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Roman

Hermann Kant – Kino

Hamburg

Nicht bei Daniel Wischer! Ein Waffenschein reichte nicht, Gesundheitsbescheinigungen müssten her. Atteste wären gefragt, brauchten aber Zeit, weil Tests benötigt würden. So penibel die einen an den schwarzrotgoldgestreiften Pfählen wachten, so penibel verhielten sich die anderen, wenn es zu bestimmen galt, wer im blauweißgestreiften Kittel an den Goldbarsch durfte. Oder an die Hummersuppe. Kurz und gut, die Grenzbeamtin Anni hatte, wenn überhaupt, eher über lang als über kurz zum Doppelamt als Krebsbouillon-Ausgießerin und Sicherheitskraft kommen können.

An diesem (symbolischen) Wälzer hätte ich mir beinahe die Zähne ausgebissen. Tatsächlich habe ich nicht seit dem letzten Post daran gelesen, aber trotz allem brauchte es einige Zeit. Am ersten Zitat kann man schon den Erzählstil von Hermann Kant nachvollziehen, seine Schachtelsätze suchen ihresgleichen. Da braucht es Konzentration, um am Ende des Absatzes noch zu wissen, wie er angefangen hat.

In seinen ausführlichen Beschreibungen Beschreibungen der handelnden Personen geht auch die äußerst langsam fortschreitende Handlung immer wieder verloren. Wer sich jedoch in den sprachlichen Spitzfindigkeiten verliert, kann auf die tatsächliche Enthüllung, worauf eigentlich alles hinausläuft, auch bis zum Ende warten.

Es kann schon sein, dass wir im Alter Fremde waren. In der Jugend aber sind wir für lange Zeit wirklich unzertrennliche Freunde gewesen. Sie las weniger und andere Bücher als ich und wollte von denen, die gelesen hatte, nur in ausgewählten Teilen hören. In sehr, sehr ausgewählten Teilen. …  An Karl Mays Gesamtwerk, das ich ihr nahezubringen suchte, interessierte sie außer Hadschi Halef Omars vollständigem Namen nichts.

Symptomatisch ist die Beschreibung der Beziehung zur Schwester (siehe Zitat). Während die Menschen an dem scheinbar Obdachlosen im Schlafsack vorbeiziehen, hängt dieser seinen Gedanken nach und enthüllt dabei so manche schräge Parallele. Betrachtungen zu den Themen Familie, Geld, Wohltätigkeit und Gesellschaft im Allgemeinen in erschöpfender Form, die beim längeren Lesen auch entsprechend erschöpfen. Nichts für die nächtliche Heimfahrt im Zug, weil erhöhte Einschlafgefahr besteht. Fazit: Konzentration erforderlich.