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Ocean Vuong – On Earth We’re Briefly Gorguous

Our mother tongue, then, is no mother at all – but an orphan. Our Vietnamese is a time capsule, a mark of where your education ended, ashed. Ma, to speak in our mother tongue is to speak only partially in Vietnamese, but entirely in war.

Eine schwierige Geschichte mit vielen verschiedenen Themen. Die Migrationserfahrung – die Familie ist aus dem kriegsgebeutelten Vietnam in die USA ausgewandert – ist davon nur eines, das jedoch intensiv beleuchtet wird. Die Fremdheit in der Fremde, das Gefühl, nie ganz dazugehören zu können allein schon aufgrund der Herkunft und des sozialen Status, wären allein schon genug für ein schwieriges Leben.

They say nothing lasts forever but they’re just scared it will last longer than they can love it.

Dazu kommt ein schwieriges Familienverhältnis, von Gewalt und Krankheit geprägt; das Wissen, sich auf die eigene Familie nie ganz verlassen zu können, das ein Kind im Prinzip allein dastehen lässt.

Where, under the stars, we see at last what we’ve made of each other in the light of long-dead things – and call it good.

Eine Liebe, die immer auf der Kippe steht, die geheim bleiben muss, die der Familienehre widerspricht. Der Zwang, trotzdem nach dem Glück zu streben, sei es auch noch so flüchtig.

Because the sunset, like survival, exists only on the verge of its own disappearing. To be gorgeous, you must first be seen, but to be seen allows you to be hunted.

Hätte ich nicht aus den vielen Lithub-Empfehlungen bereits gewusst, dass der Autor zuvor ein Buch mit Gedichten veröffentlicht hat, hätte ich es vermutlich trotzdem aufgrund der poetischen Sprache vermutet. Der Autor lässt uns Gefühle spüren, er beschreibt, wie sich Erfahrungen anfühlen und lässt damit die Leser*innen tief eintauchen.

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Roman

Kim Thúy – Der Geschmack der Sehnsucht

Einer der Gäste kam aus Rach Giá, einer Küstenstadt, in der eine Hauptspeisensuppe aus gedünstetem Fisch und Fadennudeln, angereichert mit Schweinefleisch und in Garnelenrogen karamellisierten Garnelen erfunden worden war. Als sich seine Schale dann noch mit etwas in Essig eingelegtem Knoblauch würzte, liefen ihm Tränen über die Wangen. Er habe sein Land geschmeckt, murmelte er, während er die Suppe aß, sein Land, wo er groß geworden sei, wo er geliebt werde.

Der erste Teil dieses Romans beschreibt die unstete Kindheit der Protagonistin im kriegsgebeutelten Vietnam. Nur episodenhafte Bruchstücke lassen erahnen, wie hart das Leben für die einfachen Menschen war. Eigentlich erzählen diese Episoden das Wichtigste über die Protagonistin, man sollte sich Zeit dafür nehmen und immer nur ein paar Seiten lesen (was ich natürlich nicht getan habe, wo ich endlich wieder mal Zeit zum Lesen hatte).

Glück ist nicht käuflich, heißt es. Dank Julie habe ich gelernt, dass Glück sich von selbst vermehrt, teilt und an jeden von uns anpasst.

Im zweiten Teil erschafft sich die Protagonistin ihre eigene Welt im fernen Montreal. Eine arrangierte Ehe mit einem nach Kanada ausgewanderten älteren Mann entreißt sie ihren Wurzeln. Im Kochen jedoch, in den Rezepten ihrer Heimat, mit denen sie sowohl andere Auswanderer als auch Einheimische begeistert, findet sie ihre Bestimmung.

Die Romanze im dritten Teil passte für mich nicht wirklich dazu, aber wäre es ohne sie noch eine Geschichte? Die sinnlichen Beschreibungen der Rezepte und des vietnamesischen Alltagslebens lassen den Leser eintauchen in eine fremde Welt. Wird dieselbe sinnliche Schreibweise auf eine romantische Affäre angewandt, fühlt sie sich abgeschmackt und kitschig an. Das bleibt jedoch mein einziger Kritikpunkt, wer einen Blick in eine fremde Geschichte, Kultur und Welt wagen will, ist mit diesem Buch gut beraten.