„So war mein Mann eben, Etsuko. Sehr streng, und sehr patriotisch. Er war nie besonders rücksichtsvoll. Aber er kam aus einer sehr angesehenen Familie, und meine Eltern hielten ihn für eine gute Partie. Ich habe mich nicht gewehrt, als er mir verbot, Englisch zu lernen. Es schien mir schließlich gar nicht mehr sinnvoll.“
Es ist eine seltsame Welt, die sich in diesem Roman entfaltet. Mich verstörte ziemlich von Anfang an die Distanz, mit der die Autorin die Geschehnisse schildert. Durch die unterschiedlichen Zeitebenen – die Mutter Etsuko mit ihrer Tochter Niki in England, die junge Etsuko, schwanger mit ihrem ersten Kind in Japan, hoffnungsvoll in die Zukunft blickend – scheint die Hauptfigur Etusko in Distanz zu ihrem eigenen Leben zu stehen. Wie man es vielleicht in so einer Situation – mehr als 20 Jahre später, am anderen Ende der Welt lebend – selbst empfinden könnte.
Seit Langem habe ich wieder ein Buch vom Wühltisch gekauft, im Kurzurlaub in Klagenfurt. Angezogen hat mich der bunte Umschlag, dann der Titel, japanische Kultur hat ja auf die Nerdgemeinde seit Längerem eine große Anziehungskraft und ich schließe mich da selbst nicht aus. Es scheint Japan in vielem eine andere Welt zu sein. Die hohe Selbstmordrate, die hohen Ansprüche, die die Menschen an sich selbst stellen, die Höflichkeit, ständige Achtsamkeit, um nur niemanden zu beleidigen. Selbst im Streit vollkommene Umgangsformen zu bewahren, das kennt man in Europa und speziell in Österreich so nicht. Diese Höflichkeit prägt in zweiter Linie die Geschichte in diesem Buch.
Der Klappentext verspricht schließlich, dass Etsuko „sich ihrer Vergangenheit stellen“ muss, das konnte ich jedoch im Buch eher nur in der Theorie erahnen. „Erschüttert taucht sie ein in eine Welt der Erinnerungen, Träume und Illusionen und blickt zurück auf die Zeit damals in Nagasaki, nicht lange nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Welt, die sie kannte, in Trümmern lag …“. Von diesen Trümmern bekommt man als Leser nicht recht viel mit, auch der Konflikt, wegen dem Etsuko schließlich Japan verlassen hat, wird nur angedeutet. Probleme werden nicht thematisiert, selbst in emotionalen Momenten ist Zurückhaltung angesagt. In diesem Sinn ist das Buch vielleicht authentisch, vielleicht aber auch nicht. Als Außenstehender kann man das nicht beurteilen. Und so mag die Geschichte Einsichten liefern oder auch nicht. Kryptisch.