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Rachel Kushner – The Mars Room

CN dieses Buch: Mord, Gewalt, Stalking, sexuelle Handlungen, Suizid, Drogenmissbrauch
CN dieser Post: Erwähnung von Stalking


Prison was a place where you had to be strong to get through each day. […] To stay sane, that was the thing. To stay sane you formed a version of yourself you could believe in. 

In letzter Zeit passiert es mir immer wieder, dass ich ein Buch von meiner Bookmark-Liste in der Libby-App auswähle, weil es gerade verfügbar ist, ohne dass ich mich noch erinnern könnte, warum ich es überhaupt auf die Liste gesetzt habe oder worum es in dem Buch überhaupt geht. Der Titel dieses Buchs The Mars Room deutet nämlich kaum darauf hin, dass sich die Geschichte zu großen Teilen im Frauengefängnis abspielt.

Schon der erste Absatz zieht die Leserin direkt in die Geschichte hinein und stellt sowohl die Protagonistin Romy Hall, als auch ihren Status als Insassin eines Frauengefängnisses sowie ihren aktuellen Aufenthaltsort in einem Überstellungstruck in wenigen Sätzen klar. In den weiteren Kapiteln wird teilweise aus Romys Perspektive erzählt, aber auch andere Personen kommen zu Wort. Besonders bedrückend ist dabei die Perspektive durch die Augen und den Geist Kurt Kennedys, die kurz vor Ende auflöst, weswegen Romy überhaupt im Gefängnis gelandet ist.

I have no plans at all. The thing is you keep existing whether you have a plan to do so or not, until you don’t exist, and then your plans are meaningless. But not having plans doesn’t mean I don’t have regrets.

Thematisiert werden auch die speziellen Schwierigkeiten von transsexuellen Personen im Gefängnissystem. Dort gibt es kein diverses Geschlecht, es gibt nur weiblich und männlich. Menschen, die sich in diesen binären Kategorien nicht wiederfinden, sind gerade im Gefängnissystem unvorstellbaren Anfeindungen und Gefahren ausgesetzt. Als Parallele in der realen Welt lassen sich die Erlebnisse von Whistleblowerin Chelsea Manning erwähnen.

Randnotiz: Beim titelgebenden Mars Room handelt es sich um einen Strip Club. Romy beschreibt ihre männlichen Kunden als wandelnde Brieftaschen, die es möglichst effizient auszunehmen gilt. Eine andere Perspektive auf die Arbeit in einem (realen) Strip Club liefert diese Folge des Podcasts Death, Sex & Money, in der eine Tänzerin erklärt, dass sie ihre Arbeit hauptsächlich als therapeutisch begreift. Ein interessanter Einblick in eine Art Parallelwelt, die viele von uns vermutlich nur aus der verzerrten Darstellung in den Medien kennen.

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Roman Thriller

Daniel Glattauer – Ewig Dein

„Liebling, das wirst du mir nicht abgewöhnen können. Ich liebe es, dich zu überraschen. Das ist mein schönstes Hobby, das ist mittlerweile fast schon mein Lebenssinn.“ Dazu lachte er. Wenn er versuchte, selbstironisch zu werden, mochte sie ihn am meisten.

Man hat natürlich die Kritiken gelesen über Daniel Glattauers „Stalking-Roman“. Nach den E-Mail-Briefromanen Gut gegen Nordwind
und Alle sieben Wellen legt Daniel Glattauer eine düstere Geschichte nach. Die Hauptfigur Judith ist eine kühle Person, eigenständig, seltsam gefühllos wirkt sie von Anfang an. Umso erstaunlicher ist es dann, im ersten Teil des Buchs zu beobachten, wie sie alle Anzeichen klassischer weiblicher Manipulationsanfälligkeit zeigt. Doch das greift zu weit …

Judith lernt Hannes kennen. Sie hält ihn zuerst für uninteressant. Doch Hannes hängt sich so hartnäckig an Judith, dass diese sich schließlich an seine Nettigkeiten und Aufmerksamkeiten gewöhnt. Auch wenn er ihr stückweise zu sehr klammert, gefällt ihr natürlich seine Hingabe und Bewunderung. Doch natürlich wird es ihr zu eng und sie versucht, einen Schlussstrich zu ziehen. Womit das Psychospielchen erst beginnt …

Bei Daniel Glattauer habe ich erneut das Gefühl, er spielt nicht mit seinen Figuren, sondern mit der Psyche des Lesers. Zuerst wundert man sich, dass Judith diese enge Beziehung zum klammernden Hannes überhaupt zulässt. Wer würde sich drei Wochen lang täglich mit jemandem treffen, den man gerade erst kennengelernt hat? So nett kann er gar nicht sein. Als Hannes sich dann zum Schein zurückzieht, kann Judith nicht anders, als sich zu fragen, ob seine Gefühle nun erloschen sind, und geht ihm wiederum ein Stück entgegen.

Das Ende erinnert in seiner Überraschung an The Sixth Sense. Und lässt den Leser trotzdem oder gerade deshalb mit einem flauen Gefühl im Magen zurück.