwagen aufgewachsen (was man in Amerika Trailerpark nennen würde), nie genug zu essen gehabt, von sauberer Kleidung gar nicht zu sprechen. Keine Chance auf eine anständige Schulbildung, damit kaum Möglichkeiten, aus dem Elend rauszukommen. Man hat das Gefühl, man hätte das alles schon so oft gehört.

Auch das habe ich von ihm gelernt … Die heimtückische Art, mit der sich der Zweifel in völlig unerwarteten und bizarren Momenten anschleicht, vor allem bei Menschen, die viel stabiler sind als man selbst.

Franhck selbst kommt aus besserem Haus, kann sich jedoch nicht von seinem tyrannischen Vater lösen, der natürlich niemals erfahren darf, dass Franhck Männer liebt und ihm niemals Enkel schenken wird. Wegen seiner sexuellen Orientierung wird Franhck diskriminiert und terrorisiert, Billie rettet ihn aus einer gefährlichen Situation. Quintessenz: zwei Außenseiter, die sonst niemanden haben, klammern sich aneinander und meistern gemeinsam das Leben.

Man wird in der Liebe oft betrogen, oft verletzt und oft unglücklich, aber man liebt. Und wenn man an seinem Grab steht und sich umdreht, um einen Blick zurückzuwerfen, sagt man sich: Ich habe oft gelitten, habe mich manchmal geirrt, aber ich habe geliebt.

Ich gebe also der Kritik recht, dass die Story nicht dramatisch originell ist, wobei gerade die Rahmenhandlung für den Sturz in die Felsspalte durchaus Witz hat. Doch der wahre Wert dieser Geschichte liegt nach meiner Ansicht in der liebevollen Charakterisierung der beiden Außenseiterfiguren, die mich stellenweise an Zusammen ist man weniger allein (ein Hoffnungsschimmer für alle Lebenslagen) erinnert hat. Somit ist Nur wer fällt, lernt fliegen vielleicht nicht der beste Gavalda-Roman, eine negative Bewertung möchte ich aber auch nicht aussprechen. Jeder Leser urteile selbst.