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Emily Temple – The Lightness

CN dieses Buch: sexuelle Handlungen, Suizid
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Meta: Im letzten Post hatte ich ja schon ein bißchen darüber philosophiert, wie die Linsen, durch die wir unsere Buchauswahl treffen, diese Auswahl beeinflussen. Dieses Buch ist dafür auch ein sehr gutes Beispiel. Die Autorin arbeitet als managing director bei der Literaturplattform Lithub, die ich schon seit Längerem verfolge. Diese Linse trägt auch dazu bei, dass ich viele englischsprachige Bücher konsumiere, da diese vermehrt auf Lithub empfohlen werden. (Obwohl ich mir auch erst dann Judith Schalanskys Verzeichnis einiger Verluste auf die Liste setzte, als die englische Übersetzung auf Lithub gefeiert wurde …) Im Prinzip hatte ich diese Linse immer als eine Erweiterung betrachtet, vielleicht lenkt sie mich aber in Wirklichkeit auch zu sehr in eine bestimmte Richtung?


But I had come here, to the Levitation Center, and it was here that something had changed. His pattern, once so familiar, had been broken. You know what they say: once you find what you’re looking for, you stop looking. If you’re smart, that is.

Aus meiner Sicht handelt es sich hier um ein komplexes psychologisches Portrait von der Sorte, die im amerikanischen Literaturbusiness in letzter Zeit so gefeiert werden (andere Beispiele dafür: Ottessa Moshfegh – My Year of Rest and Relaxation oder Olivia Laing – Crudo). Es wird der Leserin schnell klar, dass die Ich-Erzählerin Olivia nicht besonders stabil erscheint. In Rückblenden erzählt sie von ihrem Verhältnis zu ihrem verschwundenen Vater und der gefühllosen Mutter. In der Gegenwart findet ihr Aufenthalt im so genannten Levitation Center statt. Andeutungen in die Zukunft verkünden regelmäßig eine Katastrophe, die sich später ereignen wird, aber eigentlich schon ereignet hat.

If I had left them alone, maybe none of it would have even happened.

Jedoch blicken die Leser*innen nicht nur in Olivias Kopf, durch ihre Erlebnisse und Gespräche mit den anderen wichtigen Personen wird auch deren Hintergrund zeitweise beleuchtet. Sie schreibt immer wieder von der Sehnsucht (want) nach etwas, es scheint eine Sehnsucht nach etwas Unbekanntem zu sein, die sich jedoch mangels Kenntnis dieses Unbekannten in der Sehnsucht nach Menschen oder Erlebnissen manifestiert.

We were all sick with want that summer, stupid with it. I wanted Luke. I wanted Serena. I wanted my father. I wanted belief. I wanted transcendence. It’s not as  though I was unusual. In fact, I was trite. But now, I think this is what disturbs me most about religious seekers, as a group – they want so badly, so obviously.

Auf ihre Weise erweisen sich alle beteiligten Personen letztendlich als vergeblich suchend. Auf unterschiedlichen Wegen versuchen sie, ihre Sehnsucht zu stillen und keine*r gelangt zu langfristigem Frieden. Ist der Weg das Ziel? Oder gibt es manchmal einfach kein Ziel, das wir erreichen könnten? Wenn es kein Ziel gibt, ist dann der Weg das Einzige, was zählt? Ist dann das Weitergehen das Einzige, was zählt?

What’s the matter? we ask. Nothing, we answer. It’s a strange question, forward or backward. What’s the matter? Nothing is the matter. No thing is matter. There is no matter here. Only emptiness.